Protocol of the Session on June 9, 2011

Lassen Sie mich zum Schluss meiner Ausführungen noch einen Appell an die GRÜNEN richten. Der Erfolg der regenerativen Energien wird entscheidend davon abhängen, wie es uns in den nächsten Jahrzehnten gelingt, die Grundlastfähigkeit unserer Stromnetze sicherzustellen. Dazu gehören neue Stromleitungen, dazu gehört die Entwicklung neuer Speichermedien, der Bau neuer Pumpspeicherwerke, aber auch die Erzeugung von Strom aus Gas und Kohle.

Wir alle können nicht in die Glaskugel schauen und wir wissen nicht, ob die Probleme der Solarindustrie kurz- oder langfristig sind. Aber nachdem nun endlich die CDU-geführte Bundesregierung den Traum der GRÜNEN vom Atomausstieg erfüllt hat, werden wir jetzt sehr genau darauf achten, ob sie wirklich gewillt sind, Deutschlands Energieversorgung ökologischer zu machen; denn das eine geht nicht ohne das andere. Organisierte Widerstände gegen notwendige Neubauten wie Stromtrassen sind weder hilfreich noch glaubhaft, die Energiewende in Deutschland wirklich zu schaffen. Ich warne ausdrücklich vor energiepolitischen Versprechungen, die nicht erfüllbar sind. Sie tragen

nicht zu einer Erhöhung der Glaubwürdigkeit unserer Politik bei.

An einem windstillen, trüben Wintertag scheint nun einmal keine Sonne auf eine Solarzelle und kein Lüftchen bewegt ein Windrad. Demzufolge wird auch kein Strom erzeugt. Der Verbraucher sitzt nicht nur im Dunkeln, sondern auch im Kalten. Nur durch einen ausgewogenen Energiemix, der auch die einheimische Braunkohle beinhaltet, können wir die Energieversorgung an solchen Tagen sicherstellen.

Ich rufe Sie auf, gemeinsam mit der CDU eine unabhängige und zukunftsfähige Energieversorgung, die vor allen Dingen für uns bezahlbar bleibt und sich auch der Photovoltaik bedient, zu organisieren.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Thomas, Sie hatten sich bereit erklärt, Nachfragen zu beantworten. Kollege Bergmann war der Erste, der sich gemeldet hat. Danach folgen die Kolleginnen Frederking und Dalbert, die ebenfalls Nachfragen haben.

Herr Kollege Thomas, zum einen freue ich mich natürlich - Sie haben es gerade noch einmal erwähnt -, dass die CDU mit der Wende ihrer Energiepolitik - ich hoffe auch, dass sie das mit Überzeugung tut - einen großen Schritt auf uns zugekommen ist. Das spart auch die Energie in der Koalition und Energie für Debatten. Das als Vorbemerkung.

Ich habe eine Frage zu Ihren Ausführungen. Sie sagen, dass der Solarstrom teurer als der Strom aus konventionellen Energieträgern sei und beziehen hierbei auch die Atomenergie ein.

Haben Sie dabei die Mittel berücksichtigt, die aus dem Bundeshaushalt insbesondere für Forschung und Entwicklung kommen und in der Vergangenheit in die Forschungsreaktoren und die Kernkraft geflossen sind, ohne dass sie den Gebührenzahler einen Cent, aber den Steuerzahler eine Menge Geld gekostet haben?

Haben Sie ferner die Nachsorgekosten für die Endlagerung der atomaren Brennstoffe berücksichtigt, die noch nachfolgende Generationen belasten werden? Wenn Sie dies einer volkswirtschaftlichen Betrachtung unterziehen, würden Sie dann bei Ihrer Aussage bleiben?

(Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Geschätzter Kollege Bergmann, der Verbraucher sitzt vor seinem Computer und ist mit drei Mausklicks bei fünf verschiedenen Stromanbietern. Er

hat heute die Möglichkeit, unterschiedlichen Strom zu kaufen. Das kann ökologischer Strom sein, wobei ökologischer Strom auch umstritten ist. Was ist ökologisch? Man weiß nicht, ob der wirklich ökologisch produziert wird oder ob nur das Label draufsteht.

(Zuruf von Herrn Striegel, GRÜNE)

Ist es Atomstrom oder ist es Wasserstrom? - Das ist für den Verbraucher dabei die entscheidende Frage. Solange der Verbraucher die Möglichkeit hat, per Mausklick seinen Verbrauchspreis zu reduzieren, entscheidet er am Computer, welchen Strom er nimmt. Insofern ist das die entscheidende Frage, die wir im Wettbewerb bewerten müssen, und nicht die Frage, welche Folgekosten berücksichtigt werden sollten.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Entscheidend ist das Angebot der Anbieter. Danach entscheidet der Verbraucher.

(Frau Budde, SPD: Aber nicht volkswirt- schaftlich für die gesamte Gesellschaft! Da muss man den Gesamtkontext sehen! - Zu- ruf von der SPD: Das ist doch hinterweltle- risch! - Zurufe von den GRÜNEN)

Frau Kollegin Frederking, bitte.

Sie haben von dem Widerstand gegen den Bau von Stromtrassen gesprochen. Wo gibt es in Sachsen-Anhalt Widerstand gegen den Ausbau der Stromtrassen?

Kollegin Frederking, ich denke, wenn wir den Zustand der Solarindustrie in Sachsen-Anhalt bewerten, stellt man auch die Frage, wohin der Strom verkauft werden soll. Wir wollen den Strom doch nicht nur in Sachsen-Anhalt verkaufen, sondern auch in andere Bundesländer exportieren.

Schauen Sie einmal nach Thüringen und Sie sehen, was dort gerade passiert, wo dort eine Trasse gebaut werden soll. Schauen Sie nach Brandenburg oder nach Niedersachsen, wo die Diskussionen hierzu laufen. Es gibt in dortigen Landtagen Anträge Ihrer Kollegen, die darauf abzielen, solche Stromtrassen zu blockieren.

(Zustimmung von Frau Budde, SPD)

Insofern kann ich Sie nur dazu aufrufen, diese Stromtrassen in Sachsen-Anhalt nicht zu blockieren. Wenn wir zu einer Entscheidung kommen, nehme ich aus Ihrer heutigen Frage mit, dass Sie mit dem Bau einer neuen Stromtrasse kein Problem hätte. Vielen Dank dafür!

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Als Nächste spricht Frau Kollegin Dalbert.

Herzlichen Dank! - Mich verwundert es natürlich, wenn Sie bei den Stromkosten nicht die gesellschaftlichen Folgekosten in Ihr Kalkül einbeziehen, weil das am Ende die Kosten sind, die wir als Gesamtgesellschaft aufbringen müssen, um in diesem Fall den Atomstrom am Leben zu halten. Das ist eine Sichtweise, die wir zurückweisen müssen.

(Herr Borgwardt, CDU: Wer bezahlt denn das EEG? Das bezahlen wir doch alle!)

Dies ist eine unlautere Argumentation, wenn Sie bei den anderen Stromträgern die Gesamtkosten mit einrechnen.

Sie haben sich gerade für die Zustimmung zu den Trassen bedankt. Ich glaube, hierzu gibt es eine sehr klare Antwort: Wir werden immer, wenn wir neue Trassen planen müssen, für eine hohe Bürgerbeteiligung sein. Genau das sichert einen guten Weg, nämlich gemeinsam mit den Bürgern Trassen zu planen.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE - Unruhe bei der CDU)

Das waren zwei Interventionen. Nun zu meinen Fragen. Wir haben die Debatte zur Lage der Solarindustrie auf die Tagesordnung gesetzt, weil wir zum einen folgende Fragen haben: Handelt es sich um ein kurzfristiges Problem oder eher um ein langfristiges, strukturelles Problem in der Solarindustrie? Wollen wir als Land - falls es sich um ein längerfristiges Problem handelt - intervenieren, um die Solarindustrie am Standort zu halten? Wenn wir das wollen, ist die Frage, ob es dafür Mittel gibt.

Sie sind auf den Vorschlag von Herrn Erdmenger nicht eingegangen. Deswegen möchte ich Sie fragen: Ist es eine korrekte Wiedergabe Ihres Redebeitrages, den man so der Solarindustrie spiegeln kann, dass Sie sagen: Ja, das ist ein strukturelles, längerfristig angelegtes Problem der Solarindustrie, das den Solarstandort in Sachsen-Anhalt gefährdet, aber wir sind für die freien Kräfte des Marktes, und wenn die Solarindustrie in SachsenAnhalt da nicht überleben kann, dann werden wir das überleben?

(Zuruf von Frau Budde, SPD)

Ich schätze den Kollegen Erdmenger. Hätten wir diese Diskussion im Jahr 2006 geführt und hätten Sie mir diese Frage im Jahr 2006 gestellt, dann hätte keiner von uns beiden gewusst, dass wir in den Jahren 2007/2008 eine Finanz- und Wirtschaftskrise mit Auswirkungen bis heute haben werden.

Ich kann Ihre Frage deswegen nicht beantworten, weil Sie mir nicht beantworten können, wie denn die gesamtwirtschaftliche Lage, weltwirtschaftlich gesehen, in den nächsten vier, fünf Jahren aussehen wird.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen habe ich Ihnen gesagt: Wir alle können nicht in eine Glaskugel schauen. Wenn Sie das können: Respekt! Aber wir können es nicht. Deshalb gilt unsere Unterstützung der Solarindustrie. Wir haben heute darüber debattiert. Ich denke, wenn man mit den Verantwortlichen der Solarindustrie vor Ort über die Kürzungen spricht, die degressiv und berechenbar sind, stellt man fest, dass diese das bei weitem nicht so pessimistisch sehen, wie Sie es darstellen.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Thomas. Es gibt keine weiteren Fragen. - Als Nächstes erwarten wir einen Debattenbeitrag von der Kollegin Hunger von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der heutigen Debatte um die Perspektiven der Solarindustrie lebt unter fast gleichen Vorzeichen die Debatte von vor gut einem Jahr wieder auf. Auch darin ging es angesichts der deutlichen Absenkung der Vergütung für die Einspeisung von Solarstrom um die Frage, wie die Förderung von neuen Technologien gestaltet werden muss und welche Signale die Politik damit an die Produzenten und die Verbraucher sowie an die Geldgeber sendet.

In Mitteldeutschland gibt es gute Voraussetzungen für die Entwicklung der Solarindustrie - so schätzte es der Sprecher des Netzwerkes „Solarvalley Mitteldeutschland“ Hubert Aulich erst kürzlich in der „Mitteldeutschen Zeitung“ ein. Er beschreibt dann das Spitzencluster, wie es auch der Herr Minister schon getan hat, und betont, dass ein Anteil von etwa 40 % des deutschen Solarstromumsatzes in den drei mitteldeutschen Ländern erwirtschaftet wird. Das zeigt, welche Bedeutung diese Industrie für Mitteldeutschland hat und welche Verantwortung wir demzufolge dafür haben.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Die Zahl der Arbeitsplätze dort kann sich durchaus sehen lassen. Mehr als 15 000 Menschen arbeiten allein in der entsprechenden Industrie. Das Handwerk und Ähnliches sind dabei noch gar nicht eingerechnet. In den letzten zwei Jahren seien trotz aller Probleme, die die Branche hat, sogar 3 000 neue Arbeitsplätze entstanden.

(Zuruf: Super!)

Diesen positiven Eindruck verstärkt auch der Chef des Bundesverbandes Solarwirtschaft Carsten Körnig auf der gerade begonnenen Messe „Intersolar Europe“ in München. Dazu möchte ich aus der „MZ“ zitieren. Herr Körnig geht davon aus, dass bereits im Jahr 2012 der Solarstrom das Preisniveau von Haushaltstarifen erreichen kann, und meint, dass bis zum Jahr 2020 die Preise für Solaranlagen um die Hälfte sinken könnten.

In den nächsten zwei Jahren wollen die deutschen Solarfirmen Mittel in Höhe von 5,5 Milliarden € in den Ausbau investieren. Im Vorjahr hat sich die Zahl der Arbeitsplätze in diesem Bereich bundesweit auf 133 000 Stellen verdoppelt. Herr Körnig rechnet in den nächsten Jahren mit einer jährlichen Neuinstallation einer Leistung von ungefähr 5 Gigawatt.

In Sachsen-Anhalt stellt sich die Situation durchaus differenzierter dar. Die Solarindustrie ist zweifellos ein Markenzeichen des Landes. Die vielleicht renommierteste Firma Q-Cells hat sich nach dem Einbruch im Jahr 2009, der sehr viele Arbeitsplätze gekostet hat, zunächst mit einem anderen Konzept stabilisiert. Sie musste aber eine Absenkung ihres Aktienwertes im letzten Jahr um 75 % hinnehmen und kämpft inzwischen mit erheblichen Umsatzeinbußen. Zum Glück wurden bisher keine weiteren Entlassungen getätigt. Allerdings hat sich die Zahl der Leiharbeiter etwas verringert.

Andere Firmen mussten Insolvenz anmelden. Das lag zum Teil auch an falschen strategischen Entscheidungen. Man hatte sich etwa zu eng aufgestellt, hat nur einen schmalen Produktkatalog bedient. Es gab aber auch Neuansiedlungen, etwa den Produktionsstandort der Innotech Solar in Halle. Es ist also ein Bild, das insgesamt ein bisschen ambivalent ist.

Mit den Fraunhofer-Zentren in Halle und Schkopau hat die Forschung inzwischen ein sehr festes Standbein erreicht. Die gesamten Aktivitäten der Förderung möchte ich an dieser Stelle nicht noch einmal nennen; das hat Minister Aeikens bereits getan.