Dieses Verfahren war dann aber an irgendeiner Stelle der Ausschussberatung, an die ich mich nicht mehr erinnere, plötzlich so brisant geworden, dass Sie es abgelehnt haben. An welcher Stelle das passiert ist, habe ich, ehrlich gesagt, jetzt nicht mehr so ganz im Kopf. Fakt ist, dass wir beide - so habe ich es zumindest gehört - mit dem Ziel in den Ausschuss gegangen sind, das Thema bei Bedarf im Ausschuss aufzurufen. Genau das können wir jetzt nicht.
Das sollte im Ausschuss geklärt werden. - Herr Steppuhn, Sie haben noch einmal die Chance, sich dazu zu äußern. Dann würde ich das Thema abbrechen.
Frau Dirlich, ich mache hier in aller Öffentlichkeit das Angebot, dass wir uns bei Bedarf mit dem Thema „Arbeitsmarktpolitik“ beschäftigen. Es war ja nicht der einzige Selbstbefassungsantrag an diesem Tag im Ausschuss. Vielleicht ein Vorschlag zur Güte: Die Ausschussvorsitzende sollte sich einmal mit den Obleuten der Fraktionen darüber verständigen, wie wir im Ausschuss mit den Dingen umgehen. Ich glaube, dann kommen wir zu einem guten Miteinander. - Danke.
Von der Einbringerin ist zunächst beantragt worden, die Drs. 6/163 und 6/196 in den Ausschuss für Arbeit und Soziales zu überweisen. Wer stimmt dem zu? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist das abgelehnt worden.
Wir stimmen dann über den ursprünglichen Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 6/163 ab. Wer stimmt dem Antrag zu? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist der Antrag abgelehnt worden.
Wir stimmen nunmehr über den Alternativantrag in der Drs. 6/196 ab. Wer stimmt diesem zu? - Die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Einige der LINKEN. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die andere Hälfte der LINKEN und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Alternativantrag angenommen worden.
Wir treten jetzt in die Mittagspause ein. Wir sehen uns pünktlich um 13.30 Uhr wieder hier im Plenarsaal.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es scheint 13.31 Uhr zu sein. Wir fahren in der Tagesordnung fort. Bevor es weitergeht, sei mir noch ein sachdienlicher Hinweis erlaubt. Ich bitte alle Kolleginnen und Kollegen, nochmals zu prüfen, ob sie ihre Biografie für das Handbuch schon freige
geben haben. Man kann dies unterzeichnet auch dem Saaldiener übergeben. Wichtig ist, dass die Biografien möglichst zügig freigegeben werden, damit das Volkshandbuch, das wir herausgeben und das von den Besucherinnen und Besuchern im Haus stark nachgefragt wird, auch für die sechste Wahlperiode in Auftrag gegeben werden kann. Nicht dass jemanden fälschlicherweise die Biografie von Herrn Obama oder wem auch immer zugeordnet wird. Wir brauchen Ihre freigegebene Biografie.
Herr Präsident, vielen Dank! - Ich habe in diesem Haus schon zu den unmöglichsten Zeiten geredet. Allerdings waren die Reihen stets mehr gefüllt, als sie es jetzt sind. So wenig Anteilnahme am Thema Europa konnte ich noch nie konstatieren.
Aber da ich in für meine Einbringung eine längere Redezeit habe, bin ich fast davon überzeugt, dass uns der eine oder die andere hier noch finden wird.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! DIE LINKE hat das Thema der Halbzeitbilanz bereits in der vergangenen Sitzung des Europaausschusses am 29. Juni 2011 auf die Tagesordnung gesetzt. Allerdings erfuhren die Abgeordneten von Staatsminister Robra lediglich, dass es - so sagte er wörtlich - noch keine verwertbaren Ergebnisse gebe. Heute ist der Minister hoffentlich aussagefähiger.
Herr Minister Bischoff, ich weiß nicht, ob Sie es nachher machen müssen. Ich vermute, es wird der Finanzminister sein, sehe aber noch vom Herbeizitieren ab; denn das kann ich ohnehin nicht.
Wir befinden uns in der zweiten Hälfte des Jahres 2011. Ein knapp 200-seitiger Strategiebericht zur Halbzeitbilanz der EU-Strukturfonds und zum ELER liegt vor. Stichtag hierfür war der 30. Juni 2010. Wir haben uns gestern zur Europatauglichkeit bereits darüber ausgetauscht, dass es oft schwierig ist, Papiere und Dokumente zu finden,
auch aufgrund der großen Anzahl an Dokumenten. Die Landesregierung hat es uns wirklich nicht einfach gemacht, diesen Bericht zu finden. Der Bericht ist im März 2011 eingestellt worden. Wir sind froh, das Thema heute auf der Tagesordnung zu haben.
In Sachsen-Anhalt flossen seit der politischen Wende fast 9,6 Milliarden € an europäischen Strukturfondsmittel. Wir sind uns sicherlich darüber einig, dass dies eine Menge Geld ist, das auch sinnvoll eingesetzt werden soll und muss. Bei der Frage, was allerdings tatsächlich sinnvoll ist, gehen wir mittlerweile sehr weit auseinander.
Wie Sie sicherlich alle gut in Erinnerung haben, wurde unsere Fraktion in den vergangenen Jahren nicht müde, die Landesregierung darauf hinzuweisen, dass wir mit ihrer Gewichtung der einzelnen Fonds nicht konform gehen. Wir waren immer für eine stärkere Gewichtung des Europäischen Sozialfonds und sind dies immer noch. Umso mehr haben wir die Zahlen zum Umsetzungsstand des ESF in Sachsen-Anhalt mit Erschrecken aufgenommen. Bis zum Stichtag 30. Juni 2010 wurde ein Anteil von nur ca. 15 % der ESF-Mittel ausgezahlt.
Die Problematik ist, dass andere Länder im Vergleich mit der Umsetzung sehr viel weiter sind. Beispielsweise ist Mecklenburg-Vorpommern bei der finanziellen Abarbeitung im Normbereich.
Meine Damen und Herren! Das kann und darf uns hier im Haus nicht zufrieden stellen, vor allem nicht vor dem Hintergrund, dass sich die Förderung des Arbeitsmarktes im Land zu großen Teilen aus ESF-Mitteln speist. Wir haben die Diskussion dazu bereits vor der Mittagspause verfolgt. Aber auch das können Sie gerne im Haushalt nachlesen. Der ESF leistet einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der sozialen Situation der Menschen in unserem Land. Deshalb darf aus unserer Sicht an dieser Stelle nicht gespart werden.
Ich möchte in diesem Zusammenhang Folgendes einflechten: Wer gestern aufmerksam die Zeitung gelesen hat, der hat festgestellt, dass die „Mitteldeutsche Zeitung“ mit der Überschrift „Uno rügt deutsche Sozialpolitik“ getitelt hat. Danach kritisiert der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte unter anderem eine verbreitete Diskriminierung von Migranten. Der Ausschuss hat als Schwerpunkt seiner Kritik die hohe Arbeitslosigkeit vor allem in Ostdeutschland, menschenunwürdige Bedingungen in vielen Pflegeeinrichtungen, Benachteiligungen von Frauen am Arbeitsplatz sowie nicht angemessene Harz-IV-Leistungen angeführt. Wie gesagt, vielen diese Themen haben wir heute Vormittag schon beredet.
Wir sind auch im Bereich EFRE nicht das Land der Frühaufsteher. Es ist zwar nicht alles Gold, was glänzt, aber hierzu steht beispielsweise im Strategiebericht Folgendes:
„Die verhaltene Umsetzung der Aktionen zum spezifischen Ziel ‚Kooperation und Vernetzung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft’ steht im Widerspruch zu der Relevanz des Zieles.“
Das soll Folgendes heißen. Eigentlich hatte die Landesregierung diesem Ziel eine sehr hohe Bedeutung beigemessen, jedoch lässt der Umsetzungsstand sehr zu wünschen übrig und erfüllt keinesfalls die Anforderungen der Zielsetzung.
Ein weiteres Beispiel zu einem Thema, das unserer Fraktion sehr am Herzen liegt, nämlich die Chancengleichheit, möchte ich noch anführen. Übrigens verstehen wir unter Chancengleichheit mehr als nur die Geschlechtergerechtigkeit. Ich zitiere aus dem Bericht:
„Das Querschnittziel ‚Verbesserung der Chancengleichheit von Frauen und Männern’ spielt angesichts der Befunde aus dem Monitoring bisher in der Umsetzung des EFRE eine absolut untergeordnete Rolle.“
„Vor dem Hintergrund der spezifischen Herausforderung in Sachsen-Anhalt, insbesondere jungen, gut ausgebildeten Frauen eine Erwerbsperspektive im Land zu eröffnen, sollte aus der Sicht von Ramboll in den Umsetzungsverfahren der EFRE-Förderung das Prinzip des Gender-Mainstreaming stärker berücksichtigt werden.“
Auch in diesem Zusammenhang wird die Landesregierung der eigenen Zielsetzung nicht gerecht. Solche Beispiele findet man in dem vorliegenden Halbzeitbericht an vielen Stellen. Nur zur Erklärung: Ramboll ist das Institut, welches den Bericht erstellt hat.
Leider gibt der Bericht wenig zur Strategie des Mitteleinsatzes her. Es werden zwar einige Aktionen oder Maßnahmen hinterfragt, aber mehr dahin gehend, wie diese bei der fehlenden Kofinanzierungsmöglichkeit der Kommunen aufrechterhalten werden können bzw. sollen. Eine Auseinandersetzung mit der strategischen Ausrichtung der Fonds dagegen fehlt in diesem Strategiebericht komplett. Wir erhoffen uns dennoch von der Landesregierung, dass sie die Handlungsempfehlungen des Berichtes ernst nimmt und vor allem in den Bereichen des ESF und des ELER anfängt, an einer besseren Umsetzung der Ziele des operationellen Programms und des Entwicklungsprogramms für den ländlichen Raum zu arbeiten. Noch steht uns in der laufenden Förderperiode bis zum Jahr 2013 Zeit zur Verfügung.
Das Straffen von Aktionen oder Maßnahmen kann dabei auf keinen Fall das Hauptanliegen sein; denn dem Strategiebericht kann man zwischen den Zeilen entnehmen, dass die Verfasser des Berichts unter Straffen größtenteils das Wegfallen
von Maßnahmen verstehen. Es geht vielmehr auch darum, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass die Programme und die Fördermöglichkeiten besser angenommen und genutzt werden können.
Die Programme bzw. die Fonds dürfen auch nicht von Herrn Minister Bullerjahn dazu benutzt werden, den Haushalt zu konsolidieren, indem man die Mittel beliebig hin- und herschiebt, und zwar dort hinschiebt, wo durch das Land keine Kofinanzierung geleistet werden muss, ohne auf die inhaltlichen Ziele zu achten.
Wenn die Förderung nur noch an Kofinanzierungsquoten ausgerichtet wird und nicht mehr nach Inhalt, Ziel und Zweck, dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, können wir uns das Ganze auch schenken. Denn das bringt unser Land höchstens kurzfristig etwas weiter, aber nicht langfristig, da eine solche Förderpolitik keinesfalls nachhaltig ist.
Leider haben wir in den letzten Monaten öfter solche Beispiele erlebt. Ich erinnere an die heute Vormittag bereits angesprochenen Mittel für den Hochwasserschutz in Höhe von 40 Millionen €, die zur Dorferneuerung eingesetzt wurden. So ist das Durchschneiden schwarz-rot-goldener Bänder in Wahlkampfzeiten natürlich sehr gut für das Wahlergebnis der CDU. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt.
Das lässt uns aber doch vermuten, dass genau das die Förderpolitik des Landes ist. Wir sind daher sehr gespannt, was uns der Herr Minister im Plenum und auch in den Ausschüssen dazu berichten kann. Ich bitte Sie vorab um die Zustimmung zu unserem Antrag.
Nun zum Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen. Ich habe meine Freude bereits gestern kaum zügeln können. Auch bei diesem Änderungsantrag freue ich mich sehr, dass Sie sich die Intention unseres Antrages zu Eigen gemacht haben und die Berichterstattung zur neuen Förderperiode ab 2014 draufsatteln.
(Herr Schröder, CDU: Gern! - Herr Schulz, CDU: Wir sind der Zeit voraus! - Herr Tögel, SPD: So sind wir!)
Es erschließt sich für uns jedoch nicht, warum Sie die Berichterstattung über die Einbindung des Regionalen Begleitausschusses - die Kollegin Latta hat gestern schon einmal vollkommen unvoreingenommen nachgefragt, wo man die Ergebnisse nachschlagen kann - und die Einbindung der Wirtschafts- und Sozialpartner - die Kollegen der letzten Legislaturperiode können sich daran erinnern; dass auch das mehrmals Thema unserer Anträge gewesen ist - in Ihrem Antrag nicht berücksichtigt haben. Ich hoffe, Sie ersparen sich weitere