Protocol of the Session on September 12, 2013

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Viertes Thema: Bündnis für starke Kommunen. Eines ist klar: Das Land kann nur vorankommen, wenn sich die Kommunen weiterentwickeln. Umgekehrt kann es natürlich nicht so sein, dass die Kommunen das Land aufgrund seiner Hilfe erdrosseln. Dieses Wechselspiel müssen wir jedes Mal austarieren.

Aber ich denke, was von 2008 bis 2012 gelaufen ist, war gut. Leider sind die Kassenkredite im letz

ten Jahr noch einmal um 12 % gestiegen, im Bundesdurchschnitt aber um 50 %. Da gibt es sicherlich Diskussionen. Wir konnten aber die Gesamtverschuldung - hier vorrangig durch Handeln der Kommunen - gemeinsam um über 600 Millionen € abbauen. Das geht gegen den Trend manch anderer Länder. Also wirkt das Teilentschuldungsprogramm II und wirken auch die Eigenaktivitäten der Kommunen vor Ort, was sicherlich genauso zur Kritik führt wie unsere Diskussion.

182 von 189 Kommunen haben bei Stark II freiwillig mit uns gemeinsam eine Teilentschuldung unterschrieben und konsolidieren jetzt mit uns gemeinsam ihre Haushalte. Das macht immerhin 1,2 Milliarden € aus. Das entspricht übrigens dem Geld, das wir vom Stabilitätsrat bekommen, um unseren Haushalt zu sanieren. Auch darüber sollte man ruhig öfter offen reden.

Das neue FAG - auch von seiner Systematik mittlerweile überall sehr geschätzt - hat mit 1,6 Milliarden € inklusive der Investpauschale von über 100 Millionen € für die nächsten Jahre auch einen Beitrag zur Unterstützung der Kommunen bereitgestellt.

Jetzt geht es um die Hilfe zur Selbsthilfe für Kommunen. Das Stark-IV-Programm wird kommen; denn wir haben bezüglich des Themas Fehlbeträge denen zu helfen, die es allein nicht schaffen werden. Ich denke, das sehen viele so.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Ich werde gemeinsam mit Holger Stahlknecht ein Konzept vorlegen und dann mit den Fraktionen ins Gespräch kommen, damit es ganz breit aufgestellt wird. Wir werben hierfür auch ausdrücklich bei der Opposition, weil die angesprochenen Programme weit über Wahlperioden hinausgehen und Akzeptanz brauchen, damit sie dann auch wirken.

Das neue FAG zur Finanzierung, Stark II zum Abbau der Kernschulden, Stark III zum Ausbau der Kindergärten und Schulen, Stark IV zum Abbau der Kassenkredite - mit dem Stabilitätsrat werden wir ins Gespräch kommen - und der Finanzmonitor als Controllinginstrument sind deutschlandweit einzigartig. Manchmal wundere ich mich, dass es uns nicht mit mehr Stolz erfüllt, dass wir solche Instrumente gemeinsam entwickeln und auch ausfinanzieren.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Ich habe schon einiges zum Schuldenabbau gesagt. Insofern fällt mir der Übergang zum fünften und letzten Schwerpunkt nicht schwer. Noch einmal grundsätzlich: Konsolidierung ist kein Selbstzweck, aber probates Mittel, um immer wieder Geld zu besorgen, damit wir auch Dinge entscheiden können.

Eines möchte ich unterstreichen: Wir fangen nicht bei null an, sondern kommen mit dem heute vorgelegten Entwurf für den Haushalt und das Haushaltsbegleitgesetz aus meiner Sicht ein weiteres Stück voran. Deswegen - ein nautischer Vergleich sei mir erlaubt -: Es geht nicht darum, das Ruder herumzureißen, sondern darum, Kurs zu halten. Allein das ist auf See schon manchmal schwer genug.

Ich will das mit Zahlen untermauern. 2005 betrug die Neuverschuldung noch 1 Milliarde € - 1 Milliarde, wie die Jahre davor. Wir haben im vorigen Jahr erstmals Schulden tilgen können. Das heißt, in dieser Zeit muss etwas passiert sein. Es muss sozusagen konzeptionell neben Steuermehreinnahmen - wir hatten inzwischen auch die Finanzkrise - noch einiges entwickelt worden sein, dass dies möglich war.

Auch in diesem Jahr werden wir Schulden abbauen. Wir müssen spätestens bis 2020 die Tilgung auf 300 € pro Kopf bringen, damit bei der Pro-Kopf-Verschuldung überhaupt etwas passiert - wenn sich die Bevölkerungsprognose nicht doch ändert.

Für 2014 haben wir bisher keine Tilgung und keine Rücklagen eingeplant, weil wir bis Juli nicht wussten, wie es mit der Kofinanzierung bei den Flutfolgen wird. Ich warte nur einmal die Steuerschätzung ab, die, glaube ich, besser aussehen wird, als man es bisher unterstellt; alle Anzeichen sprechen dafür. Dann würde ich dem Parlament gern in Absprache mit dem Kabinett Vorschläge unterbreiten, wie wir beim Auffüllen des Pensionsfonds, der Steuerschwankungsreserve und bei der Tilgung auch im Jahr 2014 einen Schritt vorankommen.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Ich sage auch ganz klar: Der Tilgungsplan zwingt uns gerade auch dazu; denn wir müssen die neu aufgenommenen Schulden - das ist besprochen und beschlossen - in einem überschaubaren Zeitraum abbauen.

Ganz kurz zur Schwankungsreserve: Ich höre immer wieder - da schaue ich in eine bestimmte Richtung -, es sei falsch, trotz hoher Schulden Rücklagen anzusparen. Ich sage: Das Gegenteil ist richtig. Ich glaube, viele machen das auch im Privaten so. Bei langfristig laufenden Finanzplanungen sind die Einnahmeerwartungen immer unter Risikoaspekten zu betrachten. Die gesamte Haushaltskonsolidierung, also das, was ich konzeptionell hier dargestellt habe, fußt darauf, dass die einzelnen Pfeiler einnahmeseitig nicht wegbrechen: Tilgung, Rücklagen, Investitionen, mehr Steuereinnahmen. Da gibt es zentrale Risiken.

Ein Risiko ist das Wirtschaftswachstum. Klar ist: In einem Wirtschaftszyklus gibt es nicht nur gute Zeiten. Bisher war es in unseren Haushalten doch

immer so, dass wir, wenn es schlecht wurde, den Haushalt nur dann ausgleichen konnten, wenn wir neue Schulden aufnahmen. Und die Zeiten, in denen bei den Schulden eine Eins vor dem Komma steht, werden bald vorbei sein.

Ich verstehe nicht, wie man konzeptionell glauben kann, dass neue Schulden die Lösung sind. Wir brauchen Rücklagen, damit wir die gesamten Haushalte der Kommunen und des Landes - das ist die Systematik des FAG - konjunkturunabhängig machen, damit wir unsere Eckwerte auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ausfinanzieren und planbare Politik überhaupt in Ressourcen umzusetzen ist. Das ist doch nicht so schwer zu verstehen, sondern hat eine Logik, die für sich spricht.

Dass das funktioniert - übrigens auch unter Beteiligung der LINKEN -, zeigen alle anderen Länder im Osten - alle. Wo haben denn Berlin und Brandenburg ihre Flughafenhilfen über Nacht hergenommen? - Aus ihren Rücklagen. Das kleine Mecklenburg-Vorpommern, das bestimmt nicht einkommensstark ist, hat mittlerweile - Respekt davor - eine Rücklage von 1 Milliarde € und ist genau deswegen ohne neue Schulden durch die schwere Wirtschaftskrise gekommen. Was soll daran falsch sein, meine Damen und Herren?

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Ja, uns helfen die niedrigen Zinsen. Wir haben den Zinsansatz - das hätte ich mir vor Jahren nicht vorstellen können - um ganze 300 Millionen € pro Jahr senken können. Das nehmen wir mit - auch durch kluge Umschuldung. Durch immer neue Strukturanpassungen sparen wir auch Geld.

Ich möchte kurz aufzeigen, wie die großen Trends in diesem Haushalt - also für 2014 - und im nächsten wirken. Wir haben auf der einen Seite 200 Millionen € mehr an Steuereinnahmen pro Jahr unterstellt. Dem muss man den Rückgang beim Solidarpakt gegenrechnen. Das wird übrigens 2020 nicht mehr der Fall sein. Dann werden wir diese Steuermehreinnahmen erstmals auch echt verbuchen können.

Wir haben Sozialleistungen - das sehen Sie in den Entwürfen -, die bis 2020 um 300 bis 400 Millionen € steigen. Dem steht die begründete Hoffnung gegenüber, ab 2015/2016 durch ein Bundesleistungsgesetz bei der Eingliederungshilfe 100 Millionen € im Landeshaushalt zu sparen, weil wir diese Systematik haben - anders als andere Länder -, dass wir das für die Kommunen zahlen.

Wir unterstellen in unserer Planung ungefähr 20 Millionen € für Pensionen zusätzlich pro Jahr und ungefähr 80 Millionen € für Tarifentwicklung und Neueinstellungen. Dem stehen pro Jahr ungefähr 70, 80 Millionen € Einsparungen durch das Ausscheiden von Kolleginnen und Kollegen - 1 500 bis 2 000 in den nächsten Jahren - ge

genüber. Das muss man also miteinander verrechnen.

Ein Thema, das ich heute nicht ganz auflösen kann und will, Ihnen aber anhand der nächsten mittelfristigen Finanzplanung darstellen werde, ist der Rückgang der Investitionen von EU und Bund. Wir haben 1,3 Milliarden €; das meiste Geld kommt von anderen. Ich gehe einmal davon aus, dass wir trotzdem eigene Landesinvestitionen tätigen wollen - an welcher Stelle auch immer. Insofern brauchen wir für 2020 und die folgenden Jahre einen Betrag in Höhe von mindestens 500 bis 600 Millionen €, um Landesgelder für Investitionen einzusetzen. Das heißt aber auch, langfristige Trends zur Grundlage der Planung auch in der Mipla zu machen. Vorschläge folgen nächstes Jahr.

Deswegen ist es so wichtig, bei Strukturveränderungen weiter voranzukommen. Auch da haben wir eine Kopplung der geringer werdenden Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner - oder weniger Gefangene - und der Investitionen hinzubekommen. Das ist in der Finanzverwaltung so; wir brauchen jetzt ein neues Finanzamt in Halle. Das ist bei der Polizei so, wo wir fest davon ausgehen, dass wir weniger Personal brauchen. Ich setze auch auf die Mehrheit hier im Landtag, um das Polizeikonzept auch in dieser Wahlperiode vernünftig umzusetzen.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Denn nur dann macht eine solche Investition in Höhe von 100 Millionen € bei der Polizeidirektion Sinn.

Gleiches gilt für den Justizvollzug. Wir werden von acht auf drei Standorte zurückgehen. Ich sage aber zu: Wir werden Halle maßvoll und dem Bedarf entsprechend Stück für Stück ausbauen. Das sind keine einfachen Diskussionen, auch nicht für Angela Kolb, aber wir dürfen diese Entscheidungen nicht ewig vor uns herschieben, weil daran wieder Planungen hängen.

Deswegen: Ich weiß, dass Personalabbau keinen guten Ruf hat. Ich weiß, dass wir jedes Mal hier im Landtag darüber reden und suggeriert wird, es könne alles so bleiben, wie es ist. Es gibt neue Zahlen - die werde ich Ihnen mit dem Personalsachstandsbericht darlegen -, dass das Land im Ländervergleich mittlerweile auf einem guten Weg ins Mittelfeld ist. Das sagt noch lange nichts darüber aus, in welchem Bereich wir gut sind. Aber dass wir sehr viele Lehrerinnen und Lehrer, sehr viele Polizistinnen und Polizisten haben, müsste doch auch der Letzte hier langsam merken.

Solange wir Geld an anderen Stellen brauchen, die vielleicht wichtiger sind, ist es sinnvoll, darüber zu reden, wie diese Anpassungsprozesse laufen können. Immerhin reden wir beim Personal

über 2,5 Milliarden €, ein Viertel des Landeshaushaltes.

Im PwC-Gutachten - ich weiß nicht, ob Sie sich das angeschaut haben - wird dem Saarland unterstellt, dass es im Jahr 2020 ein Drittel der gesamten Einnahmen für Zinsen und Versorgung ausgeben müsse. Dann legen Sie einmal drauf, was das Personal kostet. Dann wird man zwei Drittel dafür ausgeben. Da brauche ich nicht mehr über gestaltende Finanzpolitik zu reden. Davor möchte ich das Land ausdrücklich bewahren.

Deswegen sage ich an dieser Stelle ganz klar: Es gibt manche, die für einen Solidarpakt III werben und meinen, dass damit alle Probleme beseitigt seien und auf der Ausgabenseite alles so bleiben könne, wie es ist. Wenn man sich diese Überschüsse der ostdeutschen Länder anschaut - allerdings nicht nur in Sachsen - und diesen die Länder- und Kommunalhaushalte Westdeutschlands gegenüberstellt - beispielsweise weist der Haushalt Nordrhein-Westfalens Fehlbeträge in Milliardenhöhe auf -, dann kann mir niemand erzählen, dass sich jemals eine Mehrheit für einen neuen Solidarpakt findet und dass so viel Geld da ist, dass das andere Bundesländer weiterhin für uns klären.

Ich sage auch ganz selbstbewusst: Wenn nachgewiesen wird, dass es andere ostdeutsche Länder schaffen, dann frage ich - ohne Gleichmacherei betreiben zu wollen -: Warum sollen wir dann nicht den Anspruch haben, dies auch hinzubekommen?

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Vielleicht sind die anderen einfach eher aufgestanden und haben das getan, was immer ein wenig verteufelt wird, nämlich betriebswirtschaftliche Vergleiche zuzulassen. Ich sage mancher Fraktion ganz deutlich: Man kommt auf Dauer nicht an der Realität vorbei.

(Zustimmung von Herrn Geisthardt, CDU)

Vor der Notwendigkeit eigener belastbarer Vorschläge wird man immer stehen. Ich habe in den Jahren gelernt, dass Wählerinnen und Wähler ein gutes Gespür dafür haben, wer auf Dauer das umsetzen kann, was er den Leuten vorher versprochen hat.

(Zustimmung von Herrn Weigelt, CDU)

Deswegen prüfe jeder, gerade in dieser schwierigen Situation, welches Konzept er für den Weg nach dem Jahr 2020 zur Alternative stellt.

Meine Damen und Herren! Ich denke, das bisher Gesagte macht deutlich: Wir stehen nicht vor einer Blut-, Schweiß- und Tränendiskussion und auch nicht vor solchen Jahren. Gleichwohl stehen wir immer wieder vor Entscheidungen, die, wie gesagt,

nicht verschoben werden dürfen, die, ja, auch schwierig sind.

Das Land hat Perspektiven, aber diese wird man erst dann richtig nutzen können, wenn man sich nicht vor diesen Entscheidungen drückt. Wir haben die Perspektive: Wenn wir Kurs halten, wenn wir Strukturen schaffen, wenn wir weiter investieren - das tun wir - und zugleich Schulden abbauen, dann werden weitere Erfolge nicht ausbleiben.

Wir werden dann auch zu den Ländern gehören, die einen positiven Wanderungssaldo erreichen und die im Hinblick auf die Strukturen ihrer Kinderbetreuung und ihrer Schulen sowie mit Blick auf ihre baulichen Strukturen in Deutschland einmalig und deswegen konkurrenzfähig sind. Die Löhne im Bereich der Wirtschaft werden sich immer besser entwickeln. Und das Kulturland Sachsen-Anhalt wird bestimmt nicht zusammenbrechen, diesbezüglich habe ich keine Sorge.

(Herr Scheurell, CDU: Das hoffen wir!)