Protocol of the Session on July 7, 2011

Der Frühwarnmechanismus zur Subsidiaritätskontrolle ist in der Tat schwierig, weil die Quoren im Vertrag von Lissabon nun einmal so festgelegt wurden, wie sie jetzt bestehen. Deswegen ist es so wichtig, dass wir mit den anderen nationalen Parlamenten und Regierungen im Austausch stehen. Das funktioniert recht gut. Vielleicht kann man - ich blicke einmal zu dem Abgeordneten Tögel - durch die Einbeziehung des Subsidiaritätskontrollsystems des Ausschusses der Regionen einen noch besseren Informationsfluss gewährleisten.

Für das Plenum noch kurz ein Hinweis zur kommunalen Ebene. Ich kann mir das nicht für allzu viele Kommunen vorstellen. Halle hatte das einmal versucht und hatte bereits ein Europareferat, das dann allerdings im Wirtschaftsdezernat mehr oder weniger aufgegangen ist. Für die kleineren Kommunen wird es angesichts der Haushaltsnöte schwierig sein, dafür einen eigenen Arbeitsbereich einzurichten.

Aber wir haben, weil dies so ist, über die EU-Serviceagentur, die wir bei der Investitionsbank eingerichtet haben, ganz bewusst eine zugriffsfähige Einrichtung geschaffen. Last, but not least haben wir auch die kommunalen Spitzenverbände, die bis zur Ebene Brüssel vernetzt sind und sich nach ihrem eigenen Verständnis auch als Dienstleister für unsere Kommunen verstehen. Zu der berühmten Altmark-Trans-Entscheidung, die Stendal seinerzeit erwirkt hat, kam es auch, ohne dass sich jemand an 222 Arbeitstagen im Jahr mit Europa befasst. Denn Kompetenz kann abgerufen werden. Auch die Landesregierung steht dafür natürlich mit Rat und Tat zur Seite.

Ich würde es begrüßen, wenn wir uns auf der Grundlage des Änderungsantrages, in dem diese Interorgankomponente, die Tatsache, dass wir es gemeinsam machen müssen, schon aufgegriffen wurde, im Ausschuss vertieft zu den einzelnen Themen, die hier aufgerufen worden sind, austauschten und dazu auch unseren Bericht vom 28. Oktober 2010 einbezögen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Danke sehr. - Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Tögel.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich in das Rund des Plenarsaals schaue, dann sehe ich, mit welcher Spannung die Kollegen diesem Thema folgen.

(Oh! bei der SPD)

Das ist völlig klar; denn diese Thematik ist für die meisten Kollegen ein Buch mit sieben Siegeln. Nicht umsonst haben wir uns in der letzten Legislaturperiode eigentlich in jeder Sitzung des Europaausschusses mit dieser Thematik beschäftigt. Wir haben allerdings - darin gebe ich dem Kollegen Herrn Czeke Recht - noch nicht die endgültige Lösung gefunden, wie wir mit der Menge und der Masse an Informationen so umgehen, dass wir genau das herausfinden, was für unsere Arbeit, für das Land Sachsen-Anhalt und für seine Kommunen wichtig ist.

Deswegen haben wir dieses Thema in der Ausschusssitzung in der letzten Woche wieder auf die Tagesordnungen der nächsten Sitzungen gesetzt

und haben überlegt, wie wir zu Ergebnissen kommen können, um den Widerspruch zwischen dem Anspruch, den wir haben, und dem, was wir personell und inhaltlich leisten können, tatsächlich aufzulösen.

Wir haben zu dem Antrag der LINKEN einen Änderungsantrag vorgelegt, weil wir der Meinung sind, dass wir heute im Landtag etwas beschließen sollten, damit wir eine Arbeitsgrundlage im Ausschuss haben und im Ausschuss nicht erst wieder einen Antrag beschließen müssen, der in den Landtag gehen muss und mit dem wir dann wieder erst im Ausschuss arbeiten können.

Allerdings können die Punkte, die DIE LINKE vorgelegt hat, aus unserer Sicht so nicht in eine mögliche Beschlussfassung eingehen.

Der Punkt 1 in Bezug auf die Wolfsburger Erklärung ist völlig klar. Denn wer würde es schon wagen, den Landtagspräsidenten zu widersprechen? - Leider ist der Kollege Gürth im Moment nicht im Saal.

Wir werden diesem Punkt zustimmen, auch wenn diese Erklärung im Gegensatz zu manchen früheren Erklärungen der Präsidenten etwas mehr Lyrik als konkrete Dinge enthält.

(Zustimmung von Herrn Czeke, DIE LINKE)

Aber wir werden sie unterstützen und sie zur Grundlage unserer Arbeit machen.

Die anderen Punkte, die DIE LINKE aufgeführt hat, sind Dinge, die uns alle beschäftigt haben. Denken Sie zum Beispiel an die Diskussion, die wir im Ausschuss in der Vergangenheit im Zusammenhang mit der Landesinformationsvereinbarung und dem Landesinformationsgesetz geführt haben.

Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass der Kollege Kosmehl von der FDP vehement gefordert hat: Wir müssen die LIV überarbeiten. Aber als es dann darum ging, konkrete Vorschläge zu machen, hat er keinen gefunden. Das ist ein bisschen das Dilemma: Wir wissen nicht genau, in welche Richtung wir tatsächlich weiter gehen können.

Sie haben die Länder Hessen, Baden-Württemberg und Bayern genannt. Der Verweis auf diese Länder hinkt, da wir weder auf der Parlamentsebene noch auf der Regierungsebene so viele personelle Ressourcen und finanzielle Mittel haben, um all diese Aufgaben, die dort unter Umständen wahrgenommen werden, zu übernehmen.

Deswegen - der Staatsminister hat es schon angedeutet; ich habe die Unterlagen in Berlin auch verteilt - plädiere ich dafür, dass wir prüfen, ob wir als Landtag dem Subsidiaritätsnetzwerk des Ausschusses der Regionen beitreten.

Wer sich die Unterlagen seit der letzten Woche schon einmal angesehen hat, der hat gesehen, wer Mitglied in diesem Subsidiaritätsnetzwerk ist,

welche Arbeitsschwerpunkte dort gelten und an welchen Punkten bisher unter Umständen die Möglichkeit der Einflussnahme wahrgenommen wurde. Das ist nicht allzu viel.

Man muss tatsächlich abwägen: Wie groß ist der Aufwand, den wir als Landtag auch hinsichtlich der Zusammenarbeit mit der Landesregierung betreiben, um auf einen möglichen Subsidiaritätsverstoß zu stoßen, auf den vor uns vielleicht schon drei andere Landesparlamente, Landesregierungen oder Kommunen in den Weiten Europas gestoßen sind? - Wir sollten in diesem Zusammenhang keine Doppelarbeit leisten, sondern prüfen, ob wir uns in dieses Netzwerk einklinken können.

In Bezug auf die Bindung der Landesregierung an Beschlüsse des Landtages haben wir uns in der Fraktion noch keine abschließende Meinung gebildet. Ich persönlich bin der Meinung, dass die Bindung der Landesregierung an Beschlüsse des Landtages in EU-Angelegenheiten, also was die Arbeit und die Aktivitäten im Bundesrat dazu betrifft, zu weit geht. Ich bin jedoch dafür, dass uns die Landesregierung, wenn sie denn von einem möglichen Votum des Landtages abweicht, darüber berichten und dies auch begründen muss. Aber darüber sollten wir uns gemeinsam mit der Landesregierung im Ausschuss verständigen.

Ich denke - das ist mein dritter Punkt -, die mangelnden Informationen sind nicht unser Problem. Das Problem liegt eher darin, wie wir damit umgehen.

Wir haben in den letzten Jahren über den elektronischen Weg erheblich mehr Möglichkeiten bekommen. Ich verweise nur auf die wirklich sehr umfangreiche und gute Information, die uns mit dem EU-Wochenspiegel wöchentlich zur Verfügung gestellt wird, worin wir immer sehr aktuelle Informationen auch über die Vorhaben der Europäischen Kommission und andere Dinge bekommen.

Ich verweise auch auf die Unterlagen, die wir inzwischen per Beschluss über die Arbeitsprogramme des Ausschusses der Regionen und seiner Fachkommissionen bekommen. In diesem Zusammenhang können wir aktuell - auch mit aktualisierten Zeitplänen - die Arbeitsschwerpunkte der Kommission und auch die Fristen, bis zu denen die Kommission informiert werden soll, bekommen.

Wir haben damit eine ganze Menge an Informationen. Wir müssen wirklich abwägen, ob wir tatsächlich noch mehr Informationen haben wollen, ob wir mehr verkraften können und ob wir die personellen Ressourcen, die wir in den Fraktionen und im Landtag haben, die aber auch die Landesregierung hat, unter dem allgemeinen Spardiktat, dem wir alle unterliegen, aufwenden können.

Wir als Parlament müssen uns - Herr Czeke, das wissen Sie; dazu kennen Sie meine Meinung, aber ich glaube, darin sind wir uns einig - auch an die

eigene Nase fassen. Wir haben es sehr oft erlebt, dass der Europaausschuss andere Ausschüsse bittet, zu bestimmten Dingen Stellung zu nehmen, und dann kam die lapidare Mitteilung: Der Innenausschuss oder der Landwirtschaftsausschuss sieht keinen Bedarf zur Stellungnahme.

(Herr Czeke, DIE LINKE: Wirtschaftsaus- schuss!)

- Der Wirtschaftsausschuss auch. - Alle Ausschüsse müssen sich unter Umständen zukünftig verstärkt mit den europäischen Themen beschäftigen und müssen bereit sein, sich über den Umweg des Europaausschusses - das ist nach unserer Geschäftsordnung nun einmal so - mit den Themen zu beschäftigen, wenn sie der Meinung sind, dass wir darüber reden sollen. Sie sollten nicht hinterher meckern, wenn es zu spät ist.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Genau!)

Ich möchte noch einen letzten Punkt anführen. Meine Redezeit geht dem Ende zu. Wir haben in der letzten Woche auch darüber geredet, Überlegungen dahin gehend anzustellen, ob der Landtag als Gremium einmal eine internationale Konferenz unter Beteiligung von Vertretern anderer Regionalparlamente organisieren sollte, auf der wir uns auch diesen Fragen widmen. Vielleicht sollten wir tatsächlich einmal ein Best-Practice-Seminar - ein schönes neudeutsches Wort - veranstalten, auf dem wir alle voneinander lernen können, sodass wir aus den vorhanden Informationen das herausbekommen, was wir brauchen.

In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag und verweise auf die weiteren Diskussionen im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten. - Danke schön.

(Zustimmung bei der SPD - Herr Felke, SPD: Sowie Medien! - Herr Hövelmann, SPD: So- wie Medien!)

Danke sehr, Herr Abgeordneter Tögel. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abgeordnete Frau Latta. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Bündnisgrüne begrüßen ebenfalls die Wolfsburger Erklärung der bundesdeutschen und der österreichischen Landtagspräsidentinnen und -präsidenten vom 7. Juni 2011.

Die Wolfsburger Erklärung betont ausdrücklich die Chancen von starken Ländern in einem starken Europa. Punkt 2 Buchstabe d des Antrags der LINKEN, nämlich die Unterstützung des Landtages beim Frühwarnmechanismus durch Bekanntgabe von Subsidiaritätsrügen oder -klagen durch die Landesregierung, ist, wie ich finde, - das hat der Kollege von der Linksfraktion sehr gut ausgeführt -

ein sehr guter Punkt, den wir, denke ich, berücksichtigen sollten.

Ich möchte weiterhin anführen: Die Wolfsburger Erklärung spricht sich für die Fortführung der europäischen Kohäsionspolitik aus und fordert Übergangsregelungen für solche Regionen, die nicht mehr in der bisherigen Weise gefördert werden können.

Weiter heißt es darin - wenn ich zitieren darf -:

„Starke Länder in einem starken Europa - Modernen Formen des Föderalismus, wie sie in der Bundesrepublik Deutschland … in Gestalt der Länder existieren, kommt in einer globalisierten Welt und einem großen, geeinten Europa schon heute und noch viel mehr in Zukunft immer größere Bedeutung zu.“

Um weiter bei der Wolfsburger Erklärung zu bleiben, sind die Herausforderungen in der Zukunft die demografische Entwicklung, die Energieversorgung, der Klimawandel.

Ich finde, an diesen Punkten kann man durchaus begrüßen, dass in Voraussicht der neuen Förderperiode ab 2014 für die Förderregionen, die momentan der Fördestufe I angehören, eine so genannte Mittellösung gefunden wird. Das begrüßen wir ausdrücklich. Mit Blick auf dieses Beispiel ist es, denke ich, erforderlich, dass wir im Land eingehend darüber beraten.

Des Weiteren heißt es in der Wolfsburger Erklärung, dass die Länder bei der Bewältigung der anstehenden Herausforderungen die wichtige Rolle der Kommunen beachten sollen. Ich denke - das wurde auch von dem Kollegen aus der SPD-Fraktion angeführt -, dass das mit dem Europareferat, das es in Halle gibt, bereits gut erfolgt ist. Aber ich denke durchaus, dass die Informationspolitik ausgebaut werden könnte und dass man die eine oder andere Information mehr aus dem Europareferat in Halle hören könnte.

Im Großen und Ganzen ist die Subsidiaritätskontrolle ein wichtiger Punkt. Ich möchte das jetzt nicht weiter ausführen, weil meine Kollegen schon darauf eingegangen sind.

Das betrifft auch die Regionalpolitik, die in der Wolfsburger Erklärung ausdrücklich Erwähnung findet. Darin heißt es - Zitat -:

„Die Präsidentinnen und Präsidenten sehen in der Kohäsionspolitik der Europäischen Union ein wichtiges Instrument zur Förderung eines intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstums.“

Vor diesem Hintergrund werden wir dem Antrag, der von der LINKEN vorgelegt wurde, zustimmen. - Danke schön.