schlossen. Seitdem sind die fälligen Sozialbeiträge nicht mehr zum 15. des Monats abzuführen, sondern am drittletzten Bankarbeitstag für den Folgemonat. Zeitgleich wurde ein 13. Beitrag fällig, den die Unternehmen abzuführen hatten. - So viel zur Entstehungsgeschichte des Verfahrens.
Aus heutiger Sicht kann man sagen, die Vorfristigkeit der Beitragszahlungen hat den damals gewünschten Effekt der Liquiditätssicherung der Sozialversicherungskassen durchaus erreicht. Aber ich frage uns alle ernsthaft: Um welchen Preis?
Die Belastungen durch die Regelung bestehen deutschlandweit bis heute. Deswegen fordern wir als CDU-Fraktion unmissverständlich eine schnellstmögliche Rückkehr zum alten System,
zu einem System, wie es vor dem Januar 2006 gültig war. Wir wollen hierbei keine Experimente, sondern die Rückkehr zu einem bekannten und langjährig bewährten System. Mittelstand und Handwerk in Sachsen-Anhalt dürfen nicht weiter durch dieses bürokratische und höchst ungerechte Gesetz belastet werden.
Meine Damen und Herren! Zusätzliche Bürokratie kostet Liquidität. Sie bindet wichtige Ressourcen in den Unternehmen. Das verhindert in der Folge wichtige Innovationen und damit unternehmerischen Erfolg.
Aufgrund der vorfristigen Fälligkeit muss der Arbeitgeber im Vorfeld die Beitragsschuld bis zum sechstletzten Tag eines Kalendermonats schätzen und die Beiträge und infolgedessen die tatsächliche Lohnhöhe nachträglich ermitteln. Jeder Unternehmer muss daher in der Praxis 24 statt zwölf Lohnabrechnungen erstellen. Das, meine Damen und Herren, ist ja wohl ein bürokratisches Absurdum.
Hinzu kommt, dass viele personalintensive Unternehmen Probleme mit der Abrechnung der Stundenleistung haben. Vor dem Monatsende sind die Arbeitsstunden der Mitarbeiter in der Regel noch nicht vollständig ausgerechnet. In jedem Monat müssen also sowohl die Abschlagszahlungen für den laufenden Monat errechnet und überwiesen werden als auch zusätzlich die Berechnung des tatsächlichen Beitrages des Vormonats und ein Ausgleich der bereits vorgenommenen Abschlagszahlung erfolgen.
Meine Damen und Herren! Dass dies extrem teuer ist, insbesondere für personalintensive Unternehmen, die ihre Lohnbuchhaltung in externe Steuerberatungsunternehmen ausgegliedert haben, möchte ich hier nur am Rande erwähnen. Hinzu kommen noch unterschiedliche regionale Bankarbeitstage und über das ganze Bundesgebiet verstreute Krankenkassen.
Wir müssen daher wieder zurück zu einem System, nach dem die Sozialversicherungsträger dann den Beitrag bekommen, wenn auch der Arbeitnehmer seinen Lohn erhalten hat. Dies ist im Übrigen auch eine der zentralen Forderungen der Präsidenten der ostdeutschen Handwerkskammern vom 15. April 2013, die wir seitens der CDU-Fraktion gern aufnehmen und mit dieser parlamentarischen Initiative unterstützen.
Ein weiterer Grund, warum wir gegen dieses Verfahren sind, ist der Liquiditätsentzug durch das Einbehalten des 13. Beitrages im Jahr 2006. Nach Angaben des ZDH beträgt die daraus resultierende Liquiditätslücke der gesamten deutschen Wirtschaft rund 20 Milliarden €, Geld, das die Unternehmen vorgestreckt haben.
Die Unternehmen sind aber nicht die Spardosen der Sozialversicherungsträger; denn deren Kassen sind - das wissen wir alle - außerordentlich üppig gefüllt. Allein im Jahr 2012 erzielte die Rentenversicherung einen Überschuss von 4,8 Milliarden €, die Krankenversicherung einen Überschuss von 8,5 Milliarden € und die Bundesagentur für Arbeit einen Überschuss von 2,6 Milliarden €. Auch die Pflegeversicherung weist ein Plus von 100 Millionen € auf. Zusammengefasst sind dies Mehreinnahmen von 15,8 Milliarden € in nur einem Jahr.
Meine Damen und Herren! Dies rechtfertigt ein Festhalten an dem aktuellen Verfahren in keiner Weise. Die seinerzeit im Zuge des sogenannten Mittelstandsentlastungsgesetzes eingeführte Vereinfachungsklausel ist für weite Teile des Handwerks und insbesondere für Unternehmen im Dienstleistungssektor völlig untauglich, da die Beschäftigung saisonbedingt schwankend ausfallen kann. Lassen Sie sich nichts anderes einreden; denn die Entgeltsumme des Vormonats zur Berechnung des laufenden Monats heranzuziehen, eignet sich für diese Betriebe schlicht und ergreifend überhaupt nicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen handeln. Mit dem vorliegenden Antrag wollen wir die Grundlage für eine geplante Bundesratsinitiative schaffen. Mittelstand und Handwerk müssen entlastet werden.
Die CDU steht für eine Entbürokratisierung, erst recht vor dem Hintergrund, dass die Rückkehr zu dem alten System weitgehend aufkommensneutral umgesetzt werden kann. Die Unternehmen sind durch die Hintertür enteignet worden. Jetzt ist es höchste Zeit, das vorgestreckte Geld zurückzugeben.
Lassen wir uns nicht durch Bedenkenträger verrückt machen, die schon wieder den drohenden Kollaps der Sozialversicherung herbeiorakeln.
Wenn es nach denen geht, dann können Mittelstand und Handwerk auch in Zukunft in die sprichwörtliche Röhre schauen.
Der Zeitpunkt ist gekommen, dass wir aus dem Landtag heraus ein starkes Zeichen für die Unternehmen im Land setzen, dass wir ihre Sorgen ernst nehmen. Die Vorfristigkeit der Sozialversicherungspflicht ist ein Relikt aus Krisenzeiten. Es waren aber genau diese Unternehmen, die dafür gesorgt haben, dass Deutschland das stabilste Wachstum der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes in der Eurozone hat. Dafür müssen sie endlich und ohne Wenn und Aber belohnt werden.
Ich möchte zum Schluss der Landesregierung dafür danken, dass sie bereit ist, eine mögliche Bundesratsinitiative zu unterstützen. Der Antrag der Koalitionsfraktionen impliziert zunächst eine Anhörung zu der Thematik. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir als Ergebnis der Anhörung gemeinsam mit der Wirtschaft des Landes eine Bundesratsinitiative auf den Weg bringen können.
Danke sehr, Herr Kollege Thomas, für die Einbringung. - Für die Landesregierung spricht Minister Herr Bischoff.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Manche haben sich gewundert, warum jetzt der Sozialminister spricht, weil die Initiative von den Wirtschaftsexperten aus den regierungstragenden Fraktionen kommt; aber die Ursache dieser Veränderung hat ja nicht die Wirtschaft verursacht, sondern die finanzielle Situation der Sozialkassen. Auf die Probleme und auf die Situation in den Jahren 2004 und 2005 hat Herr Thomas schon hingewiesen.
Ich will jetzt nicht darauf hinweisen, welche Schwierigkeiten es damals gab. Es gab ja tagtäglich auch Diskussionen auf der Bundesebene - diese haben zwar den Landtag nicht erreicht -, wie es gelingen könne, die Liquidität der Sozialkassen zu sichern. Das kann man ohne Weiteres sagen.
Es gab die Schwierigkeit für die Betriebe, die Sie auch genannt haben, dass immer geschätzt werden musste, wie der laufende Monat war, damit man dann am drittletzten Banktag die Einzahlung machen konnte. Dann wurde die Vereinfachung gemacht, wozu Sie gesagt haben, einige profitieren nicht davon, dass man das Ergebnis des Vormonats nehmen konnte, um das sozusagen zu
An das Sozialministerium und an die Staatskanzlei ist das Thema schon vor gut einem Dreivierteljahr mit der Bitte um Rücknahme der Vorfristigkeitsregelung bezüglich der Sozialversicherungsbeiträge herangetragen worden. Wir haben es seinerzeit geprüft und haben auch der Staatskanzlei Mitteilung gegeben, aber den Landtag nicht eingebunden, weil es nur eine Anfrage an die Landesverwaltung war.
Wir werden den Antrag zum Anlass nehmen, noch einmal zu prüfen und uns zu vergewissern, welche Meinung die Fachebene vertritt, was die Sozialkassen angeht - man kann schon ahnen, was dann kommt -, aber auch was die Arbeitgeberverbände und Kammern dazu sagen.
Von daher will ich das Thema in beiden Ausschüssen noch einmal ansprechen, damit der Landtag frei ist zu entscheiden, wie er damit umgeht. Das ist sinnvoll.
Ich will an dieser Stelle nur einen Punkt ansprechen. Der ist mir schon einmal aufgefallen - daran können Sie sich sicherlich erinnern -, als es darum ging, die Praxisgebühr abzuschaffen. Ich war am Anfang dagegen, die Praxisgebühr abzuschaffen, und zwar aus folgendem Grund. Wir können nicht sagen, wir schaffen die Praxisgebühr jetzt ab, weil die Sozialkassen gerade viel Geld haben, und wenn sie einmal weniger Geld haben, dann führen wir die Praxisgebühr wieder ein. Wir dürfen also nicht nach dem Motto verfahren: Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln. Die Praxisgebühr muss vielmehr, wenn man eine Veränderung will, gänzlich abgeschafft werden, und das auf Dauer. Das habe ich auch dem Bundesminister gesagt.
In dem in Rede stehenden Fall verhält es sich ähnlich. Man wird der Wirtschaft keinen Gefallen tun zu sagen: Jetzt geht es den Sozialkassen gut, deshalb können wir das rückgängig machen, und wenn es in fünf, sechs Jahren anders ist, dann führen wir es wieder ein. Damit schaffen wir wirklich Chaos.
Von daher sagen wir: Wir prüfen es in Ruhe und berichten darüber in den zwei Ausschüssen. Wenn Sie da noch eine Anhörung machen, ist das sinnvoll.
Ich habe bisher den Druck aus den anderen Ländern noch nicht gespürt. Von daher bin ich gespannt, wie es weitergeht. Eine Bundesratsinitiative ist aus meiner Sicht nur dann sinnvoll, wenn man ein paar Verbündete in den Ländern hat. Die Wirtschaftsministerkonferenz hat sich, glaube ich, schon einmal dafür ausgesprochen, die Regelung abzuschaffen.
gen, was wir ihnen vortragen, ist richtig; der Antrag der LINKEN geht zu weit. Wir werden uns mit der Landesregierung und auch mit dem Wirtschaftsminister abstimmen. Dann sehen wir weiter.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Die Koalition handelt“, hat Kollege Thomas gerade gesagt. Das ist doch schon einmal ein erfreulicher Ansatz an diesem Tag.
Allerdings ist es immer sehr schwer nachzuvollziehen, warum ein scheinbar kleines Problem so weitschweifig begründet werden muss.
- Warum ein an sich kleines Problem - das habe ich ja gesagt - so weitschweifig begründet werden muss. Das haben Sie ja getan.
Wir konnten uns noch einmal vergegenwärtigen, wie schwierig die Situation seit dem Jahr 2005 für die Unternehmen hier gewesen ist. Ich kann aus eigener Erfahrung bestätigen, dass das wirklich so ist.
Sie sprachen an, dass die Bundesrepublik Deutschland den kleinen und mittleren Unternehmen ungefähr noch 20 Milliarden € schuldet. Wir müssten vielleicht noch einmal über das Thema Rückgabe vor Entschädigung nachdenken.
Warum dieses Thema allerdings ein wichtiger Bestandteil der künftigen Wirtschaftspolitik sein soll, hat sich mir erst auf den zweiten Blick erschlossen. Denn vor allem der Bundesvorstand der mittelständischen Wirtschaft und die Handwerkskammern machen sehr massiv mobil und sagen: Es wird Zeit, bei der gut gefüllten Rentenkasse diese Ungerechtigkeit aus dem Jahr 2005 zu beseitigen. Das kann ich sehr gut nachvollziehen.
Nicht nur am 15. April 2013, lieber Kollege Thomas, sondern bereits am 14. Dezember 2012 forderte der Handwerkstag Sachsen-Anhalt die Rücknahme der im Jahr 2006 eingeführten Vorfälligkeit von Sozialversicherungsbeiträgen und er forderte den Landtag des Landes Sachsen-Anhalt auf, noch auf seiner heutigen Sitzung eine entsprechende Bundesratsinitiative zu beschließen. Ich