Herr Minister, ich denke, an dieser Stelle muss das Land stärker in der Pflicht stehen. Die Öffentlichkeitsarbeit muss besser organisiert werden. Die Gemeinden müssen darauf vorbereitet werden. Denn diese Schutzgebiete fallen ja nicht plötzlich vom Himmel, sondern jeder hat gewusst: Es kommt der Tag, an dem das europäische Vogelschutzgebiet in ein Naturschutzgebiet nach deutschem Recht umgewandelt wird. Deswegen ist die Überraschung manchmal nicht zu verstehen und irgendwie dann doch. Das zeigt hier Handlungsbedarf auf.
Ganze beschleunigen müssen. Ja, gerne unterstützen wir Sie dabei, eine Beschleunigung hineinzubekommen. Ich spreche mich aber auch aus gegen ein eventuelles Verfahren, das nur noch den Stempel „light“ trägt, auch wenn das bei Lebensmitteln an der einen oder anderen Stelle im Moment gerade in ist.
Es muss vielmehr ein vernünftiges, dem Schutzgebietsstatus und dem Schutzgebiet entsprechendes Verfahren durchgeführt werden. Die Qualität geht hier ganz eindeutig vor Schnelligkeit. Ich glaube, Herr Kollege Lüderitz, so habe ich Sie auch verstanden. Das ist schon wichtig. Sollten wir dadurch gegenüber der EU ein bisschen ins Hintertreffen geraten, müssen wir das in Kauf nehmen.
Die 600 Stellungnahmen zum Verfahren zeigen, dass das Interesse groß ist. Ich halte es im Übrigen - das möchte ich hier noch einmal ausdrücklich betonen - für vernünftig, dass man eine erneute Auslegung vornimmt. Denn wenn man die 600 Stellungnahmen eingearbeitet hat, wird es sicherlich eine Verordnung geben, die mit der alten nicht mehr so viel zu tun hat. Dann kann es nur so sein, dass jeder noch einmal hineinschauen wird und dass man noch einmal darüber diskutieren kann. Dass das so sein wird, finde ich gut.
Ich glaube, es ist nötig, dass wir das auch nach außen tragen, dass alle noch einmal die Möglichkeit haben, in Zukunft einen neuen Verordnungsentwurf entsprechend zu begleiten und, wenn es nötig ist, auch noch einmal dazu Stellung zu beziehen. Darüber freue ich mich. Das ist auch bereits als Information bekannt geworden.
Vor diesem Hintergrund werden wir in den Ausschüssen sicherlich noch diskutieren. Ich freue mich auf intensive Diskussionen und ich hoffe, dass wir alle gemeinsam das Ziel erreichen, das Netz Natura 2000 in Sachsen-Anhalt mit der nötigen Unterschutzstellung nach deutschem Recht umzusetzen, und dass alle Bürger dann so viel Spaß daran haben wie wir bei unserer Diskussion. - Vielen Dank.
Danke, Herr Kollege Bergmann. Der Kollege Lüderitz würde Ihnen gern eine Frage stellen. Wollen Sie sie beantworten?
Herr Kollege Bergmann, Sie haben den schönen Punkt 3 Ihres Alternativantrags ausgeklammert. Darum frage ich Sie noch einmal: Wie wollen Sie festlegen, wie die Erhaltung der Lebensraumtypen
und Arthabitate für Sachsen-Anhalt einheitlich erfolgen kann? - Das würde mich schon einmal rein fachlich interessieren.
Ich habe gerade ausdrücklich gesagt, wogegen ich bin. Ich habe auch gesagt, ich freue mich auf eine intensive Diskussion. Wenn ich sage, ich möchte kein Verfahren „light“, dann habe ich damit genau das gemeint, weil ich darin auch fachlich eine Schwierigkeit sehe. Erst dann, wenn wir diese fachlichen Dinge diskutiert haben, bin ich, je nachdem, wie wir uns entscheiden, dazu bereit, eine neue Vorgehensweise zu akzeptieren.
Ich bin hier - ich glaube, das wollten Sie hören - durchaus kritisch. Ich habe es gestern irgendwo am Rande schon einmal gesagt. Wenn wir über Schule reden, sagen wir auch nicht, wir schicken ab sofort alle Schüler nur noch auf die Grundschule, weil das der Standard ist, den alle abkönnen.
Wir können auch nicht sämtliche Wiesen im Land Sachsen-Anhalt in derselben Höhe mähen. Das wissen wir. Nein, wir müssen schon genau hinschauen. Ich glaube, die Fachleute auch bei uns im Landesamt für Umweltschutz, im Landesverwaltungsamt usw. werden sicherlich darauf achten, dass adäquate Unterschutzstellungen den Lebensraumtypen entsprechend entschieden werden.
Allerdings würde ich Sie schon bitten, dass wir dabei auch Unterstützung kriegen. Man muss darüber nachdenken, wo es Vereinfachungen geben kann. Ich plädiere übrigens seit Jahren dafür - ich will das hier noch einmal deutlich sagen -, dass wir die Landschaftspflegeverbände stärken sollten, weil sie gute Mittler zwischen den Nutzern und dem Schutz, also zwischen den verschiedenen Seiten sein können. Dabei haben sie sich bewährt. Das wäre eine Möglichkeit, über die ich nachdenke.
Vielen Dank, Herr Kollege Bergmann. - Jetzt spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Weihrich. Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin der Fraktion DIE LINKE sehr dankbar für diesen Antrag, weil er am Beispiel des Ausweisungsverfahrens für das NSG Elbaue Jerichow das Thema der Umsetzung von FFH- und Vogelschutzrichtlinie thematisiert und damit gleichzeitig auf den zentralen Teil der Umsetzung von FFH- und Vogelschutzrichtlinie eingeht, nämlich der Etablierung des Natura-2000-Systems.
Herr Bergmann hat das sehr schön formuliert. Das Natura-2000-System und damit die Erhaltung der Naturschätze ist tatsächlich ein Aushängeschild des Landes. An dieser Stelle stimme ich mit Ihnen vollkommen überein.
Aber leider muss man hier auch festhalten, dass die Umsetzung der FFH-Richtlinie jedenfalls nach der Gebietsmeldung im Land keine Erfolgsgeschichte war. Leider setzt auch der vorliegende Alternativantrag diese Serie der Misserfolge fort.
Doch zunächst zum Antrag selbst und zum Anliegen meiner Fraktion. Zu Punkt 1 gibt es sehr wenig zu sagen; das ist hier mehrfach erwähnt worden. Der überarbeitete Verordnungsentwurf wird erneut öffentlich ausgelegt. Das ist übliches Verwaltungshandeln. Das Verwaltungshandeln sieht auch vor, die Träger öffentlicher Belange, die Betroffenen und auch die Naturschutzverbände in das Verfahren einzubeziehen. Das gilt natürlich auch dann, wenn eine Verordnung überarbeitet wird.
Der eigentlich interessante Teil ist der Teil zwei, nämlich dort, wo es um die Umsetzung von FFH- und Vogelschutzrichtlinie geht. Ich habe gerade eben schon erwähnt, dass ich im letzten Jahr hierzu zwei Kleine Anfragen gestellt habe. Ich möchte einmal aus der Antwort auf die Kleine Anfrage zitieren, und zwar die Passage, in der ich gefragt habe, welchen Zeitplan sich die Regierung für die Ausweisung der Natura-2000-Gebiete vorstellt. Dazu lautete die Antwort - ich zitiere -:
„Eine konkrete Zeitangabe, wann sämtliche Verfahren eingeleitet werden können, ist nicht möglich, da die Dauer der Ausweisungsverfahren im Einzelnen nicht vorherbestimmbar ist.“
Meine Damen und Herren! Dass die Ausweisung der Natura-2000-Gebiete aufwendig ist und einen hohen Personalaufwand erfordert, stelle ich absolut nicht in Abrede. Wie schwierig die einzelnen Verfahren sein können, das zeigt beispielhaft das Gebiet Elbaue Jerichow.
Die Landesregierung muss sich aber dieser Herausforderung trotzdem stellen. Der jetzt entstandene Zeitdruck darf nicht dazu führen, dass das gesamte Verfahren pauschalisiert wird. Jedes einzelne Natura-2000-Gebiet hat ganz spezifische Bedingungen. Die Anforderungen an das Management jedes einzelnen Lebensraumtyps können sich von Gebiet zu Gebiet vollkommen unterscheiden. Herr Bergmann hat das bereits angeführt.
Das Gesagte gilt umso mehr für die vorkommenden Arten. Dies stellt somit auch für jedes Gebiet eigene Anforderungen an die Maßnahmen und an
die Ge- und Verbote, die in den Gebieten umzusetzen sind. Standardformulierungen und Textbausteine sind in den Verordnungen nicht zielführend. Deshalb geht auch der Alternativantrag vollkommen in die falsche Richtung.
Er steckt außerdem voller Widersprüche. So fordern Sie beispielsweise eine Beteiligung der Nutzer. Die Beteiligung ist aber nur dann sinnvoll, wenn die Ge- und Verbote im Detail für jedes Gebiet festgelegt sind. Nur dann können die festgelegten Ge- und Verbote entsprechend mit den Betreffenden diskutiert werden.
In Punkt 1 des Alternativantrags soll im Grunde genommen die Einhaltung geltenden Rechts beschlossen werden. Das umfasst aber in jedem Fall die von Ihnen in Punkt 3 erwähnten weitergehenden Regelungen, weil das nämlich schon die FFHRichtlinie vorgibt. Sie sagen also mit dem Alternativantrag unumwunden, dass Sie die FFH-Richtlinie eben nicht im Maßstab 1 : 1 umsetzen wollen.
Ein Satz zu Punkt 3 des Alternativantrags. Ich kenne kein Konzept zur Umsetzung von Natura 2000. Dementsprechend kann auch kein Konzept überarbeitet werden.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen, mit dem Alternativantrag signalisieren Sie Unterstützung bei der bisherigen fehlerhaften und defizitären Umsetzung der FFH-Richtlinie. Ich kann Ihnen schon jetzt prophezeien, dass Sie auf ganzer Linie scheitern werden, vor allem bei der Erstellung der pauschalen Verordnung, weil das vom Zeitaufwand her gar nicht möglich ist. Denn wenn mit einer pauschalen Verordnung sehr viele Gebiete unter Schutz gestellt werden sollen, dann reicht eine einzige Klage für ein einziges Detail, um das gesamte Verfahren zu Fall zu bringen. Deswegen wird es nicht funktionieren. Ich kann Ihnen noch eines sagen: Sie werden damit nicht auf Dauer durchkommen, weil die EU irgendwann die Rechtspflichten einfordern wird.
Deswegen kommt für meine Fraktion eine Zustimmung zu dem Alternativantrag nicht infrage. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Herr Kollege Weihrich. - Der Kollege Stadelmann hat während der Rede schon kräftig nonverbal kommuniziert. Fassen Sie alles jetzt in Worte! Sie haben das Wort für die CDU-Fraktion. Bitte schön.
Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist wirklich gut, dass wir das Thema noch einmal im Ausschuss diskutieren werden, weil hierzu doch einige Missverständnisse vorherrschen.
Zunächst möchte ich sagen, dass wir, wie der Kollege Lüderitz schon bemerkt hat, gerade mit dem NSG Elbaue Jerichow das bisher größte Gebiet unter Schutz gestellt haben. Selbstverständlich macht man da einige Erfahrungen, die vorher vielleicht in kleinteiligen Strukturen so noch nicht gemacht werden konnten.
Es ist aber keinesfalls unsere Absicht, mit unserem Alternativantrag, wie es vielleicht Herr Kollege Weihrich befürchtet, Standardmanagementpläne mit Textbausteinen ins Leben zu rufen. Wir wollen vielmehr einen völlig anderen Weg gehen. Wir haben seit einiger Zeit darüber nachgedacht, wie man die Effizienz steigern und die Effektivität der Verfahren beschleunigen kann. Herr Lüderitz, dabei soll nicht die Effizienz der Graswurzeln beschleunigt werden, sondern die Effizienz der Beamtensessel. Ich denke, dass wir da zusammen mit dem Ministerium auf einem guten Weg sind.
Die EU weist uns eigentlich den Weg, den wir auch gehen wollen, mit den Standardlebensraumtypen. Die Lebensraumtypen sind standardisiert, und es ist nicht einzusehen, warum ein Offenlandlebensraumtyp in der Dübener Heide anders behandelt werden soll als in der Letzlinger Heide, außer es fliegt dort vielleicht der eine oder andere Piepmatz herum, der an der anderen Stelle nicht vorhanden ist.
Das ist der Ansatz, dem wir uns jetzt gestellt haben. Das ist auch schon das Grundproblem, das wir bei dem gesamten Thema haben. Das ist die EU-Vorgabe, das sind das Erhaltungsgebot und das Verschlechterungsverbot. Wir haben es mit Natur zu tun, und die Natur der Natur ist Wandel und Entwicklung und nicht der statische Zustand eines Lebensraumtyps.
Das ist übrigens auch von anerkannten Fachleuten erkannt worden. So hat unter anderem Professor Succow, der dem einen oder anderen noch als der Retter des Naturtafelsilbers der DDR bekannt sein wird, auf der Tagung des „Netzwerkes Nationales Naturerbe“ im Dezember 2012 in Benediktbeuern, bei der ich selber dabei gewesen bin, ausdrücklich bestätigt, dass es hierzu Handlungsbedarf auf der EU-Ebene gibt.
Denn es hat schon Sinn gemacht, nach der Wende und nach dem Fall des Eisernen Vorhangs das, was in der Natur da war, was sich entwickelt hatte, zu schützen und zu bewahren, weil es vorher, ich sage mal, nicht so gelungen ist, wie wir es seit dieser Zeit machen wollen. Das war alles auch sinnvoll. Aber Natur entwickelt sich weiter.
Wenn Sie heutzutage beispielsweise an einem Treffen der Landschaftspflegeverbände teilnehmen und hören, welche Probleme sie mit den Offenlandlebensraumtypen haben, die früher Truppen
übungsplätze waren, dann können Sie nur sagen: Das ist ein Problem, das wir in Angriff nehmen müssen und das geklärt werden muss.
Wenn wir diese Veränderungen jetzt vornehmen wollen, dann kommen wir zu der nächsten spannenden Frage. Das alles, was wir dort machen, kostet auch Geld. Es kostet nicht nur Geld, das wir dafür bezahlen müssen, die Lebensraumtypen zu erhalten, sondern es kostet auch Geld, das nicht verdient werden kann, wenn zum Beispiel die Milchviehwirtschaft eingeschränkt wird, weil die Großtrappe über irgendeine Grünlandfläche läuft.
Das müssen wir vor Ort mit den Betroffenen, mit den Benutzern kommunizieren. Herr Weihrich, ich weiß, ich habe das jetzt ein wenig verkürzt dargestellt, weil sich nicht jeder Kollege ständig mit dem Thema beschäftigt, nur um deutlich zu machen, dass wir dort die Kommunikation mit den Betroffenen und Beteiligten vor Ort brauchen und uns darüber abstimmen müssen, wie wir vorgehen wollen.
Wenn ich dann sehe, dass zum Beispiel im Fiener Bruch beim Kollegen Radke, wo wir neulich waren, 75 % der Landwirte für den Managementplan gar keine Angaben zu ihren Flächen gemacht haben, weil sie befürchten, dass ihre Arbeitsfähigkeit als Landwirt beeinträchtigt wird, wenn sie Angaben machen, dann haben wir ein Kommunikationsproblem. Dann müssen wir das herüberbringen. Das muss auch Bestandteil der Erarbeitung der Managementpläne und bei der Schutzgebietsausweisung sein.
Ich denke auch - meine Lampe blinkt schon -, dass wir auf diesem Wege weitergehen werden. Wir haben uns in der Koalition mit diesem Thema beschäftigt. Wir wollen die richtigen Wege finden, unter drei Vorraussetzungen: