Protocol of the Session on December 14, 2012

cher, ob Sie mit Ihren Ausführungen schon beim nächsten Tagesordnungspunkt waren. Sie haben sich mit der Großen Anfrage nur am Rande auseinandergesetzt. Sie haben mit Ihrem einführenden Gedicht von Wilhelm Busch eine Grundsatzfrage über Krieg und Frieden und über die Frage des Verständnisses einer Armee in einem Staat aufgeworfen.

Ich nehme daher einige meiner Ausführungen, die ich zum nächsten Tagesordnungspunkt machen wollte, einmal vorweg. Sie haben vergessen zu erwähnen, dass wir in einer Demokratie eine Parlamentsarmee haben, bei der jedes Handeln und jeder Einsatz unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Parlamentes steht.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben hier den Eindruck erweckt, als sei diese Armee - so etwas habe ich auch in Ihrer Pressemitteilung gelesen -, ähnlich wie es bei der Reichsarmee in der Weimarer Republik der Fall gewesen ist, ein Staat im Staate, der im Geheimen und Verborgenen irgendwo in der Colbitz-Letzlinger Heide in bürgerkriegsähnlichen Zuständen Häuserkämpfe führt, Bomben schmeißt und Sonstiges macht, und die Bürger wissen nicht, was passiert.

Wenn Sie diesen Duktus beibehalten, dann verletzen Sie das Ehrgefühl von Bundeswehrsoldaten seit dem Bestehen der Bundeswehr,

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

weil das Prinzip der inneren Führung der Bundeswehr, der Bürger in Uniform, ein Teil des Staates ist.

Ich verwahre mich im Namen aller Bundeswehrangehörigen gegen diesen Duktus, der hier eingeführt wird. Das will ich ganz deutlich sagen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Wenn wir, Herr Köck, von unserem Selbstverständnis ausgehend - vielleicht nicht von dem ihrigen -, eine Parlamentsarmee haben, die in internationalen Verpflichtungen steht und die wir eben auch in unterschiedliche ausländische Einsätze schicken, dann haben wir als Staat, als Bundesrepublik Deutschland die Pflicht, unsere Soldaten so auszubilden, dass sie, wenn es geht, gesund nach Hause kommen. Das ist der Auftrag, den wir für eine Parlamentsarmee haben.

(Zustimmung bei der CDU)

Da die Erfahrung zeigt, dass die Bundeswehr in den letzten Jahren auch in bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen eingesetzt worden ist, ist es nur recht und billig, wenn auf dem Truppenübungsplatz in der Colbitz-Letzlinger Heide eine Stadt mit dem Namen Schnöggersburg errichtet wird - die im Übrigen an ein Dorf aus dem

Jahr 1936 erinnert, welches die Nazis abgerissen haben - und dort Szenarien wie Häuser, eine U-Bahnstrecke und Kanäle nachgebaut werden.

Das läuft nach den ganz normalen rechtsstaatlichen Regeln. Die betroffenen Anrainer-Gemeinden sind angehört worden. Das hiesige Bauwesen arbeitet im Wege der Organleihe für die Bundeswehr, weil Bundeswehr Aufgabe der Bundesrepublik Deutschland ist, nicht Aufgabe des Landes Sachsen-Anhalt - darum Organleihe. Es ist ein ganz vernünftiges, ordnungsgemäßes Verfahren, bezüglich dessen Sie unterstellen, dass da irgendetwas nicht ordnungsgemäß wäre, ohne irgendeinen Beleg dafür zu haben; wir haben Ihnen das in der Großen Anfrage beantwortet, auch zu dem Heidekompromiss.

Im Jahr 1997 ist zwar die Überführung der Südheide als Truppenübungsplatz in die zivile Nutzung vereinbart worden - das ist richtig -, jedoch ist das mit der Änderungsvereinbarung vom September 2005 verändert worden. Wenn Sie von dem Heidekompromiss sprechen, dann müssen Sie zumindest die jetzt gültige Grundlage zugrunde legen; das ist die aus dem Jahr 2005. Diese Grundlage ermöglicht auch die Nutzung dieses Teils.

Was Ihre Befürchtungen angeht, dass dort Biotope zerstört werden könnten, kann ich Ihnen nur sagen: Die besten Biotope finden Sie auf Truppenübungsplätzen, weil dort nämlich jede Flora und Fauna am besten gedeihen kann.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Insofern, glaube ich, dass Sie mit Ihrer Fraktion gelegentlich Truppenübungsplätze besuchen sollten. Bleiben Sie einmal bis abends. Dann können Sie sogar Wildschweine und andere Tiere sehen, die sich friedlich beobachten lassen.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von der LINKEN: Das kann man auch woanders!)

- Ja, das regt Sie jetzt auf; aber so ist die Realität, was die Biotope angeht.

Meine Damen und Herren! Ich denke, das, was Sie wissen wollten, ist in der Großen Anfrage beantwortet worden. Bezüglich des Ersuchens auf Aktenvorlage gibt es Artikel 53 Abs. 4 der Landesverfassung. Beim Militär gibt es gelegentlich auch Verschlusssachen; das ist gut und richtig.

Um auf die Rheinmetall und Ihre Sorge der mangelnden Transparenz einzugehen: Die Rheinmetall hat gerade einen Auftrag von Russland erhalten - das war früher mal der große Freund -, in der transparenten Art und Weise genau das dort nachzubauen, was wir bei uns haben. Zumindest, was unsere Freunde in Russland angeht, ist die Geheimhaltungsgrenze so niedrig, dass das Gleiche dort vom russischen Staat aufgebaut wird.

Ich bitte Sie - auch wenn Sie eine andere Grundauffassung zu einer Friedenspolitik haben -: Versuchen Sie es zu vermeiden, das Ansehen der Bundeswehr zu diffamieren. Das möchte ich wenigstens sagen. - Das war es.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Herr Minister, es gibt zwei Wortmeldungen. - Wir dürfen aber vorher noch Gäste im Hause begrüßen, und zwar Schülerinnen und Schüler des Dr.-Frank-Gymnasiums aus Staßfurt. Willkommen im Haus!

(Beifall im ganzen Hause)

Die erste Frage stellt der Herr Kollege Krause. Bitte.

Herr Minister, Sie als Jäger sind auch ehrenamtlicher Naturschützer. Sie haben eben einen Bezugspunkt gewählt. Meinen Sie im Ernst, dass die Versiegelung von mehreren hundert Hektar in der Heide die beste Biotopverbesserung wäre, ohne dass definitiv Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen nachgewiesen wurden? Ich habe eine Kleine Anfrage dazu gestellt. Meinen Sie das im Ernst?

Herr Krause, ich habe gesagt, dass Truppenübungsplätze die beste Möglichkeit für Biotope bilden.

(Zuruf von der LINKEN: Ja, ja!)

Ich will nicht die alte Historie bemühen und Sie auch nicht ärgern, aber die Frage von Herrn Harms wurde, glaube ich, nicht ohne Grund gestellt. Nach dem Abzug der russischen Armee war das Gelände durch und durch verseucht. Wir haben es jetzt wiederhergestellt.

Wenn innerhalb eines ordnungsgemäß geführten Truppenübungsplatzes bzw. Gefechtsübungszentrums einige Stellen versiegelt werden, dann ist das Gesamtgebilde immer noch eine große Rückzugsmöglichkeit für Tiere, die Sie draußen so in der freien Wildbahn nicht erleben können. Bei dieser Aussage bleibe ich.

(Zustimmung bei der CDU)

Die nächste Frage stellt Herr Fraktionsvorsitzender Gallert. Bitte.

Herr Stahlknecht, die Sache mit Rheinmetall ist für uns nur insofern interessant, als hier eine privat

wirtschaftliche Firma, die Rüstungsgüter in die ganze Welt liefert, über Daten, Erkenntnisse und natürlich auch Pläne verfügt - denn sie machen es -, währenddessen man uns als Parlamentarier sagt: Euch können wir diese nicht zuleiten, weil das ein Sicherheitsrisiko wäre.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Dazu sage ich: Wissen Sie, das ist eine recht eigenartige Darstellung der Verfassungsorgane in diesem Land und in dieser Bundesrepublik. Denn da steht Rheinmetall offensichtlich über dem Parlament.

Ich habe mich aber wegen etwas anderem gemeldet, und zwar bezüglich der Frage, ob die Bundeswehr ein Staat im Staate ist. Sie versuchen den Eindruck zu erwecken, das wäre wie in der Weimarer Republik. Den Eindruck würde ich nicht erwecken wollen. Ich würde auch nicht den Eindruck erwecken wollen, dass das wie zu DDR-Zeiten gewesen ist - überhaupt nicht.

Wobei ich Ihnen einmal ganz ehrlich sagen muss, Herr Stahlknecht - Sie werden das nicht wissen -: Ich war völlig überrascht, als Herr Köck diese Geschichte von Fuchs und Igel vorlas. Ich kenne diese Geschichte hervorragend. Als Unterstufenlehrer der DDR sollte man die genauso verwenden. Insofern gibt es da erstaunliche Kontinuitäten.

Ich glaube, zur DDR habe ich gar keinen Bezug genommen.

Eben. Deswegen sage ich es Ihnen.

Sie verteidigen jetzt die DDR, ohne dass ich Sie danach gefragt habe.

(Oh! bei der LINKEN - Zustimmung bei der CDU - Zuruf von der LINKEN: Sie verstehen das nicht!)

- Doch.

Nein, nein. Das Problem mit der Bundeswehr ist in der Antwort auf Frage 21 hervorragend erläutert worden. Darin steht nämlich ausdrücklich: Danach wäre das Vorhaben Schnöggersburg gemäß § 34 Abs. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes zunächst als unzulässig einzustufen. Also es wäre nicht umweltverträglich. Dann heißt es: „Das Projekt wurde gemäß § 34 Abs. 3 Bundesnaturschutzgesetz im Zusammenhang mit den notwendigen

Maßnahmen entsprechend Natura 2000 zugelassen.“

Können Sie mir sagen, wer diese Zulassung entschieden hat? - Es war der Bundesverteidigungsminister. Dieselbe Institution, die dieses Ding bauen will, hat entschieden, dass es nach dem Bundesnaturschutzgesetz möglich ist. Ich bin zwar kein Planungschef und ich bin auch niemand, der sich wirklich auskennt, aber das zeigen Sie mir einmal: dass der Antragsteller für sich selbst eine Ausnahme vom Bundesnaturschutzgesetz beschließen kann, um sein Projekt durchzuführen. Das, finde ich, ist schon bedeutend.

(Zustimmung bei der LINKEN - Zuruf von der CDU)

Zu den beiden Dingen. Erstens zu dem, was die Vorlage der Akten angeht: Es handelt sich um Bundesakten, und wenn es beim Bund die Einschätzung gibt, dass diese Akten einem Landesparlament nicht zur Verfügung gestellt werden können, dann hat die Landesregierung dieses unter Bezugnahme auf Artikel 53 Abs. 4 der Landesverfassung umzusetzen. Das ist so. Darüber kann man sich aufregen oder nicht. Die Landesregierung hat in der Zusammenarbeit mit dem Bund ordnungsgemäß gehandelt.

Zweitens. Wenn Sie sagen, dass derjenige, der darüber entscheidet, der gleiche ist, der es nutzen will, dann ist das eine formale Zuständigkeit. Ich unterstelle aber gleichzeitig, dass derjenige, der formal zuständig ist, materiell-rechtlich unter vernünftigen Abwägungen im Rahmen eines Rechtsstaates aufgrund der Gesetze entscheidet. Das ist nämlich der Unterschied zur Willkür.