Die zwei zuerst genannten Verfahren beschäftigen sich mit dem so genannten Kopftuchverbot. Es geht dabei um arbeitsrechtliche Prozesse, gegen die wegen einer vermuteten Verletzung der Religionsfreiheit und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geklagt wird.
Das dritte genannte Verfahren ist ein abstraktes Normenkontrollverfahren und richtet sich gegen die im Zusammenhang mit dem ZDF-Staatsvertrag vorhandenen Gesetze und Beschlüsse der Länder. Antragssteller ist das Land Nordrhein-Westfalen. Es geht dabei insbesondere um die Zusammensetzung des ZDF-Fernsehrates bzw. des Verwaltungsrates und darum, ob sich diese Gremien ausreichend weit staatlichen Organisationen und Einflüssen der Parteien entziehen konnten oder nicht.
Zu allen drei Verfahren empfiehlt der Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung einstimmig, keine Stellungnahme abzugeben. Ich bitte Sie, dieser Beschlussempfehlung des Ausschusses zu folgen.
Wir kommen zur Abstimmung über die Drs. 6/73 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht, Verfassung und Gleichstellung. Wer der Beschlussempfehlung zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Gegenstimmen? - Keine. Stimmenthaltungen? - Bei einer Stimmenthaltung ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht, Verfassung und Gleichstellung angenommen worden.
Vor dem Eintritt in die Mittagspause bitte ich um Ihre Aufmerksamkeit. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion Herr Borgwardt hat um das Wort gebeten.
Herr Präsident, ich weiß, dass es anders avisiert wurde, aber wir würden die Mittagspause gern in vollem Umfang wahrnehmen und um 14 Uhr mit der Sitzung fortfahren; denn während der Mittagspause finden Sitzungen von Arbeitsgruppen und Ausschüssen statt.
Vielen Dank für den Hinweis. - Ich möchte daran erinnern, dass unter anderem der Ausschuss für Arbeit und Soziales zu Beginn der Mittagspause tagt. Die Ausschussvorsitzende hat die Mitglieder des Ausschusses zur Beratung in den Raum B1 05 gebeten. Die Beratungen des Plenums werden nach der Mittagspause um 14 Uhr fortgesetzt. Wir beginnen mit dem Tagesordnungspunkt 14.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie uns frohgemut in der Tagesordnung fortfahren.
Werter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sehen, dass selbst eine eineinhalbstündige Mittagspause nicht unbedingt ausreichend ist, sodass alle pünktlich erscheinen.
Ich könnte auch sagen: Dafür, dass zu diesem Tagesordnungspunkt die Beteiligung der Koalitionsfraktionen nicht so groß ist, könnte ich mir gute Gründe vorstellen. Aber bei meiner Fraktion sieht es auch nicht besser aus, Frau Budde. Insofern kann es nicht am Inhalt liegen.
Werter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Ausgangspunkt unseres heutigen Antrages sind die Festlegungen zur Personalpolitik im Koalitionsvertrag der Fraktionen der CDU und der SPD sowie die nun bekannt gewordene anhängende Protokollnotiz zu diesem Koalitionsvertrag. Auf die letztgenannte werden wir uns ausdrücklich beziehen, auch wenn sie uns bis heute noch immer nicht offiziell vorliegt. Der Regierungssprecher hat gesagt, dass dieses Papier kein Geheimpapier ist. Und wenn es kein Geheimpapier ist, dann ist es natürlich legitim, hier und heute darüber zu diskutieren.
Kommen wir erst einmal zu dem Problemkreis, der aus meiner Sicht und aus der Sicht meiner Fraktion der wichtigste ist, und zwar die Personalpolitik dieser Koalition in Gänze. Wir hatten zu den Fragen, wie sich vor allen Dingen die Zahl der Landesbediensteten entwickelt und welche Rahmenbedingungen zu bedenken sind, schon zu Beginn dieser Legislaturperiode eine sehr umfangreiche Vorarbeit.
der letzten Legislaturperiode gab es entsprechende Personalkonzepte der Landesregierung. Es gab in diesem Hause eine Enquetekommission, die sich mit diesem Thema intensiv beschäftigt hat. Sie wurde damals auf eine Initiative meiner Fraktion hin gebildet und ist bei den anderen Fraktionen erst einmal mit viel Skepsis gesehen worden. Später ist sie im Grunde genommen aber akzeptiert worden.
In dieser Enquetekommission haben wir die abstrakten Zahlen aus dem Personalkonzept der Landesregierung analysiert. Wir haben darüber mit Betroffenen diskutiert, zum Teil auch mit den Landesbediensteten. Wir haben uns aber auch Gedanken darüber gemacht, welche Konsequenzen die im Personalentwicklungskonzept der Landesregierung enthaltenen Zahlen für die jeweiligen Betroffenen haben, die die Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge benötigen.
Das waren sehr spannende Debatten. Sie sind vor allen Dingen immer dann spannend gewesen, wenn uns einmal aufgezeigt worden ist, was die im Personalentwicklungskonzept enthaltenen abstrakten Zahlen zum Abbau der Beschäftigten im Landesdienst eigentlich für die Aufgabenerfüllung bedeuten. Dafür möchte ich ein Beispiel nennen, an dem man sieht, dass diese Debatte außerordentlich fruchtbar gewesen ist und dass sie die Dinge wirklich vorangebracht hat.
Wir hatten am Anfang der letzten Legislaturperiode mit einem Personalentwicklungskonzept zu tun, in dem stand, dass wir bis zum Jahr 2020 in diesem Land 10 000 aktive Lehrer haben wollen. Das bedeutet, dass bei gleichbleibender Schülerzahl bis zum Jahr 2020 ein Drittel weniger Lehrer als jetzt vor der Klasse stehen.
In dieser Enquetekommission ist mit dem damaligen Kultusminister einfach einmal darüber diskutiert worden, was das denn heißt. Was heißt das für die Perspektive der Schule in diesem Land?
Daraufhin hat er Folgendes getan: Er hat einmal aufgelistet, wie sich allein der Rückgang von jetzt etwa 15 400 aktiven Lehrern auf eine Stellenzahl von 13 500 auf die Parameter in der Schule auswirkt. Daran ist klar geworden, dass wir die Klassenstärken erhöhen müssen. Wir können die Klassenstärken in Sachsen-Anhalt aber nicht ohne Weiteres erhöhen, wenn wir nicht Schulstandorte schließen, weil wir eben eine sehr kleinteilige Schulstruktur haben.
Wir haben weiterhin darüber diskutiert, dass wir die Stundenzahl der Lehrer erhöhen müssen, weil wir mit den vorhandenen Lehrkräften ansonsten das Angebot nicht mehr abdecken können.
Vor dem Hintergrund solcher Parameter sind wir dann zu der Auffassung gelangt, dass eine Zielgröße von 10 000 Lehrern für das Land SachsenAnhalt bis zum Jahr 2020 politisch nicht richtig ist
und dass wir sie deshalb korrigieren sollten. Wir sind dann auf eine Zahl von immerhin 13 500 Lehrern gekommen. Denn wir wussten, dass wir das Unterrichtsangebot in der Schule zusammenkürzen müssten, wenn wir weiterhin die ursprünglich vorgeschlagene Zielgröße verfolgen würden. Und das wollte niemand.
Vor diesem Hintergrund hat sich die Debatte dann in allen Bereichen so ähnlich durchgezogen, wie ich sie eben bezüglich der Pädagogen geschildert habe. Das hat dazu geführt, dass am Ende der Legislaturperiode von der Landesregierung ein Personalentwicklungskonzept dargestellt worden ist, das vorsah, in jedem Jahr dieser Legislaturperiode 800 Neueinstellungen zu realisieren - 800 Neueinstellungen!
Das Konzept meiner Fraktion sah anders aus und sieht anders aus. Wir sagen, wenn wir die öffentliche Daseinsvorsorge etwa in der Qualität aufrechterhalten wollen, in der wir sie brauchen, dann benötigen wir 1 000 Neueinstellungen pro Jahr. Das war die Differenz. 800 Neueinstellungen wollte die Landesregierung, wir schlugen 1 000 Neueinstellungen vor.
Kurz vor der Wahl gingen die Zahlen der Landesregierung oder zumindest die von deren Vertretern ebenfalls nach oben. Sie näherten sich der Größe von 900 Einstellungen pro Jahr an, allerdings nicht in der Summe, sondern immer nur in den Fachbereichen bei den Leuten, bei denen man kurz vor der Wahl gerade gesessen und die Einstellungskorridore beredet hatte.
Im Endeffekt ist es aber so, dass es in diesem Landtag immer einen Konsens darüber gegeben hat, dass die Zahl der öffentlich Bediensteten im Landesdienst insgesamt nicht zu halten gewesen ist und nicht zu halten sein wird. Es ging letztlich um die Frage, ob wir bei 2 000 Menschen, die in jedem Jahr in dieser Legislaturperiode den Landesdienst verlassen, 800, 900 oder 1 000 Neueinstellungen realisieren; das bedeutet eine Wiederbesetzungsquote von 40, 45 oder 50 %. Das sind die Alternativen, über die wir hier diskutieren. Das war im Grunde genommen noch die politische Debatte, die uns hier getrennt hat.
Dazu sage ich ganz deutlich: Das ist nun wirklich eine politische Debatte, die man im Sinne eines Kompromisses gut hätte lösen können; denn so weit liegen die Dinge dann nicht mehr auseinander.
Das, was niemand gewollt hat, ist - und deswegen ist der Vorwurf völlig falsch und absurd -, die Zahl der Landesbediensteten zu erhöhen oder sie auch nur in etwa konstant zu halten. Darüber wurde an dieser Stelle nie diskutiert.
Dann lag auf einmal dieser Koalitionsvertrag vor und darin steht - so haben es mir Koalitionsmitglieder selbst gesagt - „wie Kai aus der Kiste“ die
Um einmal die Dramatik dieser neuen Positionierung zu erklären: Während man vorher vorhatte, bei fünf Abgängen zwei oder 2,5 Stellen mit Neuzugängen zu besetzen, kann man nun, wenn fünf Leute den Landesdienst verlassen, überhaupt nur eine Neueinstellung dagegensetzen. Das ist eine Wiederbesetzungsquote von lediglich 20 %.
Das bedeutet natürlich eine radikale Veränderung. Das bedeutet radikale Einschnitte in der Personalpolitik. Das bedeutet in der Perspektive einen radikalen Abbau der öffentlichen Daseinsvorsorge. Und deswegen sagen wir: Dieser Schritt ist falsch, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Diese Position werden wir auch weiterhin vertreten und wir werden Sie weiterhin damit konfrontieren.
Wir wissen, dass es eine Menge Grummeln auch innerhalb der Koalition gibt, aber offen wird der Widerspruch nicht vorgetragen.
Deswegen verlangen wir zumindest eines von der Koalition und zuallererst von der Landesregierung: Wenn Sie dieses Vorhaben wirklich durchziehen, dann klären Sie uns jetzt darüber auf, wie sich diese maximal 400 Neueinstellungen pro Jahr auf die Ressorts aufteilen sollen. Wie wollen Sie diese 400 Neueinstellungen pro Jahr auf die verschiedenen Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge aufteilen? Und - das ist das Allerwichtigste - welche Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge wollen Sie wegfallen lassen und welche wollen Sie den Leuten in schlechterer Qualität anbieten? Das gehört dazu.
Und wenn Sie diese Aussagen getroffen haben, dann können wir eine gesellschaftliche Debatte darüber in Gang setzen, ob die Reduzierung des Neueinstellungskorridors richtig ist. Unsere Position ist, dass sie nicht richtig ist.
Versuchen Sie, die Menschen davon zu überzeugen, indem Sie die Einschnitte im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge, die damit verbunden sind, offensiv in der Öffentlichkeit vertreten. Wenn Sie das schaffen, dann können Sie es durchsetzen; ansonsten ist es Betrug an den Wählern. Und dabei bleiben wir.