Protocol of the Session on September 18, 2014

Nun stehen Änderungen und zusätzliche Barrieren im Raum - wir haben heute von Rechentricks zur Reduzierung der Finanzkraft der Kommunen gehört -, womit Sie diese ursprüngliche Absicht in einem Handstreich zerlegt haben. Am Ende sollten die Kommunen sehr viel weniger Geld bekommen. Neueste Ankündigungen besagen, dass hierbei wieder zugelegt werden soll und große Teile der

Kürzungen zurückgenommen werden sollen. Das begrüßen wir ausdrücklich.

(Beifall von den GRÜNEN)

Allerdings sind wir sehr auf die Vorschläge zur Gegenfinanzierung im Haushalt gespannt; denn - das muss ich Ihnen auch sagen - eine Finanzierung nach Kassenlage ist nicht unser Verständnis von verlässlicher Politik.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das gilt auch für Ihre Schuldenpolitik, Herr Bullerjahn.

(Minister Herr Bullerjahn: Meine Schulden- politik?)

Ich bin geneigt, Ihre Absichten hinsichtlich der geplanten Schuldentilgung als reine Symbolpolitik zu bezeichnen.

(Minister Herr Bullerjahn: O Gott!)

Tilgungsraten von 225 Millionen € pro Jahr sind - seien wir ehrlich - völlig utopisch und in Anbetracht sinkender Zuweisungen des Bundes und der europäischen Ebene absolut wirklichkeitsfremd.

Wie wollen Sie denn unter den Bedingungen der Schuldenbremse langfristige Investitionen finanzieren, wenn Sie Haushaltsmittel in einer derartigen Größenordnung für die Schuldentilgung blockieren?

Sie wissen doch: Selbst wenn Sie diesen Berg an Schuldentilgung umsetzen könnten, würde es mehr als 100 Jahre dauern, bis wir die Schulden abgetragen haben. Deswegen sagen wir - wir werden auch noch einmal darüber sprechen -: Das ist ein Problem, das wir als Land nicht allein lösen können.

(Zuruf von Minister Herrn Bullerjahn)

- Das ist ein Problem, das wir nicht allein lösen können. Hierbei brauchen wir die Hilfe des Bundes, auch um uns gegen das Zinsänderungsrisiko abzusichern; denn selbst dagegen sichern wir uns mit diesen Tilgungsraten nicht ab.

(Zustimmung von den GRÜNEN - Zuruf von Minister Herrn Bullerjahn)

Sie wollen im Jahr 2015 beispielsweise 50 Millionen € tilgen.

(Herr Barthel, CDU: Wo nimmt der Bund das Geld her?)

Das heißt, der tatsächliche, der absolute Entlastungseffekt ist für den Haushalt minimal und es fehlen wesentliche Mittel für Zukunftsinvestitionen. Dazu sagen wir Ihnen: Das halten wir nicht für eine generationengerechte Politik.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung von Herrn Wagner, DIE LINKE)

Das gilt auch für die Steuerschwankungsreserve, Herr Bullerjahn. Am Anfang des Jahres haben Sie pikanterweise noch von 500 Millionen € gesprochen. Jetzt wollen Sie 800 Millionen € in der Steuerschwankungsreserve parken.

Wissen Sie: Prinzipiell ist eine Steuerschwankungsreserve kein schlechtes Mittel, wenn man dazu hohe strukturelle Haushaltsüberschüsse

nehmen kann. Aber die haben wir nicht. Zwar haben wir Haushaltsüberschüsse, aber keine hohen, und diese Haushaltsüberschüsse sind mit einer überzogenen Kürzungspolitik bei unseren Zukunftsinvestitionen teuer erkauft. Dazu kommen die niedrigen Guthabenzinsen auf dem Markt, sodass wir das Geld parken, ohne am Ende wirklich etwas dafür zu bekommen. Deswegen sagen wir Ihnen: Dieser Sparstrumpf lohnt sich nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung von Herrn Gallert, DIE LINKE)

Im Übrigen zeigen Ihre eigenen Initiativen, wie wenig ernst Sie am Ende die Steuerschwankungsreserve nehmen.

Sehen wir uns die Änderungen im Haushaltsbegleitgesetz an. Im letzten Haushaltsbegleitgesetz haben Sie die Steuerschwankungsreserve reduziert auf einen einfachen Sparstrumpf, den man anzapfen kann, wenn man den Haushalt nicht mehr in den Griff bekommt. Also, von den strengen Kriterien einer Steuerschwankungsreserve war damals schon nicht mehr die Rede.

Nun schlagen Sie die Absenkung der gesetzlichen Pflichtzuführung von 50 Millionen € auf 25 Millionen € vor. Das verstehe ich natürlich, weil das der Realität der Haushalte im Lande entspricht. Aber wenn Sie eine Reserve von 800 Millionen € ansparen möchten und 25 Millionen € im Jahr zuführen, dann dauert es 20 Jahre, bevor die Reserve vollständig aufgefüllt sein wird. Auf 800 Millionen € kommen Sie; denn das war die Summe, die das Land Sachsen-Anhalt in der letzten schwierigen Wirtschaftssituation an Krediten hat aufnehmen müssen.

Wenn Sie sich das alles anschauen, wird eines klar: Diese Steuerschwankungsreserve wird uns, wenn es in den nächsten Jahren zu einer wirtschaftlich schwierigen Situation kommen sollte, nicht davor bewahren, Kredite aufnehmen zu müssen.

Ich finde, Sie sollten offen kommunizieren, dass wir, wenn wir in den nächsten Jahren in eine wirtschaftlich schwierige Lage kommen, Kredite aufnehmen müssen. Deshalb sollten wir das vorhandene Geld besser in die Zukunft unseres Landes investieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deswegen sehen ich und meine Fraktion Ihren Entwurf eines Doppelhaushalts für die Jahre 2015

und 2016 nicht als großen Wurf an. Sie haben uns zwar Visionen über die Finanzpolitik in den nächsten Jahrzehnten vorgestellt. Aber im ersten Teil Ihrer Rede, in dem es konkret um Geld ging, haben wir wenig darüber gehört, wohin Sie das Land führen wollen, was Ihre konkreten Visionen sind.

Ich sage Ihnen: Wir wollen das Land gestalten. Deswegen müssen wir in die Zukunft investieren. Das betrifft die Bildung, die Wissenschaft, die Forschung und den Umweltschutz.

(Minister Herr Bullerjahn: Zuerst Wirtschaft!)

- Das ist Ihr Schwerpunkt. Ich sage sehr klar: Alles in diesem Land basiert auf den Leistungen der Köpfe der Menschen in diesem Land.

(Minister Herr Bullerjahn: Die produzieren die Steuern!)

Deswegen ist es für uns ein Primat, in die Köpfe der Menschen in diesem Land zu investieren. Sie schaffen die Wirtschaftskraft. Je besser sie ausgebildet sind, umso höher wird unsere Wirtschaftskraft.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Ich sage es an dieser Stelle noch einmal: Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN will auch keine neuen Schulden - nur damit das klar ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber wir wollen auch keine investitionshemmenden Sparstrümpfe. Denn das bringt unser Land nicht nach vorn.

Deswegen sagen wir: Hören wir endlich auf mit der rückwärts gewandten Kürzungspolitik und mit Sparstrümpfen, die unser Land nicht nach vorn bringen! Wir brauchen einen Aufbruch in die Zukunft, das heißt Investitionen in Bildung, Wissenschaft und Umweltschutz. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von Minis- ter Herrn Bullerjahn)

Danke sehr, Frau Kollegin Dalbert. - Herr Finanzminister, Sie haben die Möglichkeit, noch einmal zu reden.

(Minister Herr Bullerjahn: Ja, ist ja gut! Erst mal zuhören!)

Nun spricht die Vorsitzende der SPD-Fraktion Frau Budde. Bitte sehr.

(Die Rednerin stellt ein Plüschtier auf das Rednerpult)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich ahnte schon, dass man sich etwas überlegen

muss, wenn man als letzte Rednerin nach einer nicht ganz so aufgeregten Diskussion im Vorfeld der Einbringung des Haushaltes in der Fläche des Landes wie im letzten Jahr redet. Man muss sich in der Tat etwas überlegen, um überhaupt noch Aufmerksamkeit für das, was man sagen möchte, zu bekommen.

Was es mit dem Tier auf sich hat, das ich mit nach vorn gebracht habe, werde ich in ein paar Minuten erklären. Ich bin recht guten Mutes, dass es recht viele so interpretieren werden wie ich.

(Minister Herr Stahlknecht: Sieht ein biss- chen mutiert aus!)

Womit fange ich jetzt an? - Mit der Einbringungsrede des Finanzministers. Dass sich Politikfeldsteuerung auch charmant erklären lässt, hat der Finanzminister heute bewiesen. Wenn er es uns Parlamentariern von Anfang so bei- und nahegebracht hätte, dann wären wir vielleicht auch schon darauf eingegangen.