Protocol of the Session on December 14, 2012

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, ich weiß nicht, ob ich Sie richtig verstanden habe. Sie haben Ihr Abstimmungsverhalten damit begründet, dass Sie das machten, was die GRÜNEN wollten. Habe ich es richtig verstanden, dass die LINKE das macht, was die GRÜNEN wollen?

(Herr Herbst, GRÜNE: Das ist nicht das Schlechteste! - Oh! bei und Zurufe von der LINKEN)

Falsch verstanden.

(Zustimmung von Herrn Henke, DIE LINKE)

Als letzter in der Debatte spricht der Kollege Wunschinski für die CDU-Fraktion.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich komme ohne Manuskript aus.

Die Kollegin Edler hat mich völlig aus der Fassung gebracht.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU und bei der LINKEN)

Man kann im parlamentarischen Leben immer wieder erleben, dass alles über den Haufen geworfen wird. Ein Abstimmungsergebnis von 11 : 0 : 1 für die Beschlussempfehlung und dann eine völlig entgegengesetzte Rede - das verstehe ich nicht, Frau Kollegin.

(Frau Bull, DIE LINKE: Kritisieren kann man es trotzdem!)

Wir sind uns einig, dass das anonymisierte Bewerbungsverfahren kommen soll. Wir kommen einzig hinsichtlich der Vorgaben für die Frauenförderung nicht überein. Wir als CDU regen außerdem an - das werden wir auch bei der Auswertung einbringen -, dieses Gesetz nicht für kleine Handwerksbetriebe anzuwenden. Denn in diesem Bereich gibt es spezielle Anforderungen. Damit werden wir uns, wenn das Pilotprojekt abgeschlossen ist, noch einmal auseinandersetzen. Das wird die Landesregierung machen, weil wir als Parlament dies einmütig wünschen.

Wir bitten um die Zustimmung zu der vorliegenden Beschlussempfehlung. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr, Herr Wunschinski. - Wir treten in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 6/1675 ein. Wir stimmen über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht, Verfassung und Gleichstellung ab. Wer dieser zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Teile der Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist ein anderer Teil der Fraktion DIE LINKE. Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen worden.

Wir treten nun in die Mittagspause ein. Ich bitte Sie darum, sehr pünktlich um 14 Uhr wieder hier zu erscheinen.

Unterbrechung: 13.03 Uhr.

Wiederbeginn: 14.01 Uhr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten so langsam die Plätze einnehmen. Der Stenografische Dienst ist auch einsatzbereit. Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, zur Ruhe zu kommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf:

Erste Beratung

Altersarmut bekämpfen - Gesetzliche Rente stärken

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/1667

Frau Kollegin Dirlich bringt den Antrag ein. Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in der Aktuellen Debatte im September über Altersarmut gesprochen. Wir haben damals festgestellt, dass es ein Hauptrisiko für Altersarmut gibt - die Arbeitslosigkeit -, daneben aber zum Beispiel auch lange Zeiten der Kindererziehung oder der Pflege, also lange Zeiten der Abwesenheit von Arbeit.

Gleichzeitig - auch das haben wir festgestellt - sind die Beschäftigungschancen für Ältere nach wie vor mau. Die Rückkehr in die Erwerbstätigkeit nach langer Zeit von Erziehung oder Pflege ist nach wie vor schwierig.

Ich will aus der damaligen Debatte eine Zahl nennen, und zwar, dass noch 9,3 % der 64-jährigen in Vollzeit arbeiten. Das bedeutet im Umkehrschluss - auch diese Zahl habe ich bereits genannt -, dass über 90 % der 64-Jährigen keine vollen Rentenansprüche mehr erwerben.

Alle Parteien melden sich nun rechtzeitig vor den Bundestagswahlen mit Konzepten zur Bekämpfung der Altersarmut zu Wort. Begriffe wie „Zuschussrente“ oder „Solidarrente“ machen die Runde.

Leider, meine Damen und Herren, entpuppen sich diese Vorschläge - sowohl von der SPD als auch von der CDU - am Ende als Mogelpackung, vor allem deshalb, weil diejenigen, die am meisten von Altersarmut betroffen bzw. bedroht sind, von den Vorschlägen, die Sie unterbreiten, nicht profitieren. Auch das habe ich Ihnen im September schon gesagt. In beiden Konzepten - die übrigens so gut zusammenpassen, dass wir uns schon auf die große Koalition freuen -

(Zuruf von der CDU: Wir auch!)

sind lange Versicherungs- und Beitragszeiten notwendig. Was den CDU-Vorschlag betrifft, ist auch noch zusätzliche Vorsorge Voraussetzung dafür, überhaupt Anspruch auf Zuschuss- oder Solidarrente zu haben.

Das bedeutet, dass diejenigen, die auf Zuschuss oder Solidarität am meisten angewiesen sind, von den Vorschlägen genau nicht profitieren, also Langzeitarbeitslose, Menschen mit Brüchen in ihrer Erwerbsbiografie - was vor allem Frauen betrifft -, Selbständige oder Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen, Beschäftigte im Niedriglohn

bereich - also all jene, die entweder keine 40 oder 45 Versicherungsjahre bzw. 30 oder 35 Beitragsjahre vorweisen können oder aber ein so geringes Einkommen haben, dass sie sich keine zusätzliche Vorsorge leisten können. Sie können sich weder Riester noch eine freiwillige Betriebsrente leisten.

Das eigentliche Problem ist ein anderes. Das eigentliche Problem, meine Damen und Herren - auch das eint CDU und SPD -, ist, dass keine der falschen Weichenstellungen der Rentenreformen der letzten zehn Jahre auch nur angekratzt, geschweige denn wirklich angepackt worden ist. Ich will die Hauptkritikpunkte nennen.

Es bleibt bei Ihnen dabei, dass das Ziel der gesetzlichen Rente nicht mehr die Lebensstandardsicherung ist, sondern die Beitragsstabilität und die Entlastung von Unternehmen. Fakt ist: Wenn weniger eingenommen wird bzw. nicht mehr eingenommen werden soll und gleichzeitig die Ansprüche steigen - was Sie immer betonen -, dann muss man natürlich die Leistungen senken. Dann hat man keine andere Wahl.

Wir kritisieren, dass es bei der Veränderung der Rentenanpassungsformel bleibt und das Rentenniveau dauerhaft gesenkt werden soll. Wir kritisieren die Teilprivatisierung der Rente und den Ausstieg aus der paritätischen Finanzierung. Wir kritisieren, dass die gesetzliche Rente immer mehr zu einer Grundsicherung im Alter verkommt, und wir kritisieren die Rente ab 67.

CDU und SPD behaupten beide im Gleichklang, dass die Reformen nötig seien, um die Rentenversicherung zu stabilisieren. In Wirklichkeit, meine Damen und Herren, wird ein schleichender Systemwechsel vollzogen.

Wenn lange das Prinzip galt „Alt für Jung“, gilt heute das Prinzip „ich für mich“. Wenn lange das Prinzip galt, dass Rentnerinnen und Rentner an der Entwicklung des Lebensstandards partizipieren sollen, gelten heute Aussetzungen der Rentenanpassung. Wenn es lange galt, dass es keine Eingriffe in Bestandsrenten gab, wird heute - zum Beispiel mit den Änderungen in der Pflegeversicherung - in Bestandsrenten eingegriffen. Wenn lange das Prinzip der paritätischen Finanzierung galt, so ist dieses inzwischen durch den Zwang zur Privatvorsorge ausgehebelt. Daran ändert sich auch in Ihren neuen Konzepten rein gar nichts.

Ein Prinzip muss allerdings tatsächlich verlassen werden, und zwar das Äquivalenzprinzip. Genau das führt zurzeit zu Altersarmut. Dabei ist es ganz einfach: Wer mehr und länger einzahlt, kriegt mehr raus. Das heißt im Umkehrschluss: Wer kürzere Zeit bzw. weniger einzahlt, kriegt weniger, und wer nichts einzahlt, bekommt nichts. Das ist die Stelle, an der Solidarität gefragt ist, meine Damen und Herren. Genau hier ist sie.

(Zustimmung bei der LINKEN)

DIE LINKE hat im September ihr Rentenkonzept vorgelegt. Die Bundestagsfraktion der LINKEN hat zur Umsetzung des Konzepts mehrere Anträge in den Bundestag eingebracht.

Wir, die Landtagsfraktion hier in Sachsen-Anhalt, sind der Meinung, dass dieses wichtige Thema auch hier im Landtag eine Rolle spielen muss. Deshalb haben wir den Ihnen heute vorliegenden Antrag eingebracht. Sicherlich ist Ihnen aufgefallen, dass er sich einigermaßen strikt an den Vorschlägen der Bundestagsfraktion entlanghangelt.

Da ich sehr davon ausgehe, dass wir das Thema heute nicht beerdigen, will ich hier nur auf die wichtigsten Punkte eingehen. Wir wollen eine solidarische Rente einführen. Das heißt in diesem Fall und an diesem Punkt, dass wir eine Rente einführen wollen, die diesen Namen auch verdient, und das deshalb, weil alle Erwerbstätigen in die gesetzliche Rente einzahlen müssen, also auch Beamtinnen und Beamte, Politikerinnen und Politiker, Ärztinnen und Ärzte sowie Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Diese Liste lässt sich im Übrigen fortsetzen, und zwar gar nicht mal so knapp.

An den Hauptvorwurf möchte ich erinnern, weil Sie uns gern die DDR vorhalten. Der Hauptvorwurf an die DDR war, dass sie 67 Sonder- und Zusatzversorgungssysteme hatte. Die Bundesrepublik hat meines Wissens nicht ganz so viele, aber so viel weniger sind es auch nicht.

Wir wollen, dass die Beitragsbemessungsgrenze angehoben und dauerhaft aufgehoben wird. Natürlich müssen dann, um Solidarität zu ermöglichen, Hoch- und Höchstverdienende einen Teil ihrer Ansprüche abgeben, und dieser Teil muss umso höher sein, je höher das Einkommen steigt. So, meine Damen und Herren, geht Solidarität.

(Zuruf von Herrn Scheurell, CDU)

Die Rente erst ab 67 gehört abgeschafft. Die Lebensstandardsicherung muss wieder Prinzip der gesetzlichen Rente werden. Deshalb schlagen wir vor, das Rentenniveau wieder auf 53 % anzuheben. Es kann nicht sein, dass jemand 33 Jahre lang den Durchschnittsverdienst erzielen und entsprechende Beiträge zahlen muss, um eine Rente auf Grundsicherungsniveau zu bekommen. Genau so, Herr Scheurell, wird es aber kommen,

(Herr Scheurell, CDU: Ja!)

wenn die Pläne von CDU und SPD umgesetzt und durchgesetzt werden.

Das muss auch deshalb verhindert werden, meine Damen und Herren, weil es die gesetzliche Rente insgesamt infrage stellt und zu erheblichen Akzeptanzproblemen führt. Wenn man 33 Jahre lang ar