Protocol of the Session on November 14, 2013

Es geht darüber hinaus um den Beitrag des Landes bei der Reform der Pflegeversicherung. Dazu haben Sie auch etwas gefragt. Es geht um die Neuausrichtung der Pflege, den Fachkräftebedarf und die Entlastung der Pflegenden.

Zum Schluss möchte ich noch eine interessante Entwicklung ansprechen, auf die in der Antwort auf die Große Anfrage auch eingegangen wird. Ich meine die Tatsache, dass Seniorinnen und Senioren mehr und mehr das Internet benutzen. Das ist für mich auch eine wichtige Sache, gerade auch für den ländlichen Bereich oder um Isolation ein Stückchen zu überwinden.

Das Internet ist schon eine große Möglichkeit, nicht nur um Waren zu bestellen, sondern auch um zu kommunizieren und miteinander umzugehen. Wir wissen, dass die Älteren sich schwer tun, damit umzugehen. Aber immerhin sind 60 % der bis 70-Jährigen mit diesem Kommunikationsmedium vertraut, wobei der Zuwachs bei den Frauen wesentlich stärker ist als bei den Männern.

(Herr Kolze, CDU: Ja!)

Meine Schwiegermutter, mit der ich eine Zeit lang immer wieder zu tun hatte und zu der ich heute einen guten Kontakt pflege, ist 91 Jahre alt. Sie

kommt mit Computer und Internet besser zurecht als ich. Sie nutzt alle meine Bildbearbeitungsprogramme, weil der Neffe, also mein Sohnemann, ihr das beigebracht hat. Wenn sie in einem Laden einkaufen geht, bleibt bei jedem Verkäufer der Mund offen stehen, weil die nicht glauben, dass sie davon Ahnung hat.

Ich will nur sagen: Es entsteht auch ein Netzwerk für Ältere im Internet. Ich weiß gar nicht, ob Sie das wissen oder einmal googeln können. Also, es gibt im Internet nicht nur Facebook und andere soziale Netzwerke, sondern auch Foren, in denen sich Ältere finden und miteinander kommunizieren.

Ich finde, diesen Weg zum lebenslangen Lernen sollten wir nutzen, und ich plädiere auch dafür, die Schulen, die wir im ländlichen Bereich haben, an den Nachmittagen zu nutzen. Sie haben alle Computerkabinette, wo die älter werdende Bevölkerung noch ein Stück Einführung bekommen kann, wie es funktioniert. Jedenfalls ist das ein wichtiger Teil des Zusammenlebens.

Vielen Dank für die Anfrage. Das Thema wird uns in den nächsten Jahren weiter begleiten. Wahrscheinlich ist es wichtig, diese Programme immer fortzuschreiben. Denn fünf Jahre sind ein Zeitraum, von dem man weiß, dass sich in dieser Zeit die Welt schon wieder wesentlich weiter entwickelt.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister, dass Sie die zwölf Minuten Redezeit eingehalten haben. - Zwölf Minuten hat auch die nächste Rednerin Frau Gorr für die CDU-Fraktion zur Verfügung. Bitte schön, Frau Gorr.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! „Aktiv und selbstbestimmt - Altenhilfe und Pflege im Land Sachsen-Anhalt bis zum Jahr 2020“, so lautet der Titel des seniorenpolitischen Programms, dessen Umsetzungsstand Thema der Großen Anfrage der Fraktion DIE LINKE ist. Aktiv und selbstbestimmt, „soweit es irgend geht“, würde ich noch hinzufügen wollen. Denn der demografische Wandel in unserem Land führt nicht nur zu einer immer höheren Zahl älterer Menschen, die aufgrund von Multimorbidität immer intensiver betreut werden müssen, sondern auch zu einer steigenden Zahl von sogenannten jungen Alten, die die aktive Teilhabe an der Gesellschaft, auch an politischen Prozessen einfordern.

Dass diese Heterogenität des Alters und Alterns auch ganz unterschiedliche Handlungskonzepte für das politische Handeln hervorbringen muss, versteht sich von selbst. Hier reicht das Spektrum von der Ermutigung zu politischer Partizipation,

zum Beispiel in Seniorenvertretungen, aber auch in einem Heimbeirat, bis hin zum Schutz vor Gewalt.

Wie schon heute Morgen unter Tagesordnungspunkt 1 erwähnt, muss Politik immer abwägen zwischen Gängelung und Fürsorge bzw. Schutz. Sie muss sich auch in verstärktem Maße mit differenzierten Lösungsansätzen für einzelne alternde Bevölkerungsgruppen auseinandersetzen. Der Prozess des Alterns verläuft bei Männern und Frauen unterschiedlich. Migrantinnen und Migranten, die ihren Lebensabend in Sachsen-Anhalt verbringen, sollten sich nicht isoliert fühlen, wenn sie durch Pflegebedürftigkeit aus ihrem kulturellen Umfeld herausgerissen werden.

Ein weiterer wichtiger Aspekt im Zusammenhang mit der demografischen Entwicklung ist in der Veränderung der Familienstruktur zu sehen. Der Minister wies auch schon darauf hin. Die zum Teil gut ausgebildeten Kinder und Enkelkinder, die aus beruflichen Gründen das Land Sachsen-Anhalt verlassen, hinterlassen eine Generationenlücke. Hier greifen Projekte wie Mehrgenerationenhäuser oder der Dialog der Generationen beispielhaft in Magdeburg, die Jung und Alt zusammenführen und ein Miteinander jenseits der originären Familienstruktur ermöglichen.

Die veränderte Familienstruktur bedingt es auch, dass die Kommunen oder der Staat in Bereichen tätig werden müssen, die früher größtenteils in der Familie lagen. Die Politik muss hier ihrer Verantwortung gerecht werden und gesetzliche und finanzielle Rahmenbedingungen schaffen, die diese Lücke schließen können. Die Politikfelder, die das in erster Linie und auf allen Verantwortungsebenen von den Kommunen bis zum Bund betrifft, sind unter anderem und vor allem Wohnen, Mobilität, Altersarmut, Pflege, Gesundheit oder auch Hygiene.

Diese Veränderungen führen auch verstärkt zu der Notwendigkeit des lebenslangen Lernens, und zwar sowohl bei den alten Menschen selbst, aber auch bei Angehörigen und bei den Berufsgruppen, die die Menschen versorgen oder die Hilfepläne erstellen.

Da ich für die CDU-Fraktion auch den Bereich Behindertenpolitik vertreten darf, kann ich sagen, dass es Synergieeffekte zwischen Politik für Seniorinnen und Senioren und Politik für Behinderte gibt. Barrierefreiheit beim ÖPNV, beim Zugang zu kulturellen Einrichtungen, beim Wohnen, um nur einiges zu nennen, kommt jedem gleichermaßen zugute und unterstützt zudem das Anliegen, jede Art von Diskriminierung und Benachteiligung zu verhindern.

In diesem Zusammenhang ist auch hervorzuheben, dass unsere Gesellschaft die Potenziale und zum Teil auch die Wirtschaftskraft älterer Men

schen nutzen sollte, die sich noch nicht als „zum alten Eisen gehörend“ empfinden. Die Hochschulen des Landes beispielsweise - inklusive der Hochschulen für angewandte Wissenschaften - wie auch viele andere Bildungseinrichtungen in unserem Land widmen sich diesem Thema, indem sie zum Beispiel neue Bildungsbereiche für ältere Menschen erschließen oder ältere Menschen befähigen, sich neuer Medien zu bedienen. Wir haben es eben schon gehört; das ist auch ein Schritt in eine Mobilität, die ein gehbehinderter Mensch zu Hause sonst nicht hat.

Auch im Bereich Ehrenamt wird viel unternommen, um Seniorinnen und Senioren, die ihre Freizeit einer ehrenamtlichen Betätigung widmen wollen, zu qualifizieren und ihnen eine erfüllende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.

Der entscheidende Punkt für mich als Mitglied der CDU-Fraktion ist vor allem darin zu sehen, dass die Betroffenen nach ihren jeweiligen Möglichkeiten bei der Lösung ihrer Probleme und ihrer Schwierigkeiten einbezogen werden sollten und mitgestalten können sollten. Dieses gilt für neue Wohnformen gleichermaßen wie zum Beispiel für einen barrierefreien Zugang zu ärztlicher Versorgung oder Apotheken, wie wir eben schon gehört haben, und auch für vieles andere.

Landkreise, Kommunen, Stadträte, Verwaltung, sie alle sollten sich ressortübergreifend - wie im Übrigen auch unsere Landesregierung - vom Leitbild bzw. von den Leitlinien für die zukünftige Seniorenpolitik im Land Sachsen-Anhalt anstecken lassen und in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich Initiativen entwickeln. Dieses, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollte auch für uns gelten. - Schönen Dank. Ich hoffe, Sie verzeihen mir, dass ich meine Redezeit nicht ausgeschöpft habe.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt Frau Kollegin Lüddemann. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich halte es für notwendig, eine Vorbemerkung zu machen, damit Sie verstehen, was ich im Weiteren ausführen werde: Für uns GRÜNE ist eine eigenständige Jugendpolitik, wie wir in diesem Hohen Hause auch für eine eigenständige - - Umgekehrt, Entschuldigung. Für uns ist eine eigenständige Seniorenpolitik genauso wichtig, wie wir in diesem Hause auch für eine eigenständige Jugendpolitik gestritten haben.

Der Begründungszusammenhang ist derselbe - deswegen hatte ich jetzt einen Dreher hinsichtlich der Reihenfolge im Kopf -; denn es sind beides Bevölkerungsgruppen, die nicht über den Arbeitsmarkt eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sichern können. Es sind auch beides Bevölkerungsgruppen, bei denen wir als Politik den Rahmen geben müssen, damit sie sich adäquat am gesellschaftlichen Leben beteiligen können. Es sind beides Bevölkerungsgruppen, bei denen wir wegkommen müssen vom Objektstatus hin zum Subjektstatus und bei denen wir ebenso von einer Defizitorientierung wegkommen müssen - in der Jugendpolitik genauso wie in der Seniorenpolitik.

In diesem Sinne hatte ich mich auf die Antwort auf die Große Anfrage durchaus gefreut, weil ich meinte, daraus würde sich etwas ergeben, damit wir hinsichtlich unseres Zieles, eine eigenständige Seniorenpolitik in diesem Lande zu etablieren, weiterkommen. Aber - ich will nicht alles wiederholen, was die Kollegin Dirlich schon ausgeführt hat, und habe auch nicht die Redezeit dafür - ich fand das sehr ernüchternd, was uns vorgelegt wurde.

Das fängt mit dem grundsätzlichen Unterschied zu unserer grünen Auffassung an, dass die Landesregierung sagt, für sie beginne die Phase des Alterns mit dem Eintritt in den Ruhestand. Wir sagen: Ruhestand ist ein veraltetes Wort, es trifft überhaupt nicht mehr auf unsere Seniorinnen und Senioren zu.

Wir haben heute früh über Sucht und Alter gesprochen. Auch da habe ich versucht, noch einmal deutlich zu machen, dass das nur ein kleiner Ausschnitt ist und dass der größte Teil der Seniorinnen und Senioren auch in unserem Land aktiv ist, sich einbringen will und dass eben „nur“ die nötigen Rahmenbedingungen von der Politik gesetzt werden müssen.

Der Minister hat dazu einiges gesagt. Aber, um ehrlich zu sein, für uns ist verbindlich, was wir irgendwo geschrieben sehen und weitertragen können, in der Hand haben, und nur begrenzt das, was der Minister persönlich dazu meint.

Dann gibt es sehr viele Bausteine, bei denen ich mir sage: Die Beantwortung ist wenig bis gar nicht verwendbar.

(Unruhe)

Darf ich um etwas mehr Ruhe bitten? - Danke.

Um ein dezidiertes Beispiel zu nennen: Die Beteiligung von Seniorinnen und Senioren an der Politik. Das ist wirklich etwas, was mich als Parlamentarierin interessiert. Wir haben alle die Schwierigkeit, Menschen gerade für kommunalpolitische Zusam

menhänge zu interessieren und zu gewinnen. Da habe ich gedacht: Ja, das ist eine spannende Frage.

Bei der Beantwortung habe ich dann gedacht, irgendwie sei etwas falsch gelaufen in der Verwaltung - „copy“ und „paste“ verwechselt -, weil die Beantwortung super in das Landesprogramm „Geschlechtergerechtes Sachsen-Anhalt“ passt, aber nicht in die Beantwortung der Großen Anfrage zum seniorenpolitischen Programm. Da, muss ich ehrlich sagen, fühle ich mich schon ein wenig veralbert.

Es sind auch solche Fragen dabei, die ich, ehrlich gesagt, vor zweieinhalb Jahren genauso gestellt habe. Da wurde noch eine Abfrage in den Kreisen gemacht, dann habe ich die Antwort bekommen. Jetzt muss ich hier lesen: Es ist eine kommunale Sache, ist nicht unsere Aufgabe, wissen wir nicht. - Ich könnte noch viele Beispiele nennen. Die Redezeit ist jetzt leider zu Ende.

Landespflegekonzeption: ist in der Beratung - obwohl die gesetzliche Grundlage seit 2007 besteht. - Zertifikat „Seniorenfreundliches Unternehmen“: Wie viele, warum, wieso, wissen wir nicht. - Seniorentrainerin: Gibt es, aber wo und warum, keine Ahnung.

Also, die Große Anfrage ist insgesamt, glaube ich, eine Enttäuschung und nicht wirklich eine Hilfe für diejenigen, die ernsthaft in diesem Feld arbeiten wollen.

(Herr Lange, DIE LINKE: Die Antwort, nicht die Anfrage!)

Insofern müssen wir, glaube ich, wenn wir mit den Antworten tatsächlich etwas machen wollen, noch einmal neue Fragen stellen oder die Fragen noch einmal gezielter aufwerfen, denn so können wir wirklich nicht damit arbeiten. - Danke.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Danke, Frau Lüddemann. - Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Frau Dr. Späthe. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der demografische Wandel beschäftigt zurzeit viele Menschen in den unterschiedlichsten Verantwortungsbereichen, Professionen, Lebenssituationen und Altersstufen. Einerseits ist es fast eine Modeerscheinung geworden, den demografischen Wandel zu beschwören, andererseits ist es eine zwingende Notwendigkeit, den sich vollziehenden Veränderungen in unserer Gesellschaft Rechnung zu tragen. Folgerichtig wurde im Jahr 2007 ein senio

renpolitisches Programm erarbeitet und im Jahr 2008 intensiv auf allen Ebenen diskutiert.

Es ist richtig, jetzt, nach fünf Jahren, nachzufragen, was aus der Umsetzung der Leitlinien geworden ist. Ich bedanke mich bei der Fraktion DIE LINKE, weil sie mit Ihrer Großen Anfrage noch einmal eine umfassende Beschäftigung mit dem Thema erforderlich gemacht hat.

Dass das Programm fünf Jahre alt ist und uns inzwischen das große Thema Inklusion da und dort eine andere Wortwahl und eine andere Intention beschert hat, merkt man beim Lesen des Originals schon deutlich. Die Fragen beziehen sich auf das Original und die Antworten sind entsprechend ähnlich gelagert.

Ich möchte nicht die Abarbeitung des Programms und der Großen Anfrage versuchen, noch dazu, da ich die letzte Rednerin bin, bevor die Fragesteller noch einmal zu Wort kommen.

Meine Damen und Herren! Es ist bei solchen komplexen Themen zu erwarten: Einiges ist erreicht, abgearbeitet und durchgesetzt, manches ist nicht erreicht und vieles hat sich bereits überlebt. Was heißt das konkret?