Protocol of the Session on November 13, 2014

Die erste Beratung fand in der 72. Sitzung des Landtages am 18. Juli 2014 statt. Berichterstatter des federführenden Ausschusses ist der Kollege Herr Wunschinski. Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Den Gesetzentwurf zur Änderung des Justizkostengesetzes und anderer Gesetze in der Drs. 6/3246 brachte die Landesregierung in der 72. Sitzung des Landtages am 18. Juli 2014 in den Landtag ein. Er wurde vom Hohen Haus zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung und zur Mitberatung in den Ausschuss für Finanzen überwiesen.

Mit dem Gesetzentwurf wird das Ziel verfolgt, das Landesrecht an das Zweite Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts anzupassen und weitere landesrechtliche Änderungen herbeizuführen. Hierzu zählen insbesondere die Regelungen zur Anwendung des unmittelbaren Zwanges durch Bedienstete der Gerichte und Staatsanwaltschaften, zur Größe der Schiedsstellenbezirke, zur Prüfung der Voraussetzungen für die Gewährung von Prozess- und Beratungskostenhilfe, zu den Gebühren für die Beeidigung von Dolmetschern und Übersetzern, zur Fortgeltung des Gesetzes zur Ausführung des Therapieunterbringungsgesetzes sowie Verweisungen auf außer Kraft getretene Bundesgesetze. Hiermit sind das Gerichts- und Notarkostengesetz, die Justizverwaltungskostenordnung und das Justizverwaltungskostengesetz gemeint.

Der Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung befasste sich erstmals in der 40. Sitzung

am 15. September 2014 mit dem Gesetzentwurf. Bereits zu dieser Behandlung lagen dem Ausschuss die mit dem Ministerium für Justiz und Gleichstellung abgestimmten Änderungsvorschläge des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes in einer Synopse vor. Neben sprachlichen, redaktionellen und rechtsförmlichen Empfehlungen enthielt die Synopse außerdem Änderungsempfehlungen, die der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst aus rechtlichen Gründen bzw. aus Gründen fehlender Gesetzgebungskompetenz für erforderlich hielt.

Im Ergebnis der ersten Beratung verständigte sich der Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung darauf, vor der Erarbeitung einer vorläufigen Beschlussempfehlung ein schriftliches Anhörungsverfahren durchzuführen. Hierzu wurden der Bund der Richter und Staatsanwälte in SachsenAnhalt, der Bund Deutscher Rechtspfleger Sachsen-Anhalt sowie der Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen Sachsen-Anhalt um Stellungnahmen gebeten, die dem Ausschuss bis zur nächsten Beratung zugingen.

Eine weitere Beratung über den Gesetzentwurf im Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung fand in der 42. Sitzung am 3. Oktober 2014 statt. Nach einer kurzen Aussprache, insbesondere zu den Stellungnahmen der Fachverbände, wurde mit sechs Jastimmen bei vier Stimmenthaltungen eine vorläufige Beschlussempfehlung an den mitberatenden Ausschuss für Finanzen beschlossen. Darin empfahl der federführende Ausschuss dem mitberatenden Ausschuss die Annahme des Gesetzentwurfs unter Berücksichtigung der vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes vorgeschlagenen Änderungen.

Der Ausschuss für Finanzen befasste sich in der 69. Sitzung am 22. Oktober 2014 mit dem Gesetzentwurf und schloss sich der vorläufigen Beschlussempfehlung mit sechs Jastimmen bei fünf Stimmenthaltungen an.

Die abschließende Beratung über den Gesetzentwurf fand in der 43. Sitzung des Ausschusses für Recht, Verfassung und Gleichstellung am 24. Oktober 2014 statt. Zur Beratung lag dem Ausschuss neben der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses auch ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE vor.

Die Fraktion DIE LINKE beantragte, Artikel 3 Nr. 1 des Gesetzentwurfes zu streichen und damit auf die Hebung der Einwohnerrichtzahl für die

Schiedsstellenbezirke zu verzichten. Des Weiteren beantragte sie, Artikel 10 zu streichen und damit eine Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes zur Ausführung des Therapieunterbringungsgesetzes in Sachsen-Anhalt zu vermeiden.

Aus der Sicht der Fraktion DIE LINKE wäre eine höhere Einwohnerrichtzahl für Schiedsstellenbezirke in einem Flächenland wie Sachsen-Anhalt

schwer zu realisieren und würde ein zusätzliches Hemmnis für die Inanspruchnahme durch die Bürger darstellen. Die anvisierte Streichung des Artikels 10 wurde mit der grundsätzlichen Ablehnung des Therapieunterbringungsgesetzes begründet. Dieser Änderungsantrag fand nicht die erforderliche Mehrheit.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Unter Berücksichtigung der vorliegenden Stellungnahmen, der Synopse des GBD sowie der Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses für Finanzen verabschiedete der Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung mit 7 : 4 : 0 Stimmen die Ihnen in der Drs. 6/3567 vorliegende Beschlussempfehlung. Der Ausschuss empfiehlt Ihnen die Annahme des Gesetzentwurfes in der geänderten Fassung. Im Namen des Ausschusses für Recht, Verfassung und Gleichstellung bitte ich um Ihre Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Wunschinski. - Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Professor Dr. Kolb. Danach beginnt die Fraktion DIE LINKE mit der Debatte, liebe Frau von Angern.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Sie haben es eben schon durch den Berichterstatter, den Ausschussvorsitzenden Herrn Abgeordneten Wunschinski, gehört: Das Gesetz zur Änderung des Justizkostengesetzes und anderer Gesetze ist ein sehr technisches Gesetz. Darauf hatte ich auch schon im Rahmen der Einbringung hingewiesen. Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich für die sehr konstruktiven und auch sehr zügigen Ausschussberatungen bedanken.

Wir stehen zeitlich etwas unter Druck, weil bestimmte bundesgesetzliche Regelungen zu Beginn des Jahres 2015 umgesetzt werden müssen. Ich möchte jetzt nicht auf alle Detailregelungen eingehen, sondern auf zwei Gesichtspunkte zu sprechen kommen, über die im Ausschuss kontrovers diskutiert worden ist.

Es ging zum einen um die Frage nach der zukünftigen Größe der Bezirke der Schieds- und Schlichtungsstellen. Bisher beträgt die Regelgröße

20 000 Einwohner. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll es den Kommunen ermöglicht werden, ausgehend von den konkreten Verhältnissen vor Ort die Bezirke für die Schieds- und Schlichtungsstellen bis auf 35 000 Einwohner zu vergrößern.

Ja, uns ist in diesem Zusammenhang natürlich bewusst, dass die Wege für die Bürgerinnen und

Bürger länger werden. Zu dieser Entscheidung hat uns jedoch die Tatsache bewogen, dass die Fallzahlen in den Schiedsstellen von Jahr zu Jahr zurückgehen. Das führt dazu, dass kaum Routine und Professionalität bei den sehr engagierten Kolleginnen und Kollegen vor Ort entstehen kann. Wir mussten irgendwie einen Mittelweg zwischen diesen unterschiedlichen Interessen finden.

Eine andere Möglichkeit - das hat der Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen vorgeschlagen; ich habe mit ihnen auch schon öfter darüber diskutiert - wäre eine Ausweitung der obligatorischen außergerichtlichen Streitschlichtung. Das würde eine Änderung des § 15a EGZPO erforderlich machen, also eines Bundesgesetzes, wofür es im Moment leider keine Mehrheit gibt.

Kontrovers diskutiert wurde zum anderen über die Verlängerung des Geltungsbereiches des Therapieunterbringungsgesetzes. Wir als Land müssen ein Bundesgesetz mit einem Landesgesetz ausführen. Da das Bundesverfassungsgericht das Bundesgesetz bisher nicht für verfassungswidrig erklärt hat, können wir das nicht in eigener Verantwortung feststellen. Es gibt also aus unserer Sicht keine Alternative zu einer Verlängerung des Geltungsbereiches, solange es dieses Bundesgesetz gibt und solange es nicht für verfassungswidrig erklärt worden ist. Ich bitte Sie deshalb um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Frau Kollegin von Angern, jetzt dürfen Sie die Debatte eröffnen. Es wurde eine Dreiminutendebatte vereinbart.

Herr Präsident! Ich war vorhin von der Ausführlichkeit der Rede des Ausschussvorsitzenden so begeistert, dass mir kurz der Gedanke kam, ich müsste hier gar nichts mehr sagen. Aber lassen Sie mich doch auf zwei Punkte kurz eingehen. Es geht um das, auf das der Ausschussvorsitzende schon einging und das wir in der Beratung sowohl im Finanzausschuss als auch im Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung durch Änderungsanträge entsprechend verändern wollten.

Es geht zunächst tatsächlich um das Schiedsstellen- und Schlichtungsgesetz, für das Sie eine Anhebung der Einwohnerinnenzahl für den Schiedsstellenbezirk vorsehen. Ich empfinde den Vorschlag des Bundes Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen hinsichtlich der Erweiterung der obligatorischen Verweisungen an die Schiedsstellen tatsächlich als diskussionswürdig.

In der Stellungnahme ist auch deutlich geworden, dass es zumindest einen Punkt gibt, bei dem wir

als Land durchaus aktiv werden könnten. Das sind die Vermögensstreitigkeiten bis zu 750 €. Insofern gehe ich durchaus mit dem mit, was uns der Verband ein Stück weit ins Stammbuch geschrieben hat. Er vertritt die Auffassung, dass eine größere Bürgernähe und eine größere Kompetenz aufgrund der besonderen Kenntnis, die Schiedsfrauen und Schiedsmänner vor Ort haben, vorhanden sind. Insofern ist unser Änderungsantrag folgerichtig.

Ich komme zu dem zweiten Punkt. Sie führten bereits unsere grundsätzliche Ablehnungshaltung bezüglich des Therapieunterbringungsgesetzes des Bundes an. In diesem Zusammenhang möchte ich auf die Anhörung, die der Landtag durchgeführt hat, und insbesondere auf die Darlegungen von Professor Dr. Renzikowski von der Martin-LutherUniversität verweisen, der ganz deutlich gesagt hat, dass der Bund keine Kompetenz hat, dieses Gesetz zu erlassen. Darüber muss das Bundesverfassungsgericht noch entscheiden. Insofern sind Sie tatsächlich in einer schwierigen Situation, weil Sie nur für das Ausführungsgesetz verantwortlich sind. Das wird also noch abzuwarten sein.

Aus unserer Sicht ist es nur konsequent, dass wir, wenn wir dem Grunde nach schon das Bundesgesetz für falsch erachten, bei dem Ausführungsgesetz diesen Weg gehen und entsprechend natürlich einer Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes nicht zustimmen. Deshalb werden wir auch heute wie im Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung diesen Gesetzentwurf ablehnen. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau von Angern. - Jetzt spricht für die SPD-Fraktion Herr Dr. Brachmann. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, ich brauche keine drei Minuten. Ich bin bei den sachlichen Problemen sehr bei meiner Ministerin. Sie hat das vorgetragen.

Es geht um zwei Punkte. Erstens wollen wir die Regelzahl für die Schiedsstellen auf 35 000 Einwohner erhöhen. Dazu möchte ich die vorgesehene Formulierung im Schiedsstellen- und Schlichtungsgesetz vorlesen. Sie lautet:

„Der Bezirk einer Schiedsstelle soll in der Regel nicht mehr als 35 000 Einwohner haben.“

In dem geltenden Gesetz ist die Zahl 20 000 enthalten. Die Formulierung „nicht mehr“ besagt, dass es weniger Einwohner sein können. Wenn es Gemeinden gibt, die es wollen und es sich leisten

können, für kleinere Bezirke Schiedsstellen einzurichten, dann können sie das auch weiterhin tun.

Die zweite Geschichte betrifft die Verlängerung der Geltungsdauer des Ausführungsgesetzes zum Therapieunterbringungsgesetz. Es ist gesagt worden, dass es rechtlich umstritten ist, ob dieses Gesetz seine verfassungsrechtliche Wirkung überhaupt noch entfalten kann. Entscheidend ist, dass wir in Sachsen-Anhalt bislang keinen einzigen Anwendungsfall hatten. Für die sogenannten Altfälle, die unter diese Regelung hätten fallen können, müsste es inzwischen längst eine andere Lösung geben.

Ich gehe davon aus, dass es auch künftig keine Fälle geben wird. Das sehe ich ganz pragmatisch. Daher kann ich einer Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes auch zustimmen. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verzichtet auf einen Redebeitrag. Für die CDU-Fraktion könnte jetzt Herr Borgwardt sprechen. - Er verzichtet ebenfalls auf einen Redebeitrag.

Dann haben wir die Debatte beendet und kommen zum Abstimmungsverfahren. Es gibt keinen Antrag auf Einzelabstimmung. Dann lasse ich über die selbständigen Bestimmungen in ihrer Gesamtheit abstimmen. Wer stimmt zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? - Die Fraktion DIE LINKE. Damit wurden die selbständigen Bestimmungen in ihrer Gesamtheit angenommen.

Wir stimmen nun über die Artikelüberschriften ab. Wer stimmt den Artikelüberschriften zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? - Das sind kleine Teile der Fraktion DIE LINKE. Wer enthält sich der Stimme? - Das sind große Teile der Fraktion DIE LINKE. Damit sind die Artikelüberschriften angenommen worden.

Jetzt stimmen wir über die Gesetzesüberschrift ab. Sie lautet „Gesetz zur Änderung des Justizkostengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt und anderer Gesetze“. Wer stimmt der Überschrift zu? - Die Koalitionsfraktionen und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die Fraktion DIE LINKE. Damit wurde die Gesetzesüberschrift beschlossen.

Jetzt stimmen wir über das Gesetz in seiner Gesamtheit ab. Wer stimmt dem Gesetz in seiner Gesamtheit zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Damit ist das Gesetz beschlossen und der Tagesordnungspunkt 9 abgearbeitet worden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung beamten- und anderer dienstrechtlicher Vorschriften und zur Neuregelung des Landesbeamtenversorgungsrechts

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 6/3574

Einbringerin ist in Vertretung für den Finanzminister die Justizministerin. Bitte schön, Frau Professor Kolb.