Zum Schluss noch ein paar Worte zum Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Er unterscheidet sich von unsrem Antrag in
zwei Punkten. Zum einen ist in unserem Punkt 6 der Teil nicht enthalten, der die Stärkung des Stabilitätsrates vorsieht. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, darauf wollen wir nicht verzichten. Wir brauchen ein starkes Controlling.
Zusätzlich aufgenommen wurde der Punkt 2, der die Beteiligung der Landesparlamente an den Verhandlungen einfordert. Diesen Punkt wollen wir unbedingt unterstützen. Gern hätten wir dazu einen Entschließungsantrag aller Fraktionen eingebracht. Aber dazu kam es aus zeitlichen Gründen nicht mehr. Trotzdem danke für diesen Punkt. Wir werden ihn unterstützen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung ist nun aufgefordert, klug und umsichtig in den anstehenden Verhandlungen zu agieren. Die Leitlinien dafür, so meine ich, liegen hier und heute zur Abstimmung auf dem Tisch. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Niestädt. - Da der Minister erst am Ende der Debatte sprechen möchte, treten wir jetzt in dieselbe ein. Es ist eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion vereinbart worden. Als erster Redner spricht für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Knöchel. Bitte schön, Herr Kollege.
Danke schön, Herr Präsident. - Meine Damen, meine Herren! Die ab dem Jahr 2019 anstehende Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ist für die Zukunft des deutschen Föderalismus, aber auch für die weitere Entwicklung von Sachsen-Anhalt eine entscheidende Frage. Die LINKE begrüßt daher die Initiative der Koalitionsfraktionen, dieses Thema hier im Plenum zur Debatte zu stellen.
Auch wenn aus dem süddeutschen Raum immer mal wieder zu vernehmen ist, dass der Länderfinanzausgleich vor allem dazu diene, wahlweise die zu hohen Ausgaben von Berlin oder der neuen Bundesländer zu finanzieren, bleibt es doch dabei, dass er nach dem Grundgesetz vor allem dazu dient, die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen auszugleichen.
Die LINKE blickt auf Deutschland als Gesamtstaat. Für uns ist Deutschland eben keine Zusammenfassung von 16 Bundesländern. Erfolge werden in Deutschland immer gesamtstaatlich erwirtschaftet.
So ist die positive Entwicklung des süddeutschen Raums nach 1990 - Frau Niestädt hat darauf hingewiesen - eben nicht ohne die Sachsen-Anhalter
denkbar, die zu Hunderttausenden als gut ausgebildete Facharbeiter aus unserer Region dort die Grundlage für die steigende Wirtschaftskraft waren. Bayern ist ohne Sachsen-Anhalt nicht denkbar und umgekehrt gilt das eben auch.
Am 9. September hat die LINKE ihr Konzept für einen solidarischen und aufgabengerechten Länderfinanzausgleich vorgelegt.
Am 11. September haben die Koalitionsfraktionen ihren Antrag eingebracht. Ich kann feststellen, dass die Überlegungen nicht allzu weit auseinandergehen. An manchen Stellen kann ich sogar Übereinstimmung feststellen.
Herr Präsident, wir bitten daher um eine Einzelabstimmung zu dem Antrag der Koalitionsfraktionen, damit wir das hier deutlich machen können.
Übereinstimmung besteht uneingeschränkt bei Punkt 1. Ja, noch in dieser Legislaturperiode des Bundestages muss es passieren. Die LINKE fordert, die Fragen des Finanzausgleichs in eine Föderalismuskommission III einzubetten. Es reicht nicht, über das Geld zu sprechen. Das Kooperationsverbot und die Neuordnung der Gemeindefinanzen gehören ebenso auf die Tagesordnung.
Wir meinen, dass diese wichtigen Fragen nicht in Kaminrunden besprochen werden sollten, sondern in einer dem Thema angemessenen Form. Dazu gehört, dass die Kommunen mit am Verhandlungstisch sitzen. Aus diesem Grund begrüßen wir Punkt 2 des Änderungsantrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wir werden diesem Punkt zustimmen.
In Punkt 2 des Antrags der Koalitionsfraktionen wird der wichtigste Punkt des innerstaatlichen Finanzausgleichs angesprochen. Der Umsatzsteuervorwegausgleich ist bedeutender als der viel beklagte Länderfinanzausgleich.
Auch dieser Punkt erhält unsere Zustimmung. Die volle Einbeziehung der kommunalen Steuereinnahmen in die Ausgleichsberechnung wollen wir auch. Dieses Privileg muss abgeschafft werden.
Der Länderfinanzausgleich ist strukturblind. Das ist grundsätzlich auch richtig so. Es geht um die angemessene Angleichung der Finanzkraft, nicht um die Finanzierung der Ausgaben des einen oder anderen Landes.
Aber: Die unterschiedlichen Strukturen führen eben dazu, dass der derzeitige Ausgleichsmechanismus dazu dient, diese Strukturen zu verfestigen. Mit Strukturen meine ich die unterschiedliche Verteilung der Soziallasten.
Stehen zum Beispiel dem Land Bayern 3 780 € je Einwohner zur Verfügung, nachdem es die Ausgaben für Soziallasten und Hochschulen geleistet hat, bleiben in Mecklenburg-Vorpommern 2 675 €, also 718 € weniger, zur Erfüllung eines in etwa gleichen Aufgabenbestandes.
Deshalb fordert die LINKE, dass sämtliche Sozialausgaben, die durch Bundesgesetz geregelt werden, auch direkt vom Bund zu zahlen sind. Finanziert werden soll dies durch Veränderung der Umsatzsteueranteile.
Wichtig ist uns auch ein Ausgleich für Hochschulen. Denn auffällig ist, dass gerade Nehmerländer die Hochschulabsolventen ausbilden, die in den Geberländern künftige wirtschaftliche Erfolge ermöglichen. - Wir werden uns zu Punkt 4 der Stimme enthalten.
Der Punkt 5 findet unsere Zustimmung. Denn zwar steigen sowohl in Geberländern als auch in Nehmerländern die Steuereinnahmen, der Abstand der Wirtschaftskraft bleibt aber gleich. Deshalb sind Anstrengungen notwendig, hier Angleichungsprozesse in Gang zu setzen, und zwar für alle strukturschwachen Regionen. Wir diskutieren darüber, ob es der Solidaritätszuschlag sein muss. Es muss auf jeden Fall der Solidarpakt III sein.
Bei Punkt 6 können wir Ihnen nicht folgen, beinhaltet er doch die Aussage, dass strukturschwache Länder an der Strukturschwäche selbst schuld seien, und noch mehr die Illusion, wenn man auf Schwache nur lange genug einprügle, würden sie stark.
Für Punkt 7 mache ich Ihnen ein Kompliment. Ich freue mich, dass wir uns einig darin sind, dass es keinen Steuerwettbewerb geben darf und dass ein Steuerwettbewerb vor allem Sachsen-Anhalt schadet.
Wir fordern auch, dass ein anderer Steuerwettbewerb beendet werden muss, und zwar der um die maßvollste Finanzverwaltung als Standortvorteil. Wir denken, dass mit einer Bundessteuerverwaltung Vollzugsdefizite behoben werden könnten. Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, dass hier Steuermehreinnahmen von 11 Milliarden € generiert werden könnten.
Letztlich brauchen wir eine Regelung der Altschulden. Die LINKE denkt, dass die Vermögensteuer dazu dienen könnte, die Länder von ihrer Zinslast zu befreien.
Die Neuregelung des innerstaatlichen Finanzausgleichs ist eine wichtige Frage, die Sie mit Ihrem Antrag an die richtige Stelle geholt haben. Hier sollte sie auch bleiben. Die LINKE möchte und befürwortet daher die Einbeziehung der Länderparlamente und auch der Kommunen in diesen Prozess. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Knöchel. - Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Barthel. Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Im vergangenen Jahr wurden über den Länderfinanzausgleich rund 7,9 Milliarden € umverteilt. Davon zahlte Bayern etwa die Hälfte, Baden-Württemberg rund 2,7 Milliarden € und Hessen 1,3 Milliarden €.
Die zunehmende Unzufriedenheit der Geberländer über die derzeitige Umverteilungssystematik fand ihren Höhepunkt in einer Klage von Bayern und Hessen vor dem Bundesverfassungsgericht. Hauptkritikpunkt ist die Behauptung, die gegenwärtige Regelung sei ungerecht und leistungsfeindlich und würde den Nehmerländern zu wenig Anreiz bieten, die eigene Situation zu verbessern.
Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass wir dieses Thema hier debattieren, um bei den anstehenden Verhandlungen die Position der Nehmerländer zu verdeutlichen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei allem Verständnis für die Kritik der Geberländer ist meine Fraktion davon überzeugt, dass der Klageweg keine geeignete Strategie ist, um die Neuordnung des Länderfinanzausgleichs einer sinnvollen Lösung zuzuführen.
Das Thema ist hochkomplex und vor allem hochpolitisch. Wir sind der Überzeugung, dass politische Handlungs- und Diskursfähigkeit gerade bei Problemlösungen dieser Dimension unter Beweis gestellt werden muss.
Es kann nicht vernünftig sein, derartige Entscheidungen an Verfassungsrichter zu delegieren, um sich dann unter der Bedingung eines vermutlich wenig hilfreichen zeitlichen Drucks zu verständigen.
Die Konferenz der haushalts- und finanzpolitischen Sprecher der Fraktionen der CDU und der CSU der Länder hat genau aus diesem Grund bereits im Oktober 2012 ein Papier verabschiedet, in dem die Einrichtung einer Föderalismuskommission III zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen gefordert wurde.
Deshalb - das darf ich sagen - haben wir eine gewisse Sympathie für den Punkt 2 des Änderungsantrages der GRÜNEN, in dem es konkret um die Einbeziehung der Parlamente geht. Wir würden vorschlagen, den Punkt in unseren Antrag zu übernehmen mit einer Ergänzung. Und zwar sollen der anstehende Neuaushandlungsprozess des
Länderfinanzausgleichs und zahlreiche andere Regelungen der Bund-Länder-Finanzbeziehungen in einem offenen und transparenten Prozess vorzugsweise im Rahmen einer Föderalismuskommission III unter Einbeziehung der Landesparlamente erfolgen. Das Wort „Föderalismuskommission III“ würden wir schon ganz gern darin haben, zumal die Föderalismuskommission II in der letzten Runde die Landtagspräsidenten zumindest als Gäste geduldet hat.
Ich meine, wenn das kein Thema ist, das in die Parlamente gehört, dann weiß ich auch nicht, an welcher Stelle wir noch beteiligt werden sollen. Insofern würden wir den Vorschlag machen, unseren Antrag entsprechend zu erweitern.
Momentan sieht es aber genau so aus, dass die Neuverhandlungen auf reine Fiskalpolitik beschränkt werden und dass die Parlamente nicht dabei sind. Wir hoffen, dass unser Appell auch für die Landesregierung ein Anlass ist, das auf der Bundesebene noch einmal anzusprechen.
Die Bund-Länder-Finanzbeziehungen sind eben keine reine Fiskalpolitik, sondern nach unserer Auffassung vor allem Strukturpolitik.