Protocol of the Session on November 14, 2013

Auf den ersten Blick erweckt der vorliegende Antrag tatsächlich schon wegen des Umfangs den Anschein, dass das Thema Schafhaltung sehr komplex angegangen werden soll. Es bedarf in der Tat eines ganzheitlichen Ansatzes, um den weiteren Rückgang der Schafhaltung zu verhindern. Diejenigen, die die vielen Schäferstammtische und Fachkonferenzen besucht haben, wissen, was ich damit andeuten möchte.

Doch auch dieser Antrag kommt letztlich nicht über das Niveau einer bloßen Berichterstattung hinaus. Aktuelle Zahlen und Informationen sind zwar immer gut, doch sie sollten nun endlich auch Anregung zum Handeln sein. Wenn Sie ehrlich sind, meine sehr verehrten Damen und Herren der Koalition, dann werden Sie zugeben, dass wir uns in den zurückliegenden Jahren wiederholt über die Situation in der Schafhaltung ausgetauscht haben. Herr Barth sprach es an.

Außerdem sind aktuelle Zahlen und Fakten jederzeit beim Landesschafzuchtverband oder Landeskontrollverband abrufbar. Das Problem ist und bleibt die konkrete wirtschaftliche Situation der Schafhalterinnen und Schafhalter, Ziegenhalter inklusive, die für die problematische Einkommenssituation der Schäfer im Vergleich zu anderen Land- bzw. Gründlandnutzern verantwortlich ist.

Ein Betriebsergebnis in der absoluten Höhe von zirka 8 € je Mutterschaf in vielen Schafhaltungen bietet kaum Raum für dringende, meist seit vielen Jahren aufgeschobene Investitionen. Nach wie vor schlagen sich hier die Maßnahmen der Kulturlandschaftspflege durch, die sich in den letzten Jahren nicht substanziell zum Vorteil der Schäfer verändert haben.

Ein wesentlicher Punkt liegt also weiterhin im Angebot realisierbarer Kulturlandschaftspflegeprogramme und der Flächenausstattung. Daher die Forderung an die Politik, auch nach 2014, also in der neuen EU-Förderperiode, Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine Kulturlandschaftspflege mit Schafen und Ziegen bzw. eine Schaf- und Ziegenhaltung in Sachsen-Anhalt befördern.

(Beifall bei der LINKEN)

Gegenüber Brandenburg sind die Pachtpreise für die Schäfer Sachsen-Anhalts relativ hoch, hier rund 76 € pro Hektar im Durchschnitt, in Brandenburg nur 52 € pro Hektar. Dabei ist die Schafhaltung nur rentabel, wenn dem Schäfer mit seinen Schafen entsprechende Dienstleistungsmöglichkeiten an der Natur garantiert und diese Leistungen entsprechend honoriert werden.

Der Mangel an neuen FNL-Maßnahmen ist geradezu tödlich für die Schafhaltung bzw. den Berufsstand der Schäfer. Es wird eingeschätzt, dass er 60 bis 70 % seiner Erlöse aus diesem Bereich der Dienstleistungen erzielt.

Dazu zählt auch und besonders die Deichpflege mit Schafen. Der Nutzen, den die Deichpflege mit Schafen erbringt, ist für die Vorsorge von Deichbrüchen unerlässlich. Das ist genau der Punkt, der gegenwärtig unter Beachtung des Hochwassergeschehens vom Juni 2013 im Zusammenhang mit der Förderung der Schafhaltung auf den Prüfstand gehört. Hochwasserschutz und Deichpflege mit Schafen und Ziegen gehören einfach zusammen.

Auf den in der Fachwelt so genannten „goldenen Tritt“ der Schafe darf bei der Deichpflege nicht verzichtet werden. Dazu ist aber auch ein Schafbestand in Deichnähe systematisch aufzubauen und der bestehende dauerhaft zu sichern. Das aber, meine Damen und Herren, ist ohne finanzielle Unterstützung nicht zu bewerkstelligen. Das ist aber gerade das große Manko in Ihrem Antrag.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie erinnern sich an unseren Antrag im Rahmen der Haushaltsdiskussionen zum Einzelplan 09. Hier haben wir beantragt, dass 1 Million € für die Förderung der Mutterschafhaltung eingestellt werden. Eine Deckungsquelle war auch benannt. Wir nahmen die Mittel aus der Dorferneuerung, weil wir meinten, dass diese Förderung auch und gerade ein Beitrag für den ländlichen Raum und vor allem für die Deichsicherung darstellen würde.

Das haben Sie anders gesehen, unseren Antrag abgelehnt und stattdessen Ihren Antrag zur heutigen Sitzung angemeldet. Dabei hatten Sie auch, wenn ich mich recht erinnere, mit der Absicht kokettiert, noch bis heute nach finanziellen Möglichkeiten für die Förderung der Mutterschafhaltung zu suchen. Leider ist dies nicht geschehen.

Vor diesem Hintergrund erscheint uns der vorliegende Antrag einfach unvollkommen. Er bleibt eben nur eine Neuauflage dessen, worüber wir im Ausschuss schon etliche Male debattiert haben. Auch hier und heute ist in der Debatte nur nebulös angekündigt worden: Wir könnten uns vorstellen, über die neuen Programme und dergleichen zu sprechen. - Das nützt den Schäfern erst einmal nichts. In diesem Sinne werben wir für die Annahme unseres Änderungsantrages.

Ich möchte noch ein Erlebnis von dem letzten Schäferstammtisch vom 24. Oktober schildern. Ein Anwesender sagte dort - für die Fachleute -, wenn man einen Trockenmagerrasen beweidet, so deckt dies nicht einmal den Erhaltungsbedarf eines Tieres. Eine Leistung wie zum Beispiel ein Lamm auszutragen ist nicht möglich. Er sagte, eigentlich würden wir als Hartz-IV-Empfänger deutlich mehr Geld haben, aber wir sind nun einmal mit Leib und Seele Schäfer. -Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Czeke. - Für die Fraktion der CDU spricht jetzt Frau Kollegin Brakebusch. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Sehr geehrte Mitglieder der Regierung, die noch vorhanden sind.

(Heiterkeit - Zuruf von der LINKEN: Die inte- ressiert sich nicht für diese Fragen!)

Ich freue mich, an dieser Stelle auch als Tochter eines Schäfers zu diesem Punkt sprechen zu dürfen. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie meine Kindheit verlaufen ist. Ich denke, ich habe so viele positive Augenblicke in der Natur erleben dürfen wie kein anderes Kind. Das wirkt bei mir sogar noch viele Jahre später nach, sodass ich

auch meinen Kindern und Enkelkindern diese Dinge mit übergeben konnte. Dennoch höre ich immer noch die Worte meines Vaters, der gesagt hat: Schäfer ist einer der ältesten Berufe. Aber es ist nicht nur ein Beruf, sondern es ist eine Berufung. Ein Schäfer ist gleichzeitig ein Tier- und Umweltschützer. Wie recht er hatte!

Inzwischen haben sich die Zeiten total verändert. Nach wie vor geht ein Schäfer mit seiner Herde und seinen Hütehunden zum Weiden, von einer Wiese auf die andere. Aber was sich in den Jahren verändert hat, sind die Rahmenbedingungen und die Tatsache, dass sich ein Schäfer ganz anders auf die gesamte Umwelt einstellen muss.

Das traditionelle Berufsbild des Schäfers hat sich im Laufe der Zeit kaum verändert. Wie gesagt, sie ziehen nach wie vor mit der Herde und den Hütehunden von Weideplatz zu Weideplatz. Im Vordergrund steht allerdings nicht mehr die Landwirtschaft, sondern der Umweltschutz.

Kernarbeit bleibt aber nach wie vor die Schafzucht. So müssen Schäfer zum Beispiel im Frühjahr auch nachts raus, um bei der Geburt der Lämmer mitzuhelfen. Eine geregelte Arbeitszeit von 40 Stunden, das gibt es nicht bei Schäfern.

Zu der Frage, inwieweit sich der Schafbestand verringert hat, möchte ich die Zahlen nicht noch einmal nennen. Mein Kollege Herr Barth hat diese schon genannt. Ich merke schon, dass die Aufmerksamkeit zum Thema Schafe nicht ganz so hervorragend ist. Dennoch möchte ich Sie bitten, ein Herz für unsere Schäfer zu entwickeln und für unsere Schafe erst recht.

(Zustimmung bei der CDU)

Wie gesagt, das Berufsbild des Schäfers hat sich kaum verändert, jedoch die Einnahmequellen und die Aufgaben sowie die Rahmenbedingungen für den Schäfer. Fast alle Schäfer brauchen heute ein zweites Standbein. Zum einen sind das die Zucht und der Verkauf von Lammfleisch und Wolle und zum anderen die Pflege unserer Landschaft.

Ich bin auch der Meinung, dass sich in unseren Köpfen einiges verändern muss. Gerade in Bezug auf den Verkauf von Lammfleisch wird nach wie vor das Bild vermittelt: Ach Gott, diese kleinen Lämmer, die kann man doch nicht essen!

Ich schaue gern einmal zu meinen Kollegen von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wo diese Diskussion herkommt. Ich habe schon viele Debatten mit Frau Fredering in diese Richtung geführt, egal ob es um Hühner, Schweine oder Schafe ging. Ich denke, es ist notwendig, dass man das Fleisch der Lämmer gut vermarkten kann.

(Zustimmung von Herrn Czeke, DIE LINKE, und bei den GRÜNEN)

Die Schafbeweidung ist die ökologisch beste Alternative und hat sehr viele positive Effekte auch auf die Biodiversität. Denn über die Wolle und Ausscheidungen verbreiten Schafe beispielsweise den Pflanzensamen und leisten somit einen nicht unerheblichen Beitrag zur Artenvielfalt.

Wir finden, es gibt viel zu wenig Schafe. Wir werden nach Wegen und Möglichkeiten suchen müssen, damit der Gesamtbestand mittelfristig wieder auf mehr als 100 000 Schafe ansteigen kann. Die Ursachen und Gründe für den Rückgang der Schafhaltung in den vergangenen Jahren sowie diesbezügliche Verbesserungen müssen geprüft werden und die Erkenntnisse sollen in einer Art Gesamtkonzept zur Schafhaltung einfließen.

Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Welche Maßnahmen können die Situation der Schäfer verbessern? Ich will einige Beispiele nennen. So könnten zum Beispiel die Landesanstalt für Landwirtschaft, die LLFG, unterstützend wirken, indem eine schafgerechte Grasmischung angeboten wird. Die Förderung der Schafbeweidung auf den Deichen sollte kontinuierlich und möglichst unbürokratisch erfolgen.

Andere Maßnahmen werde ich aus Zeitgründen nur stichwortartig nennen: Ökokontoflächen einsetzen bzw. die Bewirtschaftung mit Schafen als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme anerkennen, die Bereitstellung von Landesflächen zum Beispiel über die BVVG, gezielte Förderung in der neuen EU-Förderung, um das Wissen zum betrieblichen Management zu verbessern, also mehr Hilfe zur Selbsthilfe anbieten, verschiedene EU-Fonds nutzen, um landwirtschaftliche Mitarbeiter zu fördern, zum Beispiel was Umschulungen angeht, um auch Leute für die Schafhaltung zu motivieren, die derzeit noch nicht qualifiziert sind. Derartige Weiterbildungs- und Schulungsmaßnahmen könnten über den ESF gefördert werden. Hiermit könnte man der Problematik des Berufsnachwuchses und der Betriebsübergabe Rechnung tragen.

Die Bürokratie sollte in der neuen Förderperiode abgebaut werden und die Leistung der Schaf- und Ziegenhalter sollte angemessen und zeitnah über Agrarumweltmaßnahmen gefördert werden. Die Behutung in den Wintermonaten von November bis zum Frühjahr sollte wieder möglich sein. Eine gekoppelte Tierprämie zur Stabilisierung der Bestände, so wie ich es bereits angeführt habe, und Möglichkeiten der Beweidung auf Zwischenfrüchten mit Schafen sollten eingeführt werden.

Kommen Sie bitte zum Ende, Frau Kollegin.

Das mache ich sofort. - Die Nutzung der Agrardieselregelung ist mir ganz wichtig. Weiterhin sollte

die Einbeziehung der Schäfer in die landwirtschaftliche Sozialversicherung geprüft werden.

Wie gesagt, meine Damen und Herren, es gibt eine Fülle, einen Riesenstrauß von Maßnahmen, die wir prüfen können. Diese Dinge werden wir auf den Prüfstand stellen. Ich hoffe, dass wir Maßnahmen ergreifen können, um den Schafbestand wieder zu verstärken und um unseren Schäfern Hilfestellung zu geben.

Einen kleinen Satz noch: Ich weiß, dass ein großes Problem und ein Riesenthema bei den Schäfern die Tierkörperbeseitigung ist.

(Herr Czeke, DIE LINKE: Nicht nur bei den Schäfern, sondern generell!)

Hierzu möchte ich betonen, dass die Regierungsfraktionen die 25-prozentige Beteiligung des Landes auch für 2014 auf jeden Fall sicherstellen wollen. Ich werbe um Zustimmung für unseren Antrag. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Liebe Frau Kollegin, wegen des Schäfertochterbonusses war ich jetzt geduldig wie ein Schaf. - Jetzt rufe ich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Frederking auf. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Durch die Beweidung mit Schafen werden Kulturlandschaften erhalten, Hanglagen und Deiche gepflegt und die Artenvielfalt gestärkt. Schafe übernehmen landschaftspflegerische Aufgaben dort, wo andere Maßnahmen versagen. Sie können an steilen und erosionsgefährdeten Flächen, an nassen bis trockenen Standorten und auf solchen mit geringem Futterertrag weiden.

Schafhaltende Betriebe und Schäfereien erbringen ökologische Dienstleistungen, die für eine intakte Umwelt und Natur erforderlich sind und von der Gesellschaft, also von uns, auch gefordert werden. Wer hat noch nicht von dem Adonisröschen gehört, das sich durch die extensive Schafhaltung auf einem Trockenrasenstandort im Bebertal entwickeln kann.

(Herr Hövelmann, SPD: Ich habe davon noch nichts gehört! - Herr Mormann, SPD: Ich auch nicht!)

Zumindest wurde die Röschengeschichte allen Abgeordneten im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und im Ausschuss für Umwelt von einem allseits bekannten Schäfer zugetragen. Wer das Adonisröschen schon gesehen hat, wäre jetzt die Frage. Ich selbst habe es noch nicht gesehen.

(Herr Rosmeisl, CDU: Ich auch noch nicht!)

Durch die Festlegung von Pflegeterminen und -arten können seltene und deshalb besonders schützenswerte Pflanzen- und Tierarten hervorgebracht werden. Ökologisch wertvolle Streuobstwiesen können mit Schafen gepflegt werden. Einige Offenland-Lebensraumtypen sind von der Schafhaltung abhängig.

Schafhaltung ist Naturschutz. Ihre besonderen Naturschutzleistungen müssen honoriert werden. Es zeigt sich, dass die Leistungen an der Natur mit einem Anteil von rund 65 % am Erlös die entscheidende Einkommensquelle sind. Ein Anteil von 30 % des Erlöses kommt über das Lammfleisch und die Wolle bringt so gut wie gar nichts.