Protocol of the Session on October 19, 2012

(Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Was haben Sie denn erwartet?)

Nach einigen wirklich sehr interessanten Vorträgen, unter anderem von Ihnen, Herr Bullerjahn, und vom MP, gab es eine Diskussionsrunde. Bei dieser haben Leute tatsächlich ihre Fragen gestellt; das war also möglich. Es hat sich aber gezeigt, dass der Ablauf und der Rahmen der ganzen Veranstaltung nicht geeignet sind, zu einem Austausch auf Augenhöhe beizutragen.

Man konnte, ehrlich gesagt, auch den Eindruck gewinnen, dass das vielleicht gar nicht gewünscht war, zum Beispiel durch gesetzte Redebeiträge. Es war zum Beispiel eine Frau von den WisoPartnern, die Bedarfe von EU-Mitteln für Resozialisierungsprojekte anmelden wollte. Es ist völlig legitim, dass sie das tut. Das ist ihr Gebiet, auf dem sie arbeitet, für das sie sich interessiert. Vom Podium wurde ihr dann gesagt, dass sei an dem Tag nicht Thema; das Thema sei Innovation. Sie könne ja beim nächsten Mal kommen. - Das ist kein Umgang auf Augenhöhe, meine Damen und Herren. So können wir mit den Leuten nicht umgehen!

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Warten wir einmal ab, was die nächsten Veranstaltungen bringen. Nach dieser ersten Veranstaltung hat sich für mich aber gezeigt, was die Landesregierung unter „Beteiligung“ versteht, nämlich einfach zuhören und nicht unbedingt mitmischen.

Meine Damen und Herren! Wir sind der Meinung, dass die Wirtschafts- und Sozialpartner und die zivilgesellschaftlichen Partner die Gelegenheit haben sollten, sich in den Ausschüssen im Rahmen von Anhörungen einzubringen, wie wir das auch sonst gelegentlich machen, und dort aktiv an der Programmierung der Programme mitwirken können sollten.

Meine Damen und Herren! Wir wollen die Landesregierung außerdem beauftragen, auch den Informationsfluss zum Stand der Überlegungen zur Neuprogrammierung und zur Interpretation der sozioökonomischen Analyse zu verbessern.

Dazu gibt es schon etwas. Wir werden informiert. Es gibt jetzt mehr LIV-Vorlagen dazu. Es gibt die Stellungnahmen der Ministerien zur sozioökonomischen Analyse. - All das ist schön und es ist zum Teil auch sehr interessant, aber das ist noch keine wirkliche Interpretation.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich schließen. Die operationellen Programme sind ein wichtiger Bestandteil der künftigen Finanzplanung unseres Landes. Damit sind wir als Landtag mit zuständig. Ich finde, es ist nicht nur eine Frage des zuständigen Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien, sondern eine Frage des Selbstbewusstseins des ganzen Parlaments, in welcher Rolle wir uns sehen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Herrn Czeke, DIE LINKE)

Deshalb bitte ich Sie, unseren Antrag zu unterstützen. - Vielen herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Abgeordneter Herbst. - Für die Landesregierung spricht der Minister der Finanzen Herr Bullerjahn.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Herbst, ich denke schon, dass sich die Landesregierung, das Finanzministerium in enger Zusammenarbeit mit der Staatskanzlei, hierbei bisher nichts vorwerfen muss.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Das sage ich hier nicht so häufig, aber ich habe Erfahrungen mit dieser Dialogform. Auch zum Beispiel beim FAG hat es sehr gut geklappt.

Es gibt vier, fünf Möglichkeiten, schon jetzt an diesem Prozess teilzuhaben. Ich weiß aber auch, dass man sich mit diesem Prozess auch kritisch auseinandersetzen kann, ob es ausreichend war oder nicht, auch wenn man die Ergebnisse am Ende nicht teilt.

Welche Schritte wollen wir gehen? - Erstens. Wir haben Ihnen sämtliche Dokumente zur Verfügung gestellt, die die Regierung selbst hat. Sie haben die Analyse angesprochen. Es gibt offizielle Papiere auch der Kommission. Es gibt einen Zeitablauf.

Zweitens. In den Ausschüssen wird schon diskutiert. Es ist doch nicht so, dass das etwas völlig Neues wäre. Eines funktioniert überhaupt nicht

- das ist wie beim Haushalt -: jeden Monat in allen Ausschüssen einen Sachstandsbericht zu geben.

Denn es gibt einen klaren Fahrplan. Wir müssen bis Ende des Jahres Grundlinien bestimmen; denn Sachsen-Anhalt ist nicht völlig frei. Es geht in eine Gesamtstellungnahme Deutschlands ein, in der gegenüber Brüssel die eigene Haltung in einer Gesamtstrategie dargestellt werden muss.

Sie haben völlig zu Recht darauf hingewiesen: Wir wissen im Moment nicht, wie viel Geld wir erhalten werden. Deswegen arbeiten wir mit Annahmen. Wir wissen zum Beispiel nicht, was mit dem ESF wirklich passiert. Sie wissen - das ist aus europäischer Sicht mit Blick auf Spanien und andere Länder vielleicht nachvollziehbar -, dass der ESF auf 40 % hochgefahren wird, wegen der dort sehr stark vorherrschenden Arbeitslosigkeit, insbesondere Jugendarbeitslosigkeit. Das ist, mit Verlaub gesagt, nicht der Schwerpunkt für unsere Programmierung.

Deshalb sind wir mit dem Kollegen Bischoff und mit anderen wie dem Wirtschaftsministerium dabei zu schauen, welche Schwerpunkte abgebildet werden sollen von den großen Linien, von den Zielen - wir haben ja Ziele, Programme und Projekte. Wir sind gerade dabei, die beiden Ebenen Ziele und Programme zusammenzubringen.

Es gibt natürlich Vorgaben aus Brüssel, aus der Strategie „Europa 2020“, wie sich ein solches Programm aufteilen soll. Es sind acht Vorgaben. All das wissen Sie. Mehr kann ich Ihnen im Moment nicht bieten.

Wir als Finanzministerium müssen jetzt, wie gesagt, in Absprache mit der Staatskanzlei erst einmal einen Entwurf vorlegen, über den dann im Kabinett, in der Öffentlichkeit und sicherlich auch in den Ausschüssen diskutiert wird, um zu sehen, ob diese Grundüberlegungen in die richtige Richtung gehen.

Ich bitte Sie, diesen Weg einzuhalten. Das ist wie bei einer Haushaltsberatung. Der Haushaltsausschuss und alle anderen Ausschüsse können sich gern vor der Haushaltsaufstellung monatelang über den Haushalt unterhalten. Aber irgendjemand muss ihn erst einmal vorlegen. Das ist hier ähnlich.

Diese Dialoge in den Prozess einzubinden hat natürlich dazu geführt, dass Sie sagen, es sei noch nicht allzu viel geliefert worden. Das ist aber typisch. Entweder kommen wir zu spät oder wir kommen zu zeitig oder es hat nichts stattgefunden.

Herr Dufeil von der Generaldirektion der Kommission fand es sehr gut, dass wir schon in einem Stadium, in dem wir eigentlich nur den Prozess vorstellen können, die Grundlinien aufzeigen. Er hat auch gemerkt, dass wir nicht einfach mit 20 Seiten irgendwohin gehen und sagen: Das ist

es jetzt; ihr könnt zwar noch darüber reden, aber das hat alles schon vorher stattgefunden.

Es kann schon sein, dass bei manchen der Eindruck entstanden ist: Wir sind zwar hier und können etwas sagen, aber so richtig darauf reagieren tun sie nicht. Das wird von Mal zu Mal besser werden. Das habe ich beim FAG gemerkt.

Wir hatten nicht vor, in jede Region zu gehen und zu sagen, wir reden einmal über die Programmierung und ihr könnt uns etwas erzählen. Wir haben es thematisch in den Regionen aufgeschlüsselt, weil wir - ich denke, das ist vernünftig - mit den Kollegen aus dem Kabinett über diese thematischen Schwerpunkte diskutieren wollen. Die bringen sich als Verantwortliche für ihr jeweiliges Politikfeld ein.

Es kann sein - ich selbst war nicht mehr dabei, weil ich nach Berlin zur Bundesratsvorbereitung gefahren bin -, dass gesagt wurde: Bitte nicht heute; das Thema, das Sie ansprechen, findet im Rahmen einer anderen Veranstaltung statt, bei der dann auch die Beteiligung des entsprechenden Ressorts gewährleistet wird.

Ich kann an diesem Verfahren nichts Schlechtes finden, auch wenn es passieren kann, dass jemand wegfährt und sagt - das ist mir beim FAG auch passiert -: Also, das, was ich dem gerade erzählt habe, findet der nicht gut. Oder: Irgendwie waren die nicht begeistert. Oder: Ich hatte das Gefühl, das ist nicht gleich aufgenommen worden. - Das ist in einem solchen Prozess sicherlich möglich.

Hinzu kommt, dass wir das Parlament als Ganzes in einer Veranstaltung informieren werden. Das haben wir Ihnen vorgeschlagen. Wir sind gerade dabei. Wir haben angeboten, in die Fraktionen zu gehen. Die Sozialpartner werden über den Begleitausschuss beteiligt.

Für diese kurze Zeit, die uns bei der Programmierung noch bleibt, ist die Beteiligung aus meiner Sicht gewährleistet. Ob das dazu führt, dass Sie letztlich mit dem, was angemeldet wird, einverstanden sind - -

(Herr Herbst, GRÜNE: Eben!)

- Gut. Ich werde hier nicht so lange verhandeln können, bist alle glücklich ist. Dann wäre das Programm wahrscheinlich völlig unscharf. Das ist wie beim Haushalt. Wenn ich es hinkriegen sollte, dass Sie alle zustimmen, dann stimmt mit dem Haushalt etwas nicht. Womöglich ist er dann so voller Schulden, dass Sie sich sagen: Jetzt brauchen wir auch nicht mehr zu meckern. - Schwerpunktsetzung führt doch automatisch zu Diskussionen.

Was meinen Sie, was mir meine Kolleginnen und Kollegen schon an Forderungen mitgeben. Ich bin gerade dabei, aus den vielen, vielen Programmen

und Maßnahmen Maßnahmen zu bündeln, weil die EU das will und auch weil ich das als richtig empfinde.

Die Anmeldung der Ressorts ging nicht gleich in diese Richtung, um es diplomatisch zu sagen. Das heißt, auch wir werden erst einmal unsere Diskussion haben, ob man sich dort wiederfindet. Wenn man Schwerpunkte setzt, wird es einige Ressorts geben, die merken, dass sie nicht der Schwerpunkt sind.

Wenn wir so etwas wie Bildung, Innovation - deswegen war Frau Professor Wolff gebeten, daran von Anfang an mitzuarbeiten - zum Thema machen, weil auch die EU diese als Schwerpunkte fordert, dann werden wir diese Themen in der Anfangsphase nach vorn bringen.

Ich weiß, welcher Streit beispielsweise um die Landwirtschaft in Brüssel tobt, insbesondere um die Frage, wie viel Gelder aus den EU-Programmen in diesen Bereich gelenkt werden sollen. Das ist eine Diskussion, die noch darüber liegt. Dabei geht es nicht nur um Sachsen-Anhalt, sondern um die Frage der Aufteilung.

Sie wissen, es soll gedeckelt werden. Wir kennen aber noch nicht einmal den Gesamtrahmen des Haushalts der EU. Wenn man mehr finanzielle Mittel für Bildung, Forschung, Innovation haben will, wird man auch auf europäischer Ebene einige Politikfelder zurückdrängen - dies nicht nur ein bisschen, sondern spürbar.

Dass diese Bereiche das nicht so einfach hinnehmen werden, ist heute schon sicher. Dann kann ich jeden Tag zu Harry Czeke gehen. Er wird dann sagen: Jens, erstens du gehst mir auf die Nerven, und zweitens, wenn du dies nicht bald änderst, werde ich es trotzdem nicht gut finden. Das weiß ich doch und das weiß er auch.

Ich und die Landesregierung werden Ihnen größtmögliche Transparenz anbieten, auch in dem Prozess. Mit jeder Konferenz werden wir sagen, was wir uns in den letzten Tagen und Wochen überlegt haben. Wir werden die Ergebnisse auf den Konferenzen darstellen. Dann gibt es Zwischenschritte mit Berlin, mit Brüssel. Die Kommission selbst bietet auch Veranstaltungen an, aber irgendwann muss Schluss sein und dann muss beschlossen werden.

Sie wissen dies. Es ist nicht meine Erfindung, es gibt keinen formalen Beschluss im Landtag. Es ist geklärt, wer Vertragspartner ist. Wir werden aber Intentionen, Hinweise, Kritiken insoweit aufnehmen, wie sie aus unserer Sicht am Ende einer Gesamtstrategie nicht im Wege stehen.

Deswegen kann ich Ihre Grundintention nicht teilen, dass es ein Defizit bei der Beteiligung gebe. Was ein Problem ist - das ist völlig klar -, ich kann Ihnen noch keine vollständige Programmierung

vorlegen. Das ist aber auch nicht zu erwarten gewesen. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Für die Fraktion der CDU spricht der Abgeordnete Herr Kurze.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Genau dieses Thema haben wir in der letzten Woche im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien ausgiebig diskutiert. Wenn ich mich an die Diskussion erinnere, waren nicht nur wir, die Regierungsfraktion, diejenigen, die gesagt haben, dass wir momentan besser sind, als es in der Vergangenheit der Fall war, sondern auch die Opposition hat in diesen Tenor eingestimmt.