Eigentlich braucht man danach nicht mehr weiterzureden. Wir sprechen einfach unterschiedliche Sprachen. Wir gehen von unterschiedlichen Werten aus.
Man muss es ganz klar sagen: Eine Kanzlerin macht noch keine Gleichstellung; ein Hitzlsperger macht noch keine Chancengleichheit im Sport; ein schwuler Außenminister macht noch keine Ehe für alle.
Dass wir 17 Jahre nach dem Jahr 1997, nachdem der Landtag damals einen Tiefpunkt erlebt hat, heute wieder eine solche Debatte führen müssen, ist ein weiterer Tiefpunkt. Ich bin traurig und ich schäme mich, dass ich diesem Tierpunkt beiwohnen muss.
Es verwundert deshalb auch nicht, dass wir auf unsere Große Anfrage, die der Minister erwähnt hat, nur eine lapidare Antwort erhalten haben, die ich für mich in einem Satz zusammenfassen kann: Ja, wir machen Gleichstellung für LSBTI, für Lesbische, für Schwule, für Bisexuelle, für Transsexuelle und für Intersexuelle, soweit wir das müssen, soweit uns dies Bundesgesetze vorgeben, aber auch keinen Deut mehr.
Es wundert mich bereits seit Längerem nicht mehr, aber ich möchte es noch einmal sagen, dass seit Juni - es ist bereits länger als ein halbes Jahr her, Herr Gallert - die Beschlussempfehlung vor sich hindümpelt, weil es innerhalb der Landesregierung keine Entscheidung gibt, wer für dieses Thema zuständig ist.
dert angemessen wäre, gesprochen hat, scheint eine eindeutige Positionierung zu sein, die ich sehr bedauere.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das einzig Gute an dieser Debatte ist, dass sie vielen noch einmal die Augen geöffnet hat und dass es auch mich, das muss ich gestehen, noch einmal ein Stückchen wachgerüttelt hat.
Ich habe die Debatte aus dem Jahr 1997 erwähnt. Ich könnte auch andere Debatten zitieren. Es hat mir die Augen dafür geöffnet, dass die alten Schlachten eben noch nicht geschlagen sind. Es hat mir die Augen dafür geöffnet, dass unsere Gesellschaft weit weniger liberal und weit weniger pluralistisch ist, als wir manchmal glauben mögen. Es hat mir die Augen dafür geöffnet, dass die Bedeutung der Worte - und ich habe es extra noch einmal nachgelesen - „konservativ“ auf der einen Seite und „progressiv/fortschrittlich“ auf der anderen Seite, doch noch stimmen und dass sie sich auch in Deutschland im Jahr 2014 noch klar bestimmten Parteien zuordnen lassen.
Ich bin stolz darauf, dass ich mich einer progressiven, fortschrittlichen Partei zurechnen kann. Ich glaube, nur wenn man Visionen hat, wird man diese Gesellschaft verändern. Sie können jetzt lachen. Vor 50 Jahren haben Sie auch darüber gelacht, dass Frauen eigenständig ein Konto eröffnen dürfen und dass Frauen auch hier stehen können. Sie werden in 50 Jahren nicht mehr lachen. - Danke.
Frau Abgeordnete Lüddemann - - Na gut. Es war keine Frage, sondern eine Wortmeldung zu einer Zwischenintervention. Herr Abgeordneter Schröder.
(Frau Bull, DIE LINKE: Ja! - Herr Gallert, DIE LINKE: Ja! - Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)
Ich möchte das Wort gern noch einmal für drei sachliche Richtigstellungen ergreifen. Erstens: Ich möchte, dass die Fraktion der GRÜNEN zur Kenntnis nimmt, dass Christoph Bergner - was er vor der heutigen Debatte noch einmal bestätigt hat - der Interpretation seiner Worte zum Beispiel aus dem
Jahr 2009 durch die GRÜNEN ausdrücklich widerspricht und in seiner Erklärung, die er verbreitet hat, zum Ausdruck bringt, dass er der These der Therapierbarkeit homosexueller Neigungen immer widersprochen hat. Einer der Gründe für seinen Widerspruch war die Einsicht, dass der Hinweis auf eine Therapie automatisch unterstellt, Homosexualität sei als eine Krankheit zu werten. „Eine solche Aussage hat gegenüber den Betroffenen zweifellos eine diskriminierende Wirkung, gegen die ich mich ausdrücklich wende“, so Christoph Bergner.
Die zweite Richtigstellung: Der Landkreis Mansfeld-Südharz hat nicht erklärt, nicht mehr fördern zu wollen, sondern gedenkt die Förderfähigkeit des bisher anerkannten Trägers der freien Jugendhilfe zu überprüfen.
Dritte Bemerkung: Frau Lüddemann hat behauptet, wir würden uns gegen einen Aktionsplan auf Landesebene wenden, weil wir Vorurteile gegen Homosexuelle hätten - zumindest war das so ein bisschen die Anmerkung.
Ich will zumindest ergänzen, dass die Ausschussüberweisung tatsächlich ein Kompromiss innerhalb der Koalition war. Die ablehnende Haltung ist damit begründet worden, dass Toleranz und Diskriminierungsfreiheit etwas mit einer Diskussion, mit einem Einstellungswandel in der Gesellschaft zu tun haben und dass es unsere Überzeugung bisher war, dass man diesen Einstellungswandel nicht automatisch durch offizielle Programme bewerkstelligen kann. Das war das Argument.
Wir fahren in der Aktuellen Debatte fort. Als Nächste spricht für die Fraktion der SPD Frau Abgeordnete Budde.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon so, wie Herr Gallert gesagt hat: Daran, wie der Schwächste behandelt wird, bemisst sich die Qualität einer Gesellschaft. Das gilt auch für sogenannte Minderheiten. Ich möchte die Debatte, die wir heute führen, ein Stück aus der engeren Debatte herausholen, nachher aber wieder auf Sachsen-Anhalt Bezug nehmen.
Ich möchte etwas weiter ausholen, als es heute nur mit einem Wort angesprochen worden ist, und auf die Olympischen Spiele in Sotschi eingehen. Das beschreibt sozusagen eine weltweite Debatte
In einer Woche werden die Olympischen Winterspiele eröffnet und rund 3 000 Sportlerinnen und Sportler aus fast 90 Ländern um Gold, Silber und Bronze kämpfen. Das ist ein Fest des Sports, auf das wir uns alle freuen.
Wenn man den Gedanken von Olympia ein bisschen näher hinterfragt und sich die Präambel durchliest, dann steht darin: Es ist Ausdruck des olympischen Geistes,
„den Sport in den Dienst der harmonischen Entwicklung des Menschen zu stellen, um eine friedliche Gesellschaft zu fördern, die der Wahrung der Menschenwürde verpflichtet ist… Jede Form von Diskriminierung eines Landes und einer Person aufgrund von Rasse, Religion, Politik, Geschlecht oder aus sonstigen Gründen ist mit der Zugehörigkeit zur olympischen Bewegung unvereinbar.“
Dennoch gibt es gerade dort, wo die Olympischen Spiele gerade stattfinden, in Sotschi, eine Gruppe von Menschen, für die dieses Diskriminierungsverbot scheinbar nicht gelten muss, nicht gelten darf, nicht gelten soll, nämlich für Homosexuelle. Das ist so.
Wenn man ernst nimmt, was die russische Regierung beschlossen und Präsident Putin am 30. Juni unterzeichnet hat - und ich glaube, das muss man in diesem Land verdammt ernst nehmen -, dann stellt es positive Äußerungen über Homosexualität in Anwesenheit von Minderjährigen oder über Medien wie das Internet unter Strafe. Man darf nicht dafür oder dagegen protestieren. Das gilt genauso für Ausländerinnen und Ausländer. Man kann dort eingesperrt, des Landes verwiesen werden. Es ist für Ausländerinnen und Ausländer sicherlich immer noch einfacher, wenn man wieder herauskommt, als wenn man dort bleibt.
Meine Damen und Herren! Ich will an dieser Stelle und an diesem Ort und im Zusammenhang mit der Debatte, die wir heute führen, ganz deutlich sagen: Dass es im 21. Jahrhundert möglich ist, dass Homophobie staatlich sanktioniert wird und dass Menschen diskriminiert und geächtet werden und die Welt darauf schaut, dass sie geächtet werden, nur weil sie sind, wie sie sind, ist ein Skandal. Das muss hier auch ausgesprochen werden.
Es wird auch nicht dadurch besser, dass der Geheimdienst in Russland sagt: Wir setzen das einmal aus, wir schauen einmal ein paar Wochen lang nicht wirklich hin.
Ich will auch ganz deutlich sagen, dass der Eiertanz des IOC in dieser Frage auch kein Ruhmesblatt ist.
Wenn man die Olympischen Ringe nebeneinander legt und ein bisschen streckt, dann kommt man automatisch zur Regenbogenfahne. Vielleicht sollte man das hier nicht so laut sagen, weil die dann vielleicht in Sotschi auch noch verboten wird. Genau das ist aber ein Symbol und eine Doppeldeutigkeit, die positiv ist. Vielleicht kommt der eine oder andere darauf. Ich glaube nicht, dass die Olympischen Ringe verboten werden. Vielleicht nutzt man das Symbol dafür.
Nun mag man sich fragen, was das alles mit Sachsen-Anhalt zu tun hat. Natürlich haben die Olympischen Winterspiele auch mit SachsenAnhalt zu tun. Ich habe das Thema Homophobie bewusst in einen größeren Rahmen stellen wollen, weil es nicht nur eine Debatte ist, die aktuell in Sachsen-Anhalt anhand des Themas Leo e. V. geführt wird, sondern weil die Debatte aktuell auch in der Bundesrepublik geführt wird, am Beispiel des Fußballs, und weil sie international am Beispiel der Winterspiele geführt werden muss. Das zeigt die ganze Scheinheiligkeit und Doppelzüngigkeit einer internationalen Gesellschaft bei diesem Thema.
Das reduziert sich nicht nur auf Sachsen-Anhalt, sondern es ist so, wie es der Minister vorhin gesagt hat: Offiziell wird immer viel gesagt, aber innerhalb der Gesellschaft gibt es noch viel zu tun, um wirklich Normalität herzustellen und um es auch in den Köpfen ein Stück voranzubringen. Wir können wahrscheinlich gar nicht abschätzen, wie viel es noch zu tun gibt, damit Menschen so, wie sie leben wollen, einfach akzeptiert werden, ohne Wenn und Aber.
Ich will noch ein Zitat aus einer Fernsehsendung nennen, nachdem sich der Fußballer Hitzlsperger geoutet hatte. Ein Nationalmannschaftskollege hat in einer Fernsehsendung über ihn gesagt:
„Er ist ein Spieler, der erstens sehr intelligent ist und zweitens von seiner Spielweise überhaupt nicht den Anlass gegeben hätte, dass man hätte denken können, da ist irgendetwas.“
In den gleichen Zusammenhang gehört die Debatte um die Initiative in Baden-Württemberg, die es ablehnt, verschiedene Formen des Zusammenlebens von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans
gender, Transsexuellen und Intersexuellen an Schulen zu thematisieren, weil - und jetzt wird es interessant - negative Begleiterscheinungen eines entsprechenden Lebensstils vernachlässigt würden.