Wir sehen übrigens, dass tatsächlich einer Reihe von Mitgliedern der Koalition zumindest auf den Parteitagen gar nicht klar ist, was diese Zahl 400 bedeutet. In dem Koalitionsvertrag steht zum Beispiel, dass wir die Ganztagsschulen ausbauen wollen. Ja, Ganztagsschulen baue ich nicht dadurch aus, dass ich die Kinder dort allein lasse. Ich
brauche entweder mehr Lehrer oder mehr pädagogische Mitarbeiter - beides ist nicht drin. Beides soll radikal zusammengekürzt werden. Pädagogische Mitarbeiter sollen gar nicht eingestellt werden
und bei den Lehrern will man offensichtlich auf eine Minimalvariante herunterfahren. Dann muss man aber klar sagen: Wir wollen diesen Neueinstellungskorridor, und dies bedeutet, Ganztagsschulen, die jetzt schon arbeiten, werden in Zukunft abgeschafft werden. Das ist die Konsequenz. Aber bitte seien Sie so ehrlich und sagen Sie das den Leuten.
Nun legt sich der Koalitionsvertrag an einer Stelle fest. Er besagt, dass es am Ende dieser Legislaturperiode 6 300 Polizisten im Vollzugsdienst geben soll. Dazu sagen wir: Für diesen Bereich ist das eine vernünftige und akzeptable Zielstellung. Sie macht - das möchte ich auch sagen - einen Rückgang in diesem Bereich deutlich.
Wir liegen zurzeit im Vollzugsdienst der Polizei zwischen 6 900 und 7 000 Beamten. Aber wir wissen, dass wir selbst in diesem Bereich in den nächsten Jahren pro Jahr einen Altersabgang in der Größenordnung zwischen 300 bis 500 Polizisten haben werden - zwischen 300 und 500 Polizisten!
Und jetzt rechnen Sie das einmal für fünf Jahre durch. Nehmen wir einmal nur 300 Polizisten, also den unteren Rand. Das bedeutet einen Abbau von 1 500 Leuten im Vollzugsdienst. Wir liegen jetzt bei nicht mehr ganz 7 000. Wenn Sie 6 300 am Ende der Legislaturperiode halten wollen, dann müssen Sie in den nächsten Jahren 800 Leute einstellen. Das schaffen Sie mit einem Sockel von etwa 180. Die Rechnung ist relativ einfach und deswegen hat sie, glaube ich, auch die Koalition durchgeführt. Das bedeutet aber, dass wir von den 400 Neueinstellungen in jedem Jahr 180 bei der Polizei haben müssen; denn ansonsten wird die Zielgröße von 6 300 nicht erreichbar sein.
Dann sagen Sie aber, welche Konsequenzen das hat. Wie viele Lehrer wollen wir in diesem Land in den nächsten Jahren einstellen? - Ursprünglich waren 310 Einstellungen in den allgemeinbildenden Schulen vorgesehen. Das wird nun wohl innerhalb des 400 Stellen umfassenden Einstellungskorridors nicht mehr möglich sein. Das ist rein rechnerisch nicht mehr möglich.
Deswegen verlangen wir von Ihnen: Sagen Sie, wie viele in diesem Bereich eingestellt werden sollen, wie viele an den Hochschulen eingestellt werden sollen und wie viele in den Fachämtern eingestellt werden sollen. Sagen Sie das, damit wir wis
sen, worauf dieser Landesdienst hinausläuft, wo er in nächster Zukunft strukturell überfordert sein wird und wo wir dann auch inhaltlich dagegen argumentieren müssen. Das ist Ihre Bringepflicht. Das verlangen wir einfach von Ihnen.
Dann haben wir das nächste Problem. Man kann natürlich sagen: Na ja, diese Dinge werden uns alle erst später erwischen, und zwar im Endeffekt erst in der nächsten Legislaturperiode. Aber wir wissen, dass Personalpolitik langfristig angelegt ist, und wir wissen auch, dass diese Dinge jetzt gemacht werden müssen.
Wir sagen ausdrücklich: Diese Politik hat ein Glaubwürdigkeitsproblem. Wer vor den Wahlen die Zahl 800 und nach den Wahlen die Zahl 400 nennt und als Begründung dafür angibt, wir wollten eine Schuldenbremse einführen, der sagt im Grunde genommen nichts anderes als: Wir haben euch zwar einen Einstellungskorridor von 800 Stellen versprochen - denn das sind dieselben Leute, die vorher die Zahl 800 aufgeschrieben haben -, aber inzwischen haben wir es uns anders überlegt und wollen nur noch 400.
Das ist ein Anschlag auf die Glaubwürdigkeit der Politik und deswegen kritisieren wir das so deutlich, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Dieser Anschlag auf die Glaubwürdigkeit der Politik wird jetzt weitergeführt. Jetzt kommt diese Protokollnotiz und darin sehen wir auf einmal, dass jeder Ressortleiter fünf neue Stellen im Jahr 2011 bekommen soll, die er frei besetzen kann. Diese Stellen sollen später abgebaut werden, sind aber zwischen den Ressorts beweglich; also kann man immer noch viel machen. Und sie sollen den fest vereinbarten Neueinstellungskorridor der Ressorts nicht berühren - also muss es den ja geben. Dann können Sie ihn uns doch nennen.
Das eigentliche Problem besteht aber darin: Von der Landesverwaltung insgesamt verlangt man Sparen, Sparen und Sparen; von den frei werdenden Stellen besetzen wir nur noch jede fünfte, vier bleiben frei. Aber für uns selbst, für die Politik, gilt diese Spielregel nicht. Wir schaffen für jeden Minister schnell noch fünf neue zusätzliche Stellen.
Das, liebe Kollegen, ist ein Skandal. Da predigt man Wasser und trinkt Wein, und das nicht zu knapp.
An dieser Stelle wird noch eine weitere Regel verletzt, und zwar ganz substanziell. In dieser Vereinbarung steht doch, im Jahr 2011 werden fünf neue Stellen geschaffen. Und dann sehen wir in der Presse, dass die einzelnen Minister zum Teil schon
Das Problem ist nur, liebe Kolleginnen, dass das ein klarer Gesetzesverstoß ist. Es gibt nur eine einzige Chance, neue Stellen zu schaffen, und diese einzige Chance besteht darin, hier einen Nachtragshaushalt vorzulegen und den zu beschließen.
Das ist nicht passiert. Es kann überhaupt keine neuen Stellen geben, die hier in irgendeiner Form besetzt worden sind. Das hätte man frühestens 2012 tun können oder wir hätten einen Nachtragshaushalt haben müssen. All das ist nicht passiert. Deswegen sind die Regeln an dieser Stelle noch einmal substanziell verletzt worden.
Ich sage mit aller Deutlichkeit - das betrifft nicht nur die Opposition; das betrifft auch die Koalition -: Wer in dieser Art und Weise wegschaut und sagt „Soll die Regierung mal machen!“, der akzeptiert den weitergehenden, schleichenden Kompetenzverlust dieses Landtages, der stellt irgendwann einmal die Frage: Wozu sind wir eigentlich noch da? Das kann doch alles die Regierung machen.
Das Budgetrecht ist die höchste Kompetenz dieses Landtages. Wenn wir diese von der Landesregierung untergraben lassen und wegsehen, dann stellen wir uns selbst und damit auch unsere Glaubwürdigkeit infrage, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Nun habe ich schon gehört, dass es den Einwand geben soll, unsere Kollegen in Brandenburg würden es auch nicht anders machen. Man müsste sich zur Seriosität der Diskussion einmal die Fakten ansehen.
- Sie haben null geschaffen. Nicht eine einzige neu geschaffene Stelle ist besetzt worden, wie es geschrieben steht.
Es sind natürlich die Stellen besetzt worden, die von den Vorgängerministern freigemacht worden sind.
Der Kollege Speer hat seine Leute mitgenommen und dann sind die Stellen besetzt worden, die dort frei geworden sind.
haben lediglich befristete Arbeitsverträge. Das heißt, sie scheiden mit dem Ende dieser Legislaturperiode aus. Und dann gibt es keine Stelle, die dort übrig bleibt und abgebaut werden muss. Das sind die grundlegenden Unterschiede.
- Das wird tatsächlich überall so gemacht. Aber ein zweiter, ein dritter und ein vierter Pressesprecher, ein stellvertretender Büroleiter - das sind schon Besonderheiten Sachsen-Anhalts. Fünf neue Stellen, das ist etwas grundsätzlich anderes. Das ist die Situation, über die wir hier reden.
Erstens. Lassen Sie uns eine gemeinsame Personalpolitik machen, die nicht nur auf Ausgabenkürzung ausgerichtet ist, sondern die ausdrücklich auch die Verantwortung für die öffentliche Daseinsvorsorge in der Perspektive im Auge hat.
Zweitens. Lassen Sie uns klar das Signal aussenden: Regeln, deren Einhaltung wir von allen anderen im öffentlichen Dienst verlangen, gelten auch für die Politik. Wir schaffen für uns keine anderen Regeln als für alle anderen.
Drittens. Wehren wir uns gemeinsam gegen die weitere Aushöhlung der Kompetenz dieses Landtages. Das ist unsere Pflicht im Interesse der Landesverfassung. - Danke, liebe Kollegen.
Danke, Herr Gallert. - Wir haben nun gemeinsam die Freude, Schülerinnen und Schüler der Integrierten Gesamtschule „Willy Brandt“ in Magdeburg zu begrüßen.