Protocol of the Session on January 31, 2014

Dieses Urteil zielt im Rahmen seines Leitsatzes auf das Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsklarheit und Vorhersehbarkeit ab und verlangt Regelungen, die sicherstellen, dass Abgaben, also Beiträge und Gebühren, zum Vorteilsausgleich nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können.

Dem Gesetzgeber, also uns, obliegt es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann.

Nunmehr soll nach der Verlautbarung der Regierung eine Frist von maximal zehn Jahren festgeschrieben werden. Dies würde bedeuten, dass für alle Maßnahmen bis zum 31. Dezember 2004 eine rückwirkende Beitragserhebung nicht mehr zulässig ist, da eine Verfristung eingetreten wäre.

Aus der Sicht der LINKEN wäre und ist ein solcher Schritt durchaus zu begrüßen. Es sind jedoch auch die Folgen für die Betriebswirtschaft der Aufgabenträger abzubilden; diese sollen im Rahmen der Berichterstattung dargestellt werden.

Inwieweit jedoch die unsägliche Praxis der Erhebung von Herstellungsbeiträgen II für Altanschlüsse ebenfalls auszuschließen wäre, ist aus der Presse bisher nicht zu ersehen gewesen.

Herstellungsbeiträge II können bisher bis weit zurück ins letzte Jahrhundert erhoben werden. Deren Einforderung wird regelmäßig durch die Kommunalaufsicht im Rahmen der Haushaltskonsolidierungskonzepte angemahnt, obwohl der Anschluss nach dem damaligen Stand der Technik vollzogen wurde und die Zweckverbände jede Zeit der Welt hatten, entsprechende Rückstellungen für Abschreibungen zur Erneuerung der abgeschriebenen Leitungssysteme zu bilden.

Auch in diesem Fall erweist sich der Bericht des Landesrechnungshofes zu den geprüften zwölf Aufgabenträgern und zwei Eigenbetrieben als durchaus hilfreich. Folgend Gründe sind dort unter anderem nachlesbar: fehlende Dokumentation und Kontrolle der Beitragserhebung, lückenhafte Übersicht über die beitragspflichtigen Grundstücke und

festgesetzten Beiträge, Übersicht und Begründung zu nicht gezogenen Beiträgen, Übersicht und Begründung für festgesetzte, aber nicht eingenommene Beiträge sowie Übersicht und Begründung zu Beitragsausfällen, gravierende Mängel in der Kalkulation, der Festsetzung und Erhebung der ihnen zur Finanzierung ihrer Aufgaben zustehenden Beiträge, fehlender Ausgleich der Beitragsausfälle durch Umlagezahlungen der Mitgliedsgemeinden.

Meine Damen und Herren! Ein Beispiel soll dies verdeutlichen. Im ehemaligen Abwasserzweckverband Biederitz, Ortsteil Königsborn, wurde durch eine unzulässige Verzinsung zinsloser KfW-Kredite die Kalkulation des Jahres 2010 mit Fremdkapitalzinsen in Höhe von rund 36 000 € belastet, wurden Überzahlungen entgegen dem KAG nicht in dem nächsten Kalkulationszeitraum ausgeglichen, wurde eine reduzierte Inanspruchnahme eines KfWKredites trotzdem zum vollen Kreditvolumen veranschlagt, wurden zusätzlich Bürgerbeiträge in Höhe von 98 000 € zu viel eingenommen, erfolgte trotz einer Rückzahlung von 200 000 € bei einem Zinssatz von 4 % nur eine kalkulatorische Berücksichtigung von 11 000 € bei einem Zinssatz von 2,85 %.

Insgesamt gab es 15 Klageverfahren beim Verwaltungsgericht Magdeburg, in denen die Kalkulationen des Zweckverbandes beanstandetet wurden. Jedes Mal hat der Verband vor der Gerichtsentscheidung den beklagten Beitragsbescheid zurückgezogen und nachträglich die Kalkulation verändert, - jetzt kommt’s - jedoch ohne die Wirkung auf die bereits ergangenen Beitrags- und Gebührenbescheide zu berücksichtigen.

Neben der Nichtheranziehung aller Beitrags- und Gebührenpflichtigen sind weitere nennenswerte Ursachen in der Betriebsführung, im Betriebsführungsvertrag, in der Doppelabrechnung der Betriebsführung usw. zu vermelden.

Beanstandungen des Rechnungsprüfungsamtes des Landkreises wurden nicht verfolgt. Hinweise an den Landesrechnungshof wurden mit der Begründung der Nichtzuständigkeit nicht verfolgt. Dies ist nur ein Beispiel in der letzten Zeit.

Werte Damen und Herren! Inwieweit die Landesregierung ausgehend von der Rechtswirksamkeit des Kommunalabgabengesetzes vom 21. Juni 1991 eine Rückwirkung zu diesem Zeitpunkt vorsieht, ist derzeit ebenfalls nicht erkennbar. Damit wäre eine Verjährung der Ansprüche bereits im Jahr 2001 gegeben und gegebenenfalls auch der Großteil der Betroffenen beitragsfrei zu stellen.

Im Übrigen sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass bei Beibehaltung der derzeitigen Regelung neben den Bürgern auch Unternehmen und öffentliche Einrichtungen mit erheblichen Nachzahlungen sogenannter Herstellungsbeiträge II zu rechnen haben.

Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat aufgrund der bereits geschilderten Situation im Rahmen des Kommunalverfassungsrechts eine Änderung der Kommunalverfassung vorgeschlagen, die darauf zielt, die überörtliche Prüfung der Aufgabenträger in einem Zeitraum von fünf Jahren durchzuführen. Damit würde dem im Prüfbericht des Landesrechnungshofes dargestellten Sachverhalt Rechnung getragen.

Auch führen die Forderungen zu einer höheren Transparenz der Gebühren- und Beitragskalkulation, die eine aktive Bürgerbeteiligung, eine verlässliche und bestandskräftige Bescheidung sowie eine stärkere fachaufsichtliche und betriebswirtschaftliche Betreuung der Zweckverbände ermöglichen.

Im Rahmen zahlreicher Petitionen mussten und müssen wir immer wieder feststellen, dass die Transparenz der Entscheidungen und Berechnungsgrundlagen in vielen Fällen nicht gegeben ist, dass das Kommunalabgabengesetz nicht ein am Vorteil des Einzelnen ausgerichtetes Gesetz, sondern in erster Linie offensichtlich ein Einnahmenbeschaffungsgesetz ist.

Meine Damen und Herren! Ich komme auf den Antrag auf Berichterstattung zurück. Um die Wasserver- und Abwasserentsorgung betriebswirtschaftlich langfristig sicherzustellen und dabei den Grundsatz des sparsamen Ressourcenverbrauchs und der Sicherung annähernd gleichwertiger Lebensbedingungen zu berücksichtigen, ist aus der Sicht der LINKEN neben dem bereits erreichten Stand auch für die kommenden Jahre eine klare Analyse des Ist-Zustandes vorzunehmen.

Gegenstände dieser Analyse sollten unter anderem sowohl die planungsrechtlichen und die betriebswirtschaftlichen als auch die beitrags- und gebührenrechtlichen Belange sein. Diese sind im Kontext der demografischen Entwicklung und der neuen Gemeinde- und Kreisgebietsstruktur neu zu ordnen.

Jedoch ist auch darzustellen, wie durch eine fach- und kommunalaufsichtliche Tätigkeit und eine verstärkte Rechnungsprüfung die Handlungsfähigkeit der Zweckverbände selbst langfristig gesichert wird.

Ein weiterer, für die Bürger unseres Landes wichtiger Schritt wäre eine Überarbeitung des Kommunalabgabengesetzes. Ich denke, dass die Landesregierung demnächst über einen sachsen-anhaltischen Gesetzentwurf zur Änderung dieses Gesetzes zu beraten haben wird.

(Zuruf)

- Der Landtag. Entschuldigung. - Für die Bürgerinnen und Bürger und die Eigentümer sind dabei insbesondere Regelungen der aktiven Einflussnah

me, der Transparenz der Planungs- und Gebührengrundlagen sowie die Bestandssicherung von Bescheiden sehr wichtig.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Hierbei geht es nicht allein um die betroffenen Eigentümer, sondern auch und besonders um die zukünftigen Entwicklungschancen für die Ansiedlungs- und Standortsicherheit.

Meine Damen und Herren! Unsere Fraktion wirbt nachdrücklich für die Annahme unseres Auskunfts- und Berichtsbegehrens. Wir bitten Sie, unserem Antrag zu folgen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Grünert. - Für die Landesregierung spricht Herr Dr. Aeikens. Bitte schön, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag beschäftigt sich mit einem nach wie vor wichtigen Thema. Denn die Situation der Aufgabenträger der Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung ist von einem allgemeinen Interesse. Die finanzielle Belastung unserer Bürgerinnen und Bürger und unserer Wirtschaft durch Wasser- und Abwasser hängt davon ab.

Herr Abgeordneter Grünert, ich habe Ihnen sehr aufmerksam zugehört. Aber ich habe nicht den Eindruck, dass Sie über die Situation in SachsenAnhalt gesprochen haben. Sie haben ein desaströses Bild gezeichnet, das für die Situation im Abwasser- und Wasserbereich in Sachsen-Anhalt nicht zutrifft. Sie haben die gute Arbeit vieler Menschen in den Verbänden und in den Kommunen diskreditiert. Das haben diese nicht verdient.

(Zustimmung bei der CDU)

Natürlich gibt es in diesem Bereich Probleme, wie es überall dort, wo Menschen arbeiten, Probleme und Fehler gibt. Aber die Gesamtsituation ist stabil und hat sich verbessert.

Die Fraktion DIE LINKE - Ihre Ausführungen haben das bestätigt - erzeugt den Eindruck, dass es keine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Aufgabenträger der Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung trotz vielfältiger Landeshilfen gegeben hat. Das trifft eindeutig nicht zu.

Nicht zuletzt durch die Gewährung von Sanierungs- und Teilentschuldungshilfen und durch die gezielte Investitionsförderung haben sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Aufgabenträger deutlich stabilisiert. Das zeigt sich insbesondere dann, wenn man die Eigenkapitalausstattung der Auf

gabenträger betrachtet. Wir sind erfreulicherweise, auch wenn das nicht jedem gefällt, was aber nötig ist, inzwischen in der Situation, dass kostendeckende Entgelte erhoben werden.

Sie wissen um die Beträge, die wir für Sanierungs- und Teilentschuldungshilfen aufgewandt haben. Diese Mittel haben gewirkt. Darüber hinaus hat eine Managementunterstützungsgruppe des Landes den Verbänden vor Ort praktische Hilfe gegeben. Auch diese Hilfe hat gewirkt.

Des Weiteren können wir erfreulicherweise bilanzieren, dass sich die Aufgabenträger zu leistungsfähigen Strukturen zusammengeschlossen haben. Heute gibt es in Sachsen-Anhalt weniger als 50 Abwasserzweckverbände; 1994 waren es noch mehr als 100. Diese Entwicklung setzt sich fort.

Mein Haus wird noch in diesem Jahr ein Leitbild vorlegen, wie sich die Strukturen der Aufgabenträger aus der Sicht des Landes weiterentwickeln sollten, um erforderliche Synergieeffekte zu erschließen. In diesem Leitbild wollen wir die bisherige Entwicklung der Strukturen nachvollziehen und aufzeigen, an welchen Stellen noch Handlungsbedarf besteht.

Richtig ist, dass der demografische Wandel die Aufgabenträger der Trinkwasserversorgung und der Abwasserbeseitigung vor große Herausforderungen stellt. Wir alle wissen, dass der Fixkostenanteil bei der Abwasserbeseitigung und bei der Wasserversorgung sogar 80 % übersteigen kann. Ein geringerer Wasserverbrauch hat also nicht in gleichem Maße auch geringere Kosten zur Folge. Die Entgelte können somit ansteigen, sofern nichts dagegen unternommen wird. Wir arbeiten bereits seit Langem daran, dagegen anzusteuern. Ich glaube, unsere Bemühungen in diesem Bereich sind erfolgreich.

Die gezielte Förderung von Investitionen hat dazu geführt, dass die Teilentschuldungshilfen nachhaltig wirken und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Aufgabenträger dauerhaft gesichert wird.

Bei der Förderung wird die Bevölkerungsentwicklung natürlich berücksichtigt. Es wird geprüft, ob es kostengünstigere und rechtlich mögliche Alternativen zu den vorgesehenen Vorhaben gibt. Das ist leider nicht immer der Fall.

In der auslaufenden EU-Förderperiode hat das Land mehr als 160 Millionen € für die Stabilisierung der Abwasser- und Trinkwassergebühren im Zuge der Investitionsförderung eingesetzt. Das Land hat dabei geholfen und hilft auch weiterhin, die Kosten für die Bürgerinnen und Bürger sowie für die Wirtschaft in Grenzen zu halten.

Ich erwarte von den kommunalen Aufgabenträgern, dass auch sie alles Mögliche unternehmen, diese Bemühungen zu unterstützen.

Gestatten Sie mir noch einige Worte zu dem vorliegenden Antrag. Er ist unscharf und zielt in eine falsche Richtung. Außerdem stellt er falsche Zusammenhänge dar.

Zwar haben die Abwasserbeseitigungskonzepte der Aufgabenträger, die in dem Antrag wohl gemeint sind, einen Einfluss auf die Höhe der Gebühren. In stärkerem Maße wirken aber die örtlichen Bedingungen. Dazu zählen zum Beispiel eine weitläufige Siedlungsstruktur, die Untergrundverhältnisse, das Höhenrelief oder das Fehlen von Gewässern, in die das Abwasser eingeleitet werden kann.

Haben Verbände nur geringe Beiträge erhoben, führt dies heute zu höheren Gebühren. Ein reiner Gebührenvergleich ist somit auch nicht zielführend.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Trotz des immensen Nachholbedarfs, den es in dem Gebiet der neuen Bundesländer nach der Wende gegeben hat, hat unser Bericht aus dem Jahr 2009 gezeigt, dass sich die Belastungen der Bürgerinnen und Bürger in Sachsen-Anhalt im Bundesvergleich im Mittelfeld befinden. Auch wenn man sich auf die Erhebungen des Statistischen Landesamtes stützt, zeigen die Zahlen, dass sich in diesem Bereich in den letzten Jahren keine grundlegenden Veränderungen ergeben haben.

Das Land, meine Damen und Herren, ist seiner Verantwortung im Abwasser- und Wasserbereich gerecht geworden. Wir werden die Verantwortlichen auch weiterhin begleiten, damit Wasser und Abwasser bezahlbar bleiben. Ich würde es begrüßen, wenn eine vertiefende Diskussion dieser wichtigen Thematik in den Ausschüssen des Hohen Hauses erfolgte. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. Frau Dr. Klein würde Ihnen gern eine Frage stellen. - Bitte schön.