Protocol of the Session on February 20, 2013

Es ist bekannt, dass die „Volksstimme“ ein Produkt ist, das gutes Geld an den Verlag abwirft. Das ist auch richtig so. Die Verlage sollen auch damit ver

dienen. Aber wenn sie gut verdienen, verbindet sich damit auch eine besondere Verantwortung, meine Damen und Herren.

(Zustimmung von Herrn Striegel, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN - Beifall bei der LIN- KEN)

Auf den Umgang mit den Betriebsräten ist umfangreich eingegangen worden. Ich will das nicht alles wiederholen. Das ist ein unsäglicher Vorgang gewesen, der letztlich mehr oder weniger mit dem Auf-die-Straße-Setzen der Betriebsräte geendet hat, etwas, das man nur kritisieren kann und kritisieren muss.

Der vorliegende Entschließungsantrag ist, glaube ich, ein gutes Schriftstück aller vier Fraktionen. Herr Gebhardt ist bereits darauf eingegangen. Ich kann nur noch einmal unterstreichen, dass wir uns gewünscht hätten, in den Ausschussberatungen mehr herauszuholen. Wir wollten die Betriebsversammlungen in das Gesetz hineinschreiben. Das ist eine schwierige Sache. Das haben wir auch im Rahmen dieser Verhandlungen gelernt.

Letztlich ist die Aufforderung zur Ausgründung dieser Mitbestimmungsinstrumente in dem von vier Fraktionen getragenen Entschließungsantrag deutlich enthalten. Wir möchten Ihnen Mut machen, liebe Beschäftigte in der Presselandschaft, liebe Journalistinnen und Journalisten, davon Gebrauch zu machen.

Wir bitten um Zustimmung zu dem Entschließungsantrag und dem Gesetzentwurf. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Beifall bei der LINKEN)

Danke sehr, Kollege Herbst. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Kurze.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie von den Vorrednern schon gehört, ist das Vierte Medienrechtsänderungsgesetz in Wahrheit nur noch ein zweites Presserechtsänderungsgesetz. Auf besonderen Wunsch unserer Kollegen aus der Koalition beschäftigen wir uns nun schon seit anderthalb Jahren damit.

Im Kern geht es hierbei nur noch um eine kleine, aber nicht ganz unwesentliche Änderung. Nach § 7 soll ein neuer § 7a eingefügt werden, der die Offenlegung der Unternehmensbeziehungen eines Verlages verlangt. Wir alle wissen, dass die klassische Zeitung als tägliches Druckwerk durch das digitale Zeitalter herausgefordert ist. Denn zahlreiche Artikel des kostenpflichtigen Druckwerkes stehen nun mehr oder weniger kostenfrei auf den jeweiligen Internetseiten der Zeitung.

Mithilfe von „drag and drop“ nutzen so genannte News-Aggregatoren die Inhalte der Zeitungsverleger und verdienen durch Werbung mit fremden Leistungen Geld. Nun wird die eine oder der andere einwenden, dass auch die Erfindung der MP3Technik seinerzeit keine gute Nachricht für den Walkman-Hersteller gewesen ist. Aber es gilt nun einmal das Prinzip der schöpferischen Zerstörung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jeder weiß, dass sich in den verschiedenen Druckwerken in Deutschland auch unterschiedliche gesellschaftliche Positionen wiederfinden. Die „Frankfurter Rundschau“, die lange Jahre fast vollständig der SPD-eigenen Verlagsgesellschaft DDVG gehörte, ist eine andere Zeitung als die „Frankfurter Allgemeine“, die „FAZ“. Die „Welt“ und das „Handelsblatt“ sind andere Zeitungen als die „taz“ oder das „Neue Deutschland“. Wer sie liest, wird feststellen, dass es sich dabei um Zeitungen handelt, die sich nicht nur dem Namen nach unterscheiden.

Das ist aus der Sicht der CDU auch völlig in Ordnung, nur sollte der Leser dabei wissen, wer hinter dem Druckwerk steht, dessen Artikel er liest.

(Zustimmung bei der CDU)

Mit der Offenlegungspflicht im Impressum wird zukünftig eine Angleichung an bestehende Rechtslagen in Sachsen und Thüringen auch in SachsenAnhalt geschaffen.

Für eine freiheitliche und plurale Gesellschaft ist es unverzichtbar, dass sich die gesamte gesellschaftliche Pluralität und Meinungsvielfalt auch in ihren öffentlichen Druckwerken wiederfindet. Hierbei zeigt sich ein wesentlicher Unterschied zu einer autoritären Gesellschaft. Aber auf die Vergangenheit, meine sehr verehrten Damen und Herren, möchte ich jetzt nicht mehr eingehen.

Je größer also die Vielfalt an Zeitungen, desto größer ist auch die Meinungsvielfalt. Gerade in Sachsen-Anhalt ist nun die Konzentration der Zeitungslandschaft enorm hoch. Konkurrenzsituationen gibt es im Wesentlichen nur noch in der Altmark und im Burgenlandkreis.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den letzten Wochen hat sich die Debatte um Meinungsvielfalt sehr stark in eine Richtung entwickelt, in eine Debatte über Redaktionsstatuten, redaktionelle Mitbestimmung, Widerspruchsrechte der Redaktionen gegen Entscheidungen der Verleger und innere Pressefreiheit. Im Prinzip handelt es sich dabei um die Forderungen, die der Deutsche Journalisten-Verband, DJV; in den alten Bundesländern seit Jahrzehnten erhebt, wohl wissend, dass sie verfassungsrechtlich nicht zulässig sind.

Das Grundgesetz steht solchen Änderungen genauso entgegen. Deswegen haben wir uns als CDU-Fraktion auch von Beginn an sehr zurückhaltend verhalten. Es ist uns am Ende der Debatte

sehr deutlich geworden, dass es im Landtag vier Fraktionen gibt, die aufgrund der Konzentration der deutschen Zeitungslandschaft gemeinsam die großen Herausforderungen für die Journalistinnen und Journalisten sehen.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt auch eine Fraktion in diesem Hohen Hause, die die ebenso hohen Herausforderungen für die Verleger anerkennt. Denn klar ist, es sind die Verleger, die mit ihren Druckwerken im Wettbewerb stehen. Deswegen hat die CDU-Fraktion im Ausschuss mit einem klaren Nein geantwortet, als die verfassungswidrigen Vorschläge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Gesetzentwurf unterbreitet wurden.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Herrn Herbst, GRÜNE)

Ich darf an dieser Stelle noch einmal den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst zitieren, Herr Herbst, der in diesem Zusammenhang - so wörtlich - von evidenter Verfassungswidrigkeit sprach.

(Zuruf von Herrn Herbst, GRÜNE)

Existenzängste, meine sehr verehrten Damen und Herren, um es deutlich zu sagen, gibt es auch, aber eben nicht nur unter Journalistinnen und Journalisten. Existenzängste haben heute alle Arbeitnehmer oder auch die Handwerksmeister, die jeden Tag im harten Wettbewerb um Aufträge kämpfen und ihren Mann stehen müssen.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

Das Wort „Zeitung“, meine sehr verehrten Damen und Herren, leitet sich aus dem Mittelhochdeutschen ab und bedeutet so viel wie Neuigkeit. Digitalisierung und Zeitung, also eine gut erzählte, kritisch recherchierte Nachricht, Neuigkeit, Einordnung des Geschehens, wie es Mathias Döpfner ausgedrückt hat, schließen sich also keineswegs aus.

Die Zeitungen selbst sind nun aufgerufen, neue Geschäftsmodelle für ihr Premiumprodukt, nämlich den Qualitätsjournalismus, zu entwickeln. Die Tageszeitung „Die Welt“ hat bereits begonnen, nur noch eine bestimmte Zahl von Seitenaufrufen im Monat kostenfrei zuzulassen. Ich bin mir daher sicher, dass der Konsument von Qualitätsjournalismus in der Zukunft bereit sein wird, für die Zeitung seiner Wahl entsprechend zu zahlen. Immerhin erspart er sich die eigene aufwendige Recherche.

Zu Qualitätsjournalismus, meine sehr verehrten Damen und Herren, gehört auch eine ordentliche Bezahlung der Journalistinnen und Journalisten. Das möchte ich ausdrücklich betonen.

Wir vertrauen insgesamt darauf, dass es auch in den Zeitungshäusern selbst Vorschläge und Konzepte gibt oder geben wird, wie man die Herausforderungen durch die Digitalisierung auch als

Chance begreifen kann. Wenn die Häuser nun selbst organisierte interne Lösungen fänden, würden wir das als Landtag insgesamt begrüßen. Das soll auch in der Entschließung zum Ausdruck kommen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Mit dem jetzt vorliegenden Entwurf des Gesetzes und dem begleitenden Entschließungsantrag als politische Willensbekundung des Landtages ist eine vertretbare Regelung gefunden, um auf die Probleme der Konzentration in der Medienlandschaft zu reagieren. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kurze, es gibt eine Nachfrage von Herrn Dr. Thiel. Möchten Sie diese beantworten?

Nein. - Herr Staatsminister Robra möchte jetzt sprechen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich wollte die Veranstaltung nicht unnötig in die Länge ziehen, aber nachdem Herr Herbst nun argwöhnt, es hätte irgendwelche Hintergedanken, die mich veranlassten, den Gang der Dinge im Ausschuss nicht noch einmal zu kommentieren, will ich dem gern entgegentreten.

Wir haben zum Pressegesetz im Ausschuss selbst alle Fassetten ausführlich hoch und runter erörtert. Das Ergebnis ist in Ordnung. Es verdient Ihrer aller Zustimmung. Der Landesregierung liegt die äußere und innere Pressefreiheit mindestens ebenso am Herzen wie Ihnen allen, meine Damen und Herren.

Wir haben nur - und das ist der wesentliche Unterschied gegenüber den Rundfunkveranstaltern - gegenüber der schreibenden Zunft keinerlei Rechts- oder gar Fachaufsicht. Deswegen bleibt es aus verfassungsrechtlichen Gründen bei dem Appellcharakter, wie er in dem Entschließungsantrag aller Fraktionen zum Ausdruck kommt.

Die Landesregierung steht diesem Appell zur freiwilligen Einführung von Institutionen zur Sicherung der inneren Pressefreiheit mit Sympathie und Aufgeschlossenheit gegenüber. Das ist das, was ich dazu noch einmal in aller Deutlichkeit sagen möchte. - Ich sehe, da gibt es noch eine Frage.

Herr Staatsminister würde die Frage beantworten, so werte ich seine Geste.

Ja.

Herr Dr. Thiel.

Vielen Dank, Herr Minister. - Dazu muss ich doch noch eine Intervention machen, weil die Diskussion im Ausschuss sonnenklar war. Es wurde herausgearbeitet, dass der gesetzliche Anspruch, den der Deutsche Journalisten-Verband gern haben möchte, nicht der Verfassung entspricht, und zwar deshalb nicht, weil die persönliche Meinungsfreiheit des Verlegers wichtiger ist als die öffentliche oder äußere Pressefreiheit, die man hierbei zu vertreten hat.

Das war der entscheidende Punkt, weil es genau darum ging, mit diesem Entschließungsantrag noch einmal zu untersetzen, dass Redakteure eine eigene Meinung haben dürfen und nach ihrem freien Gewissen schreiben sollen und dürfen. Dem kann aber der Verleger immer wieder entgegentreten. Das ist der Punkt, über den wir uns an dieser Stelle nicht einigen konnten. Da gilt der Satz von Paul Sethe aus dem Jahr 1965: „Pressefreiheit ist die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten.“

Ich glaube, wir sollten jetzt nicht über die verfassungsrechtliche Lage zur Presse- und Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland diskutieren. Das ist ein abendfüllendes Thema. Es ist aber auch von den Vertretern der Fraktionen hinreichend deutlich gemacht worden, wie die verfassungsrechtliche Lage ist und welche Grenzen sie vor allen Dingen dem Landesgesetzgeber setzt. Das Ergebnis liegt heute vor. Ich denke, wir können jetzt zur Abstimmung schreiten. - Herzlichen Dank.

Danke sehr, Herr Staatsminister. - Damit wäre die Debatte beendet, aber es könnte sich nach unserer Geschäftsordnung jetzt noch jemand melden. Liegt ein Ansinnen vor? - Das sehe ich nicht.

Dann stimmen wir jetzt über die Drs. 6/1776 ab. Ich schlage Ihnen vor, wieder nach § 32 Abs. 1 der Geschäftsordnung zu verfahren und über die Beschlussempfehlung in der Gänze abzustimmen, also nicht über die einzelnen Ziffern. Widerspricht dem jemand? - Das ist nicht der Fall.

Dann stimmen wir jetzt ab über die vorliegende Beschlussempfehlung in ihrer Gesamtheit. Wer stimmt dem zu? - Das sind alle Fraktionen. Dann ist das so beschlossen worden.

Wir stimmen jetzt ab über die Gesetzesüberschrift. Sie lautet: Zweites Gesetz zur Änderung des Landespressegesetzes. Wer stimmt dem zu? - Alle Fraktionen. Es ist so beschlossen worden.