Protocol of the Session on July 18, 2014

Dingen erholsame Urlaubszeit wünschen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt der Abgeordnete Herr Striegel. Bitte, Herr Kollege.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Alle Daten, die bei staatlichen Stellen anfallen, gehören den Bürgerinnen und Bürgern. Sie ihnen bei Bedarf und auch allgemein zur Verfügung zu stellen ist Aufgabe aller Behörden.

Transparenz staatlichen Handelns und damit auch die Offenlegung staatlicher Datenbestände lösen zwar, für sich selbst genommen, noch kein Problem, aber können dabei helfen, dass für Probleme Lösungen gefunden werden.

Folglich muss es Aufgabe und selbstverständliche Serviceleistung einer modernen Verwaltung sein, amtliche Informationen jedermann unaufgefordert oder zumindest auf Antrag zugänglich zu machen.

Ich stelle allerdings fest, dass wir von einer solchen Kultur der Transparenz im Land Sachsen-Anhalt noch weit entfernt sind. Vielmehr neigen Behörden, insbesondere kommunale Behörden, bei gegebenenfalls heiklen Anfragen dazu, Auskunftsersuchen zunächst abzulehnen oder durch Hinhaltetaktik Zeit verstreichen zu lassen.

Versuchen Sie einmal in einem Landkreis als Bürger Einblick in die durch öffentliche Ausschreibung zustande gekommenen Verträge zwischen einer Kreisverwaltung und dem Betreiber eines Asylbewerberheims zu bekommen.

Ich stehe mit einem solchen Anliegen seit mehr als vier Monaten der Kreisverwaltung im Saalekreis auf den Füßen. Nun endlich ist mir die Übersendung der Dokumente avisiert worden. Davor: Immer wieder Hinhaltetaktik; Aufforderung zu erneuter Stellungnahme trotz Rechtslage. Auch jetzt der Vorbehalt: Sie bekommen die Verträge, wenn nicht plötzlich doch noch der Betreiber widerspricht. - Da läuft doch etwas falsch, meine Damen und Herren.

In einer modernen und offenen Gesellschaft muss der Zugang zu Informationen eine Selbstverständlichkeit sein. Wer mehr Bürgerbeteiligung und Mitsprache will, der muss auch dazu bereit sein, den Bürgerinnen und Bürgern die notwendigen Informationen zur Verfügung zu stellen. Nur gut informierte Bürger können engagiert und kompetent mitentscheiden.

Zwar stellt der Landesbeauftragte in seinem zweiten Tätigkeitsbericht fest, dass das IZG LSA den Praxistest erfolgreich bestanden habe. Dennoch müsse es, wie der Vergleich mit dem Informationsfreiheitsgesetzen der neuen Generation zeige, noch weiter verbessert werden. - Dem kann sich meine Fraktion nur anschließen.

Ich hoffe, dass mit der nun anstehenden Evaluierung die Zusammenführung des Gesetzes mit dem Verbraucherinformationsgesetz und dem Umweltinformationsgesetz auf der Landesebene in ein Informationsfreiheitsgesetzbuch gelingt. Die Kollegin Tiedge hat das schon angesprochen.

Großen Nachholbedarf, meine Damen und Herren, haben wir bei den Gebühren für den Informationszugang. Das Land Sachsen-Anhalt weist im bundesweiten Vergleich die höchsten Gebührensätze für die Antragsbearbeitung auf.

Ziehen die meisten Länder die Gebührengrenze für die Erteilung von Auskünften bei 500 €, liegt sie in Sachsen-Anhalt bei 1 000 €. Mit welchem Argument? - Mir fällt keines ein. Vielmehr ist es die Aufgabe des Landtages, die Gebühren sofort zu senken. Die Gebührenhöhe darf kein Hindernis für die Inanspruchnahme eines Informationszuganges darstellen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch beim Thema Open Government zeigt sich Sachsen-Anhalt keineswegs wegweisend. Zwar spricht die Landesregierung in ihrem Strategiepapier „Sachsen-Anhalt digital 2020“ die Einführung von Open Government an, konkrete Überlegungen, wie sich dies auf der Landesebene umsetzen ließe, bleibt sie allerdings schuldig.

Auch hier ist es sinnvoll, sich an anderen Bundesländern zu orientieren und im Gesetz die rechtlichen Voraussetzungen für ein Informationsregister zu schaffen. Damit würden wir uns in die Gruppe derjenigen Länder einreihen, die ein Informationsfreiheitsgesetz der neuen Generation besitzen.

Bis dato ist es doch so, dass die Bürgerinnen und Bürger als Bittsteller zu Behörden gehen und einen Antrag stellen. Das ist langwierig und, wie bereits dargestellt, mit Gebühren verbunden. Ein Landesinformationsregister kehrt dieses Prinzip um, indem proaktiv Informationen in einem Register zu veröffentlichen sind.

Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Das Verständnis für die Informationsfreiheit als wichtiger Bestandteil demokratischer Willensbildung ist noch nicht flächendeckend im Selbstverständnis staatlicher Organe verankert. Das muss sich ändern. Transparenz und Bürgernähe sind Voraussetzung für mehr gelebte Demokratie.

Damit komme ich abschließend noch einmal zu unserem Änderungsantrag. Auch dessen Entstehungsgeschichte ist hier schon angesprochen worden.

Wir haben im Innenausschuss darum gerungen, dass es eine Entschließung gibt. Sie war avisiert. Wir haben im Plenum die entsprechende Beschlussfassung noch einmal verschoben. Trotzdem bringen die Koalitionsfraktionen nicht die Kraft auf, in irgendeiner Form zu einer Entschließung zu kommen. Ich halte das wirklich für ein fatales Signal.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Wenn es daran liegen sollte, dass wir in unserem Antrag die Landesregierung auffordern, Dinge zu tun: Ich bin gern dazu bereit, dass wir darin bitten, freundlich bitten,

(Herr Borgwardt, CDU: Das will doch gar keiner!)

untertänig bitten oder eine andere geeignete Formulierung einführen. Das würden wir alles hinkriegen. Aber dass Sie, meine Damen und Herren von der CDU, sich weigern, mit den GRÜNEN und mit der Opposition eine gemeinsame Entschließung einzubringen, ist letztlich einfach eine Dreistigkeit.

(Herr Kurze, CDU: Was? - Herr Kolze, CDU: Hätten Sie es rechtzeitig vorgelegt! - Herr Borgwardt, CDU: Dann hätten Sie es recht- zeitig vorlegen müssen!)

Dass Sie in der SPD nicht die Kraft haben, so eine gemeinsame Entschließung auch in den Koalitionsfraktionen sozusagen durchzusetzen, ist einfach ein Problem.

(Zuruf von Herrn Borgwardt, CDU)

- Das war rechtzeitig vorgelegt, Herr Kollege Borgwardt.

(Herr Kolze, CDU: Nein, nein! - Herr Borg- wardt, CDU: Am Mittwoch!)

- Es gab genügend Zeit. Wir haben das im Plenum sogar vertagt. Reden Sie sich nicht raus. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion spricht jetzt noch einmal der Kollege Herr Dr. Brachmann. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist jetzt etwa sieben Jahre her, dass wir in diesem Hohen Hause eine Debatte zum Informationsfreiheitsgesetz geführt haben. Ich habe damals

gesagt, es ist ein entscheidender Schritt zu mehr Transparenz von Verwaltungshandeln. Inzwischen gibt es auch auf der politischen Bühne Parteien, die das Stichwort „Transparenz“ gewissermaßen zum Parteiprogramm machen.

(Herr Borgwardt, CDU: Monstranz! Links von uns!)

Aber auch ohne das Zutun der Piraten ist das Recht des Einzelnen auf freien Zugang zu Informationen inzwischen ein wichtiger Bestandteil der Rechtsstellung der Bürger. Das ist insoweit auch nachvollziehbar. Frau Tiedge hat darauf hingewiesen.

Es gibt inzwischen auch die Anregung der Informationsfreiheitsbeauftragten zu prüfen, ob es die Rechtsstellung der Bürgerinnen und Bürger nicht so gravierend betrifft, dass man es in die Verfassung aufnehmen sollte. Ich denke, diesem Gedanken sollte man sich nicht von vornherein verschließen.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Auch der inzwischen vorliegende zweite Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit zeigt in überzeugender Weise, dass dieses Recht der Bürgerinnen und Bürger an Bedeutung gewinnt. Er zeigt aber auch, dass sie verantwortungsbewusst damit umgehen. Befürchtungen, die Verwaltungen könnten unter der Flut von Informationsverlangen zusammenbrechen,

haben sich nicht bewahrheitet.

Der Informationsfreiheitsbeauftragte Herr Dr. von Bose kommt in seiner Schlussbemerkung zu der Feststellung - Herr Striegel hat das eben auch schon zitiert -, dass das Informationszugangsgesetz den Praxistest endgütig und erfolgreich bestanden habe. Dem kann ich für meine Fraktion nur zustimmen.

Wenn etwas gut ist, heißt das nicht, dass es nicht noch besser werden kann. Das gilt auch für das Informationsfreiheitsrecht, zumal sich - das ist das Entscheidende - die technischen Möglichkeiten der Informationsverarbeitung und des -zugangs fortwährend und entscheidend verändern.

§ 15 des geltenden Gesetzes enthält bereits die Verpflichtung, die Auswirkungen dieses Gesetzes nach fünf Jahren durch die Landesregierung unter Mitwirkung der kommunalen Spitzenverbände und gegebenenfalls weiterer Sachverständiger zu evaluieren. Diese Zeit ist um. Ich habe vernommen, Herr Minister, dass dieser Bericht zeitnah in Aussicht gestellt worden ist.

Die Frage, die auch in der Debatte noch einmal kontrovers diskutiert worden ist, ob wir gewissermaßen nach der Vorlage dieses Berichts durch die Landesregierung der Landesregierung noch einiges ins Hausaufgabenheft schreiben sollten, wie

das Informationszugangsgesetz fortentwickelt werden soll, war strittig.

Es hat den Entwurf eines gemeinsamen Antrages gegeben. Ich will mir Näheres aus Zeitgründen ersparen. Meine Fraktion hat das, was im Entwurf aufgeschrieben worden ist, Herr Striegel, zum überwiegenden Teil mittragen können.

(Herr Striegel, GRÜNE: Sie haben nicht die Kraft, es in der Koalition durchzusetzen! - Herr Borgwardt, CDU: Stimmt doch gar nicht!)

- Lassen Sie mich doch erst einmal ausreden. - Wir haben überhaupt nichts dagegen, eine Reihe dieser Dinge politisch zu unterstützen. Das ist auch bekannt. Aber wenn es heute darum geht, Ihren Änderungsantrag, Herr Striegel, zu unterstützen, dann muss ich Ihnen sagen, das werden wir nicht tun.

Wir tun dies nicht, weil darin steht, die Landesregierung wird aufgefordert, und man könnte auch „bitte, bitte“ sagen. Das ist nicht das Thema.

(Herr Borgwardt, CDU: So ist es!)