Ich habe eine ganz einfach Frage. Sie haben das vorhin noch einmal gesagt und auch darauf verwiesen. Sie haben das Grundsatzprogramm Ihrer Partei hier vorgetragen und haben darauf aufmerksam gemacht, dass die Positionen des Vereins Leo e. V. mit diesem Grundsatzprogramm nicht vereinbar seien. Ich frage Sie als Vorsitzenden des Kreisverbandes Mansfeld-Südharz der CDU: Werden Sie den Parteiausschluss von Herrn Ritter, der diesem Verein vorsteht, vorantreiben?
(Unruhe - Herr Kurze, CDU: Was? - Herr Borgwardt, CDU: Also, wirklich! - Weitere Zurufe von der CDU: Nee! - Das gibt’s doch gar nicht! - Wo sind wir denn?)
Ich kann auch gern weiterhin hier vorn stehen und die Dinge erklären. Ich vermute, dass Sie mich nicht verstehen, weil Sie mich nicht verstehen wollen.
Die Frage nach der Mitgliedschaft in der Partei ist bei uns satzungsrechtlich geregelt. Darüber wird nicht nach Gutdünken entschieden; erst recht nicht aufgrund einer Meinungslage in anderen Parteien. Ich denke, niemand lässt sich dabei hineinreden.
Ich hinterfrage noch einmal kritisch das Maß dessen, was wir uns hier zumuten; denn, so glaube ich, wir haben alle Grund genug, Freiheitsrechte zu verteidigen. Es wird viel Unsinn in dieser Gesellschaft erzählt. Es gibt den Freiraum dafür.
Es gibt auch Meinungen, von denen man sich distanziert und die man für gefährlich hält; das ist alles richtig. Aber daraus abzuleiten, dass man an dieser Stelle über eine Art Gesinnungsterror herangeht,
ist aus meiner Sicht nicht vereinbar mit dem, was eine freiheitliche Gesellschaft aushalten kann und muss.
Christen können irren, Genossen können auch irren, weil irren menschlich ist. Auch wenn Sie das Etikett gern verteilen wollen - die Homophobie kennt kein Parteibuch.
Danke schön, Abgeordneter Herr Schröder. - Wir fahren in der Aussprache zur Aktuellen Debatte fort. Als Nächste spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Abgeordnete Frau Lüddemann.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Je länger ich die Ereignisse der vergangenen Tage, die hier in Rede stehen, beobachtet habe, desto mehr habe ich mich gefragt, ob es wirklich beabsichtigt ist, hierüber eine Aktuelle Debatte im Landtag von Sachsen-Anhalt zu führen.
Es ist unbestritten, dass der Auslöser dieser Debatte aktuell ist. Es wurde über den Leo e. V. berichtet. Ich persönlich und auch meine Fraktion finden es absolut unsäglich, dass heute, im 21. Jahrhundert, im Herzen von Europa, in Deutschland Entwicklungsstörungen in einem Satz mit Homosexualität genannt werden, dass ein Verein für 150 € anbietet, innere Selbstheilungskräfte zu aktivieren, um das innere Kind in die Ecke zu stellen und aus homosexuellen Menschen natürliche heterosexuelle Menschen zu machen. Davon distanzieren wir uns ganz eindeutig. Wir finden es unsäglich, dass ein solcher Verein in Sachsen-Anhalt existiert.
Wenn man aber überlegt, was hinter dieser Aktuellen Debatte steht, Kolleginnen und Kollegen, dann, denke ich, ist es kein aktueller Grund, weil es nichts Neues ist.
Es ist leider Gottes nicht neu, dass führende Kräfte der CDU in einer Reihe mit homophoben Thesen genannt werden, dass sie homophobe Thesen unterstützen und diesen nahestehen. Das, Kollege
Wenn man eine Regierungspartei repräsentiert, wenn man diesem Hohen Hause angehört, dann ist es keine Privatsache, wofür man sich engagiert und welche Thesen man vertritt.
Das Grundsatzprogramm der CDU, aus dem bereits zitiert wurde, ist das eine, die Praxis ist das andere. An ihren Taten sollt ihr sie messen.
Was den Leo e. V. angeht: Herr Ritter, Ex-MdL der CDU, wurde bereits beschrieben. Er ist kein Unbekannter. Seit dem Jahr 1982 gibt Herr Ritter solche Seminare. Der ehemalige Synodale der Kirchenprovinz Sachsen ist für seine homophoben Theorien bekannt. Just in demselben Jahr 1982 begann Eduard Stapel damit - das ist die Ikone der Schwulenbewegung in der DDR -, sich in der Kirchenprovinz Sachsen für und mit Schwulen zu engagieren. Dass hierin ein klarer Zusammenhang besteht ist, so glaube ich, eindeutig.
Wer noch keine Zweifel am Leo e. V. hat - auch das wurde heute bereits angesprochen -, muss nur einmal den Namen van den Aardweg googeln; dann ist alles gesagt.
In diesem Zusammenhang will ich erwähnen, dass wir es wahrgenommen haben und dass wir es ausdrücklich würdigen, dass sich Bischöfin Junkermann von diesen Menschen und von diesen Theorien klar distanziert hat.
Wir haben auch zur Kenntnis genommen und finden es ausgesprochen positiv und ausgesprochen wichtig, dass der Paritätische sofort nach dem Bekanntwerden dieser Thesen ein Ausschlussverfahren angestrengt hat. Wir haben zur Kenntnis genommen und würdigen es positiv, dass der Landkreis Mansfeld-Südharz die zwar geringe, aber dennoch stattgefundene Förderung des Vereins einstellen wird. Wir nehmen auch zur Kenntnis und würdigen es, dass der Landesjugendhilfeausschuss ein Aberkennungsverfahren hinsichtlich der Eigenschaft als freier Träger der Jugendhilfe in Gang gesetzt hat.
Wir nehmen aber auch zur Kenntnis, dass eine solche klare Distanzierung und eine solche klare Abweisung dieser Thesen - das habe ich leider
Die Situation im Jahr 2009 ist erwähnt worden. Ich selber war bei Diskussionen beim CSD zugegen, bei denen er mit Edi Stapel diskutiert hat. Er wird in Protokollen des Landtags unter anderem mit dem folgenden Satz zitiert:
Er hat sich im Bundestagswahlkampf 2013 eindeutig gegen das Adoptionsrecht für homosexuelle Menschen ausgesprochen.
Ich finde es mehr als bedauerlich, dass Walters Remmers, ein weiteres Mitglied der CDU, im Beirat des Vereins mitwirkt. Er ist nicht nur Verfassungsminister a. D., sondern auch heute noch Vorsitzender der Stiftung Rechtsstaat Sachsen-Anhalt e. V. Ich finde, es ist nicht angemessen, dass ein Vorsitzender dieser Stiftung solche Thesen unterstützt.
Über den ehemaligen und den amtierenden Fraktionsvorsitzenden der CDU möchte ich nicht viele Worte verlieren. Ich habe es immer noch nicht verstanden, Herr Schröder, obwohl bereits dreimal nachgefragt wurde. Ich verstehe auch nicht, dass Sie einerseits sagen, es gebe keine Liebe zweiter Klasse, und dass es andererseits eine Ehe und eine Nicht-Ehe gibt - um es einmal anders zu formulieren.
Ich glaube nicht, dass es daran liegt, dass wir Sie nicht verstehen wollen, sondern daran, dass wir Sie nicht verstehen können, weil Ihre Werte nicht die unseren sind.
Ich finde es mehr als traurig - das möchte ich deutlich sagen -, dass ich heute, im Jahr 2014, hier stehen und eine ähnliche Rede halten und mich einer ähnlichen Debatte aussetzen muss, wie es meine Kollegin Kathleen Behnke schon im Jahr 1997 in diesem Hohen Hause tat. Ich habe die Debatte noch einmal nachgelesen. Herr Gallert hat es angesprochen.
Der familien- und jugendpolitische Sprecher der CDU Herr Jantos ist vorhin zitiert worden. Auch ich habe mir extra noch einmal die Website angeschaut. Dort heißt es: Permanente Sondererschei
nungen wie gleichgeschlechtliche Ehen als normale Alternative zur Familie - in Klammern: Vater, Mutter, Kind - lasse ich nicht gelten. Das ist sinngemäß zitiert; das kann jeder nachlesen. Angesichts dessen wundere ich mich über nichts mehr. Das können Sie auf der Internetseite von Herrn Jantos nachlesen, sofern es nicht bereits gelöscht wurde.
Ich kann mit anderen Zitaten fortfahren. Die Einbringung des Aktionsplans gegen Homophobie ist vom Kollegen Krause mit den folgenden Worten eingeleitet worden: Ich würde gern ablehnen, aber ich darf es aufgrund der Koalitionsdisziplin nicht.