Deswegen halten wir es im Hinblick auf die Verteilungsgerechtigkeit für unverzichtbar, strukturelle Unterschiede künftig durch zusätzliche Bedarfsindikatoren abzubilden. Demografie, Beschäftigungs- und Arbeitslosenquote haben auf den Finanzbedarf der Länder erheblichen Einfluss.
Wer die Herstellung der finanziellen Handlungsfähigkeit der Länder mit dem Ziel der Herstellung und Wahrung gleichwertiger Lebensverhältnisse auch nach dem Jahr 2019 möchte, muss in einem modernen Länderfinanzausgleich diese Bedarfsindikatoren zukünftig berücksichtigen.
Meine Damen und Herren! Um zu verdeutlichen, wie weit die Positionen der einzelnen Länder auseinanderliegen, will ich mich in meiner Rede auf zwei Problemkreise beschränken.
Der Problemkreis Nr. 1 ist die Frage der Anrechnung der kommunalen Steuerkraft. Während in unserem Antrag eine hundertprozentige Anrechnung gefordert wird, hat der baden-württembergische Finanzminister Nils Schmid Anfang des Jahres dafür plädiert, die kommunale Finanzkraft künftig überhaupt nicht mehr zu berücksichtigen. Die Kommunen seien seit den 90er-Jahren bereits finanziell unabhängig. - Wie bitte?
Auch meine Fraktion ist der Überzeugung, dass es gut ist, wenn Geber- und Nehmerseite versuchen, die Sichtweise des jeweils anderen zu verstehen.
Über den Fiskalpakt sitzen die Kommunen und Länder bei der Berechnung des gesamtstaatlichen Defizits bereits in einem Boot mit dem Bund. Auch bei den landeseigenen Ausgleichsmechanismen über den kommunalen Finanzausgleich ist die kommunale Leistungsfähigkeit das entscheidende Kriterium für deren Finanzbedarf. Folgt man dieser Logik, ist die Tatsache, dass derzeit nur 64 % angerechnet werden, systematisch überhaupt nicht haltbar.
Wenn man weiß, dass bereits durch diesen Effekt mehrere 100 Millionen € innerhalb des Finanzausgleichs verschoben werden, kann man natürlich verstehen, dass das hochpolitisch ist und dass, unabhängig von der Frage, ob es richtig ist, das auf große Widerstände auch bei den Ländern stößt, die dann vermutlich mehr bezahlen müssten. Aber systematisch ist nichts dagegen einzuwenden.
Man könnte jetzt sicherlich noch etwas zur Stadtstaatenveredlung sagen. Das ist auch ein Zankapfel. Man muss vielleicht so viel wissen: Hamburg ist das beste Beispiel. Es wird bei den Stadtstaaten so getan, als ob die 35 % mehr Einwohner hätten als die Flächenländer.
Das wird dann sozusagen bei der Steuerkraft berücksichtigt, indem man die Steuerkraft berechnet und durch diese fiktive Einwohnerzahl teilt. Dadurch verschiebt sich die Steuerkraftreihenfolge und aus Hamburg wird kein Geberland, sondern ein Nehmerland. Das ärgert natürlich die Flächenländer, weil die sagen: Was unterscheidet Hamburg eigentlich zum Beispiel von Stuttgart, München, Dresden oder Bremen? - Nach dieser Systematik müsste man an dieser Stelle völlig andere Verteilungsmechanismen wählen. Das ist auch etwas, auf das man gespannt sein darf.
Unser Verfassungsgericht hat sich zu der Frage der Veredlungssystematik mit dem Dessau-Urteil schon geäußert und hat das zu Fall gebracht. Man darf also gespannt sein, was da passiert.
Ich höre, wie sich der Präsident räuspert, weil hier bedauerlicherweise die rote Lampe leuchtet. Ich finde es schade, dass wir hier nur fünf Minuten dazu reden können, weil das wirklich das zentrale Thema für uns ist.
Einen abschließenden Satz vielleicht noch zu der Frage Wettbewerbsföderalismus und Altschuldentilgungsfonds: Wettbewerbsföderalismus im Steuerbereich lehnen auch wir ab; das kann nicht hilfreich sein.
Allerdings unterstützen wir sehr wohl den Wettbewerb um die beste Politik. Insofern muss man sich die Frage stellen, ob der Stabilitätsrat nicht künftig eine stärkere Rolle bekommen soll. Es wäre unsere Vorstellung, als Belohnungssystem quasi die Konsolidierungshilfen zu verteilen.
Die Kritik an der Redezeit bitte an die Geschäftsführer. - Jetzt spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Frau Professor Dr. Dalbert. Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.
Ich kann nahtlos an meinen Vorredner und an andere, die hier gesprochen haben, anschließen. Ich sehe es auch so: Die Neuordnung der Finanzströme zwischen dem Bund und den Ländern ist, glaube ich, eine der zentralen Weichenstellungen für die Zukunft der Länder und ganz besonders auch unseres Landes.
Insofern bin ich den regierungstragenden dafür Fraktionen dankbar, dass sie ihren Antrag eingebracht haben, damit wir uns darüber verständigen können, wo wir stehen, und die Wichtigkeit dieser Thematik unterstreichen können.
Da ich nur wenige Minuten Redezeit habe, will ich mich auf wenige Punkte beschränken. Zunächst einmal freue ich mich darüber, dass es eine fraktionsübergreifende Zustimmung zu Punkt 2 unseres Antrages gibt. Ich finde, eine zentrale Weichenstellung wie der anstehende Neuaushandlungsprozess des Länderfinanzausgleichs kann nicht in den Hinterzimmern stattfinden; er muss transparent stattfinden. Dabei müssen alle Betroffenen beteiligt werden, also auch die Länderparlamente und Vertreter der Kommunen. Insofern
Wir haben gestern bei der Einbringung des Haushaltsplanentwurfs 2015/2016 schon über einen anderen zentralen Punkt gesprochen, nämlich über das Problem der Altschulden. Im Jahr 2020 greift die Schuldenbremse. Wir müssen und wollen ohne neue Kredite auskommen. Wir müssen aber auch in die Zukunft investieren. Das wird eine schwierige Situation für uns werden. Ich denke, angesichts dessen ist die Frage des Umgangs mit den Altschulden zentral. Wir haben das gestern bereits dargestellt.
Selbst bei den angestrebten und, wie ich finde, fast nicht einzuhaltenden und eher utopischen Tilgungsraten würden wir unsere Schulden hundert Jahre lang abtragen. Wir würden sie auch so langsam abtragen, dass wir uns, wenn die Zinsen wieder ansteigen, noch nicht einmal gegen diese ansteigenden Zinsen absichern würden. Insofern denke ich, dass die Frage der Tilgung der Altschulden und der Absicherung gegenüber dem Zinsänderungsrisiko bei den Altschulden ein zentraler Bestandteil der Föko III sein muss.
Warum haben wir dazu einen Änderungsantrag vorgelegt? - Das hat zwei Gründe. Sie erwähnen das Thema Stabilitätsrat in Punkt 6 Ihres Antrages. Ihren Ausführungen dazu können wir nicht zustimmen, und zwar aus zwei Gründen. Einer der Gründe wurde bereits genannt. Meine Vorstellung von Föderalismus ist es nicht, dass ich Bundesgremien Blankoschecks für Kompetenzerweiterungen ausstelle.
Wir haben das auch bei anderen Verfahren: Man macht einen Vertrag, man legt die Bedingungen fest, und dann sind diese Bedingungen von den Ländern auch einzuhalten. Wenn es schwierig wird, kann man nicht nach dem Bund oder nach dem Stabilitätsrat rufen und diesen Ebenen mehr Kompetenzen und Kontrollrechte zuschreiben. Ich finde, das ist nicht das richtige Vorgehen. Deswegen kann ich dem nicht zustimmen.
Es gibt einen weiteren Aspekt, den ich an dieser Stelle erwähnen möchte. Wissen Sie, mit der Formulierung in Nr. 6 Ihres Antrages legen Sie sich darauf fest, dass die Einnahmen aus dem Solidarpakt für die Errichtung eines Altschuldenfonds genutzt werden. Das halte ich für keinen guten Weg.
Wir Fraktionsvorsitzenden der GRÜNEN in den ostdeutschen Parlamenten haben uns schon vor zwei Jahren dazu geäußert und haben gesagt,
dass wir das für keinen guten Weg halten. Das war damals quasi ein Zusatzgeschäft zum Länderfinanzausgleich, weil man sich nicht richtig einigen konnte. Man hat dann gesagt, man macht einen Soli.
Der Solidaritätszuschlag - das wissen Sie alle im Hohen Haus - wird immer wie folgt gelesen: Der Westen zahlt für den Osten. Sie können den Menschen fünfmal oder achtmal erzählen, dass das Unsinn ist und dass das nicht wahr ist.
- Ja, natürlich. - Wir wollen jetzt einen Neustart der Regelungen der Finanzflüsse zwischen dem Bund und den Ländern haben. Ich finde, dieser Neustart muss so gelingen, dass es keine Extrageschäfte gibt, sondern dass das im Rahmen des Länderfinanzausgleichs so verhandelt wird, dass wir auch die Frage der Altschulden angehen. Der Bund hat die Einnahmenkompetenz und der Bund kann das ohne den Soli regeln.
Insofern würde ich mich heute nicht gern auf den Soli festlegen. Das machen Sie aber mit der Formulierung in Ihrem Antrag. Das ist der zweite Grund, warum wir Nr. 6 Ihres Antrages nicht zustimmen können. Sollte unser Änderungsantrag keine Mehrheit finden, beantrage ich, dass über Nr. 6 Ihres Antrages extra abgestimmt wird, sodass wir dieses ablehnen können. Den anderen Punkten Ihres Antrages würden wir gern zustimmen. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank. Der Kollege Barthel möchte Ihre Redezeit charmanterweise verlängern. - Herr Kollege, bitte.
Herr Präsident, ich will es kurz machen. Ich möchte noch einmal für Nr. 6 unseres Antrages werben. Meinen Sie nicht auch, dass ein Altschuldungstilgungsfonds, egal wie er ausgestaltet wird - das Saarland und Bremen haben einen solchen Fonds viel nötiger als die neuen Bundesländer -, dafür sorgt, dass die Akzeptanz des Soli steigt? Denn dann wäre der Nutznießer derjenige, der sich momentan als Zahler fühlt. Das ist die Idee zu sagen, wir zeigen uns einmal solidarisch zugunsten der alten Bundesländer, die in der Vergangenheit erhebliche Schulden angehäuft haben.
Danke für Ihre Frage. Das ist richtig. Die Frage der Altschulden ist in der Tat keine Frage zwischen Ost und West. Altschuldenprobleme haben auch West-Bundesländer. Aber meine Rückfrage lautet, wieso Sie sich jetzt auf den Soli festlegen wollen.
Warum sagen Sie heute, dass es nicht möglich sei, die Finanzströme so zu regeln, und dass der Bund nicht in der Lage sei, diese über seine Kompetenz über die Einnahmen so zu regeln, dass keine extra Abgabe notwendig ist? Eine Extraabgabe machte nach dem Zusammengehen der beiden deutschen Staaten Sinn. Diese besondere Situation sehe ich an dieser Stelle jedoch nicht.
Insofern kann ich an dieser Stelle nur für unsere Formulierung werben. Wir wollen nicht so viele Kompetenzen mit Blankoschecks auf den Stabilitätsrat verlagern und wir wollen uns nicht auf den Soli festlegen. Ich glaube, dass es geschicktere Lösungen gibt. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank. - Frau Kollegin Niestädt, wünschen Sie erneut das Wort? - Dann haben Sie es jetzt. Sie dürfen noch einmal sprechen.