Einbringerin ist in Vertretung für den Finanzminister die Justizministerin. Bitte schön, Frau Professor Kolb.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Präsident hat es bereits gesagt: Diesen Gesetzentwurf bringe ich heute für den Finanzminister ein. Es handelt sich um ein komplexes Regelwerk, über dessen Inhalt bereits - zum Teil jedenfalls - intensive öffentliche Debatten vor allen Dingen unter den Betroffenen und von Interessenvertretern geführt worden sind.
In dem Entwurf geht es zum einen um die neuen Altersgrenzen für Beamtinnen und Beamte sowie Richterinnen und Richter, was den Eintritt in den Ruhestand betrifft. Zum anderen geht es um ein völlig eigenes Beamtenversorgungsgesetz.
Zur verlängerten Lebensarbeitszeit sage ich klipp und klar: Hier stehen Gleichbehandlung und Gerechtigkeit sowie die Umsetzung des Koalitionsvertrags an oberster Stelle. Regelungen, die für viele Beschäftigte in der privaten Wirtschaft, aber auch beim Bund und in anderen Ländern gelten, müssen auch in Sachsen-Anhalt umgesetzt werden. Die Diskussionen darüber sind legitim und verständlich; denn es wird in die Lebensplanung von Menschen eingegriffen. Für viele Betroffene stellt die verlängerte Lebensarbeitszeit natürlich eine Belastung dar. Aber ich denke, dass wir in Sachsen-Anhalt bei der Umsetzung mit dem nötigen Augenmaß vorgegangen sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Der Koalitionsvertrag hat mir die wesentlichen Stichworte zur Thematik vorgegeben. Dort sind als Stichpunkte vermerkt: erstens die Gleichbehandlung aller Statusgruppen, zweitens die Vermeidung von Versorgungslücken, drittens die schrittweise Anhebung der Altersgrenze auf
67 Jahre und viertens die Anhebung der besonderen Altersgrenzen, also für Polizei, Feuerwehr und für den Justizvollzugsdienst.
Es sind alle Vorgaben eingehalten worden. Aber natürlich gilt es dabei mehrere Aspekte zu beachten. Das Meiste möchte ich Ihnen an dieser Stelle ersparen; das kann der Begründung zu dem Ge
setzentwurf entnommen werden. Es gibt mit Sicherheit auch in den Fachausschüssen Gelegenheit, darüber zu diskutieren. Ich darf aber im Namen des Finanzministers noch auf einige Punkte ausdrücklich eingehen.
Eine sofortige völlige Gleichbehandlung von Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richtern sowie Tarifbeschäftigten wäre für Sachsen-Anhalt nicht optimal. Während der Bund seine neuen beamtenrechtlichen Ruhestandsregelungen hinsichtlich der zeitlichen Gestaltung denen der rentenrechtlichen angepasst hat, musste für die Landesverwaltung ein Zielkonflikt gelöst werden, den es anderswo so nicht oder nur abgeschwächt gibt. Eine Erhöhung des Arbeitsvolumens der Beamten durch Verlängerung der Lebensarbeitszeit widerspricht eigentlich der Tendenz und den Zielen des Personalentwicklungskonzepts der Landesregierung. Deshalb beginnt die Maßnahme so spät wie vertretbar, nämlich mit dem Geburtsjahrgang 1951 und damit im Jahr 2016.
Der Bund hat bereits mit dem Jahrgang 1947 begonnen. Die Schritte der Anhebung sind deshalb für uns auch differenzierter gestaffelt. Erst im Jahr 2024, mit dem Geburtsjahrgang 1958, werden Beamte, Richter und Tarifbeschäftigte im selben Lebensalter ausscheiden. Im Jahr 2031 gehen alle mit 67 Jahren in den Ruhestand.
Für die große Gruppe der Betroffenen, deren Arbeitsbiografie sich sowohl aus langjährigen Arbeitsverhältnissen in der ehemaligen DDR als auch aus Beamtendienstzeiten zusammensetzt, besteht im Moment eine sogenannte Versorgungslücke. Sie entsteht, weil die Rente aus dem früheren Arbeitsverhältnis erst zeitversetzt nach der Pensionierung bezogen werden kann. Dies ist insbesondere bei den Vollzugsdiensten gravierend. Zwar sehen das derzeitige Beamtenversorgungsrecht sowie der hier eingebrachte Entwurf eine Kompensation durch eine vorübergehende Erhöhung der Versorgung vor; gleichwohl muss es Ziel sein, Versorgungsansprüche aus beiden Systemen - also der gesetzlichen Rente und der Beamtenversorgung - so früh wie möglich zeitgleich beginnen zu lassen; dies ist ab 2013 der Fall.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Entwurf sieht eine generelle Anhebung der besonderen Altersgrenzen um zwei Jahre vor - so wie es im Koalitionsvertrag steht. Ich sehe diese pauschale Anhebung als gerechtfertigt an, da der Abstand von fünf Jahren zu den Beamten der sonstigen Verwaltungsbereiche unverändert bleibt, und ich bin bei der Heraufsetzung davon ausgegangen, dass aufgrund der erhöhten Lebenserwartung aller Menschen ein pauschal um zwei Jahre verzögerter Eintritt der Dienstunfähigkeit auch bei den besonderen Beamtengruppen angenommen werden kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme zum Beamtenversorgungsrecht. Auch hierzu möchte ich nur auf einige markante Details eingehen. Die Regelung des Ausgleichs bei besonderen Altersgrenzen wird nicht mehr fortgeführt. Für die vorhandenen Beamtinnen und Beamten ist eine befristete Übergangsregelung bis Ende 2018 enthalten.
Bei einer Versetzung in den Ruhestand nach Vollendung des 65. Lebensjahres gibt es künftig nach einer 45-jährigen Berufstätigkeit die volle Pension. Von dieser Regelung können auch Beamtinnen und Beamte profitieren, die vor ihrer Ernennung rentenversicherungspflichtig waren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den Entwurf sind noch einige Regelungen aufgenommen worden, die Ergebnis von Erkenntnissen aus der Praxis oder Folgen obergerichtlicher Entscheidungen waren. Zwei kurze Beispiele zur Klarstellung:
Zum einen soll in § 18 des Landesbesoldungsgesetzes festgeschrieben werden, dass einzelnen Dienstposten auch mehrere Besoldungsgruppen zugeordnet werden können. Diese Bündelung von Dienstposten entspricht der Praxis in Sachsen-Anhalt und führt damit zu einer Erleichterung in den einzelnen Behörden.
Zum anderen soll in § 24 des Landesbesoldungsgesetzes bestätigt werden, dass berufliche Vorerfahrungen von Personen, die neu in den öffentlichen Dienst eingestellt werden, auch teilweise bei der Festsetzung der Grundgehaltsstufe berücksichtigt werden können.
Last, not least eine Regelung, die die Richterinnen und Richter betrifft: Hier war es bisher so, dass nach § 10 des Landesrichtergesetzes all jene, die aus familiären Gründen Teilzeit genommen haben, vorher eine Erklärung abgeben mussten, dass sie auch an einem anderen Gericht eingesetzt werden können. Das hat dazu geführt, dass sich viele gegen diese familiäre Teilzeit entschieden haben. Genau das wollen wir jetzt aufheben, um somit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich Ihnen jetzt den Gesetzentwurf des Finanzministers zur Beratung an die Hand gebe, möchte ich Ihnen abschließend insbesondere in Bezug auf die neuen Altersgrenzen versichern, dass wir unseren Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richtern nichts Unzumutbares abverlangen. Wir
schließen uns vielmehr der Vorgehensweise anderer Länder an, berücksichtigen dabei die demografische Entwicklung, die Besonderheiten unserer Personalstruktur und die europarechtlichen Rahmenbedingungen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Ministerin. Frau Ministerin, die Abgeordnete Frau Dr. Paschke möchte Sie gern etwas fragen.
Frau Ministerin, ich weiß, dass Sie hier nur stellvertretend sprechen. Dennoch muss ich Sie fragen: Ist Ihnen bekannt, dass der Landtag im Oktober 2013 einen Beschluss gefasst hat, nach dem diese Novelle bzw. überhaupt eine Novelle zum Beamtengesetz nur vorgelegt werden kann, wenn vorher die Evaluationsergebnisse auf dem Tisch liegen? Falls Ihnen das bekannt ist, frage ich Sie: Wie verhalten Sie sich dazu?
Klare Frage, klare Antwort. - Frau Dr. Paschke, Sie dürfen gleich stehen bleiben und den Redebeitrag der Fraktion DIE LINKE einbringen und damit die Fünfminutendebatte eröffnen. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung legt uns heute einen Gesetzentwurf vor, den die Justizministerin hier im Wesentlichen inhaltlich begründet hat. Im Kern geht es um die Anhebung der Altersgrenzen, sowohl der Regelaltersgrenzen als auch der besonderen Altersgrenzen.
Der Entwurf fällt nicht vom Himmel. Er war angekündigt und er führt in weiten Teilen inhaltliche Konsequenzen einer jahrelangen Diskussion auf der Bundesebene und auch auf der Landesebene auf. Daher muss ich betonen - wir haben es immer kritisiert und auch damals abgelehnt -: Angesichts der Entwicklungen, die bisher vonstattengegangen sind, werden wir uns inhaltlich, wenn es beraten wird, konstruktiv dieser Beratung stellen, zumal sich gezeigt hat, dass es noch die eine oder andere Stellschraube in diesem Entwurf gibt, bei denen eine differenzierte Herangehensweise möglich ist.
Aber, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Fraktion lehnt zu diesem Zeitpunkt die Beratung des Gesetzentwurfs ab.
Ich werde klipp und klar sagen, warum das so ist: Der Landtag hat durch einen Entschließungsantrag im Jahr 2009 festgelegt, dass die Landesregierung nach vier Jahren die beamtenrechtlichen Bestim
Wir haben neben dem Beschluss des Entschließungsantrags in der Drs. 5/2281 - wie ich bereits in der Frage erwähnt habe - im Oktober 2013 in der Drs. 6/2520 unter der Überschrift „Vor Gesetzesnovelle rechtzeitig Evaluation des Landesbeamtengesetzes vorlegen“ im Wesentlichen beschlossen - das ist für die heutige Diskussion wichtig, zwei von fünf Punkten möchte ich vortragen -, dass die Landesregierung dem Landtag rechtzeitig vor der Vorlage eines Novellierungsentwurfs die Ergebnisse der Evaluation vorlegen soll. Nach der Vorlage des Evaluationsberichts im Finanz- und im Innenausschuss soll der Landtag eine Anhörung zu den wesentlichen notwendigen Änderungen des Dienstrechts durchführen.
Nun kann die Landesregierung Beschlüsse des Parlaments ignorieren, jedoch ist das kein guter Stil. Das ist ärgerlich, zumal es kein Einzelfall ist.
Das ist am Ende jedoch nicht die entscheidende Frage. Die entscheidende Frage ist: Wie verhalten wir uns als Gesetzgeber? Wie ernst nehmen wir unsere eigenen Beschlüsse? Lassen wir es der Landesregierung durchgehen, unsere rechtzeitig formulierten, eindeutigen Beschlüsse zu ignorieren?
Die klare und einzig konsequente Antwort unsererseits kann in diesem Fall nur lauten: Das Parlament lehnt dankend ab, bis die Bedingungen, die wir für eine Gesetzesnovelle einstimmig beschlossen haben, von der Exekutive erfüllt sind.
Ich möchte zwei weitere Aspekte anmerken. Wir haben sonst immer nur im Nachgang mitbekommen, dass die Exekutive irgendwelche Beschlüsse nicht erfüllt hat. Ich erinnere nur an Sekundarschullehrer neuen Rechts und an die Rechtsmedizin.
Diesbezüglich haben wir nur marginale Korrekturmöglichkeiten. Hierbei wissen wir es aber im Voraus und können gegenüber der Landesregierung ein deutliches Stoppzeichen setzen.
Es ist eben nicht so, dass die Evaluation, die für Februar 2014 angekündigt worden ist, nur aus Zeitgründen noch nicht vorliegt. Nein, der Finanz
„Vor der Evaluation bzw. einem eventuellen Gesetzentwurf als Resultat derselben wird die Landesregierung … den Entwurf eines Artikelgesetzes einbringen, mit dem im Wesentlichen einerseits die Regelaltersgrenze … und andererseits das gesamte Versorgungsrecht mit einigen Neuerungen ausgestattet wird. Das wird also vorweg separat geklärt.“
Wie bitte? - Der Landtag hat in seinem Beschluss nichts, aber auch gar nichts über separate Vorabregelungen beschlossen.
Tun sich hierbei nicht Abgründe des Verständnisses von der Rolle des Parlaments auf? Entscheidend ist, welches Selbstverständnis wir, das Parlament, dem entgegensetzen.
Ich bitte Sie, den Gesetzentwurf bis auf Weiteres zurückzuweisen. Das ist übrigens auch mit einer Enthaltung zu realisieren. - Danke schön.