Protocol of the Session on September 18, 2014

Ich bin weit davon entfernt, das hier als Totschlagargument zu nehmen und zu sagen: Deshalb müs

sen wir uns mit allem begnügen, wie wir es vorgeschlagen bekommen. Oder wir dürfen nicht mehr sagen, was wir an anderen Vorstellungen haben.

Ich will einfach zur Einordnung der Größe der Probleme sagen - ich weiß, die Probleme, die man selbst hat, sind immer am größten; die Probleme der anderen sind meist weiter weg -: In einer solchen internationalen Situation, in der wir uns befinden, halte ich es für absolut notwendig, auch für uns selbst immer wieder einzuordnen, es ist ein Privileg, dass wir hier über diese Themen und über diese Details streiten können und dass wir einen Haushalt aufstellen können, der in der Gesamtheit, auch wenn er im Landtag noch verändert wird oder wenn er nicht alle Wünsche erfüllt, das Land ein gutes Stück voranbringen wird. Das ist ein Privileg, das wir haben.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Zu- stimmung von der Regierungsbank)

Deshalb haben wir auch Verantwortung für das, was in den Krisenländern passiert, und für die Menschen, die dort leben. Dann wird es mit einmal ganz konkret. Denn dann kommen wir ganz schnell auch zu unserem Haushalt hier.

Wir werden natürlich darüber reden müssen, dass wir als Land für diejenigen, die aus diesen Krisenländern herkommen und bei uns Asyl suchen, die bei uns auf Zeit leben wollen, bis es hoffentlich in ihren Ländern wieder ordentlich demokratisch funktioniert und sie zurückkehren können, gemeinsam mit den Kommunen eine Lösung finden. Das ist unsere Verantwortung. Da wird es ganz schnell haushalterisch. Ich bin überzeugt davon, dass wir das lösen werden, weil ich niemanden in diesem Parlament sehe, der sich dieser Aufgabe verweigern wird.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Ich will einen weiteren Punkt ansprechen, der eng damit zusammenhängt. Ich glaube, dass es seit dem Ende des Kalten Krieges wohl kaum eine Zeit gegeben hat, in der unsere demokratische Friedensordnung in Europa wertvoller war, als sie dieser Tage vielleicht dem einen oder anderen erscheint und wert ist.

Ich will das ausdrücklich gerade vor dem Hintergrund sagen, dass viele Menschen die Demokratie so wenig schätzen, dass sie nicht wählen gehen. Das haben uns die zurückliegenden Landtagswahlen ja gezeigt.

Deshalb wird es zwingend notwendig sein - und zwar nicht nur vier Wochen nach der Landtagswahl, sondern auf Dauer; wir haben noch eineinhalb Jahre Zeit, uns darum zu kümmern -, die Menschen davon zu überzeugen, dass Demokratie gut ist und dass sie wählen gehen.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich sage das noch vor einem anderen Hintergrund, nämlich dem Umstand, dass viele Menschen eine politische Strömung gewählt haben, die Europa verachtet. Ich finde, Europa ist zu wertvoll, um es zu verachten. Der Frieden ist zu wertvoll, um ihn zu verachten. Auch die Chance auf Wohlstand durch Europa ist zu wertvoll, um sie zu verachten. Deshalb müssen wir auch als überzeugte Europäerinnen und Europäer für dieses Europa kämpfen.

Die Zerstörung der europäischen Idee und die Zerstörung der Europäischen Union sind eben keine, um im Bild zu bleiben, Alternative, sondern eine unverantwortliche Dummheit. Dann werden wir auch das Land Sachsen-Anhalt nicht weiterentwickeln können. Übrigens verpflichtet uns auch die Landesverfassung dazu, nicht nur vielleicht unsere eigene Überzeugung.

Es gibt auch dabei wieder Bezüge zum Haushalt und handfeste Argumente, dass wir nämlich in den nächsten beiden Jahren mehr als 1 Milliarde € aus europäischen Fördertöpfen bekommen, um das Land mit diesem Geld zu gestalten; 4 bis 5 % des Gesamthaushaltes sind das. Wer sich vielleicht nicht für die Idee begeistern kann, der sollte die Zahlen sprechen lassen. Das Argument ist, glaube ich, eines, das schlecht zu schlagen ist.

Die Finanzpolitik dieser Koalition spricht ebenfalls für sich. Wir sind finanzpolitisch gut aufgestellt. Wir werden nach dem Beschluss dieses Haushaltes alle Haushalte in dieser Legislaturperiode ohne neue Schulden aufgestellt haben. Wir werden es außerdem schaffen, bis zum Auslaufen des Solidarpakts im Jahr 2019 auf eigenen Beinen zu stehen.

Dafür stellen wir seit acht Jahren die Weichen; das ist nicht einfach. Wir würden an manchen Stellen gern mehr Geld ausgeben. Auch die Argumente derjenigen, die sagen, wir brauchen mehr, sind in der Regel vernünftig und stichhaltig.

Trotzdem sage ich hier auch noch einmal: Die Nichtverschuldung ist auch ein struktureller Wert, den wir uns erhalten müssen.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von der Regierungsbank)

Gut wäre es, wenn es eine Fortführung des Solidarpaktes gäbe. Denn es gibt noch genug strukturelle Probleme, die zu bekämpfen oder zu verändern sind oder die es aufzuheben gilt.

Auch wenn das Verfahren der Haushaltsaufstellung in diesem Jahr für die Jahre 2015 und 2016 gegenüber dem Verfahren des Vorjahres deutlich ruhiger ablief, wissen wir alle, dass unsere To-doListe noch ellenlang ist und dass wir uns jeden Punkt ansehen und viele davon abarbeiten müssen.

Die Haushaltskonsolidierung habe ich angesprochen. Ich finde, sie ist unstrittig. Wir sollten wohl

aber inzwischen besser über Haushaltsverstetigung reden; denn darum wird es in Zukunft gehen.

Wie sind die Rahmenbedingungen? - Wir haben erstens die Schuldenbremse im Bund. Diese ist extrem unangenehm, das gebe ich zu. Aber wir müssen damit umgehen. Das hängt auch mit den Konsolidierungshilfen zusammen, die wir ansonsten abgezogen bekommen. Auch das würde den Landeshaushalt schädigen. Also, sie ist beschlossen. Ich muss sie nicht in der Verfassung haben. Aber ich respektiere sie. Wir werden das natürlich im Rahmen dieser Schuldenbremse auch vernünftig organisieren.

Zweitens. Wir haben in absehbarer Zeit Aufwendungen für die Altersversorgung unserer Beamtinnen und Beamten zu erbringen. Diese sollten wir in der Tat aus eigenen Mitteln stemmen. Deshalb ist es richtig, den Pensionsfonds zu füllen und uns nicht dieses schwarze Loch - nicht im negativen Sinne, sondern von der Größe her, weil es aufwachsen und größer werden wird; es gehen mehr Menschen in Pension -, das im Haushalt ansonsten entstehen könnte, für die nächsten Jahre mit auf den Buckel zu legen.

Drittens. Wir sind nicht für alle Zeit vor konjunkturellen Risiken gefeit. Deshalb ist die Steuerschwankungsreserve als Ansatz richtig, auch als weiteres Vorsorgeelement. Wir müssen in der Tat ein Stückchen Vorsorge treffen.

Ich gehöre nun nicht zu denjenigen, die Kredite für vernünftige Dinge für immer und ewig ablehnen. Aber zum jetzigen Zeitpunkt und angesichts der in der Vergangenheit aufgehäuften Schulden müssen wir zusehen, dass wir auch ein anderes Element für die Vorsorge nutzen. Das kann nur eine solche Steuerschwankungsreserve sein.

Wir werden nicht mehr Geld haben, gerade in den neuen Bundesländern. In den alten Bundesländern kann das anders aussehen. Sie werden steigende Einnahmen haben. Sie haben eine höhere Wirtschaftskraft. Sie haben möglicherweise auch einen Vorteil von der Inflation.

Wir nicht. Bei uns ist ganz klar: Die Mittel werden zurückgehen, weil alle Ausgleichssysteme entweder neu verhandelt werden müssen und mit Sicherheit nicht mehr in der gleichen Höhe ausgehandelt werden können. Auch der Bund-LänderFinanzausgleich muss neu verhandelt werden, auch ein anschließender Solidarpakt. Die Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen gehen zurück.

Wir wissen, dass wir es mit zurückgehenden Einnahmen zu tun haben. Deshalb müssen wir gucken, dass wir uns zumindest ein kleines Polster schaffen, damit wir nicht irgendwann noch einmal kalt erwischt werden, wenn auch noch die Zinsen steigen und wir mit der Tilgung bzw. mit der Finan

zierung unserer Schulden - der weitaus größere Teil der Aufwendungen betrifft die Finanzierung der Zinsen und nicht die Tilgung - nicht mehr vorankommen, wie das gegenwärtig der Fall ist.

Trotz allem bleiben wir nicht bei den Pflichtaufgaben, sondern realisieren auch fakultativ gute Dinge. In der Förderperiode von Stark III investieren wir 450 Millionen € in die Sanierung von Schulen und Kitas, obwohl wir nicht der Eigentümer sind. Das ist unumstritten eine gute Sache.

Ja, vielleicht werden wir es bis zum Ende der Legislaturperiode nicht in jede Schule schaffen. Ja, man benötigt dafür ein Regelwerk. Ich finde es auch unsinnig, wenn man sagt, diese oder jene Schule nicht, und das Regelwerk ändert. Wir wissen, dass wir mit der Gesamtsumme nicht alle Schulen und Kitas erreichen können. Deshalb gibt es ein Regelwerk, das man gut oder schlecht finden kann. Danach werden zunächst die größeren Schulen bedacht, die vermeintlich und hoffentlich langfristig sicher bestehen bleiben.

(Minister Herr Bullerjahn: Genau!)

Wir müssen uns dann aber auch ehrlich in die Augen schauen und müssen erörtern, ob wir die vielen kleinen Schulen, die auch bestandsfähig sind, sanieren wollen, wenn die Mittel der Europäischen Union aufgebraucht sind. Es wäre nur fair, auch ihnen eine Unterstützung zu geben. Dafür müssen wir die Mittel im Landeshaushalt bereitstellen.

Aber ob wir das über Stark III leisten können oder ob wir dafür ein eigenes Landesprogramm auflegen müssen, müssen wir uns überlegen. Auch die Europäische Union hinterfragt immer kritischer den Einsatz der Mittel für die Sanierung. Das haben wir bei den jüngsten Verhandlungen mit Brüssel wieder erlebt. Wir müssen dann auch so ehrlich sein und müssen sagen, dass im Zweifel nicht jede Schule in dieser Legislaturperiode von den Stark-III-Mitteln erreicht werden kann, auch wenn es ein so schönes Plakat gab. Ich weiß sehr wohl, dass ich mich damit auf sehr dünnes Eis begeben habe.

Meine Damen und Herren! Ich habe gesagt, einen Solidarpakt III, einen gesamtdeutschen Solidarpakt würde ich für elementar halten. Das halte ich für elementar. Es gibt überall schwache Regionen in der Bundesrepublik. Es gibt überall strukturelle Defizite. Ich hoffe, dass wir uns darauf einigen können. Wie wissen, der Bär ist noch nicht erlegt, aber wenn ich das Fell verteilen dürfte, dann stünde bei mir auch die Erhöhung der Investitionsquote an vorderer Stelle, wobei auch Investitionen in Bildung Investitionen sind nicht nur solche in Steine. Aber auch wirtschaftliche Entwicklung ist wichtig. Wirtschaft und Bildung sind unmittelbar miteinander verbunden.

(Herr Striegel, GRÜNE: Genau!)

Ich glaube nicht, dass Herr Bullerjahn nur Steine gemeint hat. Darüber braucht man sich nicht zu streiten: Investitionen in die Zukunft sind das Wichtigste.

(Zustimmung bei der SPD und von Minister Herrn Bullerjahn)

Ein Bereich, der im letzten Jahr vor allem im Brennpunkt der öffentlichen Debatte stand, war der Wissenschaftsetat. In diesem Bereich ist es merklich ruhiger geworden. Das sehe ich mit einem lachenden und mit einem weinenden Auge. Es ist in jedem Fall gut, dass die Hochschulen aus dem öffentlichen Fokus der Debatte als Negativpunkt heraus sind. Das ist gut.

Es ist aber auch ganz nüchtern festzuhalten, dass der Bernburger Frieden zwar eingearbeitet wurde, dass aber nach wie vor ein mit allen Beteiligten abgestimmter Hochschulentwicklungsplan fehlt.

Die Zeit wird eng. Die Vorlagen für die Zielvereinbarungen müssen her. Wir haben heute den 18. September. Das sind noch keine Mut machenden Signale. Ich hoffe, dass die Zielvereinbarungen bis zum Ende des Jahres stehen.

(Zustimmung von Frau Grimm-Benne, SPD)

Herr Möllring hat eine Aufgabe jenseits der haushalterischen Aufgabenstellung zu bewältigen. Ich hoffe, dass diese zügig angegangen und bearbeitet wird.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Er wird beim Mit- tagessen sein! - Herr Erben, SPD: Er arbei- tet dran!)

- Genau, das passt gut. Das muss zügig angegangen werden; denn von dem ursprünglichen Zeitplan ist nicht mehr viel übrig. Ich weiß, dass viele Hochschulstandorte dennoch gut beisammen sind und ihre Vorschläge bis Anfang Oktober abgestimmt haben. Ich hoffe, dass wir eine gute Lösung finden.

In diesem Zusammenhang mache ich einen kurzen Schwenk zum Kooperationsverbot. Darüber haben wir im Landtag schon diskutiert. Es liegen noch Anträge von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen vor, die Aufhebung des Kooperationsverbots auf den gesamten Bereich der Bildung auszudehnen. Ich weiß, die Diskussionen darüber waren auch bei den Koalitionsverhandlungen auf der Bundesebene farbig und intensiv. Das Kabinett hat sich leider entschlossen, diesem Antrag nicht zuzustimmen.

Es wäre schön, wenn die ideologischen Schranken an dieser Stelle überwunden werden könnten; denn es geht um die Finanzierung der Bildung auch in unserem Land. Es wäre sehr schön, wenn sich der Koalitionspartner in Sachsen-Anhalt und auch im Bund bei diesem Thema noch einmal inhaltlich bewegt, wie er es auch bei anderen The

men tut. Ich halte es für elementar, dass dieses Kooperationsverbot im Interesse unseres Landes und der Entwicklung der Bildungspolitik noch einmal diskutiert wird.

(Zustimmung bei der SPD)

Auch wenn man nicht alle Thema ansprechen kann, habe ich das Thema Hochwasserschutz ganz bewusst in meine Rede zum Haushaltsplan aufgenommen. Wenn das Hochwasser da ist und gerade wieder weg ist, dann wird sehr emotional und mit einer hohen Erregung diskutiert. Dann wissen auch immer alle, was man tun will. Danach verschwindet das Thema aber wieder in der normalen Tagespolitik.