Wir hoffen, dass wir deshalb auch bei Ihnen Akzeptanz für unseren Antrag finden; denn die Energiewende benötigt Akzeptanz. Ansonsten wird sie scheitern. Ich denke, dass das niemand hier im Saal will.
Noch ein kurzer Satz zum Änderungsantrag der GRÜNEN. Ich habe gesagt, dass wir versucht haben, uns ein wenig zu beschränken. Aber natürlich sind das alles wichtige Punkte, die da auch mit hineinspielen.
Ich habe nur eine Anmerkung. Ich würde den zweiten Absatz des ersten Punktes Ihres Antrages, der mit den Worten beginnt, die Vergünstigungen auf die energieintensiven Unternehmen zu begrenzen, an den ersten Absatz anhängen und mit den Worten „das heißt“ verbinden und dann trotzdem unsere Forderung, nur den energieintensiven Anteil zu begünstigen, drin lassen. Das wäre die einzige Änderung, die ich gern hätte. Mit dem Rest, also dem
Frau Kollegin, könnten Sie das noch einmal wiederholen? Dann versuchen wir das während des Abstimmungsverfahrens, je nachdem, wie die Einbringer des Änderungsantrages reagieren, mit zu berücksichtigen.
(Frau Hunger, DIE LINKE, erläutert dem Präsidenten im Zwiegespräch den vorgetra- genen Änderungswunsch)
Die Debatte ist eröffnet. Es spricht zunächst für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Mormann.
- Entschuldigung, Frau Kollegin Wolff. Es spricht zuerst für die Landesregierung Frau Ministerin Professor Dr. Wolff.
Vielen Dank. Ich wollte mich nicht vordrängeln. - Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Der Landtag und die Landesregierung haben bereits mehrfach deutlich gemacht, wie sehr uns allen daran liegt, dass Energie auch künftig bezahlbar bleibt. Das ist - Frau Hunger hat es erwähnt - auch wichtig für die Akzeptanz der Energiewende. Ich erinnere nur an die Aktuelle Debatte, die wir im Oktober geführt haben.
In der Diskussion wird aber nicht selten das Bild gezeichnet, dass die Privatkunden die Kosten der Energiewende mehr oder weniger allein trügen, während dies energie- oder zumindest bestimmten stromintensiven Industriezweigen durch Privilegien erspart bliebe. Zu einem zutreffenden Gesamtbild gehören aber ein paar weitere Aspekte. So sind die Industriestrompreise in Deutschland bereits mächtig hoch, und zwar sowohl im europäischen als auch im darüber hinausgehenden internationalen Vergleich. Die ostdeutschen Standorte sind noch einmal teurer als westdeutsche.
Wenn man also von Privilegien spricht, dann von solchen, die die in Deutschland hausgemachten Wettbewerbsnachteile deutscher Unternehmen wenigstens teilweise wieder ausgleichen sollen. Von der Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen profitieren - das sei noch einmal erwähnt - nicht nur diese Unternehmen, sondern auch die privaten Stromkunden, deren Arbeitsplätze so erhalten bleiben.
Darüber scheinen wir uns grundsätzlich auch einig zu sein. Worüber wir meines Erachtens unbedingt nachdenken müssen und worüber wir auch im Ausschuss diskutieren sollten, sind Fragen wie die, wer in welchem Umfang begünstigt werden sollte. Dazu gehört dann allerdings auch die Frage, wie oft man diese Kriterien wechseln kann, wenn man noch berechenbar bleiben will.
Hinsichtlich der Abschaffung des Eigenstromprivilegs sei nur angemerkt, dass es auch private Kleinerzeuger mit einer kleinen PV-Anlage auf dem heimischen Dach träfe.
Ein zweites Detail ist die Höhe, in der zum Beispiel die Privatkunden ab dem kommenden Jahr aufgrund der EEG-Umlage zusätzlich belastet werden. Für einen Durchschnittshaushalt werden es 60 € pro Jahr sein, also 5 € im Monat. Das ist durchaus viel Geld für manche. Diese Mehrkosten können aber aufgrund der stetig nach oben taumelnden Benzinpreise auch für eine einzige Tankfüllung entstehen. Das ist zugegebenermaßen ein schwacher Trost. Aber tatsächlich werden von vielen Mitbürgern die Heizöl- und Kraftstoffpreise als die eigentlichen Kostentreiber empfunden.
Ich komme zum zweiten Punkt Ihres Antrags. Hinsichtlich der Haftungskosten für verspätet angebundene Offshore-Anlagen hat Sachsen-Anhalt im Bundesrat durchgehend die Auffassung vertreten, die Sie in Ihrem Antrag einfordern. Das Bundesratsverfahren ist allerdings abgeschlossen. Jetzt entscheidet der Bundestag darüber.
Ich komme zum dritten Punkt. Stromsperren sind sicherlich das letzte Mittel als Reaktion auf ausbleibende Zahlungen. Das ist aber schon jetzt so, nicht nur im Hinblick auf das vorgeschriebene Mahnwesen. Überdies haben Empfänger von Sozialleistungen einen Anspruch auf ein zinsloses Darlehen durch die Kommunen bzw. Argen zur Tilgung von Stromschulden.
Hierbei geht es offensichtlich um ein berechtigtes sozialpolitisches Anliegen, nicht aber um eine Frage des Eingriffs in Marktbeziehungen. Sozialpolitische Anliegen muss man grundsätzlich mit sozialpolitischen Methoden lösen, aber nicht durch Eingriffe in Marktbeziehungen. Ansonsten löst man dort wieder andere nicht erwünschte Verwerfungen aus.
Aus diesem Gründen habe ich Zweifel, dass ein generelles Verbot von Stromsperren das richtige Zeichen setzen würde. Dem auf gegenseitigen Rechten und Pflichten beruhenden Vertragsverhältnis zwischen Stromkunde und Energieversorgungsunternehmen entspricht es jedenfalls nicht.
Man könnte zu der Frage, wie man sozialpolitischen Anliegen in der Wirtschaft Geltung verschafft, auch aus wirtschaftsethischer Sicht jetzt sehr viel sagen. Das möchte ich an dieser Stelle
nicht tun. Aber im Ausschuss können wir das gern machen. Dort können wir sogar Experten dazu einladen, auch aus den Hochschulen unseres Bundeslandes.
Im Übrigen wäre aber auch die Frage zu klären, wer für die ausstehenden Beiträge aufzukommen hätte. Das wären letztlich wohl die zahlenden Privatkunden, für die sich der Antrag eigentlich einsetzen will.
Ich komme zum vierten und letzten Punkt des Antrags. Nach meinen Informationen werden auf dem Markt immer weniger energieineffiziente Haushaltsgeräte angeboten. Deshalb scheint mir die Frage berechtigt zu sein, ob ein Darlehens- oder Investitionsprogramm zur Anschaffung energieeffizienter Geräte wirklich sinnvoll ist und, abgesehen von den Kosten, den damit verbundenen Beratungs- und Verwaltungsaufwand tatsächlich rechtfertigen würde.
Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir eine abschließende Bemerkung. Wie sich die Energie- und speziell die Strompreise für die Haushalte entwickeln werden, weiß letztlich niemand. Derzeit sind wir von Steigerungen ins völlig Unermessliche oder ins völlig Unbezahlbare Gott sei Dank noch entfernt.
Zugleich ist die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands als Produktionsstandort und gerade auch Sachsen-Anhalts als Produktionsstandort in manchen Branchen schon massiv gefährdet. Hierin liegt meines Erachtens die eigentliche auch sozialpolitische Gefahr für die deutschen Stromkunden. Hierin geht es nämlich um Jobs. Ich denke, mit einer entsprechenden Haltung sollten wir auch die Diskussion im Ausschuss führen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin Professor Dr. Wolff. - Wir fahren mit der Debatte fort. Für die Fraktion der SPD spricht nun der Abgeordnete Herr Mormann.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als wir im Oktober im Rahmen einer Aktuellen Debatte in diesem Hause über die Energiewende diskutiert haben, wurde mehr als deutlich, wie vielschichtig das ganze Thema ist. Es ging um den Netzausbau, die Speichertechnologien, die Offshore-Haftungsrisiken und nicht zuletzt die EEG-Umlage und die zahlreichen, ausufernden Ausnahmen für stromintensive Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen - oder eben auch für die, die nicht im internationalen Wettbewerb stehen.
Heute beschäftigen wir uns mit einem Antrag der Kollegen der Fraktion DIE LINKE für eine sozial gestaltete Energiewende. Die Energiewende ist eine Aufgabe, bei der wir jetzt alle mittun müssen und bei der die Kosten gerecht verteilt werden müssen. Sie ist aber auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, von der wir alle, wenn sie geschafft ist, entsprechend profitieren. Das darf aber nicht bedeuten, dass wir nicht auch an manchen Stellen mit Augenmaß beurteilen müssen, wer sich wie stark an den Kosten beteiligen muss, was sich nicht nur auf die EEG-Umlage beziehen soll, sondern explizit auch auf die Kosten des Ausbaues der Stromnetze.
Es muss ganz klar gesagt werden, dass sich die Entlastung von stromintensiven Unternehmen, die sich auf dem internationalen Markt mit Mitbewerbern aus Billigstromländern messen müssen, als ein gutes Instrument erwiesen hat, um unsere einheimische Industrie, die daran hängenden Arbeitsplätze und die damit verbundenen Zulieferer vor einem ansonsten nicht fairen internationalen Wettbewerb schützen zu können.
Aber die teilweise absurden Ausnahmen, die mittlerweile unter Schwarz-Gelb gemacht werden, muss ich Ihnen heute nicht noch einmal aufzählen. Genau an dieser Stelle stoßen wir auf die großen Akzeptanzprobleme und müssen schlichtweg mit diesem Ungerechtigkeitsempfinden bei den Verbrauchern, also den kleinen und mittelständischen Unternehmen und den privaten Haushalten, rechnen. In diesem Zusammenhang finde ich auch den Ansatz, die Befreiung künftig auf die energieintensiven Produktionsprozesse zu begrenzen, sinnvoll.
Genauso ungerecht ist die Umlage des Haftungsrisikos bei Offshore-Windanlagen, also bei Windparken, deren Fundamente im Meer stehen. Was macht Schwarz-Gelb? Sie lassen jedermann die Zeche dafür bezahlen, dass es nicht geschafft wurde, diese Windparke an das Netz anzuschließen.
Um es ganz deutlich zu sagen: Es kann nicht dauerhaft sein, dass die privaten Haushalte und die kleinen Unternehmen und der Mittelstand in Sachsen-Anhalt dafür mehr bezahlen, dass die steueroptimierte Geldanlage in einem Windkraftfonds für die Münchener Zahnarztschickeria besonders rentabel und vor allem risikoarm ist.
Allein die Diskussion über die Börsenstrompreise würde heute unseren zeitlichen Rahmen sprengen. Ob es der beste Weg ist, die energieintensiven Industrien in der Höhe der Ersparnis durch den Merit-Order-Effekt an der EEG-Umlage zu beteiligen, sollten wir nochmals in Ruhe diskutieren.
Natürlich dürfen wir es nicht versäumen, auch die Schwächeren bei der Energiewende mitzunehmen. Da müssen wir nach Möglichkeiten suchen und um
Lösungen streiten, damit die Energie für Menschen, die ansonsten schon an allen Ecken und Enden sparen müssen, bezahlbar bleibt. Dazu gehört zum Beispiel die Energieeffizienz von Haushaltsgeräten.
Den Ansatz bezüglich eines verbindlichen Verbots von Stromsperren halten wir für diskussionswürdig. Mich bewegt in diesem Zusammenhang zum Beispiel ebenso die Frage, inwieweit es im Jahr 2011 richtig war, die Heizkostenpauschale beim Wohngeld zu streichen. Das könnte eine tragfähige Überlegung sein, um unter anderem Stromkostensteigerungen zu kompensieren.
- Aber wir kofinanzieren. - An einigen Stellen sind wir gar nicht so weit voneinander entfernt. Deshalb ist es richtig und wichtig, Ihren Antrag zur weiteren Diskussion in die Ausschüsse zu überweisen. Ich beantrage daher die Überweisung des Antrags zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft und zur Mitberatung in die Ausschüsse für Arbeit und Soziales sowie für Landesentwicklung und Verkehr. Das Gleiche gilt für den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, welcher uns heute Morgen vorgelegt wurde. - Ich danke Ihnen.
Wir fahren in der Debatte fort. Als Nächste spricht Frau Frederking für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Zeiten billiger Energie sind vorbei. Wir können uns billig einfach nicht mehr leisten. Wir brauchen ein Leitbild für eine nachhaltige Energieversorgung, das folgende Fakten anerkennt:
Erstens. Fossile Energien verursachen dramatische Klimafolgeschäden und rauben der Menschheit ihre Lebensgrundlagen.
Das sieht man deutlich an den Preissteigerungen der vergangenen Jahre. Seit dem Jahr 2000 hat ein Drei-Personen-Haushalt neben dem Anstieg der Stromkosten um 31 € pro Monat auch noch die Erhöhung des Heizölpreises um 57 € pro Monat und des Benzinpreises um 45 € pro Monat zu verkraften. Die Bereiche Wärme und Verkehr müssen wir also viel stärker in den Blick nehmen, damit uns die Kosten nicht aus dem Ruder laufen. Frau Hunger hatte dies bereits erwähnt. Anstatt end
los Geld in den Kauf von Öl, Gas und Kohle zu stecken, sollten wir dieses Geld in neue Arbeitsplätze, in die Senkung des Energieverbrauchs, in Anlagen für erneuerbare Energien sowie in intelligente Netze und Speicher investieren.
Aber nicht nur die Geldströme müssen umgeleitet werden, auch bei den Kosten muss umgesteuert werden, damit Energie auch für alle Menschen und alle Unternehmen bezahlbar bleibt. Die Kosten müssen gerecht verteilt werden. Die Politik von Frau Merkel, die höhere Energiekosten einseitig von privaten Haushalten, kleinen und mittleren Unternehmen sowie vom Handwerk schultern lässt, ist untragbar.
Wir haben Konzepte, mit denen es anders geht. Kurzfristig könnten mit den Vorschlägen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Stromkosten um bis zu 2 Cent/kWh gesenkt werden. Zum Vergleich: Für das Jahr 2013 wird es einen durchschnittlichen Preisanstieg von rund 2,7 Cent/kWh geben.