Protocol of the Session on December 14, 2012

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin Wolff. - Die Debatte eröffnet jetzt für die SPD-Fraktion Frau Dr. Pähle. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein ähnlicher Antrag, wenn auch mit einer anderen Überschrift, lag dem Hohen Haus schon im Oktober vor, als es um die besondere Situation der Martin-Luther-Universität ging. Natürlich geht es bei der Frage nach den Hochschulkapazitäten um die besondere Situation der Martin-Luther-Universität.

Wenn der Senat am 19. Dezember darüber entscheidet, ob quasi 50 % der geplanten Stellenkürzungen realisiert werden, dann hat das Auswirkungen auf die Hochschulkapazitäten; denn das, was das Rektorat momentan vorschlägt, sind Stellenstreichungen gerade in den Bereichen, in denen eine Hochlast von Studierenden ausgebildet wird.

Ich möchte an dieser Stelle auf einen Beitrag in der „MZ“ vom 11. Dezember 2012 verweisen, in der

der ehemalige Hochschulrektor Professor Kreckel zur Situation an der MLU befragt wurde. Er sagt - lassen Sie es mich an einer Stelle zusammenfassen -, dass es besonders bedauerlich sei, dass die Lehre in der derzeitigen Diskussion keine Rolle spiele und man ganz besonders auf forschungsstarke Fächer achte.

Gerade die Soziologie, die an dieser Stelle in den Fokus gerät, hat in diesem Semester rund 800 Hauptfachstudenten. Wenn von den fünf derzeit ausgeschriebenen Professuren zwei nicht besetzt werden, dann hat das natürlich Auswirkungen auf die Kapazität. Drei Professuren können 800 Studenten nicht mehr adäquat betreuen, es sei denn, man geht in der Qualität zurück. Dann öffnet sich eine Spirale, die wir, so glaube ich, für unsere Hochschulstruktur insgesamt nicht haben wollen. Professor Kreckel beschreibt es so:

„Streicht man da noch weitere Stellen, verschlechtert sich die Betreuungssituation und damit die Lehre. Das endet in einer Spirale nach unten: Wegen Geld- und Qualitätsmangel verliert man Studenten, damit verliert man wieder Grundmittel, dann noch mehr Studenten und schließlich geht es auch den forschungsstarken Fächern selbst an den Kragen.“

Diese Situation ist der Grund dafür, dass sich der Landtag damit beschäftigen soll. Ich denke, auch mit Blick auf den Beginn der Haushaltsberatungen im nächsten Jahr werden wir uns mit dem Thema Hochschulstruktur insgesamt auseinandersetzen müssen.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

Deshalb wünsche ich mir von der Landesregierung nicht nur für die MLU, sondern für alle Hochschulen im Land einen geordneten Prozess,

(Zustimmung von Herrn Lange, DIE LINKE)

einen geordneten Prozess, der darauf hinausläuft, in Diskussionen einzutreten. Hochschulautonomie ist ein hohes Gut. Gleichwohl heißt das nicht - das habe ich an anderer Stelle schon gesagt -, dass man Begleitung untersagt, sondern eher, dass man Begleitung anbietet.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD, von Herrn Lange, DIE LINKE, und von Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE)

Die Hochschulstrukturreform aus dem Jahr 2004 hat erkennbare Profilierungen unserer Hochschulen hervorgebracht, aber sie hat auch Fehlentwicklungen gezeigt. Die Frage ist, ob man es weiter laufen lässt oder ob man versucht umzusteuern.

(Zustimmung von Frau Budde, SPD)

Die Evaluation und Beurteilung durch den Wissenschaftsrat darf nicht zum Bremsklotz werden, in

dem wir alle warten wie das Kaninchen vor der Schlange, was denn dort kommt.

(Zustimmung von Frau Budde, SPD, und von Frau Niestädt, SPD)

Wir müssen aktiv werden. Wir müssen das Heft des Handelns in die Hand nehmen. Wir sind uns alle darin einig, dass wir über verschiedene Sachen ausführlich reden müssen. Deshalb spreche ich mich hier für die Überweisung des Antrages aus.

Lassen Sie mich am Ende - Weihnachten steht kurz bevor - einen frommen Weihnachtswunsch formulieren: Lassen Sie uns gemeinsam mit Finanzern und mit Hochschulpolitikern darüber diskutieren, welche Strukturen wir haben wollen. Lassen Sie uns unseren politischen Auftrag an die Hochschulen formulieren und lassen Sie uns, wenn wir im Januar im Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft über die Situation der MLU reden, auch über einen Zeitplan reden, wie wir die verschiedenen Prozesse, nämlich die Haushaltsberatungen und die Zielvereinbarungsverhandlungen mit den Hochschulen, im nächsten Jahr zusammenfassen können.

Ich hoffe auch darauf, dass wir in diese Diskussion nicht nur die Hochschulen einbeziehen, sondern auch die Forschungseinrichtungen im Land, die außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die Regionen, in denen sich die Hochschulen befinden, und die Wirtschaft, damit wir endlich zu Strukturen kommen, die zukunftsfähig sind und die uns alle voranbringen. - Ich danke.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Dr. Pähle. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt Frau Professor Dr. Dalbert. Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen über die Hochschulen des Landes. Das ist ein zukunftsweisendes Thema. Hochschulen sind die Keimzellen für eine prosperierende regionale Entwicklung. In der Hochschule werden die Menschen ausgebildet, die dann in den nächsten Jahren ganz maßgeblich über die Zukunft des Landes entscheiden werden, nämlich die Ärzte, die Rechtsanwälte, die Entrepreneurs, die Lehrer und viele mehr.

Deswegen ist es so wichtig, dass die Hochschulen eine gute Entwicklung nehmen. Deswegen ist es so wichtig, dass dieser Prozess ein strukturierter Prozess ist, in dem sich die Hochschulen weiterentwickeln. Diesbezüglich - das muss ich ganz klar sagen und kann mich meiner Vorrednerin anschlie

ßen - kommt der Landesregierung und Ihnen, Frau Ministerin, eine zentrale Verantwortung zu; denn Hochschulautonomie kann in der Tat nicht heißen, dass sich die Landespolitik aus der Hochschulpolitik verabschiedet.

Hochschulautonomie heißt weiterhin, dass die Landespolitik die Leitplanken für die Hochschulen setzen muss, dass sie die Hochschule bei ihrem Entwicklungsprozess begleiten muss. An dieser Stelle liegt der Ball in Ihrem Spielfeld, Frau Wolff.

Nach meiner Einschätzung ist das Wichtigste, was wir im Moment brauchen, ein Zeitplan.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD, und von Herrn Lange, DIE LINKE)

Warum ist der Zeitplan so wichtig? - Wir laufen auf eine Situation zu, in der die Prozesse asynchrone sind. Einerseits haben wir eine Zielvereinbarung, die Ende nächsten Jahres ausläuft. Das heißt, nach den bisherigen Erfahrungen mit den Zielvereinbarungsprozessen müssten die Verhandlungen über eine neue Zielvereinbarung im März bzw. April beginnen.

Andererseits befinden wir uns in einem Prozess - unsere Fraktion hat das ausdrücklich begrüßt -, in dem die Landesregierung den Wissenschaftsrat damit beauftragt hat, die Hochschullandschaft zu evaluieren und dazu gutachterlich Stellung zu nehmen. Dies soll dann Grundlage sein, um einen solchen Entwicklungsprozess der Hochschulen zu gestalten.

Wir hören aber, dass dieses Gutachten des Wissenschaftsrates im Sommer, vermutlich sogar erst im Herbst bei uns eintreffen wird. Wir haben also eine Nichtgleichzeitigkeit von Prozessen. Das lässt die Hochschulen allein. Sie wissen überhaupt nicht, wie sie damit umgehen sollen.

Dazu sage ich Ihnen, Frau Ministerin: Sprechen Sie Klartext. Sagen Sie, wie Sie diese asynchronen Prozesse in Einklang bringen wollen und welchen Plan Sie mit Blick auf den zeitlichen Ablauf haben und wie die Begutachtung des Wissenschaftsrates in den Zielvereinbarungsprozess einfließen kann. Deswegen ist der Zeitplan so wichtig.

Wir müssen auch darüber reden, was die Grundlage eines solchen Zielvereinbarungsprozesses und damit der Leitplanken der zukünftigen Entwicklung unserer Hochschulen sein kann. Dazu sage ich Ihnen: Aus unserer Sicht ist die Frage nach den Finanzen und den Personalstrukturen die dritte Frage, die man stellen muss, nicht die erste. Die erste Frage ist: Was sind denn überhaupt die Profile der Hochschulen?

Wenn ich mir die Antworten der Hochschulen an den Wissenschaftsrat anschaue und sehe, dass wir Universitäten haben, die überhaupt keine Leitbilddiskussion geführt haben - um nur einmal ein

Beispiel zu nennen -, dann macht das doch sehr deutlich, dass wir erst einmal eine inhaltliche Profildiskussion brauchen.

Ich habe es eingangs meines Statements betont: Wir müssen auch über die regionalpolitische Bedeutung von Hochschulen sprechen; denn Hochschulen sind Akteure in den Regionen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Das bringt mich zum zweiten Punkt. Natürlich müssen solche Diskussionsprozesse auch demokratisch legitimiert sein. Das heißt, wir müssen alle Gruppen an den Hochschulen in den Diskussionsprozess einbeziehen. Wir müssen auch die regionalen Akteure in den Diskussionsprozess einbeziehen. Auch hierbei kommt der Landesregierung, kommt Ihnen, Frau Ministerin, eine Verantwortung zu, solche Diskussionsprozesse transparent und demokratisch auf den Weg zu bringen.

Noch ein letztes Wort zur Martin-Luther-Universität. Ich will nicht alles wiederholen, was hier gesagt worden ist. Aber es macht mich schon betroffen, wenn ich sehe, dass sich das, was wir Anfang dieses Jahrtausends hatten, wiederholt. Statt Profildiskussionen zu führen, laufen die Stellen, die im Augenblick nicht besetzt sind, Gefahr, gestrichen zu werden. Im Augenblick besteht diese Gefahr ganz offensichtlich in der Soziologie, die die Überlast trägt, sodass die Hochschule überhaupt auf die Hochschulpaktmittel zugreifen kann.

Wir haben dasselbe - nur um abschließend ein Beispiel zu nennen - Anfang dieses Jahrtausends erlebt. Damals war zufällig die Entwicklungspsychologie frei, die dann gestrichen wurde. Entwicklungs- und Pädagogische Psychologie sind Eckprofessuren an einer lehrerbildenden Universität. Das sind einfach ganz dramatische Fehlentscheidungen, die da getroffen werden, nur um schnell irgendwelchen Kürzungsszenarien nachzukommen.

Deswegen finde ich, dass der Antrag der Linksfraktion das Minimum dessen ist, was heute hier vom Parlament ausgehen sollte, nämlich die klare Botschaft: Wartet einen strukturierten Prozess ab! Dann reden wir gemeinsam darüber, was die Hochschulen tragen können und wie das ausfinanziert wird.

Wenn wir schon bei den frohen Weihnachtswünschen sind: Meine Weihnachtswünsche an Sie, Frau Wolff, habe ich heute wohl deutlich benannt. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Vielen Dank, Frau Professor Dalbert. - Für die CDU-Fraktion spricht der Kollege Herr Harms. Bitte, Herr Harms.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Leider haben wir nur fünf Minuten Diskussionszeit. Es ist deshalb ein bisschen schwierig, Herr Lange, weil mir der ganze Antrag doch etwas wirr und ungeordnet erscheint. Sie erwecken nämlich den Eindruck, dass es hier im Land um den Abbau einer Gesamtstudienzahl geht, der eine grundsätzliche Richtungsbedeutung hat. In der Feinargumentation konzentrieren Sie alles auf ein regionales Problem.

Frau Professor Dalbert, Sie haben Recht: Der Zeitplan ist wichtig. Aber ist die Diskussion nun absolut verfrüht, wie es Herr Lange einschätzt, oder zu spät, wie andere sagen?

(Herr Czeke, DIE LINKE: Die einen sagen so, die anderen so!)

Ich muss sagen: Ich habe den Eindruck, Hausaufgaben, die in Eigenverantwortung erledigt werden müssen, werden regional in einigen wichtigen Punkten des Landes gern verdrängt.

(Herr Lange, DIE LINKE: Das verstehe ich jetzt nicht!)