Wenn gerade die Begabtesten und Klügsten in unserem Land Schwierigkeiten mit Haushaltsrecht und Disziplin haben, dann wünsche ich mir eine intensive Diskussion vor Ort, zu der Sie mich gern einladen können. Diese Diskussion müssen Sie nicht unter Hallensern führen.
Erstens. Wir brauchen ohne Zweifel einen weiteren Aufbau unserer Hochschullandschaft. Dieser Aufbau ist natürlich auch mit einem Abbau, mit einem Umbau und zum Teil mit einem Neubau verbunden, und das in ganz unterschiedlichen Teilbereichen. Die zugehörige Diskussion, die dort im Senat stattfindet, ist außerordentlich wichtig und verantwortungsvoll.
Zweitens. Das Ganze braucht ein Fundament. Das Fundament unserer Hochschullandschaft ist erstaunlicherweise recht stabil, sodass es anscheinend auch Ihre Diskussion vor Ort aushält.
Drittens. Wer sich nicht verändert - das gilt auch für die Hochschulen und Universitäten an jedem Ort im Land; das gilt auch für Sie, Herr Lange -, der wird verändert werden.
Sie müssen die haushaltspolitischen Rahmenbedingungen in diesem Land zur Kenntnis nehmen, wenn Sie zukünftig in diesem Land erfolgreich Politik machen wollen. Ich höre immer wie
der, Sie würden dies auch gern in Regierungsverantwortung machen. Ich drücke Ihnen die Daumen, dass Sie sich verändern. Ich nehme Sie gern mit. - Danke.
(Beifall bei der CDU - Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Was wollten Sie uns damit sagen? - Unruhe bei der LINKEN)
Auf das letzte Angebot von Herrn Harms, nämlich das mit dem Mitnehmen, werde ich nicht eingehen. Was er uns mit dem Rest sagen wollte, habe ich nicht wirklich verstanden. Aber gut, da muss man jetzt durch.
Frau Ministerin, Sie haben mich heute ein bisschen ratlos hinterlassen, muss ich ganz ehrlich sagen.
Wenn Sie unseren Antrag gelesen haben, dann haben Sie doch festgestellt, dass es nicht um einen Kapazitätsabbau schon im nächsten Jahr geht, sondern es geht darum, erst einmal den Status quo zu halten, bis wir die Strukturdiskussion geführt haben. Das wird über das Jahr 2014 hinaus der Fall sein. Die Entscheidungen, auch die, die jetzt an der MLU getroffen werden sollen, wirken über diesen Zeitraum hinaus.
Deswegen ist das, was Sie uns hier suggerieren wollten, nämlich dass wir die Kapazitäten schon im nächsten Jahr abbauen wollen, natürlich nicht richtig. Vielmehr geht es darum, erst einmal den Status quo über den Zielvereinbarungszeitraum hinaus zu halten, bis wir die Strukturdiskussion geführt haben.
Man muss allerdings sagen, dass einiges, was dort beschlossen werden soll, natürlich schon im nächsten Jahr ein ganzes Stück weit zu Buche schlagen wird. Frau Pähle hat das mit der Soziologie angedeutet. Wenn dort frei werdende Professorenstellen nicht wiederbesetzt werden, dann ist das in einem Bereich, in dem zurzeit schon sehr viele Studierende immatrikuliert sind, eine Verschlechterung der Situation vor Ort.
Sie haben heute den Kapazitätsausbau mit der Zumutung von Überlast verwechselt. Das haben Sie gemacht. Sie haben gesagt: Die werden weiterhin immatrikulieren. Die werden auch noch mehr immatrikulieren. - Ja, aber das erfolgt auf der Basis einer geringer werdenden Kapazität, weil man dort weniger Stellen zur Verfügung hat. Mehr Leute zu
immatrikulieren heißt, wir fahren Überlast, und Überlast bedeutet immer einen Verlust von Qualität. Das möchte ich den Hochschulen nicht zumuten. Das möchte ich auch den Studierenden, die dort studieren, nicht zumuten.
Wenn der Antrag heute überwiesen wird, dann bleibt nichts anderes, als jetzt den Appell an die Senatoren zu richten: Warten Sie mit Beschlüssen ab, die Sie dort fällen und die schon über die nächste Diskussion zur Struktur hinausgehen! Lassen Sie uns in einem strukturierten Prozess miteinander ins Gespräch kommen: Was erwartet das Land? Was kann das Land leisten? Was will es sich leisten? - Lassen Sie uns dann darüber reden, wie wir die Strukturen der Hochschulen in den nächsten Jahren vernünftig gestalten können.
Herr Lange, ich hatte Ihnen ja angeboten: Ich nehme Sie gern mit auf den Weg in die Realität, wenn Sie dazu bereit sind.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich habe nichts anderes gehört als den Wunsch auf Überweisung in den zuständigen Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft. Ich sehe auch jetzt keine weiteren adventlichen Wünsche. Dann stimmen wir darüber ab. Wer dafür ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Enthält sich jemand der Stimme? - Niemand. Die Ausschussüberweisung ist beschlossen worden. Damit haben wir den Tagesordnungspunkt 19 erledigt.
Zunächst hat die Einbringerin, die Fraktion DIE LINKE, das Wort. Es spricht Frau Abgeordnete Zoschke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst einige Bemerkungen vorweg machen.
Erstens. Es ist uns durchaus bewusst, dass das Thema zuallererst kommunale Perspektiven besitzt, indem auf der Basis des § 74 des Einkommensteuergesetzes der örtliche Träger der Sozialhilfe in begründeten Ausnahmefällen das Kindergeld abzweigen kann. Ich wiederhole gern den Knackpunkt: in begründeten Ausnahmefällen.
Zweitens. Kindergeld wird in unserem Land zur Unterstützung von Familien als Nachteilsausgleich gewährt. Es kann unter bestimmten Voraussetzungen auch über das 25. Lebensjahr hinaus gewährt werden, unter anderem dann, wenn in der Familie ein behindertes Kind lebt und die Behinderung bereits vor dem 25. Lebensjahr eingetreten ist.
Drittens. Wir sind nicht das erste Parlament, das sich mit dieser Frage auseinandersetzt. Bereits im Juni 2011 ist im Bayerischen Landtag ein gleichlautender Beschluss gefasst worden. Der Thüringer Landtag hat sich damit befasst und auch der Bundestag hat dieses Thema unter Beteiligung des Fachausschusses behandelt.
Worum geht es eigentlich? - Der Kindergeldanspruch richtet sich in der Bundesrepublik Deutschland an die Eltern. Das heißt, in Abhängigkeit von der Anzahl der in der Familie lebenden Kinder erhalten Eltern zum Familienlastenausgleich für die ersten beiden Kinder jeweils 184 €, für das dritte Kind 190 € und für jedes weitere Kind 215 €. Damit wird zum einen die Familie unterstützt und zum anderen der Versuch unternommen, Mehrkosten, die Familien mit Kindern haben, durch das Kindergeld auszugleichen. Es ist somit ein Nachteilsausgleich.
Lebt in einer Familie ein Kind mit Behinderungen, so kann, wie bereits oben erwähnt, Kindergeld entsprechend § 32 des Einkommensteuergesetzes über das 25. Lebensjahr des Kindes hinaus gezahlt werden. Somit kann der Fall eintreten, dass Familien lebenslang Kindergeld beziehen.
Auch dafür ist die Begründung einleuchtend. Denn mit der Volljährigkeit des in der Familie lebenden Kindes endet weder die Behinderung noch der Mehrbedarf der Eltern. Es ist davon auszugehen, dass die bestehenden Barrieren für ein selbstbestimmtes und selbständiges Leben des jungen behinderten Erwachsenen fortbestehen und dass die Familie, in der er auch nach der Volljährigkeit lebt, nach wie vor Mehraufwendungen aufbringen muss. In diesem Fall wirkt also der Familienlastenausgleich fort.
In § 74 des gleichen Gesetzes ist beschrieben, dass die örtlichen Träger der Soziahilfe die Möglichkeit haben, in begründeten Fällen das Kindergeld abzuzweigen. Ein solcher begründeter Fall liegt vor, wenn die Familie aufgrund ihrer eigenen sozialen Lage selbst nicht für den Unterhalt des Kindes aufkommt, selbst Grundsicherungsleistungen erhält oder wenn das behinderte erwachsene Kind vollstationär untergebracht ist oder wenn die Einkünfte und Bezüge des Kindes seinen notwendigen Lebensbedarf überschreiten.
Wie ist nun die aktuelle Situation? - Seit geraumer Zeit wenden sich viele Betroffene an uns, die mit dem Problem der Abzweigung des Kindergeldes konfrontiert werden. Viele örtliche Träger der Sozialhilfe unternehmen den Versuch - und das fast flächendeckend -, dieses Kindergeld abzuzweigen. In diesem Verlauf passieren Dinge, die unglaublich sind.
Betroffene Familien erfuhren von diesen Abzweigungsanträgen erst durch die Schreiben der Familienkasse, in denen sie aufgefordert wurden, innerhalb von 14 Tagen zu dem Antrag Stellung zu beziehen, Einzelnachweise vorzulegen bzw. Widerspruch einzulegen. Danach sollte dann über die Weiterzahlung des Kindergeldes entschieden werden. Doch damit ist es nicht genug: Ab dem darauffolgenden Monat wurde die Zahlung des Kindergeldes eingestellt, bei einigen Familien bis zum heutigen Zeitpunkt, weil das Einspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen sei.
Mit solchen Schreiben werden Familien aufgefordert, Quittungen zu sammeln sowie ein Haushaltsbuch zu führen. Des Weiteren werden Fragebögen versandt, die in einer bestimmten Frist ausgefüllt zurückgeschickt werden sollen. Müssen wir Familien das Leben wirklich so schwer machen?