Wir erkennen an diesen Zielvorgaben, dass die Landespolitik an dieser Stelle gefordert ist. Bei der Organisation der Landes- und der Regionalplanung ist Sachsen-Anhalt das einzige Bundesland mit vier Ebenen in den Bereichen Planung und Vollzug. Gegenwärtig schafft Rheinland-Pfalz eine Planungsebene ab.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Damit ist völlig unbestritten, dass wir in Sachsen-Anhalt die Strukturen in der Landesplanung straffen müssen. Wie dies erreicht werden kann, müssen wir entscheiden. Wir schlagen deshalb Folgendes vor:
Erstens. Die unteren Landesplanungsbehörden auf der Landkreisebene werden nicht abgeschafft. Wir haben im Jahr 2007 eine Gebietsreform auf der Ebene der Landkreise mit der Maßgabe beschlossen, mehr Aufgaben des Landes auf die Landkreise zu übertragen. Daher wäre es nicht sinnvoll, den Landkreisen diese Aufgaben wieder zu entziehen. Außerdem gibt es zwei wichtige Grundpfeiler der kommunalen Selbstverwaltung, nämlich zum einen die Planungshoheit und zum anderen die Finanzhoheit.
Zweitens. Die regionalen Planungsgemeinschaften als Träger der Regionalplanung müssen erhalten bleiben. Wir wissen, im Umfeld von kreisfreien Städten gibt es bundesgesetzliche Regelungen, die die Körperschaften verpflichten, bei der Planung zusammenzuarbeiten. Damit ist klar, dass wir in Sachsen-Anhalt die Doppelzuständigkeit auf der Landesebene zusammenfassen und die obere Landesplanungsbehörde beim Landesverwaltungsamt aufzulösen haben.
Die oberste Landesplanungsbehörde im Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr kann nicht zur Disposition stehen, da wir ansonsten keine ministeriell abgestimmte Koordinierung von Fachpolitiken für das Kabinett und auch für den Landtag mehr hätten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Aufgaben der oberen Landesplanungsbehörde können nur in die oberste Behörde integriert werden,
weil landesplanerische Abstimmungen und Raumordnungsverfahren maßgeblich und zunehmend der landesentwicklungspolitischen Abstimmung zwischen den Fachressorts der Landesregierung bedürfen.
Es ist davon auszugehen, dass sich das Abstimmungserfordernis auf der Landesebene weiterhin erhöhen wird. Ich nenne beispielhaft die Neubauten von Energietrassen im Zuge der Energiewende, das Flächenmanagement und die Flächenhaushaltspolitik sowie unsere großen Infrastrukturmaßnahmen. Eine Übertragung auf die kommunale Ebene kann eine einheitliche Landesentwicklungspolitik nicht absichern.
Im derzeit gültigen Landeplanungsgesetz ist festgelegt, dass im Gesamtraum des Landes die Siedlungs- und Freiraumstruktur so zu entwickeln ist, dass die Eigenart des Landes und seine Struktur erhalten werden und dass dabei die demografische Entwicklung zu berücksichtigen ist, der Naturhaushalt des Landes zu sichern ist sowie landesweit ausgeglichene wirtschaftliche, infrastrukturelle, soziale, ökologische und kulturelle Verhältnisse anzustreben sind. Dies kann landesweit ausgewogen nicht auf kleinräumiger kommunaler Ebene erreicht werden.
In der Praxis hat sich gezeigt, dass auch Vorhaben zur Sicherung der Daseinsvorsorge überregional zu betrachten sind. Die Vielzahl von Anträgen zum Beispiel zur Errichtung großflächiger Einzelhandelsbetriebe muss im Land einheitlich betrachtet und auch bewertet werden. Ziel ist dabei, für eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung die Mittelzentren, die insbesondere im ländlichen Raum das Rückgrat der öffentlichen Daseinsvorsorge bilden, zu stärken und die Grundzentren in ihrer Nahversorgungsaufgabe nicht zu gefährden.
Raumordnerische Abstimmungen haben heute für beinahe alle Vorhaben eine landespolitische Dimension. Insofern ist die Anbindung dieser Aufgabe an die oberste Landesplanungsbehörde sachgerecht. Im Einzelfall können Landtagsabgeordnete zeitnah und frühzeitig einbezogen werden. Die beabsichtigte verstärkte Beteiligung der Öffentlichkeit im Raumordnungsverfahren wird zudem zu einem höheren Informationsbedürfnis der Landtagsabgeordneten führen.
Vorgenannte Gründe führten auch in Niedersachsen dazu, dass landesplanerische Stellungnahmen und Raumordnungsverfahren der kommunalen Ebene weitgehend entzogen und eine enge Verzahnung mit den obersten Behörden herbeigeführt wurde.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bislang wird das Raumordnungskataster von der oberen Landesplanungsbehörde geführt, während die Raumbeobachtung bei der obersten Behörde an
gesiedelt ist. Diese beiden Bereiche der Datengrundlage für die Landesplanung sind nun dringend zusammenzuführen.
Der Gesetzentwurf sieht dies mit dem neuen webbasierten amtlichen Raumordnungs-Informationssystem vor. Als Grundlage der Wirtschaftspolitik, der Umwelt- und Agrarstrukturpolitik, der Energiepolitik, der Schulpolitik, der Bau- und der Verkehrspolitik sowie nicht zuletzt der Maßnahmen bei der Bewältigung der Herausforderungen der demografischen Entwicklung brauchen wir dringend dieses landeseinheitliche integrierte Informationssystem.
Ähnlich wie bei dem von der Staatskanzlei konzipierten Breitband-Atlas ist das System auf der Landesebene strukturell zu konzipieren. Jede Stelle, deren Informationen aufzunehmen sind, wird diese selbst eintragen, und zwar nach einheitlichen Vorgaben. Damit werden der Ministerialinstanz keine operativen Durchführungsaufgaben übertragen. Das ist modernes E-Government.
Die Bündelungsfunktion der Mittelinstanz, die sich aus der Funktion der Informationsbeschaffung und der Fachabstimmung zusammensetzt, hat sich bezüglich der Landesplanung - nur hierüber spreche ich - verlagert. Die Fachabstimmung ist auf ministerielle Politikabstimmung übergegangen, und die Informationsbeschaffungsfunktion wird durch die IT- und durch die Web-Funktion ersetzt.
Mit diesem Organisationsansatz bleibt auch gewährleistet, dass der Landtag, nach wie vor gesetzlich gefordert, permanent einen aussagefähigen, gebündelten, ausgewogenen und kompetenten Raumbeobachtungsbericht erhält.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun könnte man befürchten, dass durch unsere Vorgabe zur Organisation der Landesplanung Sachsen-Anhalt das Landesverwaltungsamt bezüglich seiner Bündelungsfunktion empfindlich gefährdet würde. Dem ist absolut nicht so und das ist auch gar nicht das Ziel.
Die Bündelungsfunktion des Landesverwaltungsamtes erstreckt sich schon lange nicht mehr auf die Abstimmung der Landesplanung. Denn diese Abstimmung vollzieht sich heute, wie ausgeführt, auf ministerieller Ebene, so zum Beispiel im Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr mit der Bauabteilung, mit der Verkehrsabteilung und dem Demografiestab, im Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt, im Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft und in der Staatskanzlei.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie um zügige Beratung und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister. Herr Minister, Frau Dr. Paschke und Herr Weihrich wollen Sie etwas fragen. - Bitte schön, Frau Dr. Paschke.
Herr Minister, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie die Hauptbegründung für dieses Aufzonen in das Ministerium mit der Aussage gegeben haben, dass es wichtige landespolitische - ich sage es vereinfacht - Aufgaben sind? Würden Sie mir zustimmen, dass man das dann mit jeder Aufgabe aus dem Landesverwaltungsamt machen müsste?
Frau Dr. Paschke, darin würde ich Ihnen nicht zustimmen, weil wir nach wie vor die drei Ebenen der Verwaltung haben. Wir haben die kommunale Ebene auf der Landkreisebene, dazwischen die regionalen Planungsgemeinschaften, die für mehrere Körperschaften zuständig sind, und das Ministerium. Das gibt es in keinem anderen Bereich.
Herr Minister, ganz allgemein gefragt zur Verlagerung bzw. zu den Neuregelungen, die Sie vorgeschlagen haben: Laut gemeinsamer Geschäftsordnung der Ministerien sollen die Ministerien nur vorbereitende gesetzgeberische und allgemein lenkende Aufgaben wahrnehmen, und Vollzugsaufgaben sind in der Regel nachgeordneten Behörden vorbehalten. Nun planen Sie genau das Gegenteil. Ich würde Sie gern fragen, wie Sie es begründen, dass plötzlich auf der obersten Ebene Vollzugsaufgaben wahrgenommen werden. - Das ist die erste Frage.
Die zweite Frage bezieht sich ganz speziell auf das Thema Raumordnungsverfahren. Es ist bereits laut jetzt gültigem Landesplanungsgesetz möglich, dass das Ministerium Raumordnungsverfahren für landesbedeutsame Vorhaben durchführt. Ich würde Sie gern fragen, ob das in der Vergangenheit vorgekommen ist, und wenn ja, bei welchen Vorhaben.
Denn die Vorhaben, die Sie als Beispiele dafür genannt haben, warum man das auf das Ministerium hochzoomen muss, wie Frau Dr. Paschke formuliert hat, sind ja gerade landesbedeutsame Vorhaben, und das wäre nach dem jetzt gültigen Gesetz auch schon möglich. Deswegen erschließt sich mir die Begründung nicht, wenn Sie sagen: Wir müssen das jetzt tun, um landesbedeutsame Vorhaben im Ministerium bearbeiten zu können.
Die dritte und letzte Frage bezieht sich auf das, was Sie im Hinblick auf die viergliedrige Verwaltung gesagt haben. Dazu würde ich Sie gern fragen: Welche Aufgabe haben Sie denn im Blick, wenn Sie von einer viergliedrigen Verwaltung sprechen?
Es gibt zwar im Moment vier Stellen, die sich allgemein mit Raumordnungsaufgaben beschäftigen, aber es ist nicht so, dass diese in irgendeiner Weise gestuft sind. Denn die regionalen Planungsgemeinschaften haben völlig andere Aufgaben. Deswegen - das will ich gleich so sagen - gibt es aus meiner Sicht keine Aufgabe, die von vier Behörden wahrgenommen wird, sondern es sind letztlich viel weniger.
Herr Weihrich, Sie haben Fragen zu einem großen Themenkomplex gestellt, die in sich zusammenhängen. Mit Ihrer ersten Frage haben Sie zitiert, wofür die ministerielle Verwaltung zuständig ist. In der Geschäftsordnung steht „sollen“, und „sollen“ ist in der Juristensprache ein eingeschränktes Muss. Also ist es nicht ausgeschlossen, dass die ministerielle Ebene die Aufgabe an sich zieht.
Ich habe begründet, dass wir die Ebene obere Landesplanungsbehörde beim Landesverwaltungsamt auflösen wollen, weil wir sonst das einzige Land in Deutschland wären, das vier verschiedene Planungsebenen hätte. Das ist ein Vorschlag, den wir dem Landtag unterbreiten.
Herr Weihrich, ich bin selbst kein Mitglied des Landtages und habe damit im Verfahren auch keine Stimme. Ich kann das Gesetz nur so einbringen, wie ich es heute eingebracht habe, hoffe aber, dass der Landtag mir bei diesem Vorschlag folgt, diese drei Ebenen wie vorgeschlagen zu gestalten. Sie können in dem Verfahren im Landtag Ihre Anträge stellen.
Vielen Dank, Herr Minister. - Wir treten jetzt in die vereinbarte Fünfminutendebatte ein. Als Erster spricht für die Fraktion DIE LINKE Herr Dr. Köck. Bitte schön, Herr Dr. Köck.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor uns liegt der Entwurf eines Landesentwicklungsgesetzes, das mal Landesplanungsgesetz hieß. Dessen letzte Novellierung erfolgte übrigens im Dezember 2007. Zwischen der ersten und der zweiten Lesung lagen damals nur vier Wochen. Der Umweltausschuss erzwang für sich wenigstens eine kleine
Anhörung, und die FDP und meine Fraktion luden außerhalb der parlamentarischen Gremien zu einer Anhörung ein.
All jene Gesetzespassagen, die damals strittig waren - ich möchte an den Alternativvorschlag für die allgemeinen Grundsätze der Landesentwicklung oder die Aussagen zu den zentralen Orten erinnern -, sind in den vorliegenden Gesetzentwurf im Verhältnis 1 : 1 übernommen worden. Sie haben sich bewährt, heißt es.
Nein, das haben sie nicht. Sie bieten gegenwärtig die Grundlage für das Ministerium, die Planungsgemeinschaften anzuweisen, die Zahl der Grundzentren noch weiter zu reduzieren. Das heißt, eine nicht unbeträchtliche Zahl von Gemeinden soll zukünftig ohne ein ausgewiesenes Grundzentrum auskommen. Dieses ist aber laut Definition des Gesetzes der Ortsteil, auf den die bauliche und wirtschaftliche Entwicklung sowie die kommunale Infrastruktur konzentriert werden sollen. Kein Grundzentrum, keine Entwicklung. Es lebe der ländliche Raum, kann man da nur sagen.
Meine Fraktion erneuert ihren damaligen Vorschlag, der übrigens vom Städte- und Gemeindebund in ähnlicher Weise aufgegriffen worden ist, zukünftig auf Grundzentren zu verzichten und es den entstandenen leistungsfähigen Gemeinden selbst zu überlassen, wo sie ihre kommunale Infrastruktur lokalisieren wollen. Voraussetzung dafür wären allerdings die Definition von Mindeststandards der Daseinsvorsorge und eine gewisse Garantieerklärung seitens des Landes, die es den Gemeinden ermöglichen würde, diese Mindeststandards zu halten.
Der damalige Zeitdruck war hausgemacht und wurde damit begründet, dass mit dem Inkrafttreten der Kreisgebietsreform die Zuordnung der neuen Landkreise zu den fünf Planungsregionen erfolgen müsse. Ich muss an die Vorgeschichte deshalb erinnern, weil uns die Vergangenheit gerade einholt. Die Stadt Aschersleben und die Stadt Seeland möchten in die Planungsregion Harz wechseln. Was beim Altkreis Sangerhausen recht war, dürfte nun dem Altkreis Aschersleben billig sein.
Die Opposition wurde damals auf die Zeit danach vertröstet. Im Rahmen der Diskussion um den LEP sei dann genügend Zeit, hieß es damals. Der Landesentwicklungsplan ist schon lange fertig, die Kreisgebietsreform erledigt, die Zahl der Gemeinden wurde drastisch verringert. Alle Vorwände für einen bestehenden Zeitdruck gehen diesmal ins Leere. Wir fordern eine umfassende Anhörung und ausreichend Zeit für die fachliche Beratung in den zuständigen Ausschüssen. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Dr. Köck. - Für die SPD spricht jetzt Herr Hövelmann. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst gestatten Sie mir ein Dankeschön in Richtung Landesregierung. Das ist nicht eine Höflichkeitsfloskel, sondern es geht tatsächlich darum zu würdigen, dass der Gesetzentwurf in einer Weise entstanden ist, die gut ist, die wir als SPD-Fraktion jedenfalls gutheißen. Das heißt, es war von Anfang an auch eine Kommunikation mit den Betroffenen, mit den kommunalen Spitzenverbänden, aber auch mit den regionalen Planungsgemeinschaften gewollt. Ob das Ergebnis am Ende schon das sein wird, was wir im Parlament beschließen, ist eine zweite Frage. Aber an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für die Vorbereitung dieses Gesetzentwurfes.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wie das so ist mit der Übernahme oder mit der Aufnahme von Vorschlägen, die von den Praktikern vor Ort kommen: Ein Teil dessen findet sich in dem Gesetzentwurf wieder, andere Teile finden sich darin nicht wieder. Deshalb ist es unsere Aufgabe, auch in den zuständigen Ausschüssen darüber zu diskutieren: Ist nicht doch der eine oder andere aus der regionalen Sicht gemachte Vorschlag noch einmal überlegenswert - ich will einige benennen - und ist es nicht unsere Aufgabe, auch abzuwägen, ob wir den Entwurf für das Gesetz an dieser Stelle noch einmal ändern wollen?
Gestatten Sie mir zunächst auch noch eine sachliche Feststellung, die von Kollegen Weihrich schon ein Stück weit angesprochen worden ist. Wir reden in der Öffentlichkeit immer davon, dass wir vier Planungsebenen haben. Die haben wir eigentlich nicht. Wir haben eigentlich drei und die dritte, die kommunale, ist ein bisschen zwiespältig bei den Landkreisen und kreisfreien Städten auf der einen Seite und den regionalen Planungsgemeinschaften auf der anderen Seite.
Die regionalen Planungsgemeinschaften sind nach dem derzeit gültigen Gesetz keine Planungsbehörde. Insofern müssen wir aufpassen, was wir öffentlich erklären, wenn wir sagen, wir gehen von vier auf drei. Eigentlich gehen wir von drei auf zwei oder von dreieinhalb auf zweieinhalb, um das einmal salomonisch auszudrücken.