Herr Innenminister, ich bin mit der Antwort, die Sie unserer Fraktionsvorsitzenden Frau Budde auf die Frage zur Erhöhung der Altersgrenze gegeben haben, nicht zufrieden. Wenn ich Frau Budde richtig verstanden habe, dann hat sie gefragt, ob Sie als Innenminister es politisch für notwendig halten,
diese Altersgrenze so heraufzusetzen. Darauf haben Sie bislang nicht geantwortet. Wir erleben hier einen Innenminister, der seiner Verantwortung nicht gerecht wird,
auch gegenüber den Polizistinnen und Polizisten nicht. Deshalb erwarte ich an dieser Stelle auf diese Frage eine Antwort von Ihnen.
Wir haben gemeinsam politisch verabredet, dass die Lebensarbeitszeit gesetzlich verlängert wird, nicht nur bei der Polizei, sondern auch in anderen Bereichen. Das haben wir politisch verabredet. Ich bin jemand, der zur Verabredungen steht. War das jetzt deutlich genug für Sie?
Ich nehme das so zur Kenntnis. Aber ich habe Sie nach Ihrer Meinung gefragt und nicht nach dem, was verabredet worden ist.
Also ich weiß nicht. Ich verstehe Ihre Frage nicht. Wir haben das fachlich und politisch verabredet. Dann stehe ich fachlich und politisch zu dem, was wir verabredet haben.
Weitere Fragen gibt es nicht. - Wir fahren in der Debatte fort. Als nächster Redner spricht für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Erben.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, Ihr Antrag war etwas kryptisch formuliert, vor allem die Begründung war etwas kryptisch formuliert. Aber ich habe mir schon gedacht, dass Sie ihn auch deswegen gestellt haben, um sich heute ein bisschen an den unterschiedlichen Positionen in der
Aber der Antrag gibt mir die Gelegenheit, heute hier die Position meiner Fraktion zur Organisation und auch zur Personalausstattung der Polizei vorzutragen, und das gleich zehn Minuten lang. Diese Position besteht übrigens seit einem Jahr unverändert. Wir haben damals einen Beschluss gefasst. Man kann das Blockieren nennen. Man kann das Bremsen nennen. Man kann es auch aktiven Widerstand leisten nennen.
Nein, ich nenne es eine klare und verlässliche Haltung, die wir an dieser Stelle zutage treten lassen.
In den letzten zweieinhalb Jahren wurde oft über das geredet, was zur Organisation der Polizei im Koalitionsvertrag steht. Zwei wichtige Passagen sind dabei etwas in den Hintergrund getreten. Deswegen will ich Sie heute an dieser Stelle zitieren. Die erste Passage lautet - ich zitiere -:
„Die Koalitionsparteien kommen überein, das Personalentwicklungskonzept des Landes Sachsen-Anhalt für den Bereich der Polizei belastungsorientiert fortzuschreiben.“
„Durch das Innenministerium wird geprüft, ob die bisher auf die Einwohner berechnete Polizeidichte abweichend durch andere Belastungsparameter, zum Beispiel Kriminalitäts- und Verkehrsunfallbelastung, ergänzt werden kann.“
Ich habe mir damals von diesen ausgehandelten Vereinbarungen versprochen, dass wir zumindest im Bereich der Polizei von der ständigen Diskussion über sogenannte Zielzahlen wegkommen. Das hätte am Beginn der Diskussion über die Organisation stehen müssen und nicht am Ende.
Genauso hätte am Beginn der Diskussion stehen müssen, welche Aufgaben denn die Polizei im Jahr 2020 tatsächlich erledigen soll.
Hinsichtlich der Belastungsorientierung ist zu sagen, dass wir für eine wirkliche Aufgabenkritik im Bereich der Polizei stehen und nicht dafür, den Status quo zur Planungsgrundlage zu erheben; denn in diesem Land sind viel zu viele Polizisten damit beschäftigt, Postboten der Justiz und Laufburschen für bayerische Bußgeldstellen zu sein. Oder sie sind mit der Begleitung von Windmühlenflügeln auf Autobahnen beschäftigt. Da wollen wir heran. Mehrere andere Bundesländer machen uns das vor. Da geht sehr wohl etwas.
Stattdessen diskutieren wir seit dem Jahr 2011 über eine, zwei, drei oder vielleicht auch einmal vier Polizeidirektionen. Trotz dieser grundsätzlichen Herangehensweise, die ich eben beschrieben habe, liegen unsere Vorschläge seit über einem Jahr auf dem Tisch. Ich will sie kurz zusammenfassen.
Deswegen hätten wir die Eingliederung der Polizeidirektion Ost in die Polizeidirektion Süd mitgetragen. Auf diese Weise wären etwa 100 Stellen im Bereich von Vollzug und Verwaltung freigesetzt worden, die letztlich an einer anderen Stelle in der Polizei Sachsen-Anhalts zum Einsatz gekommen wären.
Zweitens. Die großen Polizeieinrichtungen Technisches Polizeiamt und Landesbereitschaftspolizei erledigen zentrale Aufgaben für alle in diesem Lande. Wir haben uns dem damaligen Vorschlag der Behördenleitungen angeschlossen, beide Einrichtungen am Standort Magdeburg zusammenzuschließen. Ich will auf das Detail der aktuellen Reformdebatte zurückkommen. Die Zentralisierung der Verwaltungsaufgaben, wie sie vom Minister vorgesehen worden ist, tragen wir mit und begrüßen die Vorschläge auch ausdrücklich.
Ich komme zu dem Punkt, wo die eigentliche Musik spielt. Es geht nämlich um die Zukunft der Basisdienststellen. Wir haben in den Jahren 2007 und 2008 die Behördenstrukturen angepasst und die Kreisgebietsreform nachgebildet. Im Bereich der Basisdienststellen, nämlich der Revierstationen und der Revierkommissariate, ist die Struktur im Wesentlichen erhalten geblieben, weil dem auch die Überzeugung zugrunde lag, dass man nicht gleichzeitig die gesamte Polizei umbauen kann. Da gibt es auch heute - das stimmt - den größten Handlungsbedarf.
Nun soll das damit beantwortet werden, dass 69 Revierstationen und 16 Revierkommissariate - ich will den Begriff aus der Kabinettsvorlage verwenden, da ist nämlich nicht von der Schließung, sondern von der Auflösung die Rede - aufgelöst werden. Wir wollen einen solchen Totalumbau der Polizei nicht, sondern wir wollen das bestehende System weiterentwickeln und kritisieren deshalb insbesondere die Frage der Kornkreise.
Wenn Sie sich die Landschaft der Revierstationen und der Revierkommissariate im Land anschauen, dann stellen Sie fest, dass es zweifelsohne Revierkommissariate gibt, in denen viel zu viel Personal damit gebunden wird, nur noch die sogenannte Innensicherung der Liegenschaft vorzunehmen. Dort sitzen nur noch ein oder zwei Leute
zum Beispiel in der Nachtzeit, die die Aufgabe haben, auf die Liegenschaft und die dort eingelagerten Dienstwaffen aufzupassen. - Über diese muss man reden. Das ist doch überhaupt keine Frage.
Es gibt auch Revierstationen, bei denen tatsächlich nur noch das blaue, manchmal sogar noch das grüne Schild - daran kann man sehen, wie lange in dieser Revierstation niemand mehr zu Inspektionen war - dranhängt, wo man nacharbeiten muss. Es gibt auch Revierstationen in unserem Lande, die aufgrund der Gemeindegebietsreform ihre Funktion verloren haben. Das ist doch gar keine Frage.
Deswegen ist unsere Herangehensweise, das bestehende System zu optimieren und weiterzuentwickeln, aber nicht, erst einmal alle 69 Stationen und 16 Revierkommissariate aufzulösen.
Einigkeit besteht hinsichtlich der Funktion der Regionalbereichsbeamten. Diese werden von uns uneingeschränkt begrüßt.
Nun zum Thema Personal. Ich glaube, mit oder ohne belastungsorientierte Personalbemessung - es ist sicherlich unstreitig, dass wir heute irgendwo um die 6 000 Polizisten haben und auch benötigen. Nach den Vorstellungen der Landesregierung soll die Zahl von 6 000 auch weiterhin durch - das ist eben angesprochen worden - die zusätzliche freiwillige Längerverpflichtung von Polizeivollzugsbeamten erreicht werden.
Ich muss an der Stelle aber auch darauf hinweisen: Wenn man das in 2016 erreichen will, braucht man 200 Längerdienende, um das einmal so zu bezeichnen. Das heißt, zwei von drei Vollzugsbeamten, die planmäßig im Jahr 2016 in Pension gehen würden, müssten sich dazu verpflichten weiterzumachen. Ich glaube, das wird eine sehr anspruchsvolle Aufgabe.
Uneingeschränkt positiv gesehen und begrüßt wird von uns natürlich die Frage der Anwärterzahlen, nämlich 50 Anwärter mehr. Damit lasten wir unsere Ausbildungseinrichtung in Aschersleben vollständig aus.
Das wird - jetzt einmal PEK hin oder her - automatisch dazu führen, dass im Jahr 2019 nicht 4 919 Polizeivollzugsbeamte aktiv im Dienst sein werden, sondern mindestens 5 600. Das ist in der Debatte etwas untergegangen. Allein durch diese Maßnahme wird es bei Weiterführung insgesamt 700 Polizeivollzugsbeamte mehr geben, als es im aktuellen PEK vorgesehen ist. Ich glaube, darauf muss an der Stelle zur Richtigstellung auch einmal hingewiesen werden.
Schließlich und endlich - ich will das zusammenfassen -: Wir wollen keinen Totalumbau. Unsere größte Skepsis treibt uns hinsichtlich der Kornkreise um.
Ich will an der Stelle einen alten Kämpen des Koalitionspartners zitieren, der immer gern einen bestimmten Satz geprägt hat, nämlich Curt Becker. Er sprach gern davon, dass das Bessere der größte Feind des Guten sei. Ich glaube, ich habe damit auch unsere Position gerade zur Frage zur Auflösung der Revierstationen hinreichend deutlich gemacht.
Ich hoffe, dass über das Thema Kornkreise bzw. Streifenbereiche und deren Einführung noch einmal ergebnisoffen geredet wird - der Kabinettsbeschluss der Landesregierung lässt diese Möglichkeit zu -, weil uns die große Sorge umtreibt, dass diese Neustrukturierung eben nicht hinreichend ausgereift ist und uns in große Probleme stürzen wird.
Ich möchte die nächsten zwei Jahre dazu nutzen, dass wir in möglichst großer Einigkeit eine Struktur erarbeiten, die eine gewisse Sicherheit für die Beamtinnen und Beamten gibt, dass wir uns nicht alle vier oder fünf Jahre in eine neue Reformdiskussion stürzen müssen; denn es geht hierbei nicht darum, wer am Ende Recht hat, sondern es geht um die Sicherheit der Menschen in diesem Lande und es geht darum, dass unsere Polizistinnen und Polizisten endlich ein paar Jahre in Ruhe arbeiten können. - Herzlichen Dank.