Protocol of the Session on November 14, 2013

Das von der Fraktion DIE LINKE verfolgte Anliegen, die Gemeinde Rieder von dem Gesetzentwurf auszunehmen, fand im Ausschuss damals keine Mehrheit. Mittlerweile liegt diesbezüglich ein Änderungsantrag der Fraktion auch hier im Plenum vor.

Der Empfehlung der Stadt Quedlinburg, das Datum des Inkrafttretens des Gesetzes auf den 1. Januar 2014 zu ändern, folgte der Ausschuss für Inneres und Sport mehrheitlich und beschloss die Ihnen vorliegende Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Meine Damen und Herren, nun werden Sie von mir als Berichterstatter ausnahmsweise nicht hören, dass Sie diese Beschlussempfehlung im Plenum verabschieden sollten. Seit vorgestern ist aufgrund einer Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Magdeburg noch einmal Bewegung in die Sache gekommen. Der Landkreis Harz wurde verpflichtet, den Gebietsänderungsvertrag von Ballenstedt und Rieder zu genehmigen.

Das ist eine neue Situation, mit der wir uns im Innenausschuss auseinandersetzen sollten. Insoweit sind wir gut beraten - und das ist auch meine Empfehlung -, den Gesetzentwurf und die vorliegenden Änderungsanträge in den Innenausschuss zurückzuüberweisen, damit sich der Innenausschuss mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts und mit den damit verbundenen Folgen auseinandersetzen kann. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Berichterstatter. - Es wurde eine Dreiminutendebatte vereinbart. Aber bevor wir in die Debatte eintreten, hat Minister Herr Stahlknecht das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte ursprünglich nicht vorgehabt, zu dem Thema zu reden. Aber aufgrund des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom gestrigen Tage möchte ich einige Worte an Sie und auch ganz bewusst an die Öffentlichkeit richten.

Es ist zunächst einmal festzustellen, dass Gebietsänderungen durch Gesetz auf der einen Seite oder durch freiwillige Beschlüsse von Gemeinde- oder Stadträten auf der anderen Seite erfolgen. Es ist auch klar, dass das GemeindeneugliederungsGrundsätzegesetz, das in diesem Hohen Hause einmal beschlossen worden ist, kein Spezialgesetz

ist, das zukünftige freiwillige Zusammenschlüsse verhindert.

Entscheidend ist bei einem Zusammenschluss, sei er gesetzlich oder freiwillig, dass sich die Änderung am Gemeinwohl zu orientieren habe, so die höchstrichterliche Rechtsprechung, die gefestigt ist.

Die Vorlage des Gesetzentwurfes der Landesregierung, der zunächst vorsah, alle drei Gemeinden Quedlinburg zuzuordnen, hat sich bei der Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs „Gemeinwohl“ an zwei Dingen orientiert: erstens eine zukunftsfähige starke Gemeinde zu finden. Dazu kann man das Leitbild, das damals beschlossen worden ist, heranziehen, wonach eine Gemeinde mindestens 10 000 Einwohner haben muss. Zweitens hatten wir damals beschlossen, dass bestehende Verwaltungsgemeinschaften nicht zu zerschlagen sind.

Damit war der Fortbestand der drei Gemeinden, die ursprünglich eigentlich selbständig bleiben wollten, nicht unter dem Begriff des Gemeinwohls zu subsumieren, weil sie unter 10 000 Einwohnern lagen und damit zuzuordnen waren.

Nun hat das Verwaltungsgericht in einer Eilentscheidung, die an sich das Ergebnis des Urteils antizipieren wird, gesagt, für das Gemeinwohl reiche es an sich im vorliegenden Fall zur Prüfung aus, sich an der Stärke einer zukünftigen Gemeinde zu orientieren. Da jetzt die Gemeinde Rieder der Gemeinde Ballenstedt zugeordnet wird, ist das unter dem Blickwinkel des Gemeinwohls sehr gut vertretbar, weil Ballenstedt dadurch eine starke Gemeinde wird und mehr als 10 000 Einwohner haben wird. Durch die Zuordnung der beiden verbleibenden Gemeinden zu Quedlinburg wird dieses ebenfalls gestärkt.

Damit ist gegen diese Entscheidung, soweit einem das als Exekutive überhaupt zusteht, ein Urteil zu kommentieren - ich tue das jetzt gleichwohl auch als Jurist -, nichts einzuwenden. Das ist eine sachgerechte und gute Entscheidung des Verwaltungsgerichtes. Insofern begrüße ich die Entscheidung des Hohen Hauses, sich mit dieser Sache zu befassen.

Gleichwohl würde ich heute die herzliche Bitte an dieses Hohe Haus formulieren, dass es sich eindeutig dazu positioniert, dass die Gemeinde Rieder Ballenstedt zugeordnet wird, damit dieser politische Wille auch den Landrat bei seiner zukünftigen Handlung, diesen Gebietsänderungsvertrag am Montag zu genehmigen, begleiten kann. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Jetzt treten wir in die Dreiminutendebatte ein. Für die Fraktion DIE LIN

KE hat Herr Grünert das Wort. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Danke schön, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Im Rahmen der Einführung der Gesetzentwürfe zur Gemeindeneugliederung und zum zweiten Begleitgesetz der Gemeindegebietsreform von 2008 hatte ich und am 11. Juli 2013 Frau Edler den Versuch unternommen, eine politische Bewertung dieses gesamten Reformprozesses vorzunehmen. Das können Sie nachlesen. Daher erspare ich mir an dieser Stelle Wiederholungen.

Zu der Genesis des Vorgangs muss gesagt werden, dass wir im Zusammenhang mit der Erstbefassung im Innenausschuss bereits darauf hingewiesen haben, dass es auch eine Alternative gab, nämlich die Möglichkeit, gegebenenfalls mit Ballenstedt zu fusionieren.

Der Staatssekretär gab in der Sitzung des Innenausschusses am 23. Mai 2013 bekannt, dass das Innenministerium zwar theoretisch eine Möglichkeit sehe, auch andere Zuordnungen zu vollziehen. Aber letztlich hat es für sich in Anspruch genommen, dass es kein Signal vonseiten der anderen Beteiligten gegeben habe, dass dies gewollt sei. Dieses Wollen war aber damals schon absehbar. Insofern war das Verwaltungsgericht schneller, als wir es uns vielleicht erträumt haben.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts - der Innenminister ist gerade darauf eingegangen - ist unanfechtbar. Mit diesem Beschluss ist erst einmal die Möglichkeit gegeben, dass der Gebietsänderungsvertrag, der im Rahmen der Wiedererlangung der kommunalen Selbstverwaltung auf der freiwilligen Basis nach den §§ 16 und 17 der Gemeindeordnung zu vollziehen ist, durchgesetzt werden kann. Ich halte das letztlich für sinnvoll, weil hier im Sinne der Gebietsreform kein Gebietsbestand beschädigt wird. Im Gegenteil, die Gemeinde Ballenstedt wird insofern gestärkt.

Damals hat man noch über die Möglichkeit einer Fusion der Gemeinden Ballenstedt und Falkenstein nachgedacht. Aber Falkenstein hatte Bestandsschutz. Das wissen Sie alles; ich brauche das nicht zu wiederholen.

Bezogen auf das Verwaltungsgerichtsverfahren muss ich sagen: Jawohl, hier kommt es auch nicht zu dem befürchteten Dominoeffekt, weil das öffentliche Wohl hier tatsächlich in entscheidendem Maße zu berücksichtigen ist. Da gilt es natürlich auch, das Grundsätzegesetz und das Leitbild heranzuziehen, das besagt, wenn wir eine Neuordnung oder eine Neustrukturierung vornehmen, darf es nicht dazu führen, dass eine andere Struktur kaputtgeht.

Es steht ja immer noch im Hintergrund, dass es möglicherweise eine Signalwirkung für Wittenberg

hat. Dort kämpft derzeit die Gemeinde Mühlanger für einen Anschluss an Wittenberg. Damit wäre aber die Gemeinde Zahna-Elster in ihrem Bestand gefährdet. Insofern sehe ich hier keinen Dominoeffekt.

Wir könnten den Änderungsanträgen eigentlich heute zustimmen. Dann wäre das Problem vom Tisch. Ich weiß nicht, warum es hier zu einer weiteren Befassung kommen muss. Aber bitte schön, wenn Sie das für die Rechtssicherheit als notwendig erachten, wollen wir uns dem an dieser Stelle nicht verschließen. Wir würden eine Rücküberweisung in den Innenausschuss zustimmen, aber mit der Prämisse, die der Minister schon erwähnte - da sind wir uns einig -, die Gemeinde Rieder in die Gemeinde Ballenstedt einzugemeinden und dem stattzugeben. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Grünert. - Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Kolze. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Präsident! Meine Damen und Herren! Aufgrund der drei Urteile des Landesverfassungsgerichts vom 19. Februar 2013 wurde die durch § 3 des Gesetzes über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt im Landkreis Harz angeordnete Eingemeindung von Gernrode, Bad Suderode und Rieder in die Stadt Quedlinburg für nichtig erklärt, weil zwischen dem Tag der öffentlichen Bekanntmachung der Eingemeindung und dem Tag der Bürgeranhörung nicht die gesetzlich vorgeschriebene Spanne eingehalten worden ist.

Eine inhaltliche Bewertung der Zuordnung nach Quedlinburg hat das Landesverfassungsgericht nicht vorgenommen. Damit lebten die drei Gemeinden und die Verwaltungsgemeinschaft Gernrode zum 1. Januar 2011 wieder auf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur zur Erinnerung ein Hinweis auf die letzte Wahlperiode dieses Hohen Hauses. Aufgrund der Kleinteiligkeit der gemeindlichen Ebene und des fortschreitenden demografischen Wandels ist die Koalition aus CDU und SPD gemeinsam mit dem Ziel angetreten, die gemeindlichen Strukturen langfristig leistungsfähig und zukunftsfähig zu gestalten.

Die Landesregierung hat ein Leitbild zur Gemeindegebietsreform entwickelt, das hier in diesem Hohen Hause mit der Koalitionsmehrheit von CDU und SPD gesetzlich kodifiziert worden ist. Das Leitbild ist für uns verbindlich; denn es steht für leistungsstarke und effiziente Strukturen, um eben möglichst gleiche Lebensbedingungen im ganzen Land zu schaffen.

Ich sage es ganz deutlich: Die CDU-Fraktion wird das gesetzlich verankerte System nicht verlassen. Wir wollen auch nicht erneut in eine inhaltliche Debatte über die kommunale Gebietsreform einsteigen. Unser Ziel ist es, den vom Landesverfassungsgericht gerügten formalen Mangel im gesetzlich vorgeschriebenen Anhörungsverfahren zu korrigieren.

In diesem Sinne hat die Landesregierung den Gesetzentwurf vorgelegt, der erneut die Eingemeindung nach Quedlinburg vorsieht. Die nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehene Eingemeindung der Gemeinde Rieder in die Stadt Quedlinburg ist nunmehr entbehrlich.

Die Gemeinde Rieder hat mit der Einheitsgemeinde Ballenstedt einen Gebietsänderungsvertrag zur Eingemeindung in die Stadt Ballenstedt geschlossen. Die einstweilige Anordnung des Verwaltungsgerichts Magdeburg an den Landkreis Harz, den Gebietsänderungsvertrag zu genehmigen, ist Ihnen bekannt. Es versteht sich von selbst, meine Damen und Herren, dass wir uns über diese Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht hinwegsetzen werden. Das haben wir im Fall Allrode nicht getan und wir werden es auch heute nicht tun.

Ziel ist es nun, lediglich eine Eingemeindung der Stadt Gernrode und der Gemeinde Bad Suderode in die Stadt Quedlinburg vorzunehmen. Hierzu soll in der Dezembersitzung eine dritte Lesung zum Gesetzentwurf erfolgen.

Abschließend bitte ich Sie um Ihre Zustimmung zur Rücküberweisung des Gesetzentwurfs respektive der Beschlussempfehlung nebst der Ihnen vorliegenden Änderungsanträge in den Ausschuss zur weiteren Beratung. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Kolze. - Jetzt spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Abgeordnete Herr Striegel. Bitte schön, Herr Striegel.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als wir uns Anfang Juli 2013 in erster Lesung mit dem Gesetzentwurf zur Eingemeindung von Bad Suderode, Gernrode und Rieder nach Quedlinburg zu befassen hatten, habe ich für meine Fraktion deutlich gemacht, dass wir im Grundsatz den Überlegungen der Landesregierung durchaus folgen können.

Ich habe, ohne unser Abstimmungsverhalten in zweiter Lesung vorwegnehmen zu wollen, auf die notwendige Befassung im Ausschuss und auf die Wichtigkeit der Anhörung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger verwiesen. Meine Fraktion hat

damals mit Skepsis auf den ursprünglichen Vorschlag der Fraktion DIE LINKE reagiert, die drei Gemeinden in die Eigenständigkeit einer Einheitsgemeinde zu entlassen, die für sich den Anforderungen des Leitbilds zur Gemeindegebietsreform nicht gerecht geworden wäre.

Schaut man auf den heute vorgelegten Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE, so ist festzustellen, dass dort ein neuer Stand der Debatte erreicht worden ist.

Mit Blick auf die zwischenzeitlichen Entwicklungen, namentlich das Verwaltungsgerichtsverfahren zu Ballenstedt und Rieder, und unter Berücksichtigung der Diskussionen in unserer Fraktion und auch mit Bürgerinnen und Bürgern aus dem Harz ist meine Fraktion abschließend zu der Einschätzung gelangt, dass die vorgelegte Beschlussempfehlung unsere Zustimmung im Plenum nicht finden kann. Wir begrüßen es deshalb, dass die Koalitionsfraktionen den Gesetzentwurf zurück in den Innenausschuss überweisen wollen, wo auch die vorliegenden Änderungsanträge noch einmal behandelt werden.

In der Beschlussempfehlung sehen auch wir das Votum der Bürgerinnen und Bürger nicht ausreichend berücksichtigt. Insbesondere im Hinblick auf die Gemeinde Rieder, die sich zur Ehe mit Ballenstedt entschlossen hat, halten wir es nicht für gerechtfertigt, eine freiwillige und von den Partnern gewollte Lösung als Gesetzgeber zu torpedieren.

Bad Suderode und Gernrode nach Quedlinburg zuzuordnen, stärkt das Mittelzentrum Quedlinburg und sichert auch dauerhaft dessen Entwicklung. Die Stadt verfügt fortan über rund 25 000 Einwohnerinnen und Einwohner. Das Zusammengehen von Rieder mit Ballenstedt würde die vergrößerte Gemeinde auch deutlich näher an die Grenze von 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern heranbringen. Das halten wir für erstrebenswert.

Außerdem ist, so glaube ich, mit Blick auf die Gerichtsverfahren auch klar geworden, dass jede andere Lösung vermutlich weitere juristische Verfahren mit sich bringen würde. Insofern ist es gut, den Gesetzentwurf im Innenausschuss noch einmal zu beraten. Es ist auch gut, dass sich Rieder und Ballenstedt freiwillig miteinander verbinden können und dass wir sie aus dem Gesetzentwurf herausnehmen können. - Herzlichen Dank.

Vielen Dank, Herr Striegel. - Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Herr Dr. Brachmann. Bitte schön, Herr Dr. Brachmann.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die bisherige Debatte hat es schon deutlich ge

macht, dass im Hinblick auf die vorliegenden Änderungsanträge hier im Haus Einigkeit besteht.