Protocol of the Session on June 20, 2013

Herr Lange, auch Ihnen kann ich mich anschließen. Sie haben gesagt, den Ausführungen der beiden Damen könnten Sie sich absolut anschließen. Ja, in diesen beiden Punkten stimme ich Ihnen zu. Herr Lange, ich gebe Ihnen Recht: Vieles liegt in der Organisation und in der Eigenverantwortung der Hochschulen und der Universitäten selbst. Ich glaube, dieses Wort haben Sie in diesem Zusammenhang verwendet.

Allerdings, Herr Dr. Lange - -

(Zurufe von der CDU und von der LINKEN)

- Pardon. Entschuldigen Sie, Herr Lange.

(Herr Lange, DIE LINKE: Ich möchte nach- her nicht mit Plagiatsvorwürfen konfrontiert werden! - Heiterkeit)

- Danke, dass Sie die Entschuldigung annehmen. - Herr Lange, Ihren Disput mit Frau Professor Dalbert teile ich allerdings nicht. Ich stimme Ihnen zu: Ja, es gibt in einigen Teilen der Gesellschaft einen hohen Grad an Selbstausbeutung. Auch unter Politikern ist dieser Grad gelegentlich durchaus stark zu messen.

Ich stimme Ihnen und auch anderen zu: Die Gewerkschaften spielen eine wichtige Rolle in unserem gesellschaftlichen System. Deshalb begrüße ich es außerordentlich, dass wir viele Möglichkeiten haben, um uns in die Debatte über die Zukunft unseres Hochschulsystems einzubringen. Wir werden diese Debatte gemeinsam im Ausschuss fortsetzen. Ich freue mich darauf. - Danke.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke schön, Herr Abgeordneter Harms. - Als Nächste spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Professor Dalbert.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um mit dem Positiven anzufangen: In einem Punkt scheinen wir uns alle einig zu sein. Wir alle sagen, Zeitverträge seien nicht per se schlecht. Das habe ich am Beginn meiner Rede ausgeführt. Ich habe die vielen Gründe, die es für Zeitverträge gibt, genannt. Das scheint uns zu verbinden.

Was uns nicht verbindet, ist die Einschätzung, ob das Zeitvertragsgesetz überarbeitet werden muss, ob Klarstellungen notwendig sind und ob Eindämmungen notwendig sind, die zu einem Wildwuchs geführt haben. Es bringt nichts, an dieser Stelle eine Exegese darüber zu betreiben, ob das so gedacht war oder nicht.

Wir müssen konstatieren, dass etwas in die falsche Richtung gelaufen ist, und nun gibt es eine Initiative, die dies reparieren und eine rechtliche Klarstellung herbeiführen möchte. Das ist gut so. Ich weiß nicht, wie Herr Harms diese Initiative findet, aber drei Fraktionen im Hause meinen, das ist eine gute Sache.

Herr Möllring, wir hatten noch nicht das Vergnügen, in diesem Hohen Hause unsere Argumente auszutauschen. Deswegen möchte ich mir Zeit nehmen, um auf Ihre Rede einzugehen und drei Punkte dazu ansprechen.

Auch uns verbindet, dass wir Zeitverträge als Merkmal des Wissenschaftssystems anerkennen. Wie Sie darauf gekommen sind, über Oberräte zu

reden, entzieht sich meiner Kenntnis. Hierzu fehlten mir der Anlass und der Aufhänger.

Ich habe über Tenure-Track gesprochen; hierbei handelt es sich nun wirklich um das Alternativmodell. Insofern möchte ich das gern wiederholen. Weder in dieser Rede noch in anderen Reden sprechen wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN rückwärts gewandt über alte Personalstrukturen. Wir müssen uns endlich modern und international aufstellen und unseren jungen Leuten Karrierewege geben. Darüber werden wir noch ausführlich debattieren müssen.

Zu Ihren Äußerungen zu den Befristungen hat Frau Dr. Pähle eigentlich alles gesagt. Die von Ihnen angesprochenen Beispiele sind rechtlich geregelt und treffen nicht den Kern des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes. Wenn Sie nur für drei Monate Mittel zur Verfügung haben, dann können Sie auch nur einen Vertrag über drei Monate abschließen; das setzt auch das Wissenschaftszeitvertragsgesetz nicht außer Kraft.

Deswegen bleibt mir am Ende der Debatte mit Blick auf Ihren Redebeitrag nur festzuhalten, dass ich kein Argument von Ihnen gehört habe, das gegen die Bundesratsinitiative spricht. Insofern stehe ich auch jetzt noch ein bisschen ratlos da und frage mich, warum Sie denn dagegen sind. Argumente haben Sie dazu nicht angeführt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In einem Punkt unterscheide ich mich allerdings auch von Frau Pähle. Sie weiß es, aber ich sage es trotzdem noch einmal: Auch der Bundesrat unterliegt dem Diskontinuitätsprinzip, das unser parlamentarisches System auszeichnet. Im September finden Bundestagswahlen statt; danach werden wir einen anderen Bundesrat haben. Wenn wir sagen, das ist eine richtige Initiative, die wir unterstützen wollen, dann müssen wir sie jetzt unterstützen, weil sie danach sozusagen obsolet ist. Deswegen beantrage ich für meine Fraktion die Direktabstimmung über unseren Antrag. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Herr Borg- wardt, CDU: Wie sieht der Bundesrat denn dann aus?)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dalbert. - Wir treten nach dem Abschluss der Debatte in das Abstimmungsverfahren ein. Wir haben zunächst über die Überweisung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drs. 6/2098 in den Ausschuss abzustimmen. Sollte sich dafür keine Mehrheit finden, entscheiden wir per Direktabstimmung.

Es ist von mehreren Rednern eine Überweisung in den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft

beantragt worden. Wer dafür ist, den vorliegenden Antrag in den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft zu überweisen, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Niemand. Somit ist der Antrag zur Beratung in den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft überwiesen worden. Ich schließe den Tagesordnungspunkt ab.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Beratung

Investitionen und Standards zukunftsfähig gestalten

Antrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/2141

Für die Einbringerinnen erteile ich dem Abgeordneten Herrn Thomas das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man über Standards redet, dann redet man schnell über Bürokratie. Jeder von uns in diesem Hohen Hause hatte, denke ich, schon seine persönlichen Erfahrungen mit Verordnungen, Gesetzen und Antragsformularen. Ich unterstelle einmal, dass diese Erfahrungen nicht immer angenehm waren, sondern dass sie mit Belastungen behaftet waren und in mehr oder minder unangenehmer Erinnerung geblieben sind.

Die Deutschen haben anscheinend einen besonderen Hang zu vielen Regelungen. Manche sprechen sogar von einer gewissen Regelungswut. Bereits Otto von Bismarck hat die Bürokratie als krankhafte Manie gegeißelt.

Franz Kafka formulierte es noch drastischer. Er sagte Folgendes:

„Die Fesseln der gequälten Menschheit sind aus Kanzleipapier.“

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Der berühmte und leider vor wenigen Jahren verstorbene Gesellschaftswissenschaftler Ralf Dahrendorf drückte es schließlich wie folgt aus:

„Wir brauchen Bürokratie, um unsere Probleme zu lösen. Aber wenn wir sie erst haben, hindert sie uns, das zu tun, wofür wir sie brauchen.“

Meine Damen und Herren! Kurzum: Administration, hohe Standards, Gesetze, Vorschriften und Verordnungen umgeben uns. Sie sorgen für Ordnung in unserer Gesellschaft und in unserem Leben. Gäbe es sie nicht, hätten wir eine anarchistische Situation.

Dass sich viele politische Entscheidungen am besten per Gesetz umsetzen lassen, ist ein offenes Geheimnis. Die Versuchung für die Politik, alles per Gesetz zu regeln, ist entsprechend groß.

Aber, meine Damen und Herren, es sind nicht nur die Gesetze, es sind auch die Ansprüche und Standards, die von unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen gefordert werden und deren Umsetzung oft zu aufwendigen und teuren Kontrollmechanismen führt.

Diese - nennen wir sie einmal so - Auflagen kommen zunehmend als Bestandteil von Gesetzen daher. Aber ein Gesetz wäre kein Gesetz, wenn es nicht administriert werden würde. Die Praxis lehrt uns bekanntermaßen, dass selbst einfache und gut gemeinte Vorhaben eine Eigendynamik bekommen, die wir schlicht und einfach als überbordenden Bürokratismus wahrnehmen.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)

Wir alle sind uns darüber im Klaren, dass wir Regeln brauchen. Aber leider tendieren hochkomplexe Rechtssysteme dazu, alle denkbaren Lebenswirklichkeiten möglichst lückenlos abzubilden. Hinzu kommt die Rechtsprechung, die sich zu einem Sachverhalt im Laufe der Jahre auch einmal verändern kann.

Irgendwann fühlt sich der Mensch - machen wir uns dabei nichts vor - ein Stück weit entmündigt. Wir haben stellenweise den Eindruck, dass wir bei unseren Initiativen und unseren Aktivitäten, aber auch in unserer Kreativität eingeschränkt werden.

Meine Damen und Herren! Viele in diesem Teil Deutschlands sind von der friedlichen Revolution enttäuscht, weil sie gemerkt haben, dass ein Rechtsstaat nicht automatisch immer Gerechtigkeit mit sich bringt. Trotzdem müssen wir erklären, dass ohne einen Rechtsstaat keine Gerechtigkeit erzeugt werden kann.

Warum erzähle ich Ihnen das alles? - Die Politik darf sich nicht an der Masse der Gesetze und auch nicht nur an deren Qualität messen, wie viele fälschlicherweise meinen, sondern sie muss sich am praktischen Sinn orientieren.

(Herr Borgwardt, CDU: So ist es!)

Das ist etwas völlig anderes. Wir leben in einer pluralistischen Gesellschaft mit unterschiedlich denkenden und handelnden Menschen. Müssen wir als Politiker wirklich alles regeln? Müssen wir in das Leben der Menschen so oft so tief eingreifen? Entmündigen wir die Bürger nicht, wenn wir versuchen, ihn rechtlich vor sich selbst zu schützen? Ist Deutschland ein schlechtes Land, wenn es selbstverständliche gesellschaftspolitische Normen des täglichen Zusammenlebens ständig in Gesetze hüllt?

Alle diese Fragen beschäftigen uns als CDU-Fraktion. Das ist für uns auch die Motivation für unseren Antrag mit dem Titel „Investitionen und Standards zukunftsfähig gestalten“. Damit ist nichts anderes als das politische Bekenntnis für mehr Wachstum und für mehr Beschäftigung in Sachsen-Anhalt gemeint. Wir wollen dies trotz der Haushaltskonsolidierung erreichen, weil wir der Meinung sind, dass in Investitionen und mehr wirtschaftlichem Wachstum der Schlüssel für künftigen Wohlstand und finanzielle Spielräume besteht.

Sachsen-Anhalt ist das Land der Investitionen. Allein durch die GRW-Förderung haben wir im Jahr 2012 hierzulande 175 Einzelprojekte mit knapp 979 Millionen € gefördert. 2 500 Arbeitsplätze konnten so neu geschaffen werden. Im Jahr 2011 wurden 880 Millionen € investiert. Geschaffen wurden gut 2 000 Arbeitsplätze.

Auch bei den ausländischen Investitionen, meine Damen und Herren, liegt Sachsen-Anhalt ganz vorn. Seit dem Jahr 1991 wurden 330 Projekte mit über 20 000 Beschäftigten gefördert. Aktuell müssen wir die Bestandspflege im Auge haben. Viele mittelständische Unternehmen planen Erweiterungs- und Bestandsinvestitionen, bei denen das Land durch die Sicherstellung der Komplementärfinanzierung helfend zur Seite stehen kann.

Ich bin der Landesregierung außerordentlich dankbar, dass sie sich zur Investitionsförderung bekannt hat und dass sie auch versuchen will, die Drittmittelbindung trotz aller haushalterischen Zwänge sicherzustellen.