Protocol of the Session on November 15, 2013

Der Finanzminister hatte in seiner Haushaltsrede angekündigt, dass wir gerade den Lückenschluss zwischen der zu Ende gehenden und der neuen Förderperiode absichern. Das ESF-Programm für Maßnahmen gegen Schulversagen wird in der kommenden Förderperiode nicht nur fortgeführt, sondern auch deutlich aufgestockt, und zwar auf

ein Programmvolumen von 80 Millionen €, wobei der Fördersatz bis zu 80 % aus ESF-Mitteln besteht.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Die Finanzierung der Schulsozialarbeit auf der kommunalen Ebene erfolgt aus Bundesmitteln. Anders als vielfach angenommen, wird dieser Bereich der Schulsozialarbeit nicht mit Mitteln des Bildungspaketes finanziert, sondern in dessen inhaltlichem Kontext. Der Bund unterstützt die Kommunen zusätzlich zu den finanziellen Entlastungen für die Bildungs- und Teilhabeleistungen.

Diese Entlastungen werden den Kommunen aktuell ohne gesetzlich verankerte Zweckbindung zur Verfügung gestellt. Damit war die Empfehlung verbunden, die Schulsozialarbeit und/oder das Mittagessen der Schülerinnen und Schüler zu finanzieren. Im Sommer 2013 beabsichtigte der Bund, die Kommunen auch über das Jahr 2013 hinaus finanziell zu entlasten. Sollten diese Kompensationsmittel weiterhin bereitgestellt werden, entscheiden allein die kommunalen Verantwortungsträger über deren Verwendung.

In diesem Fall kann ich nur an alle appellieren, den Einsatz von Schulsozialarbeitern weiterhin über diesen Finanzierungsweg abzusichern. Wie Sie wissen, laufen auf der Bundesebene gerade die Koalitionsverhandlungen. Wie diese inhaltlich ausgehen, ist nicht absehbar. Es ist natürlich zu hoffen, dass der Einsatz von Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern den Kommunen auch künftig möglich ist.

Eine Kompensation der Bundesmittel mit ESF-Mitteln, wie sie der Fraktion DIE LINKE vorschwebt, ist weder sinnvoll - Sie würden hiermit in den Wirkungskreis der Kommunen eingreifen - noch organisatorisch ohne Weiteres möglich.

Eine wirksame Koordinierung aller sozialpädagogischen Angebote ist im Rahmen unseres Programms im Zuge der Mitwirkung in den Gremien gewährleistet. Wir sollten dennoch in den Ausschüssen noch einmal prüfen, ob wir die Schulsozialarbeit an der einen oder anderen Stelle stärken können. Ich möchte dabei gern mithelfen, damit wir alle Möglichkeiten ausschöpfen können. Aber zunächst wollte ich das hier zur Klarstellung so erklärt haben. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Minister. Es gab eine Nachfrage. Möchten Sie die beantworten?

Ja, klar. Ich kann jetzt gar nicht anders, als das zu beantworten.

Herr Kollege Gallert, bitte.

Genau. Herr Minister, das Problem besteht darin, dass unsere FAG-Systematik so aussieht, dass unsere Kommunen überhaupt nicht in der Lage sind, diese für sie neue Aufgabe mit Eigenmitteln zu finanzieren. Das ist eine Aufgabe, die sie vorher ausgeführt haben, aber sie haben Bundesgeld dafür bekommen.

Unsere FAG-Systematik macht es ihnen unmöglich, eine neue Aufgabe zu finanzieren; es sei denn, sie bekommen auf der Grundlage des FAG dafür Geld. Denn unser FAG ist ein Defizitausgleichssystem ist und es wird nur finanziert, was als Aufgabe anerkennt ist.

Dieses Problem ist bei uns so stark ausgeprägt, dass die sogenannte normale Kompensation - Frau Dirlich hat es erklärt - bei uns nicht funktioniert; denn das, was sie aus der Bundesperspektive stattdessen weniger ausgeben, nämlich die Kosten für die Grundsicherung im Alter, haben wir ihnen längst abgezogen. Das heißt, die Kommunen haben objektiv keine Möglichkeit, die Schulsozialarbeit zu finanzieren.

Deswegen frage ich noch einmal ausdrücklich: Warum sagen Sie, dass die Kompensation dieser Mittel aus nicht abgeflossenen Mitteln - wir wissen, dass sie nicht abgeflossen sind, etwa die ESF-Mittel im Bereich der Existenzgründergeschichte bei Herrn Möllring usw. - nicht möglich sein soll, wenn die andere Hälfte der Schulsozialarbeiter bei uns mit genau diesen Mitteln bezahlt werden soll? Warum ist das nicht sinnvoll und warum soll das nicht möglich sein?

Darauf möchte ich in zweifacher Weise antworten. Erstens. Wir erleben das gelegentlich auch bei anderen Dingen. Ich sage nur das Stichwort „Kultur macht stark“. Der Bund legt ein Programm auf - inwieweit die Länder daran beteiligt sind, diskutieren wir hier jetzt einmal nicht aus - und nach drei Jahren zieht er sich zurück, manchmal abrupt und manchmal schleichend. Dann stellt sich immer die Frage: Wie geht es denn eigentlich weiter?

Dann stehen entweder die Länder oder die Kommunen oder Vereine in der Pflicht, diese Arbeit, die sie als wichtig erachten - ansonsten würden sie sie vermutlich nicht machen -, weiter zu finanzieren. Das ist ein Grundproblem. Das kennen wir eigentlich bisher nur aus dem Bereich der Stiftungen. Wir kennen das Problem, dass Stiftungen etwas anschieben und sich dann nach drei Jahren zurückziehen.

Hierfür brauchen wir ein grundsätzlich anderes Verständnis. Das geht nicht nur Sachsen-Anhalt so. Ich weiß aus den Diskussionen in der KMK, dass im Grunde genommen alle Länder heftig darüber diskutieren, dass wir zuerst eine PilotAnschubfinanzierungsfunktion des Bundes haben und dass sich dann immer die große Frage stellt: Wie geht es auf kommunaler oder Landesseite weiter? Denn weder die Kommunen noch das Land verfügen ohne Weiteres über die finanziellen Mittel dafür. Wenn sie das Geld hätten, dann würden sie das längt allein machen.

(Zuruf von Frau Dirlich, DIE LINKE)

Deswegen ist es richtig, den Bund dazu zu bringen, die Aufgaben, die als notwendig erkannt worden sind, dann auch dauerhaft verlässlich zu finanzieren, damit man gerade solche Personalstrukturen, in denen man Kompetenzen, Know-how, Weiterbildung usw. braucht, erhalten kann.

Abschließend komme ich zum zweiten Teil. Ich bitte Sie, das in den Ausschuss mitzunehmen und dort zu prüfen: Ist es möglich, diese nicht abgeflossenen Mittel nun, da die Bundesmittel wegfallen, für eine Aufgabe einzusetzen, die bisher im kommunalen Bereich gelaufen ist? Und wie sieht es mit Kofinanzierungen, mit Zusagen und mit der Erlaubnis der Verwaltungsbehörden aus?

Man muss sehr genau prüfen, ob das geht. Deswegen habe ich klar gesagt, wir machen hier nicht gleich die Tür zu, ohne uns das mit den Fachleuten noch einmal genau angeschaut zu haben. Aber ich kann, ohne das wirklich geprüft zu haben, nicht zusagen: Das machen wir jetzt so.

Man muss eben auch schauen: Möglicherweise geht der Bund tatsächlich den richtigen Schritt und verlängert das. Das würde ich sehr begrüßen, weil wir das, gerade auch auf der kommunalen Ebene, dringend brauchen.

Uns fehlt jetzt die Zeit.

Ja.

Vielen Dank. Weitere Nachfragen gibt es nicht. - Als nächster Redner spricht für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Keindorf.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute über den Antrag der Fraktion DIE LINKE mit dem Titel „Schulsozialarbeit aus dem Bildungs- und Teilhabepaket weiterführen“.

Zunächst möchte ich an dieser Stelle festhalten, dass die CDU-Fraktion der Schulsozialarbeit an unseren Schulen im Land eine große Bedeutung beimisst. Die Schulsozialarbeiter leisten eine nutzbringende, ja, aufopferungsvolle Arbeit. Ich denke, für die Vielzahl der Aufgaben, die diese pädagogischen Fachkräfte in den Schulen erfüllen, gebührt ihnen auch von dieser Stelle aus einmal ein besonderer Dank und Anerkennung.

(Beifall bei der CDU, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Es geht um die Vermittlung von sozialen Kompetenzen, um die Unterstützung bei der Persönlichkeitsentwicklung von Jugendlichen, um die individuelle Förderung zur Vermeidung von Schulabbrüchen. Vieles ist schon genannt worden. Ich möchte einige hinzufügen: verschiedene Projektarbeiten zur Gewaltprävention oder zur Berufsvorbereitung. Das sind nur einige Beispiele, die ich noch anfügen möchte.

Lassen Sie mich nun zu den beiden Punkten Ihres Antrag wie folgt Stellung nehmen. Zuallererst möchte ich hier einmal die Gelegenheit nutzen und Herrn Minister Dorgerloh für seine Ausführungen danken. Es besteht Einigkeit darüber, dass die erfolgreiche Schulsozialarbeit in den nächsten Jahren verstetigt werden muss. Der Minister hat in der Debatte dazu auch einige Gründe genannt und auch Fragen zu den Finanzierungsmöglichkeiten beantwortet.

Mit Blick auf die bisher praktizierte Finanzierung im Kontext des Bildungs- und Teilhabepaketes werden wir aber den Ausgang der Koalitionsverhandlungen auf der Bundesebene genau beobachten müssen.

Ich komme zum zweiten Punkt Ihres Antrags. Meine sehr verehrten Damen und Herren Antragsteller! Um es gleich vorweg zu sagen: Dieser Punkt des Antrags ist sicherlich gut gemeint, nach meiner Auffassung ist er aber ein bisschen zu kurz gefasst.

Ich möchte versuchen, das zu erklären. Wir müssen unsere Aufmerksamkeit stärker auf den Begriff des lebenslangen Lernens richten. Die Schulsozialarbeit ist ein wichtiger, aber eben nur ein Baustein, um jungen Menschen einen erfolgreichen Übergang von der Schule in den Beruf zu sichern, um ihre beruflichen und damit auch ihre Lebensperspektiven zu verbessern und damit letztlich auch einen Beitrag zur Fachkräftesicherung zu leisten.

Eine der zentralen Fragen, die beantwortet werden muss, lautet daher: Wie können die verschiedenen Programme, Maßnahmen und Einzelprojekte, die mittelbar und unmittelbar auf eine Berufsvorbereitung abzielen, besser aufeinander abgestimmt und miteinander koordiniert werden? Wie können mög

liche Doppelstrukturen abgebaut werden? - An dieser Stelle sehe ich ein gewisses Optimierungspotenzial.

Lassen Sie uns gemeinsam versuchen, die Schulsozialarbeit in ein Gesamtkonzept im Sinne der Schülerinnen und Schüler unseres Landes zu packen und zu entwickeln. Die CDU-Fraktion hat dazu Vorschläge erarbeitet. Eine systematische Koordinierung auf der kommunalen Ebene halten wir ebenfalls für möglich.

Über die Einzelheiten sollten wir uns im Ausschuss für Bildung und Kultur weiter verständigen. Daher bitte ich um die Überweisung des Antrags in diesen Ausschuss und sage recht herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Herr Kollege Keindorf. - Als nächste Rednerin spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abgeordnete Lüddemann.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte Ihnen den ganzen Vortext ersparen. Ich glaube, über die grundsätzliche Wichtigkeit, die Wertigkeit und die Notwendigkeit der Schulsozialarbeit sind wir uns im Grundsatz in allen Fraktionen einig.

An der Frage, in welcher Quantität sie zu verorten ist und wer das bezahlen soll, scheiden sich die Geister. Aber heute geht es ja um eine ganz konkrete Finanzierung, und zwar um das, was aus dem Bildungs- und Teilhabepaket absehbar wegfällt. Es war angekündigt, es war klar, dass das zum Jahresende ausläuft. Hier wird jetzt von der LINKEN vorgeschlagen, nicht verbrauchte Fördermittel der Europäischen Union dafür einzusetzen.

Ich glaube, es sind in der Tat Fördermittel aus dem ESF in Größenordnungen, die dem Wirtschaftsministerium für den Bereich der Existenzgründung noch zur Verfügung stehen. Warum soll man jetzt nicht ganz schnell prüfen, ob die Mittel nicht hierfür umgewidmet werden können? Das finde ich erst einmal nicht verkehrt. Ich kann für meine Fraktion nur sagen: Das ist richtig.

Denn grundsätzlich - das will ich hier auch noch einmal sagen - hilft uns die Argumentation, die die schwarz-gelbe Bundesregierung in Bezug auf die Ablehnung des Gesetzentwurfes des Bundesrates zur Förderung der Schulsozialarbeit bemüht hat, in Sachsen-Anhalt überhaupt nicht weiter. Also, ich meine, eine Argumentation von Schwarz-Gelb hilft uns in der Regel nie weiter.

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Herr Schröder, CDU: Das ist ideologisch!)

So ist es in diesem konkreten Fall auch.

(Unruhe bei der CDU)

Es ist wirklich so - darin wird mir auch die Koalition zustimmen -, dass - das ist auch schon einmal ansatzweise ausgeführt worden, aber ich sage es in dem Zusammenhang noch einmal - die Kosten der Grundsicherung im Alter und wegen Erwerbsminderung erstattet werden. Das sind aber Kosten, die bei unserem FAG so nicht zum Tragen kommen und deshalb keine tatsächliche Entlastung für die Kommunen bedeuten.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Um das noch einmal ganz praktisch zu machen: Wenn man dieser Argumentation von SchwarzGelb folgt, könnte man ja sagen, Halle hat im Jahr 2011 knapp 8,5 Millionen € für die Grundsicherung im Alter aufgewendet, allerdings nur 1,3 Millionen € für Schulsozialarbeit, also hat die Stadt jetzt unheimlich viel Geld, um das zu finanzieren. Aber das ist nicht so.