Protocol of the Session on October 16, 2014

Meine Damen und Herren! Aus diesen Gründen steht für uns fest: Wir werden uns für den Meisterbrief als ein Siegel für Qualität der Dienstleistung und der Ausbildung, gerade mit Blick auf die europäischen Diskussionen, einsetzen.

(Zustimmung bei der SPD)

Die duale Ausbildung ist ein Erfolgsmodell, das weltweit Anerkennung und Nachahmer findet. Dieses Erfolgsmodell darf nicht infrage gestellt werden.

Ich freue mich auf die Debatte.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Danke schön, Kollege Mormann. - Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Möllring.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Meisterbrief wird vielfach diskutiert, auch auf der EU-Ebene, dort zum Teil allerdings auch sehr kritisch. Ich versichere Ihnen aber, dass

wir uns auch weiterhin für den Erhalt des Meisterbriefes einsetzen, auch und gerade um die duale Ausbildung zu sichern.

Der Meisterbrief hat nicht nur für das Handwerk eine lange Tradition, vielmehr steht er auch bei Verbrauchern für eine fachlich gute Beratung und die verlässliche Ausführung von Leistungen.

Die für den Berufszugang im Handwerk erforderliche Meisterqualifikation dient der Abwehr von Gefahren für den Verbraucher sowie der Sicherung der Qualität der handwerklichen Produkte und Dienstleistungen.

Die im Rahmen der Vorbereitung zu Meisterprüfung vermittelten fachlichen - Herr Mormann hat darauf hingewiesen - und insbesondere auch kaufmännischen Kenntnisse führen dazu, dass die Betriebe des zulassungspflichtigen Handwerks eine deutlich höhere Überlebensrate aufweisen als Betriebe des zulassungsfreien Handwerks. Aus unserer Sicht sprechen also viele Gründe für den Erhalt des Meisterbriefs.

Ebenso sind die Aufstiegs- und Karrieremöglichkeiten nach der dualen Ausbildung innerhalb des Handwerks vielfältig. Der Meistertitel ist dabei die höchste Ausbildungsstufe, bildet für viele Berufe zudem die Voraussetzung, ein Handwerksunternehmen führen zu dürfen, und - auch das ist wichtig - berechtigt inzwischen auch zum Studium.

Meisterbriefe enthalten seit 2014 den Hinweis, dass der Abschluss im deutschen und europäischen Qualifikationsrahmen dem Niveau 6 entspricht. Dieser Stufe ist auch der Bachelorabschluss zugeordnet. Damit wird die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Ausbildung zum Ausdruck gebracht.

(Zustimmung von Herrn Weigelt, CDU)

Diese Bildungsabschlüsse sind auch auf europäischer Ebene vergleichbar.

Das duale Ausbildungssystem des Handwerks ist vorbildlich und wird in Europa als Best Practice bezeichnet und anerkannt.

Die EU-Kommission empfiehlt gerade ihren Mitgliedstaaten im Rahmen der Europa-2020-Strategie eine deutliche Ausweitung des betrieblichen Ausbildungsangebotes, also praktisch das deutsche System nachzuahmen. Daher erscheint es aus unserer Sicht widersprüchlich, wenn die Europäische Kommission gleichzeitig die Qualifikationsanforderungen des Handwerks infrage stellt.

Unser duales Ausbildungssystem basiert auf der hohen Qualifikation der Meisterinnen und Meister. Dieses Prinzip der dualen Ausbildung sorgt entscheidend dafür, dass wir gerade in Deutschland gut ausgebildeten Nachwuchs und eine im europaweiten Vergleich sehr geringe Jugendarbeits

losigkeit haben. Auch darauf hat Herr Mormann bereits hingewiesen.

Zur Fortentwicklung dieses Erfolgsmodells wurde auf der Bundesebene vereinbart, das Berufsbildungsgesetz zu evaluieren und Anpassungen zu prüfen, insbesondere im Hinblick auf die Erhöhung der Durchlässigkeit, die Stärkung der Ausbildungsqualität und der gestuften Ausbildung, die Bildung von Berufsfamilien und die Sicherung des Ehrenamtes in den Prüfungsgremien. Die Landesregierung begrüßt dieses Vorhaben ausdrücklich.

Anschließend möchte ich etwas zur Evaluierung der Handwerksordnung sagen. Die Handwerksordnung ist Bundesrecht, weshalb eine Evaluierung nur auf Bundesebene erfolgen kann.

Bundestagsanfragen und Studien des Volkswirtschaftlichen Instituts für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen haben sich mit den Auswirkungen der Novelle befasst und die Folgewirkungen aufgezeigt.

Ich nenne einige Stichworte: Es wurden keine Wachstumsgewinne erreicht; der Umsatz des Handwerks hat sich seit der Novelle in seiner Gesamtheit nicht maßgeblich verändert; die Beschäftigung im zulassungsfreien Handwerk blieb mehr oder weniger nur stabil; die Anzahl der Existenzgründungen im zulassungsfreien Handwerk nahm zwar zu, aber die Marktverweildauer im zulassungsfreien Handwerk sank deutlich und beträgt nur rund die Hälfte gegenüber dem zulassungspflichtigen Handwerk. Dies ging mit einer deutlichen Verringerung der durchschnittlichen Mitarbeiterzahl und einer Zunahme von Kleinstunternehmen - in erster Linie Ein-Personen-Unternehmen - einher, die auch im weiteren Verlauf keine Beschäftigung aufbauen konnten. Die Ausbildung im Handwerk ging dagegen zurück.

Neue wesentliche Erkenntnisse wären, so glaube ich, auch bei einer erneuten Evaluation nicht zu erwarten. Der Meisterbrief stärkt unser Handwerk und ist in jeder Hinsicht eine gute Sache.

Deshalb werden wir uns auch weiterhin für den Erhalt des Meisterbriefes einsetzen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Danke schön, Herr Minister Möllring. - Wir treten nun in die Aussprache ein. Es ist eine Fünfminutendebatte vereinbart worden. Als Erster spricht für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Dr. Thiel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Mormann, es ist schön, dass Sie das

Thema Meisterbrief heute noch einmal auf die Tagesordnung gesetzt haben, obwohl wir bereits in der letzten Landtagssitzung ausführlich über die Rolle des Handwerks diskutiert haben.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Es stellt sich deshalb die Frage, warum dieser Antrag notwendig ist. Diese Frage stellt sich auch vor dem Hintergrund, dass die Europäische Kommission im Februar 2014 das Entwarnungssignal gegeben hat, den Meisterbrief in Deutschland nicht anzutasten.

Offensichtlich sind die Meister und Gesellen im Handwerk misstrauisch, dass eine neue Kommission, ein neuer Rat oder ein neues Parlament sich gegebenenfalls nicht mehr daran erinnern werden, was ihre Vorgänger einmal beschlossen haben. Das sollte man durchaus ernst nehmen.

Deswegen möchte ich in meinem Redebeitrag vor allem auf das Aufgabenpaket für die Landesregierung eingehen. Wir haben uns erlaubt, einen Änderungsantrag vorzulegen, der die vier Punkte Ihres Antrages ein wenig erweitert, um der Komplexität der Vorhaben Genüge zu tun.

Ja, Herr Minister Möllring, Sie haben völlig Recht: Die Evaluierung der Handwerksordnung ist Aufgabe der Bundesregierung. Das sollte uns aber nicht davon abhalten, die Situation des Handwerks in Bezug auf das Land noch einmal gründlich zu analysieren; vielleicht schafft es eine Große Anfrage, die Landesregierung in Schwung zu bringen.

Wir würden gern die Vorschläge in Ihrem Antrag um einige Punkte erweitern und uns die Einkommensentwicklung im Handwerk insgesamt, die Entwicklung von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse in den meisterpflichtigen und meisterfreien Gewerken, die Problematik der Scheinselbständigkeit, die Mitbestimmungsrechte von Beschäftigten - das Handwerk verweist in diesem Zusammenhang auf die guten Erfahrungen, die man an dieser Stelle gesammelt hat - und auch die Analyse der Ausbildungszahlen in den reglementierten und nicht reglementierten Berufen einmal näher ansehen.

Wir halten es für notwendig, diese Aufgabenstellungen möglichst konkret zu fixieren und nach der Prüfung der Fakten und Zahlen aufgrund einer entsprechenden Analyse gemeinsam mit dem Handwerk zu prüfen, welche Anpassungen möglicherweise vorzunehmen sind.

Ich denke, wir sind uns alle darin einig, meine Damen und Herren, dass diese Evaluierung unter dem Gesichtspunkt erfolgen sollte, den Meisterbrief als zentrales Qualitätsmerkmal im Handwerk zu erhalten und zu stärken, und zwar für Meisterinnen und Meister gleichermaßen.

Ich betone das deshalb - das hat das Handwerk bereits erkannt -, weil Frauen in dieser Branche

immer wichtiger für die Weiterentwicklung in diesem Bereich werden.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Zu den Voraussetzungen gehört natürlich auch die Frage der weiteren Qualifizierung der dualen Ausbildung, die unter Punkt 4 Ihres Antrages aufgegriffen wird. Wir haben uns deshalb erlaubt, um der besonderen Situation der Berufsschulen des Landes Rechnung zu tragen, an dieser Stelle einen Punkt 5 aufzunehmen.

Gerade neben der inhaltlichen Ausgestaltung aufgrund veränderter wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Gegebenheiten ist es sinnvoll, auch die organisatorischen Aspekte zu bewerten. Das betrifft unter anderem die Situation der Berufsschullehrerinnen und -lehrer, aber auch die Frage einer grenzüberschreitenden Kooperation. Wir dürfen diesbezüglich nicht nur problemorientiert denken, sondern wir müssen vor allen Dingen lösungsorientiert denken.

Meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass Herr Minister Möllring noch einmal betont hat, dass der Meisterbrief in der Europäischen Union sehr hoch anerkannt wird.

Im Rahmen der Erstellung des Qualifikationsrahmens ist er auf der Stufe 6 von 8 eingeordnet worden. Damit steht der Meisterabschluss mit dem Bachelor auf der gleichen Stufe. Das ist Ausdruck der hohen Wertigkeit des Meisterbriefes. Dieses Privileg wollen wir betonen, um junge Menschen wieder stärker für das Handwerk zu interessieren.

Deshalb schlagen wir unter Punkt 6 unseres Änderungsantrags vor, die Meisterausbildung in den nicht reglementierten Berufen im Handwerk stärker zu propagieren. Analoges sollte eigentlich auch für die Meisterqualifizierung in allen Berufen gelten. Damit stellen wir uns auch der Debatte, ob eine höhere Bildung gleichwertig mit einer besseren Berufsausbildung ist.

Die Europäische Union hat uns diese Dinge aufgegeben. Es gibt gleichwohl Diskussionen darüber, ob ein besserer Handwerker mit einem Akademiker gleichzustellen ist. Dieser Debatte sollten wir uns ganz offensiv stellen.

Wenn wir über die Chancen zu einer höheren Qualifizierung reden, dann betrifft dies auch die Frage des Zugangs und der Zugangsmöglichkeiten. Deshalb schlagen wir unter Punkt 7 unseres Änderungsantrags vor zu prüfen, inwieweit der Zugang zur Meisterausbildung über Ausbildungsbeihilfen, beispielsweise Meister-Bafög, erleichtert werden kann.

Es gibt momentan sehr unterschiedliche Regelungen. Teilweise tragen die Auszubildenden oder Weiterzubildenden die Kosten selbst, teilweise tragen die Unternehmen die Kosten vollständig oder

zu einem gewissen Anteil. Dies gilt es noch einmal genauer zu analysieren. Deswegen würden wir uns freuen, wenn Sie diese Änderungen aufnehmen.

Wenn Sie unserem Änderungsantrag folgen, dann würden wir Ihrem Antrag zustimmen. Eine Ablehnung unseres Änderungsantrags würden wir bedauern, da dann wichtige Dinge leider unerledigt bleiben würden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)