Protocol of the Session on April 25, 2013

Herr Thomas, auf die anderen Flexibilisierungsoptionen möchte ich im Detail nicht eingehen. Ich will nur sagen: Auch auf der Nachfrageseite müssen wir natürlich gucken, dass beim Lastmanagement, wenn nicht viel erneuerbare Energie im Netz ist, einzelne Anwendungen zurückgefahren werden. Auch da gibt es Möglichkeiten. Die müssen wir ausnutzen und da gibt es noch Spielräume. Das ist auch möglich. Das haben wir auch durchgerechnet.

Herr Möllring, Sie sprechen von 4 000 Arbeitsplätzen im energetischen Bereich der Braunkohle. Sie sind neu, ich sehe es Ihnen nach.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Diese Zahl ist falsch. Und auch wenn die CDU immer falsche Zahlen benutzt,

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

bringt uns das nicht weiter.

(Zurufe von der CDU)

Ich habe eine Kleine Anfrage gestellt, und diese Zahl, die wir berechnet haben - wir haben das nämlich nachgezählt -, lautet:

(Herr Thomas, CDU: Die Sie nachgerechnet haben!)

1 400 Arbeitsplätze im energetischen Bereich der Braunkohle.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Gerade weil wir auch eine Verantwortung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, die in diesem Industriezweig arbeiten, und weil wir wissen, dass uns aus Klimaschutzgründen nichts anderes übrigbleibt, als sukzessive und sozialverträglich aus der Braunkohleverstromung auszusteigen, ist es sinnvoll, dieses Auslaufmodell nicht weiter am Leben zu erhalten, mit den Subventionen Schluss zu machen und den Leuten keinen weiteren Sand in die Augen zu streuen, sondern zu sagen: Diese Arbeitsplätze werden perspektivisch auslaufen - „perspektivisch“ heißt bis zum Jahr 2030.

Nun noch zu dem Thema Subventionen. Allein in den neuen Bundesländern sind seit der Wende 9,1 Milliarden € für die Sanierung der Tagebaue ausgegeben worden.

Herr Erben, Sie haben gefragt, was wir mit dem Wasserentnahmeentgelt wollen. Es wird in großem Umfang Grundwasser abgepumpt und in Oberflächengewässer eingeleitet. Grundwasserkörper und Oberflächenwasserkörper verändern sich in der Struktur. Da muss man gegebenenfalls nachsteuern - das wissen wir doch alle -, hoher Grundwasserstand, Vernässungen, Hochwasser bei den Oberflächengewässern. Dafür brauchen wir das Geld, um hier anständig lenken und das Geld einsetzen zu können.

Sie fragen: Warum Eigenstromregelung? Ich möchte auf Ihre Frage zur Eigenstromregelung antworten. Warum soll jemand ausgenommen werden? Die Antwort ist ganz einfach: Die Leute müssen sich an der Energiewende beteiligen. Das muss fair erfolgen.

(Zuruf von der CDU: Ah!)

Deshalb müssen alle was dazutun. Wir haben das durchgerechnet. Wenn die Unternehmen, statt keine EEG-Umlage zu zahlen, in Zukunft wenigstens mit 0,5 Cent beteiligt werden, dann ist das ein Baustein, der dazu beiträgt, dass der Strompreis für Haushalte und für das Handwerk um 2 Cent gesenkt werden kann. Diese Vorschläge, die wir unterbreitet haben, sollten sich Altmaier und Rösler endlich zu eigen machen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Herr Borg- wardt, CDU: Das sind eure eigenen Rech- nungen!)

- Die Rechnungen, Herr Borgwardt, habe ich hier im Einzelnen schon mehrfach vorgestellt. Wir haben eine Broschüre gemacht, die wir Ihnen zu Weihnachten geschenkt haben. Bitte lesen Sie das doch einmal nach. Da ist alles aufgeführt. Das ist alles minuziös durchgerechnet.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Herr Möllring, Braunkohle ist Eigentum des gesamten Volkes, sagen Sie. Ja, Eigentum des gesamten Volkes. Und wenn ein Unternehmen daran partizipiert und damit Gewinne macht, dann ist es doch mehr als recht und billig, dass dieses Unternehmen auch Geld davon an die Bevölkerung, an die Allgemeinheit zurückgibt.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU)

Es sind hier einige Dinge genannt worden; 23 Jahre Einigungsvertrag. Ich möchte hier in diesem Haus eine Feinheit darstellen, die noch nicht diskutiert wurde. Der Einigungsvertrag sieht vor, dass Bergwerkseigentum von der Förderabgabe ausgenommen wird. Aber die Grenzen des Bergwerkseigentums der Mibrag stimmen nicht mit den Abbaugrenzen für den Tagebau Profen überein. Also hätte die Mibrag eigentlich eine Förderabgabe zahlen müssen.

(Herr Erben, SPD: Sie reden jetzt seit acht Minuten!)

Frau Frederking, kommen Sie bitte zum Ende.

Was passierte? - Auch hier hat das Land wieder ein Auge zugedrückt und unter dem Vorwand der Wettbewerbsgleichheit gesagt, ihr müsst die Förderabgabe nicht zahlen. Wir haben es dargestellt. Es sind mehrere Subventionstatbestände. Wir wollen das nicht weiter aufrechterhalten. Stimmen Sie unserem Antrag zu, der fordert, dass diese Subventionen abgebaut werden und dass auch die Energiekosten für alle fair verteilt werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Damit ist die Debatte beendet. Wir treten in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 6/1981 ein. Es wurde keine Überweisung beantragt, jedoch eine Einzelabstimmung der Punkte.

Ich rufe also den Punkt 1 des Antrags auf. Wer stimmt dem zu? - Das ist die Antragstellerin, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer

enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Damit ist Punkt 1 abgelehnt worden.

Ich rufe den Punkt 2 auf. Wer stimmt dem zu? - Das sind die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist auch dieser Punkt abgelehnt worden.

Ich rufe den Punkt 3 auf. Wer stimmt dem zu? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist auch dieser Punkt abgelehnt worden. Wir haben den Tagesordnungspunkt beendet.

Bevor ich den Tagesordnungspunkt 3 aufrufe, möchte ich noch eine Bemerkung machen. Bei dem letzten Tagesordnungspunkt haben alle Redner ihre Redezeit erheblich überzogen. Wir haben uns für die zwei Tage ein straffes Programm vorgenommen. Deswegen werde ich jetzt zeitiger eingreifen, damit die Chancengleichheit gewährleistet ist.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 3 auf:

Beratung

Rücknahme der vorfristigen Fälligkeit zu den Sozialversicherungsbeiträgen

Antrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/2005

Änderungsantrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/2018

Einbringer ist der Kollege Thomas. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte den Fokus nun auf ein Thema lenken, das seit vielen Jahren für erheblichen Unmut bei den Unternehmen in Deutschland und auch in Sachsen-Anhalt sorgt. Die Rede ist von der sogenannten Vorveranlagung der Sozialversicherungsbeiträge. In den zurückliegenden Jahren ist viel darüber verhandelt worden. Insbesondere immer dann, wenn die Politik über Entbürokratisierung sprach, stand dieses Thema ganz oben auf der Agenda.

Erst kürzlich las ich in einem Beitrag, dass eine Handwerkskammer in Niedersachsen eine Umfrage gestartet hat, bei der sie von den Unternehmen die Rangfolge der größten Bürokratiemonster Deutschlands wissen wollte. Platz 3 fiel auf die Gema. Platz 2 belegte wenig überraschend die GEZ. Auf Platz 1 wurde durch die Mitgliedsunternehmen die Vorfristigkeit der Sozialversicherungsbeiträge gewählt. Das ist für mich der Punkt, den ich völlig unverständlich finde und der uns veranlasst hat, diesen Antrag heute einzubringen.

Vor mehr als hundert Jahren hat kein anderer als Otto von Bismarck den Grundstein für unseren

heutigen Sozialstaat gelegt. Deutschland wurde so zum weltweiten Vorreiter in der Sozialpolitik. Aus dem Nichts wurden ohne moderne Datenverarbeitung lokale Versicherungen geschaffen.

Meine Damen und Herren! In Windeseile wurde ein System etabliert, das auch deswegen so erfolgreich war, weil es nachvollziehbar und einfach ausgelegt wurde. Viele Länder der Welt haben in der Folgezeit dieses System übernommen oder sich zumindest daran orientiert. Mir ist kein Land bekannt, in dem die Abführung von Sozialabgaben mit einem derartig hohen bürokratischen Aufwand verbunden ist wie bei uns.

Wir erinnern uns: Es waren die Jahre 2004 und 2005. In der deutschen Wirtschaft lief es nicht rund. Im Jahr 2004 verzeichnete Deutschland erstmals nach drei vorangegangenen Jahren der Stagnation ein Wirtschaftswachstum von knapp 1,7 %. Das war seinerzeit im europäischen Maßstab nicht besonders viel. Der Arbeitsmarkt lag am Boden.

Im Jahr 2004 gab es deutschlandweit knapp 4,4 Millionen Arbeitslose. Die Zahl der Arbeitslosen sollte im Jahr 2005 auf knapp 4,7 Millionen ansteigen. Drei Jahre Rezession und fast fünf Millionen Arbeitslose ließen die deutschen Sozialsysteme regelrecht kollabieren.

Meine Damen und Herren! Erst Anfang 2003 war der durchschnittliche Beitragssatz aller Krankenkassen auf den Rekordwert von 14,4 % gestiegen. Anfang 2002 hatte der Beitragssatz noch bei 14 % und Anfang 2001 bei knapp 13,6 % gelegen. Die damalige Regierung hatte auch den Rentenbeitrag zum 1. Januar 2003 von 19,1 % auf 19,5 % anheben müssen.

Das sind viele Zahlen, die ich noch einmal zusammenfassen möchte. Die gesamten Sozialbeiträge summierten sich damit nun auf den Wert von 42,1 %. Doch das alles half nichts. Trotz der Beitragssteigerungen drohte ein milliardenschweres Loch bei den Sozialkassen.

Allein die Rentenversicherer gingen seinerzeit von einer Deckungslücke in Höhe von 750 Millionen € aus. Die damalige Bundessozialministerin Ulla Schmidt sprach gar von einer Unterdeckung in Höhe von 5,5 Milliarden €. Der Druck war so groß, dass man zwischenzeitlich sogar eine erneute Steigerung des Rentenbeitrags von 19,5 % auf 19,9 % ins Auge fasste. Diese wurde dann aber aufgrund der Bundestagswahl und auch um den beginnenden wirtschaftlichen Aufschwung zu beschleunigen, nicht umgesetzt.

Meine Damen und Herren! Stattdessen kam man auf die Idee, die Wirtschaft durch ein Vorziehen der Sozialbeiträge um einen Monat ins Obligo zu nehmen. Dieser Vorschlag wurde schließlich am 3. August 2005 mit Wirkung zum Januar 2006 be

schlossen. Seitdem sind die fälligen Sozialbeiträge nicht mehr zum 15. des Monats abzuführen, sondern am drittletzten Bankarbeitstag für den Folgemonat. Zeitgleich wurde ein 13. Beitrag fällig, den die Unternehmen abzuführen hatten. - So viel zur Entstehungsgeschichte des Verfahrens.