Protocol of the Session on December 14, 2012

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Auch wir haben Kritik; dies ist hier schon gesagt worden. Während man bei verschiedenen anderen Komplexen sehr offen gewesen ist, ist man gerade bei der Veröffentlichung von Fragen der Ausländerfeindlichkeit und Toleranzwerten gegenüber der Demokratie sehr schmallippig geworden. Ich sage jetzt noch einmal: Es ging ja nur um den harten Kern der Einstellung zum Rechtsextremismus.

Aber das ist im Grunde genommen falsch; denn die Ergebnisse sind in ihrer Darstellung vorbereitet worden, lange bevor die Studie der FriedrichEbert-Stiftung herauskam. Dieses Argument - das muss ich einmal deutlich sagen - ist hinterhergeschoben und bricht sich auch mit der sonstigen Darstellung. Wenn so etwas passiert, dann werden die Leute hellhörig.

Es gibt eine Auseinandersetzung um die Frage 22. Darin steht: Jetzt prüfen wir einmal Ihre Fremdenfeindlichkeit. - Das steht natürlich nicht ganz so darin. Vielmehr heißt es: Wir prüfen jetzt den Komplex Fremdenfeindlichkeit. Deswegen lesen wir Ihnen einmal folgende Aussagen vor.

Da weiß doch jeder Sozialwissenschaftler: Das, was dabei herauskommt, kann man nicht verwenden; denn die Leute wollen natürlich nicht nachgewiesen bekommen, dass sie fremdenfeindlich sind. Wenn man ihnen sagt: Wir prüfen jetzt einmal deine Fremdenfeindlichkeit, dann antworten sie so, wie es sozial gewünscht ist. Deswegen kann man die Ergebnisse nicht vergleichen. Das haben wir sofort am 21. November in unserer Pressemitteilung kritisiert.

Zehn Tage später hatte ich einen Disput mit dem Autor der Studie. Ich habe gesagt: Leute, das geht so nicht. Das kann man nicht machen. - Daraufhin hat er gesagt: Herr Gallert, das stimmt nicht, das kann man so machen. Das ist völlig in Ordnung. Das ist völlig wertfrei. - Darauf habe ich gesagt: Dann gehen wir mit einer unterschiedlichen Meinung auseinander. - Vier Tage später erfahre ich, dass diese Frage so nie gestellt worden ist.

Dazu sage ich jetzt einmal: Liebe Kolleginnen und Kollegen, da bleibt ein bisschen Skepsis bei mir zurück und die können Sie mir auch nicht ausreden. Auch das gehört zur Methodenkritik an der Stelle.

(Beifall bei der LINKEN)

Sei es drum, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden die Dinge unterschiedlich interpretieren. Aber wir haben sozusagen den Praxistest der Realität vor uns. Schauen wir uns einmal an, wie sich unsere Erfahrungen mit dem Alltagsrassismus entwickeln.

Herr Schröder, natürlich haben wir da möglicherweise eine andere Perspektive. Natürlich werden in dieser Gesellschaft Verlierer produziert. Ich bin stolz darauf, Herr Schröder, dass wir sie politisch vertreten und dass sie sich bei uns aufgehoben fühlen. Das sage ich jetzt einmal mit aller Deutlichkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir vertreten viele, die sich in dieser Gesellschaft als Verlierer fühlen. Das ist unsere verdammte politische Aufgabe. Das lasse ich mir von Ihnen nicht vorwerfen, Herr Schröder.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich muss Sie an Ihre Redezeit erinnern. Sie haben dann die Möglichkeit, noch einmal als Fraktionsvorsitzender zu reden.

(Herr Schröder, CDU: Wir wollen, dass es keine Verlierer gibt! Das ist der Unter- schied!)

Herr Schröder, das ist Ihre Perspektive. Sie sagen, in dieser Gesellschaft gibt es keine Verlierer. Das ist unser Grund.

(Unruhe - Herr Schröder, CDU: Wir wollen keine! - Zuruf von der CDU: Wir wollen kei- ne, hat er gesagt!)

- Ja, Sie wollen keine. Aber diese Gesellschaft produziert Verlierer und sie fühlen sich bei uns mit ihrer Interessensituation gut aufgehoben und wir werden Sie vertreten.

(Zurufe von der CDU)

Das ist - das sage ich jetzt noch einmal ausdrücklich - auch unser Beitrag, um diese Menschen in diese Gesellschaft zu integrieren; denn es ist extrem wichtig, dass sie uns als Ansprechpartner haben. Ansonsten suchen sie sich außerhalb des demokratischen Spektrums welche. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN - Frau Weiß, CDU: Oh!)

Danke schön, Herr Kollege Gallert. - Die Vorsitzende der Fraktion der SPD hat noch einmal das Wort gewünscht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Gallert, eine Volkspartei sollte immer alle gesellschaftlichen Gruppen im Blick haben. Die SPD hat alle gesellschaftlichen Gruppen im Blick.

(Beifall bei der SPD - Herr Schröder, CDU: Nicht nur die SPD! - Oh! bei der LINKEN - Weitere Zurufe von der LINKEN)

- Ja. Es ging auch in die Richtung.

(Zuruf von der LINKEN: Man sieht es immer wieder!)

Anders kann man so lange in unterschiedlichen Gesellschaftsordnungen auch nicht überleben und das muss in den unterschiedlichen Gesellschaftsordnungen vielleicht auch nicht verboten werden.

Herr Striegel, es ist gut, wenn man Fragen stellt. Das ist richtig. Schlecht ist es, wenn man die Antworten aus Prinzip infrage stellt. Die Entscheidung liegt ganz bei Ihnen, auch bei Ihnen und Ihrer Fraktion, Herr Gallert, ob Sie hinterfragen und inhaltliche Fragen stellen wollen, ob Sie inhaltlich reden wollen oder ob Sie weiter, bevor Sie geredet haben, bevor diese Gespräche stattgefunden haben, vorverurteilen wollen. Darin liegt der Unterschied.

(Zustimmung bei der SPD)

Die Methoden kann man immer hinterfragen. Aber man muss darüber reden. In der Regel tut man das dann nicht in der Öffentlichkeit, sondern in der Tat in den Räumen, in denen man auch miteinander diskutieren kann.

Deshalb sehe ich da schon einen großen Unterschied. Wenn ich mir die Wortwahl angucke und anhöre: politischer Sieg. Also wissen Sie, die Verbundenheit der jüngeren Generation mit Gesamtdeutschland ist kein politischer Sieg einer Partei. Solch ein Vokabular ist mir fremd.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Hm!)

Das ist wirklich ein Zusammenwachsen über Generationen hinweg und in den jungen Generationen. Ich kann Ihnen sagen, meine Kinder machen eben wirklich keinen Unterschied mehr. Deshalb feiere ich das nicht als politischen Sieg.

(Zuruf: Das hat er nicht gesagt!)

Die fühlen sind einfach wohl. Wenn man sich die Kurven in den Alterskohorten anguckt - ich habe Sie jetzt leider auf meinem Platz liegen lassen -, dann stellt man fest, dass in der jungen Generation besonders deutlich zu sehen ist, dass die zuerst ihren Heimatort, dann das Land Sachsen-Anhalt und dann die Bundesrepublik haben und nicht mehr Ostdeutschland. Sie wollen eine Region in der Bundesrepublik sein. Das ist gut, sage ich. Das

ist ein gutes Ergebnis. Darauf muss man aufbauen.

(Beifall bei der SPD)

Ich komme zur sozialen Erwünschtheit, Herr Striegel. Sie unterstellen, dass die Fragen so gestellt wurden, dass die Antworten sozial erwünscht sind. Den Begriff halte ich im Zusammenhang mit dem Sachsen-Anhalt-Monitor echt für eine Zumutung, muss ich sagen.

Sie sagen, die IMG wäre nicht wegen des Tourismus der Mitfinanzierer gewesen. Ich glaube, der Minister hat das schlüssig erklärt. Wenn Sie nicht nur den Teil Fremdenfeindlichkeit gelesen haben, sondern, so wie ich es Ihnen auch unterstelle, den gesamten Sachsen-Anhalt-Monitor, dann sehen Sie - auch das habe ich auf dem Platz liegen lassen -, dass gerade zum Tourismus und auch zum Thema Wirtschaft wirklich große Bereiche nachgefragt worden sind. Dabei sind für mich - über die werden wir heute hier gar nicht diskutieren können - ganz erstaunliche Antworten herausgekommen.

Es lohnt sich, neben dem Thema Fremdenfeindlichkeit und Rassismus einmal insbesondere darauf zu gucken und einmal auszuwerten, warum sich der Großteil von Sachsen-Anhalt nicht mehr mit der Wirtschaft auseinandersetzt und sagt, wir sind kein wirtschaftsfreundliches Land, aber der Tourismus ist gut. Das hat vielleicht mit den Imagekampagnen der letzten Jahre zu tun. Der Tourismus ist gut. Aber es kann uns doch zum Beispiel nicht genügen, dass die Sachsen-Anhalter ihr Land nicht mehr als ordentlichen Wirtschaftsstandort sehen. Da müssen wir unter anderem auch ansetzen.

Dann gibt es möglicherweise auch hinsichtlich des Themas gute Arbeit und des damit verbundenen Zusammenhangs zu sozialen Milieus, Bildung und Einkommen auch eine Möglichkeit, um aus einer anderen Schleife wieder herauszukommen.

Herr Gallert, Sie vergleichen die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung und den Sachsen-Anhalt-Monitor. Ich habe sie bewusst nicht verglichen; denn man kann sie nicht vergleichen. Der SachsenAnhalt-Monitor hat 1 250 Leute allein in SachsenAnhalt befragt. Die Friedrich-Ebert-Stiftung sagt, sie hat in Ostdeutschland 80 Leute befragt.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Nein, 500 in Ost- deutschland!)

- Oder 80 in Sachsen-Anhalt. Dann sind es 80 in Sachsen-Anhalt. Dann wäre das der richtige Bezug zum Sachsen-Anhalt-Monitor.

(Zuruf von Herrn Schröder, CDU)

Das kann gar nicht übereinstimmen. Man kann es einfach nicht vergleichen, auch wenn ich sage, dass man die Ergebnisse der Ebert-Studie nicht ignorieren darf. Darüber haben wir schon disku

tiert. Herr Wanzek hat deutliche Worte für uns dazu gesagt. Aber man kann sie nicht ständig nebeneinander stellen. Die sind wirklich unterschiedlich.

Ich komme zu den Stichworten monokausal, Bildung und Demokratie. Ich habe das durchaus nicht monokausal gesagt. Selbstverständlich wissen wir, dass Bildung aus sozialen Milieus kommt und unterschiedlich aufgestellt ist. Das ist auch ein Ergebnis der Iglu-Studie, über die wir gerade in der letzten oder in dieser Woche auch diskutiert haben. Es wurde deutlich, dass es in Deutschland immer noch schwierig ist, dass die sozialen Milieus ihre Bildungsmilieus durchbrechen.

Also, monokausal ist das nicht. Aber es ist der richtige Ansatzpunkt. Wir müssen uns überlegen, ob wir da im Kindergarten oder noch davor anfangen müssen, damit wir eben diese Schere schließen und diese Grenzen durchbrechen. Aber der Befund, dass Bildung, Demokratie und Abwehrmöglichkeiten gegen Ideen wie Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Rechtsradikalismus zusammenhängen, ist doch richtig. Das ist doch nicht monokausal.

Ich will auch noch einmal deutlich sagen, dass über den Sachsen-Anhalt-Monitor - das geht heute in der Debatte auch nicht anders - hier sehr verkürzt diskutiert worden ist, nicht nur was die Methoden angeht. Darüber müssen Sie sich im Detail unterhalten und vielleicht auch streiten. Es geht auch um die Inhalte; denn es gibt wesentlich mehr Befunde als nur zu dem Thema Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.

Deshalb sage ich eben, dass der Sachsen-Anhalt Monitor mehr ist, auch mehr abgefragt hat. Wir können uns nicht, so wie Sie es gesagt haben, Herr Striegel - Sie haben gesagt, dann muss das eben beim nächsten Mal fundamentaler gemacht werden -, darauf reduzieren, weil auch die Entwicklung in Sachsen-Anhalt nicht nur von diesem Thema abhängig ist, sondern auch von vielen anderen Themen, zu denen im Sachsen-AnhaltMonitor Daten erhoben werden und über die man reden muss.