Protocol of the Session on October 19, 2012

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Genau dieses Thema haben wir in der letzten Woche im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien ausgiebig diskutiert. Wenn ich mich an die Diskussion erinnere, waren nicht nur wir, die Regierungsfraktion, diejenigen, die gesagt haben, dass wir momentan besser sind, als es in der Vergangenheit der Fall war, sondern auch die Opposition hat in diesen Tenor eingestimmt.

Daher haben wir als Koalition am Anfang gedacht, eigentlich könnte man diesen Antrag heute ablehnen. Aber da wir das Thema ernst nehmen, haben wir einen Änderungsantrag eingebracht. Wir werden über diesen Änderungsantrag heute abstimmen und dann im Ausschuss dieses Thema weiter erörtern. Unser Minister hat es soeben noch einmal klar vorgetragen, wie wir beteiligt werden, was sich die Landesregierung vorgenommen hat. Ich glaube schon, dass wir am Ende dorthin kommen, wo wir hinkommen wollen.

Deshalb bitte ich das Plenum um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. - Herzlichen Dank.

Entschuldigung, Kollege Kurze, Ihre wirklichen Bemühungen, alles ganz kurz zu machen, führten uns dennoch zu dem Hinweis auf einen Änderungsantrag, der uns nicht vorliegt.

(Heiterkeit bei der LINKEN - Zuruf von Herrn Tögel, SPD)

Herr Tilman, du hast wieder für Verwirrung gesorgt.

(Herr Tögel, SPD: Ich nicht!)

Du hast uns zwei Tage lang mit deinem Änderungsantrag ganz wuschig gemacht. Nun liegt er nicht vor. Also lehnen wir den Antrag ab. Damit hat es sich auch.

(Heiterkeit bei der CDU und bei der SPD - Lachen bei der LINKEN)

Man bekommt sozusagen einen Einblick in das Seelenleben einer Koalition. Die Fraktion der CDU

sprach sich für eine Ablehnung aus. - Jetzt spricht für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Czeke.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Protokoll wird jetzt wahrscheinlich vermerken: Heiterkeit bei der LINKEN und darüber hinaus. Wir unterstützen und teilen den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, weil wir bekanntermaßen seit Jahren das Gleiche fordern, nämlich die Beteiligung des Landtages, vor allem in der doch regierungslastigen Europapolitik. Es hat natürlich Gründe, dass diese regierungslastig ist. Der Finanzminister sprach schon darüber.

Wir werden nicht müde, wie die Landtagspräsidenten auf ihren Konferenzen seit Jahren eine Europatauglichkeit des Landtages einzufordern. Wir hatten dazu in der letzten Landtagssitzung einen Antrag gestellt. Den konkreten Fall der Beteiligung bei der Erstellung der operationellen Programme haben wir zuletzt in unserem Änderungsantrag zur Neuprogrammierung der EU-Strukturfonds in der Drs. 6/551 vom November 2011 gefordert.

Dass die Landesregierung blockt und bockt, ist politisches Geschäft. Dass sie es seit Jahren erfolgreich machen kann, liegt jedoch an der bereitwilligen Selbstentmachtung des Parlaments durch die regierungstragenden Landtagsfraktionen. Eines dieser Stückchen haben wir gerade live erlebt.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Sie lehnen unsere Initiativen für mehr legislative Mitsprache reflexartig ab, springen Ihrer Landesregierung zur Seite und beschneiden die Verantwortung der Landesregierung. Wir erlebten es gerade in der Debatte.

Dass sich die EU-Kommission mit den unzureichenden Angeboten der Landesregierung in Sachen Beteiligung der Zivilgesellschaft, wozu wir als Abgeordnete auch zählen, scheinbar zufrieden gibt, erschwert unser Anliegen. Das ist so, Herr Herbst, leider.

Auch für die EU-Ebene gilt: Die Kommission entwickelt die Richtlinien und Strategien der Regionalpolitik; anschließend dürfen es Europaparlament, die nationalen und regionalen Parlamente staunend zur Kenntnis nehmen. Die Vorgaben der EU-Kommission lauten: Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum. Darunter dürfen dann die Landesregierungen Maßnahmen entwerfen.

Ein Vorgeschmack zur inhaltlichen Orientierung gab Ministerpräsident Haseloff auf der von Ihnen erwähnten Veranstaltung „Zukunftsdialog“ - oder besser: Monologveranstaltung - am vergangenen Donnerstag. Bei dieser Veranstaltung bat er die

Ministerien, den ESF nicht zulasten des Infrastrukturausbaus mittels EFRE zu erhöhen.

Die EU fordert nach offiziellen Verlautbarungen einen 40-prozentigen Anteil des ESF im Verhältnis zu 60 % beim EFRE. Wir sagen: Der ESF-Anteil müsste mindestens 50 % betragen, wenn bei der EU-Förderung der soziale Ausgleich statt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Großunternehmen zählen soll.

Demokratisch wäre die Erstellung der operationellen Programm nur, wenn der regionale Begleitausschuss, von dem der Landtag leider vollkommen abgekoppelt wird - er erhält nicht einmal die Protokolle -, die lokalen Verbände und Vereine sowie potenzielle Empfänger Maßnahmen entwickeln und einreichen könnten. Ja, es ist tatsächlich so.

Wenn die Kollegin eine Frage stellt und dann von dem Podium darauf hingewiesen wird: Donnerstag ist nicht der richtige Tag, um diese Frage zu stellen, dann unterstelle ich einmal, dass sie die anderen vier Workshops nicht auch noch besuchen wird, um zu schauen, ob sie dann ihre Frage stellen kann. - Das ist kein Dialog. Das ist nicht auf Augenhöhe, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Die Maßnahmen, die tatsächlich entwickelt und eingereicht werden könnten, werden nach sozialen und ökologischen Kriterien ausgewählt. Darin bin ich mir sicher. Das wäre nicht nur eine Änderung des Verfahrens, sondern auch der inhaltlichen Ausrichtung. Das wäre tatsächlich der Europäischen Union zugute gereicht.

Dieses sowie die eigene Mitsprache und Einbindung zu gewährleisten ist die Aufgabe des Landtages. Damit hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN komplett Recht. Dazu bedarf es in der Tat eines Beschlusses im Landtag. Herr Minister Bullerjahn, das untersagt die Europäische Union keinesfalls. An diesen muss die Landesregierung dann gebunden sein. Außerdem müssen in den Fachausschüssen Anhörungen durchgesetzt werden, um auch eine Beteiligung der Öffentlichkeit abzusichern und die Meinungsbildung des Landtages sowie die Beteiligung der Zivilgesellschaft bei der Förderpolitik zu ermöglichen.

Die Landesregierung wird sicherlich darüber hinaus konkrete Angebote für eine direkte Beteiligung anbieten, heißt es doch in ihrer Beschlussrealisierung in der Drs. 6/1086 vom 3. Mai 2012: „Die frühzeitige Einbeziehung des regionalen Begleitausschusses und des Landtages bei der Erarbeitung der operationellen Programme wird gewährleistet.“

(Minister Herr Bullerjahn: Das tun wir auch!)

Darauf dürfen wir noch gespannt sein. Wir sind gespannt; die Zeit läuft. Der Minister hat auf den

engen Fahrplan hingewiesen. Wir stimmen für eine Überweisung in die Ausschüsse. Das ist richtig, auch wenn es keinen Änderungsantrag gibt.

Dass der Landtag beteiligt werden muss, ist klar. Frau Ministerin Wolff hat heute wiederholt festgestellt: Das Parlament hat das Budgetrecht und das Parlament gibt das Budget. Dass das jemand aufstellen muss, Herr Minister, ist vollkommen richtig. Einer muss ja die Arbeit erledigen.

Wenn das Budgetrecht aber beim Landtag liegt und der Landtag über viele Millionen Euro auch bei der Kofinanzierung zu entscheiden hat, dann ist es bis zum Jahr 2019/2020 noch ein langer Weg. Ich gebe einmal ein Beispiel: Der Landtag hat in seiner Mehrheit einer Einnahme von 15 Millionen € durch den Verkauf zweier Landeseinrichtungen zugestimmt, um 45 Millionen € für 2012 und 2013 kozufinanzieren.

Ich habe letztens ganz böse gesagt, dann bleibt uns nur noch übrig, den Landeswald zu veräußern, um kofinanzieren zu können. Mal sehen, was noch kommt. Daran möchte der Landtag schon mehr beteiligt sein als eventuell in dem einen Workshop. Wir freuen uns tatsächlich auf die Diskussion in den Ausschüssen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Herr Abgeordneter Czeke. - Als Nächster spricht für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Tögel.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Beschluss in der Drs. 6/8152 vom 23. Februar 2012 haben der Landtag und seine Ausschüsse alle Instrumente in der Hand, um sich mit dem Thema „Neuprogrammierung der EU-Strukturfonds“ zu beschäftigen. Wir haben damals in der Landtagsdebatte sehr lange darüber diskutiert. Wir haben in diesem Beschluss, der sehr viele dezidierte Unterpunkte enthält, einige Schwerpunkte gesetzt.

Die Ausschüsse haben auf der Grundlage dieses Beschlusses die Möglichkeit, sich über alle Dinge informieren zu lassen, alle Experten, die sie hinzuziehen möchten, einzuladen, sich die Informationen von der Landesregierung, aber auch von der europäischen Ebene zukommen zu lassen.

Es ist aber auch - das betone ich durchaus sehr zwiespältig - eine Holpflicht des Parlamentes. Es ist doch eine Pflicht, dass sich die Ausschüsse damit beschäftigen. Ich habe den Eindruck, dass außer im Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft und im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten die Beschäftigung damit sehr dünn gewesen ist. Selbst im Wissenschafts- und

Wirtschaftsausschuss ist es bisher kaum zu einer inhaltlichen Diskussion über die sozioökonomische Analyse gekommen, weil es ein sehr umfangreiches und dickes Papier mit den Stellungnahmen ist. Es bedeutet viel Arbeit für die Abgeordneten, um sachkundig mitdiskutieren zu können.

Ich gebe auch dem Finanzminister Recht, dass es nicht die Aufgabe des Parlamentes ist, die operationellen Programme zu erarbeiten. Er hat es nicht so deutlich gesagt. Genauso ist es nicht die Aufgabe des Parlamentes, den Haushalt des Landes zu erarbeiten. Aufgabe des Parlamentes ist es vielmehr, den Haushalt zu beschließen, dazu Stellung zu nehmen und ihn gegebenenfalls zu verändern.

Die operationellen Programme sind aber eindeutig exekutives Handeln. Hierbei gibt es keine Pflicht, den Landtag einzubeziehen. Man muss auch berücksichtigen, dass bei der Verhandlung der operationellen Programme und bei der Aufteilung der Mittel ein sehr komplexes und aus mehreren kommunizierenden Röhren bestehendes System entsteht, weil zum Beispiel die EU vorschreibt, für welchen Fonds wie viel der Mittel in welchem Maßnahmenschwerpunkt ausgegeben werden müssen. Dabei geht es nicht nur um die Prozentzahl innerhalb des eigenen Landes oder der Region, sondern bezogen auf den Nationalstaat. Das heißt, es sind wiederum Diskussionen mit dem Bund und mit den anderen Bundesländern nötig.

Dabei kann der Landtag die Landesregierung nicht so massiv binden, dass dann keine Spielräume für die Regierung bestehen, um entsprechend zu verhandeln.

Ich stehe dazu - deswegen haben wir, die Regierungsfraktion, diesen Antrag sehr frühzeitig, Ende letzten Jahres, eingebracht -, dass wir mit beteiligt werden, damit wir uns die Entscheidungen erklären lassen und unter Umständen unsere Position dazu mitteilen. Wer das in den vergangenen Jahrzehnten verfolgt hat, weiß, dass es das erste Mal ist, dass wir so frühzeitig vor dieser kommenden Strukturfondsperiode mit der Arbeit begonnen haben.

Deswegen sind wir der Auffassung, dass dieser Antrag, den wir im Februar 2012 beschlossen haben, völlig ausreichend ist.

Was das Thema Änderungsantrag betrifft: Es stimmt, es gab eine Diskussion unter den Koalitionsfraktionen darüber, ob wir, weil das Thema einfach wichtig ist und weil wir nicht mit Ablehnung demonstrieren oder Anstoß für Gerüchte dahin gehend geben wollen, dass wir vielleicht kein Interesse an diesem Thema haben, einen Änderungsantrag einbringen. Allerdings sind wir in der Diskussion nicht zu so viel Substanz gekommen, dass wir gesagt hätten, es würde sich lohnen. Es hat sich dann die Meinung durchgesetzt, dass wir mit dem Beschluss vom Februar 2012 tatsächlich ge

nügend Instrumente an der Hand haben. Dazu stehe ich.

Ich kann nur alle Kollegen in den Ausschüssen für Landwirtschaft und Forsten, für Bildung und Kultur, für Arbeit und Soziales, für Landesentwicklung und Verkehr, für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien und für Wissenschaft und Wirtschaft bitten, sich intensiv damit zu beschäftigen, und auch die Landesregierung sowie die Fachministerien in die Pflicht zu nehmen mit dem Ziel, sich die benötigten Informationen geben zu lassen, damit wir als Parlament klar zum Ausdruck bringen können, was wir wollen.

Aber hinterher zu einem operationellen Programm zu kommen, das wirklich allen gefällt - darin gebe ich dem Finanzminister auch Recht -, das wird nicht möglich sein. Wir müssen uns an den objektiven Gegebenheiten messen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Landesregierung handlungsfähig bleibt. Deswegen plädieren wir für die Ablehnung des Antrages.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr, Herr Kollege Tögel. - Als nächster Redner spricht noch einmal für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Abgeordnete Herr Herbst.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Es ist sehr bedauerlich, liebe Kollegen von der CDU und von der SPD, dass Sie nicht in der Lage gewesen sind, wenigstens einen Änderungsantrag einzubringen. Ich glaube, dann brauchen Sie sich auch über die Frage, ob Gerüchte in die Welt kommen, Sie hätten kein Interesse, keine Sorgen mehr zu machen; denn wir wissen schon, dass Sie offensichtlich nicht genug Interesse an dem Thema haben, zumindest nicht daran, über eine bloße Information hinaus selbst beteiligt zu werden.