Wir kennen jetzt die genaue Zahl derjenigen in Sachsen-Anhalt, die Zulagen für die private Altersvorsorge empfangen, aber den Anteil an denen, die das eigentlich könnten und die dazu Zugang hätten, kennen wir nicht. Da werden wir möglicherweise weiter recherchieren müssen oder vielleicht fragen wir noch einmal nach.
Mich würde auch interessieren, aus welchem Grund in dem Programm „Aktiv zur Rente“ im Jahr 2013 keine Projekte neu begonnen haben. Das konnte ich mir nicht so ohne Weiteres erklären.
Uns würde interessieren, wie die Landesregierung die Wirksamkeit von Programmen einschätzt, beispielsweise die Wirksamkeit des Programms „Praktikumsmaßnahmen“ vor dem Hintergrund erfolgreicher Integrationen. Das einmal nebeneinanderzustellen wäre interessant.
Das Land hat eine neue Landespflegekonzeption angekündigt. Wir fragen, wie die finanziert werden soll, weil uns in der Antwort gesagt worden ist, dass die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg in die Erarbeitung einbezogen werden soll. Aber wir wissen nicht wann, weil wir auch nicht wissen, wann und ob überhaupt dazu Mittel in den Haushalt eingestellt werden sollen. Aber ich denke, dass es ganz ohne Mittel nicht gehen wird.
Wir fragen uns, ob die Landesregierung kein Interesse an Informationen über die für Geriatrie aus- und weitergebildeten Haus- und Fachärzte hat. Das ist ein Vorhaben, das in dem Programm dargestellt wird, dass Hausärzte, dass Fachärzte geriatrische Weiterbildungen, geriatrische Ausbildungen bekommen sollen. Die Landesregierung weiß nicht, ob es passiert, und weiß nicht, ob inzwischen Fachärzte und Hausärzte solche Weiterbildungen gemacht haben. Ich gehe mal davon aus.
Ich kann mir auch vorstellen, dass die Kassenärztliche Vereinigung oder die Ärztekammer entsprechende Zahlen vorliegen hätte. Wir haben sie nicht bekommen. Das finde ich schade.
Insofern sind auch mit der Antwort auf diese Anfrage - das passiert sicherlich immer - nicht alle Fragen beantwortet worden. Wir haben die Absicht, mit diesen Antworten weiterzuarbeiten und uns auch ein Stückchen tiefer in die einzelnen Politikfelder hineinzuarbeiten.
Wir denken, dass wir in der nächsten Zukunft und auch in dieser Legislaturperiode noch öfter von den Dingen hören werden, die Thema in diesem seniorinnenpolitischen Programm sind und die damit auch Thema dieser Großen Anfrage waren. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Kollegin Dirlich. - Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Minister Bischoff. Bitte schön, Herr Minister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am Anfang die Nachfrage: Wie viel Zeit hat eigentlich die Landesregierung?
(Zuruf von der SPD: Unbegrenzt! - Zurufe von der LINKEN - Herr Gallert, DIE LINKE: Fragen Sie mich das als Mensch oder als Vizepräsident?)
Sehr geehrte Abgeordnete! Ihr Redebeitrag, Frau Dirlich, - das Lob nehme ich erstens gerne mit und gebe es zweitens weiter; das ist ja ein Lob an die Mitarbeiter im Haus und auch an die Ressorts - und Ihre Fragestellung haben mich einfach zu der Antwort veranlasst: Es ist wahrscheinlich - wie in der Wissenschaft auch - immer so, dass neue Fragen hinzukommen, wenn wir Fragen beantworten. Wahrscheinlich sind es dann mehr Fragen, als es vorher gewesen sind. - Das ist die eine Aussage.
Die zweite Aussage lautet: Ich weiß - konkret kann ich es nicht beweisen -, dass wir personell und auch zeitlich an Grenzen kommen, wenn wir in den Kreisen, in den Institutionen abfragen müssen, welche Daten vorliegen. Manchmal bekommen wir sie auch nicht. Ich glaube, es wird auch in Zukunft - ich sage das für mein Haus - des Öfteren vorkommen, dass wir aufgrund der personellen Ausstattung sagen: Wir können nicht alles, was an Datenmaterial wünschenswert ist, liefern.
Dieses seniorinnenpolitische Programm ist Ende 2008 erarbeitet worden. Das war auch - das habe ich mir jedenfalls sagen lassen, weil es vor meiner Zeit war - ein längerer Prozess im Ministerium, mit dem verschiedene Leute befasst gewesen sind. Ich nehme an, dass es auch gar nicht so einfach ist, für das Land ein Konzept bis zum Jahr 2020 zu beschreiben.
Neu ist aber - darauf will ich in meiner Vorbemerkung noch einmal eingehen -, dass die Ausrichtung dieses seniorinnenpolitischen Programms nicht mehr nur auf Pflege und Altenhilfe zielt, sondern dass es auch darum geht, selbstbestimmt und aktiv zu leben.
Wir kennen die Diskussion der letzten Jahrzehnte darüber, dass es einen Wechsel gegeben hat, nicht hin zur Versorgung oder zur Hilfestellung, sondern dahin, dass Menschen, wenn sie älter werden, und auch Menschen mit Behinderung selbst aktiv ihr Leben gestalten wollen. Es war ja auch die Frage von Frau Lüddemann heute Morgen nach dem neuen Pflegebegriff, die tatsächlich noch offen ist, auf die also noch eine Antwort gegeben werden muss.
Aber Herr Dr. Aeikens hat soeben, als ich mich mit ihm unterhalten habe, gesagt: Also, bei Seniorenpolitik müsste ich auch einmal feststellen: Ich bin nun selbst in dem Alter. Wenn es ab 60 losgeht,
bin ich schon um etliches darüber. Man redet also von sich selbst in manchen Dingen. - Das ist im Jahr 2008 aufgeschrieben worden. Im Jahr 2013 habe ich den Eindruck, dass wir schon wieder ganz andere Herausforderungen haben.
Diese Herausforderungen lassen sich mit dem Stichwort „Inklusion“ fassen. Dabei geht es gar nicht mehr um aktives und selbstbestimmtes Gestalten des Lebens. Das ist eher schon fast eine Selbstverständlichkeit. Vielmehr geht es darum, wie wir in einer inklusiven Gesellschaft leben, in der Jung und Alt zusammen sind, wo Menschen mit und ohne Behinderung zusammen sind, wo Mann und Frau zusammenleben - diese Vielfalt macht ja die Gesellschaft aus -, und um die Frage, wie gestalten wir das.
Ich bin seit einem Dreivierteljahr - ich sage das manchmal auch laut - der Überzeugung, dass ich mit dem Wissen, das ich habe, gerade wenn es um Senioren und um Pflege geht, bisher auch immer der Meinung war, dass wir die stationären Einrichtungen brauchen, dass wir betreutes Wohnen brauchen, dass wir etwas für Demente tun müssen.
Ich habe aber auch gemerkt, das ist gar kein inklusiver Gedanke. Der ist auch nicht gut, weil wir wieder gesonderte Spezialeinrichtungen schaffen, in denen nur die Älteren oder nur Menschen mit einer Behinderung zusammenleben.
Es ist eigentlich auch kein Ansatz von heute. Wir müssen eigentlich Ansätze dafür liefern, wie Junge und Ältere zusammenleben.
Seitdem gucke ich immer genau hin und achte genau darauf, dass wir in Zukunft - natürlich brauchen wir auch stationäre Einrichtungen und betreutes Wohnen - auch Möglichkeiten haben, wo Menschen zusammenleben können, wenn die familiären Strukturen nicht mehr so da sind und nicht mehr Menschen so auffangen können. Wir müssen andere Möglichkeiten des Zusammenlebens, -wohnens oder des In-der-Nähe-Wohnens schaffen, mit denen gewährleistet ist, dass Menschen unterschiedlichen Alters füreinander da sind und sich umeinander kümmern, weil man - noch einmal das Argument von heute Morgen - nicht sagen kann, dass Zuwendung, Liebe und Nähe von professionellen Pflegekräften in einem Pflegeheim erbracht werden müssen. Das geschieht vielmehr durch Nachbarschaft, durch Freundeshilfe und durch Menschlichkeit.
Aus diesem Grund würde ich heute - das frage ich bei jeder Geschichte - die Frage aufwerfen: Ist das, was wir machen oder wozu die Wohnungsgesellschaft sagt: Herr Minister, wir brauchen betreutes Wohnen, da muss noch eine Begegnungsstätte oder eine Beratungsstelle hinein, eigentlich
der richtige Ansatz? Ist es nicht der richtige Ansatz zu sagen: Da müssen Familien mit hinein, da müssen Kinder mit hinein, da muss ein vielfältiges Leben stattfinden, statt zu sagen, jede Gruppe soll für sich allein leben? Die Menschheit hat noch nie so gelebt, dass jeder für sich allein lebt. Das ist auch unvorstellbar.
Es darf auch nicht so sein, dass die einzige Ausrichtung, die man hat, wenn man älter wird, die ist, einfach zu sagen: Wenn es gar nicht mehr geht, bleibt nur noch das Heim. - Nein, es muss viel mehr Möglichkeiten geben als nur das Heim. Das Heim ist eigentlich nicht die beste Möglichkeit, um selbstbestimmt und aktiv zu leben.
Von daher ist, glaube ich, die Anfrage, die Sie gestellt haben, und sind auch die Antworten, die vielleicht noch gegeben werden müssen, die auch wieder neue Fragen aufwerfen, auch heute neu aufwerfen - das ist ein längerer Prozess -, Auslöser für die Befassung mit der Frage, über die ich noch einmal gesondert reden will, wo eine Gesellschaft hingeht - nicht nur unsere in SachsenAnhalt -, wenn wir das vom Gedanken der Vielfalt her betrachten.
Es ist aber tatsächlich so, dass die Durchführung der Altenhilfe - - Jetzt muss ich doch noch ein Wort sagen. Ich störe mich seit ein paar Tagen zum Beispiel an dem Wort „Hilfe“. Wir machen Jugendhilfe. Wir machen Altenhilfe. „Hilfe“ heißt immer: „Hilfe, da ist ein Notstand“.
Wir müssten eigentlich auch ein Stückchen davon wegkommen, dass Menschen, die selbstbewusst leben und gestalten können, immer „Hilfe“ in Anspruch nehmen. Vielmehr müssen wir sie bei dem unterstützen, was sie aktiv machen wollen, dass wir also nicht einen Defizitbegriff - es wird eine ganze Weile dauern, bis sich das ändert -, sondern einen positiven Begriff wählen.
Die Durchführung der Altenhilfe liegt schwerpunktmäßig tatsächlich in der kommunalen Zuständigkeit. Deshalb besteht auch immer die Schwierigkeit, die Daten dort zu erheben, wo sie sich befinden.
Die Gesetzgebungskompetenz für die Pflege hat in wesentlichen Bereichen, etwa auch bei der Pflegeversicherung, der Bund. Es ist eben doch ein sehr ambitioniertes Unterfangen gewesen, auf der Landesebene ein seniorinnenpolitisches Programm vorzulegen.
Deshalb - noch einmal - konnte es von vornherein kein Maßnahmenkatalog sein, den ich Punkt für Punkt abarbeiten und sagen kann, was ist erfüllt und was ist nicht erfüllt. Es sollten vielmehr für alle Akteure im Land neue Wege aufgezeigt werden, wie wir von einer ausschließlich vorsorgenden Sicherungspolitik - nämlich wirkliche Hilfe,
Hilfe gegen Altersrisiken - zu einer umfassenden Nutzung der vielfältigen Potenziale des Alters kommen, hin zu einer aktiven und selbstbestimmten Gestaltung des eigenen Lebens in jeder Phase des Alters.
Gleichzeitig sollte das seniorinnenpolitische Programm der kommunalen Ebene eine Hilfestellung in dem Sinne sein, dass Anregung für eigene Arbeit vor Ort gegeben werden kann. Deshalb möchte ich aus den Antworten der Landesregierung nur einige exemplarisch hervorheben.
Wenn ich Ihre Fragen vorher gekannt hätte, hätte ich auf manches vielleicht schon reagieren können. Das betrifft zum Beispiel den Sachverhalt, dass wir das damals nicht mehr zeitgemäße Heimgesetz in der Zwischenzeit durch ein modernes Wohn- und Teilhabegesetz, das diese Möglichkeiten eröffnet, ersetzt haben. Dass wir das Gesetz nach dem seniorinnenpolitischen Programm auf den Weg gebracht haben, zeigt schon eine Weiterentwicklung. Deshalb will ich auch gar nicht mehr auf das Bundesheimgesetz eingehen, das sehr begrenzt war auf Hilfestellung und ordnungsrechtliche Regelungen. Mit dem Wohn- und Teilhabegesetz kann man vieles selbst regeln.
Ähnliches gilt für den angesprochenen öffentlichen Nahverkehr, der ja auch den Sinn hat, dass die Bevölkerung gerade in Sachsen-Anhalt, wo der Anteil der älteren Bevölkerung größer ist als in anderen Ländern - die anderen Länder, alte und neue, kommen dahinter -, auf diese Infrastrukturmöglichkeiten besonders angewiesen ist.
Es geht darüber hinaus um den Beitrag des Landes bei der Reform der Pflegeversicherung. Dazu haben Sie auch etwas gefragt. Es geht um die Neuausrichtung der Pflege, den Fachkräftebedarf und die Entlastung der Pflegenden.