Protocol of the Session on June 20, 2013

Ich bin der Landesregierung außerordentlich dankbar, dass sie sich zur Investitionsförderung bekannt hat und dass sie auch versuchen will, die Drittmittelbindung trotz aller haushalterischen Zwänge sicherzustellen.

Meine Damen und Herren! Das ist ein gutes und klares Zeichen an die Wirtschaft unseres Landes, aber auch ein deutliches Zeichen für neue Investoren.

Da Geld in der Wirtschaft nur bedingt glücklich macht, müssen wir vor allen Dingen auch die Rahmenbedingungen im Blick haben. Da sind wir wieder bei den Standards und der Bürokratie. Beides macht einen guten und entwickelten Wirtschaftsstandort aus. Wenn wir die Unternehmen nicht weiter belasten, dann haben sie auch den Freiraum für die Produktentwicklung, für neue Innovationen und schlussendlich für neue Investitionen und für neue Arbeitsplätze.

Ich bin unserem Koalitionspartner sehr dankbar dafür, dass er dies auch so sieht. Bereits im Koalitionsvertrag haben wir uns der Verhinderung eines weiteren Bürokratieaufbaues verschrieben. Ich gebe gleichwohl offen zu, dass wir bei bestimmten Themen nicht immer einer Meinung sind. Ein schönes Beispiel dafür ist, wie ich meine, das Vergabegesetz, wo wir als CDU sehr wohl der Meinung sind, dass vergabefremde Leistungen und Standards nicht hineingehören.

Nichtsdestotrotz wollen wir mit unserer parlamentarischen Initiative erreichen, dass wir bis zum En

de des Legislaturperiode möglichst keine - ich wiederhole: keine - neuen Gesetze und Verordnungen beschließen, die zu einer weiteren bürokratischen Belastung für unsere Wirtschaft werden. Damit ist es aber nicht genug.

Meine Damen und Herren! Wir wollen auch auf europäischer und auch auf der Bundesebene dafür streiten, dass die dortige Politik maßvoller mit neuen Gesetzesvorhaben umgeht. Darüber hinaus haben wir auch unsere Kommunen im Blick. Die öffentliche Hand ist immer noch einer der größten Investoren. Hier gilt es, die sprichwörtliche Lust am Investieren zu erhalten. Jeder Euro, der dort für Investitionen ausgegeben wird, ist ein guter Euro. Wir müssen auch dort aufpassen, dass Investitionsentscheidungen nicht durch zu komplizierte, teure und bürokratische Hürden verzögert oder gar verhindert werden. Ich meine dies grundsätzlich und nicht nur aktuell auf die Folgen des Hochwassers bezogen.

Meine Damen und Herren! Wir, die Regierungsfraktionen, sind uns der Tatsache bewusst, dass dieser Plan ambitioniert ist, auch weil wir der Meinung sind, dass es den Unternehmen bereits heute nicht leicht gemacht wird. Es wird uns nicht gelingen, von heute auf morgen sämtliche bürokratischen Hemmnisse zu beseitigen. Aber der Anspruch, nicht für einen weiteren Aufwuchs zu sorgen, ist ein respektabler.

Bereits seit dem Jahr 2001 gilt in Sachsen-Anhalt ein Mittelstandsförderungsgesetz, nach dem auf der Landesebene neue Gesetzesvorhaben auf die Wirkung für die Unternehmen zu prüfen sind. Unser heutiger Antrag ist auch als Aufforderung oder als Selbstverpflichtung an alle Fraktionen zu verstehen, eventuell auch lieb gewonnene politische Projekte mit gesundem Menschenverstand anzugehen, nämlich immer dann, wenn neue Standards für zusätzliche Bürokratie und Kontrollpflichten sorgen.

Meine Damen und Herren! Ich würde es mir sehr wünschen, dass wir in Sachsen-Anhalt Vorreiter für vieles werden, aber eben nicht für einen weiteren Bürokratieaufbau. Ich möchte Sie deswegen herzlich um Zustimmung zu dem Ihnen vorliegenden Antrag bitten. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Herr Abgeordneter Thomas. - Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Bullerjahn.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin mir sicher, dass die Rede auch von Hartmut Möllring aus der Sicht des Wirtschaftsministers hätte gehalten werden können. Das Kabinett hat dann

am Dienstag entschieden, dass ich die Rede halten soll.

Ich denke, es geht vor allen Dingen in die Richtung der Investitionsquote, also des Anteils der Investitionen im Haushalt. Ich will mich in der Reihenfolge des Antrags für die Landesregierung äußern.

Ich denke, man muss immer wieder sagen, dass die Investitionsquote, die Investitionsneigung im Osten Deutschlands wesentlich höher ausgeprägt ist als in den westdeutschen Ländern. Bei allen Wünschen, die wir so immer mit uns herumtragen, wird völlig verkannt, auf welchem Niveau wir was in den Bereichen Infrastruktur, Stadtumbau, GA usw. leisten. Auch solche Projekte wie Stark III, also die Sanierung von Kindergärten und Schulen, suchen in westdeutschen Ländern ihresgleichen, weil sie über diese europäischen Mittel nicht im Ansatz verfügen.

Wir haben Quoten um die 7,5 bis 8 % in Westdeutschland. Bei uns liegt die Quote aktuell bei 13 %. Langfristig planen wir in unserer Mittelfristigen Finanzplanung, dass wir bei 10 % ankommen. Ich denke, das wird für den Aufbau in SachsenAnhalt gerade im investiven Bereich notwenig sein. Ich erinnere aber nur noch einmal an die Kabinettsvorlage vom März, auch wenn manche die gar nicht mehr lesen möchten. Dort steht drin, dass die Investitionsquote auf 1 bis 2 % sinkt oder keine Investitionen mehr getätigt werden können, wenn die Drittmittel von Bund und EU auslaufen und wir nichts Adäquates auf der Landesseite zur Verfügung stellen. Das ist die Herausforderung.

Das sind Dinge, über die wir selbst entscheiden müssen, die wir selbst in der Hand haben und über die wir uns streiten. Dieser Widerspruch, dass Investitionen in aller Regel nicht als Pflichtaufgabe gesehen werden im Zusammenhang mit Personalkosten und anderen Ausgaben. Ich denke, darüber muss im Zusammenhang mit jedem Haushalt neu diskutiert werden.

So schwierig, schlimm und persönlich auch schicksalhaft so ein Hochwasser ist wie das, das jetzt in Sachsen-Anhalt passiert, so groß ist die Chance Sachsen-Anhalts, durch die Investitionen, die jetzt durch den Bund und die anderen Länder zur Verfügung gestellt werden, in diesem Bereich neu zu sanieren, neu zu planen und in Dinge, die gerade neu saniert waren - ich erinnere nur an die Stadt Zeitz, dort ist eine Schule, die neu saniert wurde, dem Wasser zum Opfer gefallen -, noch einmal investieren zu können.

Das alles ist aber sozusagen ein Punkt, den wir vor uns haben werden. Deswegen steht hier, Drittmittelbindung ja. Wir werden jetzt noch einmal im Zusammenhang mit dem Haushaltsplanentwurf 2014 gemeinsam mit dem Wirtschaftsminister dafür sorgen, dass die Drittmittel im Bereich der GA und auch bei der Sanierung der Braunkohlefolge

landschaften noch einmal zu 100 % gebunden werden können. Denn natürlich ist ganz klar, wenn wir auf die Hilfe der anderen Länder und des Bundes hoffen, dann können wir nicht in Berlin aufschlagen und die Drittmittel, die uns zur Verfügung gestellt werden, nicht im Haushalt veranschlagen. Diese Debatte werden wir nicht aushalten können.

Aber ich will nur sagen, dass dieses Problem der Drittmittel jeden Landtag während der Beratungen über jeden Haushaltsplan herausfordern wird. Es gelingt uns nicht in jedem Jahr. Aber ich denke, gerade für den Haushalt 2014 und für den Vollzug des Haushaltes 2012/2013 werden wir das hinbekommen, damit die Rahmenbedingungen, sagen wir einmal, gesichert sind bzw. wir das, was die Rahmenbedingungen hergeben, auch finanziell mit begleiten können.

Ich will aber meinem Vorredner zum Thema Aufgabenerfüllung, Gesetzesvorgaben und Standards sagen, dass mir das doch zu einfach ist. Ich glaube, kein Landtag kann es sich so einfach machen und sagen, es soll in Zukunft keine weiteren Erschwernisse beim Thema Verwaltung geben.

Wir sind die Politik. Niemand anders hat es in der Hand. Weil ich selbst oft erlebt habe, dass Berichterstattungen, Vorlagen, Erläuterungen, Darstellungen und andere Dinge bei Gesetzesvorhaben hinzukommen, muss ich sagen, dass ich den Glauben an einen solchen pauschalen Anspruch verloren habe.

Ich kann das auch mit Blick auf die Steuergesetzgebung erzählen. Als ich vor über sieben Jahren in den Job kam, hatte ich wie viele meiner Kolleginnen und Kollegen die Idee, das Steuerrecht zu vereinfachen. Ich möchte hier gar nicht aufzählen, was in meiner Zeit an Steuerrechtsänderungen alles im Bundesrat und auch hier beschlossen wurde.

Ich weiß noch sehr gut: Als es darum ging, die Erbschaftsteuer zu reformieren, hatte das BMF eine sehr schlanke Vorlage erarbeitet. Wissen Sie, wer das verkomplizierte? Das waren die ganzen Fachverbände und die Lobbyisten, aber auch viele Urteile. Viele Gerichte haben solche relativ einfachen Verfahren, wie wir sie uns wünschen, durch Urteile verkompliziert, weil sie von uns bestimmte Dinge so wasserdicht gemacht haben wollen, dass die, die klagen oder irgendwelche Dinge erwarten, nicht automatisch gleich wieder vor Gericht ziehen.

Ich halte auch nichts davon, dass sich Politik so pauschal selbst beschränkt und sagt, alles was jetzt kommt, darf nur noch EU- und Bundesstandard haben. Man muss nach diesem Appell - alles, was wir verkomplizieren, engt jemanden ein - über jedes einzelne Gesetz und jedes einzelne Verfahren diskutieren. Aber ich glaube, gerade die, die in der Regierung sind, müssen gucken, dass sie nicht selbst dem Anspruch erliegen: Das war

schön theoretisch zu erzählen, bloß in der Praxis wird man den Nachweis überhaupt nicht erbringen können.

Dass die Entbürokratisierung und alles andere eine dauernde Aufgabe ist, das wissen wir. Aber das Leben zeigt manchmal auch, dass viele gar nicht so eine Vereinfachung wollen, weil sie am Ende in bestimmten Sachen selbst entscheiden müssten. Oft genug wird dann die Verantwortung auf ein solches Gesetz oder auf eine solche Richtlinie geschoben und das Ganze wird dann so kompliziert, dass man das selbst nicht hinbekommt.

Insofern unterstützen wir das prinzipiell. Ich denke, über die Frage der Drittmittelbindung ist im Zusammenhang mit jedem Haushalt zu diskutieren. Wir können noch viel machen, viel mehr als andere. Beim zweiten Punkt sollten wir die Bäume nicht zu sehr in den Himmel wachsen lassen, sondern jedes Mal darauf achten, ob wir diesem eigenen Anspruch gerecht werden können. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Wir fahren in der Debatte fort. Als nächster Redner spricht für die Fraktion DIE LINKE Herr Abgeordneter Dr. Thiel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Minister Bullerjahn, uns ging es als Fraktion so ein bisschen wie Ihnen. Wir wussten mit dem Antrag am Anfang auch nicht so recht etwas anzufangen. In welche Richtung zielt er denn? Sollte es jetzt darum gehen, das von der Landesregierung beschlossene Haushaltspaket wieder aufzuschnüren? Dann laufen wir als Parlament Gefahr, von der Regierung entlassen zu werden.

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Oder wo war die Fragestellung mit dem Bürokratieabbau? In welche Richtung soll es denn gehen? Was wird denn an Gesetzesvorhaben sozusagen in Aussicht gestellt? - Alle diese Fragen blieben im Nebel. Auch Herr Thomas hat sie in seiner Rede nicht erhellen können.

Wenn man sich die Unterlagen zur Haushaltsklausur einmal anschaut, um einmal auf den ersten Punkt einzugehen, dann stellt man fest, dass es dort eine bemerkenswerte Überschrift und einen Abschnitt gibt, den ich hier einmal vortragen möchte. Es heißt hier, dass eine zukunftorientierte Wirtschaftsförderung die wesentliche Grundlage für Wohlstand ist. Weiter heißt es:

„Es wird angestrebt, möglichst viele Unternehmen zu fördern. Keiner darf vergessen, dass erst erfolgreiche und zukunftsfeste Un

ternehmen gut bezahlte Arbeitsplätze bieten und Steuern an die Landeskasse zahlen. Das Ziel bleibt es deshalb, möglichst alle angebotenen Drittmittel kozufinanzieren.“

Damit ist eigentlich alles gesagt. Also wozu bedarf es noch des ersten Punktes an dieser Stelle? Was ist denn aber an diesem Satz bemerkenswert? Bemerkenswert ist für mich die Feststellung: Wenn die Wirtschaftsförderung tatsächlich die wesentliche Grundlage für unseren Wohlstand ist - dann muss man sich einmal anschauen, welche Mittel uns tatsächlich zur Verfügung stehen -, dann müssen wir mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit den Begriff „Wohlstand“ neu definieren.

Bemerkenswert ist es auch deshalb, weil die Frage nach den Ausgaben für die Wirtschaftsförderung ständig in der Analyse steht, und zwar nicht unter der oben genannten Prämisse, möglichst viele Firmen zu fördern; denn das wäre das Gießkannenprinzip, sondern unter Berücksichtigung der Frage, wo soll der Staat tatsächlich Geld investieren.

Da sind als Leuchttürme in der Wirtschaftsförderung die bekannten Gebiete aufzuzeigen, nämlich Bildung, Innovationspolitik sowie kommunale Infrastruktur und öffentliche Daseinsvorsorge. Dafür hat der Staat ursächlich die Verantwortung. Das ist der Bestandteil für die kommunale Wirtschaftsförderung.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn alles andere wäre mehr oder weniger nur Augenwischerei. Entweder man ist ein erfolgreicher Unternehmer und zukunftsfest oder man ist es nicht. An dieser Stelle helfen auch keine Fördermittel.

Interessant sind in diesem Kontext die jüngsten Ergebnisse einer Studie von Ernst & Young zum Thema „Standort Deutschland 2013“. Darin wird beschrieben, dass Deutschland nach wie vor die Wirtschaftslokomotive in Europa sei. Über die Gründe dafür kann man philosophieren und auch unterschiedliche Ansichten darlegen. Aber ausländische Investoren wollen zumindest gern auf dem Führerstand mitfahren und nicht in der 2. Klasse reisen.

Im Jahr 2012 war Sachsen-Anhalt nach dieser Studie mit 14 Projekten im guten Mittelfeld, was die Bewertung in dieser Studie betrifft. Allerdings war die Botschaft der Studie klar: Ostdeutsche Länder fliegen unter dem Radar ausländischer Investoren. Das heißt, Investitionen gehen vor allem in Bundesländer, die wenig bzw. keine Fördermittel anbieten können. Über die Ursachen dafür sollte man im Land nachdenken.

Warum kommen sie nach Deutschland? - Auch das ist interessant. Der Blick auf die Befragungsergebnisse zeigt: In Bezug auf sieben von zehn

untersuchten Standortfaktoren wird Deutschland von der großen Mehrheit der Befragten als sehr oder eher attraktiv bewertet.

Besonders gut schneiden Kriterien ab wie soziales Klima, Qualifikationsniveau der Arbeitskräfte und Infrastruktur. Weniger gut schneidet Deutschland in Bezug auf kostenseitige und arbeitsrechtliche Faktoren ab. Ich meine aber, dass das eine ohne das andere nicht zu haben ist. Man muss dann abwägen und sagen, diese oder jene Richtung wollen wir einschlagen. Ich denke, über diese Dinge sollten wir im Ausschuss diskutieren.

Meine Damen und Herren, ich komme zum zweiten Teil Ihres Antrages. Seit mehr als elf Jahren übt die CDU die führende Rolle in der Gesetzgebung des Landes aus.

(Herr Schwenke, CDU: Und das erfolgreich!)

Gefühlt ist der Zeitraum deutlicher länger.