Ich frage mich aber: Warum wurde, wenn das so ist, das Parlament durch das Ministerium nicht darüber informiert? - Ich kenne keine Ausschusssitzung, in der das thematisiert worden ist.
Denn ein strukturelles Defizit bedeutet immer, dass auch Studienplätze abgeschmolzen werden, und das in einer Zeit, in der wir an den Universitäten und Fachhochschulen eine massive Überlast fahren. Wenn es das Signal gibt, dass die Universität nicht mehr mit ihrem Geld auskommt und somit Stellen und Studienplatzkapazitäten abgebaut werden müssen, dann ist damit der Landtag zu befassen, zumindest der zuständige Fachausschuss, damit darauf reagiert werden kann.
Sie sagen, dass die Zielstellenzahlen an das Budget angepasst werden sollen. Nein, das muss umgekehrt laufen. Wir sagen, wir wollen soundso viele flächen- bzw. personalbezogene Studienplätze im Land haben - das hat das Land mit seinen
Strukturbeschlüsse auch getan -, und daran ist das Budget auszurichten, damit genau diese Zielzahlen erreicht werden können. Daher bin ich über diesen Vorgang massiv enttäuscht. Ich hoffe, dass mit diesem Thema zukünftig anders umgegangen werden kann.
Eine Profildiskussion ist wichtig und muss auch laufen. Aber eine Profilbildung immer nur als Abbaudiskussion zu führen, frustriert die Einrichtungen, frustriert die Leute und frustriert auch den Landtag.
Wir kommen zum Abstimmungsverfahren. In der Debatte wurde Folgendes vorgeschlagen: Die Koalitionsfraktionen haben angedeutet, dass sie den Text des Änderungsantrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in ihren Antrag übernehmen wollen. Das würde dann wie folgt aussehen: Punkt 2 des Antrags der Koalitionsfraktionen in der Drs. 6/1527 würde durch den in dem Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drs. 6/1526 vorgeschlagenen Text ersetzt werden. Haben das alle verstanden?
Wir stimmen zunächst über den so veränderten Antrag der Koalitionsfraktionen ab. Wer diesem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Der so geänderte Antrag der Koalitionsfraktionen ist damit angenommen worden.
Demzufolge hat sich der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drs. 6/1526 erledigt.
Wir kommen nunmehr zu dem Ursprungsantrag. Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 6/1496 in der geänderten Fassung zustimmen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion DIE LINKE.
Damit ist dem Antrag der Koalitionsfraktionen in der Drs. 6/1527, geändert durch den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drs. 6/1526, zugestimmt worden. Der Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 6/1496 hat keine Mehrheit gefunden. Wir schließen den Tagesordnungspunkt ab.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor genau einer Woche verkündete das norwegische Nobelkomitee, dass die Europäische Union mit dem Friedensnobelpreis 2012 ausgezeichnet wird. Ich muss ehrlich sagen, dass man sich in einem Raum, in dem die Flagge der Europäischen Union steht, hierüber auch einmal offen freuen kann.
Meine Damen und Herren! Die bedeutendste Auszeichnung der Welt geht an die Europäische Union, weil sie und ihre Vorläufer, so das Komitee, über sechs Jahrzehnte hinweg entscheidend zu Frieden und Versöhnung, zu Demokratie und Menschenrechten in Europa beigetragen hat.
Europa ist bei genauerer Betrachtung in all seinen kleinteiligen Fassetten unseres Alltags ohne diesen übergeordneten Rahmen von Stabilität und Frieden überhaupt nicht mehr denkbar.
In dem Europa, meine Damen und Herren, in welchem seit dem Mittelalter blutige Feldzüge herrschten, das noch vor 70 Jahren am Rande des Abgrundes stand, ist das Führen von Kriegen untereinander nicht mehr legitim. Ich finde, das ist eine Leistung, die man gar nicht hoch genug schätzen kann.
Meine Damen und Herren! Nicht die Europäische Kommission, auch nicht das Europäische Parlament oder die europäische Politik erhalten den Nobelpreis, sondern der Staatenverband als Ganzes und damit der Souverän, die Bürgerinnen und Bürger aller Mitgliedstaaten der EU.
Wie jede Auszeichnung hätte auch der Friedensnobelpreis kaum einen Wert, wenn er nicht auch gleichzeitig als Signal nach außen gedacht wäre. Er ist eine Mahnung zur Reflexion, eine Erinnerung an die Grundwerte der EU und auch ein Auftrag, die Schattenseiten ihrer Politik und der Europäischen Union zu beleuchten und Missstände abzubauen.
Warum, meine Damen und Herren, habe ich auf den Nobelpreis Bezug genommen? - Weil uns der Preis daran erinnert, was wir an der Europäischen Union haben und was wir als Sachsen-Anhalt davon haben.
Unser Land, meine Damen und Herren - das bekommen auch Sie, die beiden Fraktionsvorsitzenden der CDU und der SPD, mit -, hätte ohne die Europäische Union und ihre Förderung heute ein ganz anderes Gesicht.
Wir profitieren gemeinsam von Europa, zum Beispiel dadurch, dass seit dem Jahr 2000 reine EUMittel in Höhe von 7 Milliarden €, also ohne Kofinanzierungsmittel, in unser Land geflossen sind. Damit sind die EU-Strukturfonds eine wesentliche Säule unseres Haushalts. Sie kommen in den verschiedensten Bereichen zum Tragen. Ihre Wirkung entfaltet sich fast immer direkt vor Ort, im Kleinen oder im Großen.
Wie immer wenn es um Geld geht, kann man damit entweder ganz tolle Dinge tun oder auch eine Menge Mist machen. Qualitativ und quantitativ ist es durchaus ein Unterschied, ob ein junger Mensch aus Sachsen-Anhalt zum Beispiel über das europäische Förderprogramm „Jugend in Aktion“ an europäischen Jugendbegegnungen oder europäischen Freiwilligendiensten teilnimmt oder ob „Wiesenhof“ vor seiner Haustür mit EU-Unterstützung eine neue Hähnchenmastanlage hochzieht. Das sind zwei unterschiedliche Dinge.
So wie die Europäische Union insgesamt unser Leben und unsere Politik verändert, so verändern eben auch die europäischen Fördermittel unsere Gesellschaft. Diese Veränderung ist zu begrüßen. Wir können dankbar dafür sein, dass wir auf dieses Instrument gelebter europäischer Solidarität zurückgreifen dürfen.
Meine Damen und Herren! Es gibt sehr viele Geschichten über Fördermittel zu erzählen, negative, positive. Es ist fassettenreich. Ich wollte Ihnen an dieser Stelle die Geschichte eines Erfolgsprojekts erzählen, erspare mir das aufgrund der Zeit jedoch. Es ist die Arche Nebra, in die Fördermittel in Höhe von 4,7 Millionen € geflossen sind und die sich in ihrer Region auch hinsichtlich der Arbeitsplätze sehr positiv auswirkt.
Manchmal verkalkuliert man sich aber auch und manchmal verpufft das Geld nur so. Manchmal führen institutionelle Zwänge und zu viel Bürokratie dazu, dass aus guten Ideen einfach Aktenordner voller Papier und Antragsteller schlicht überfordert werden. Sehr oft kommt aber auch etwas richtig Gutes dabei heraus.
Für uns als Land steht heute noch nicht fest, wie viel Geld es für uns in der nächsten Fördermittelperiode von 2014 bis 2020 geben wird. Es steht nur fest, dass es das letzte Mal sein wird, dass es richtig viel Geld sein wird. Klar ist auch, dass es
Umso wichtiger für uns als Land ist der Prozess der Neuprogrammierung: Welche Schwerpunkte setzen wir? Welche Bedarfe setzen wir an? Was hat sich in unserem Land bewährt? Wobei gibt es noch Schwierigkeiten? Welche Neujustierungen wollen wir bei den Schwerpunkten vornehmen?
Diese Programmierung ist ein politischer Entscheidungsprozess auf mehreren Ebenen. Er lebt wie jeder demokratische Entscheidungsprozess vor allem von zwei Dingen: a) Partizipation und b) Legitimation.
Was diese beiden wichtigen Kriterien angeht, sehen wir im Moment leider nicht, dass die Landesregierung genug tut, um diesen Kriterien Rechnung zu tragen.
Der erste Fakt ist, dass die Landesregierung die operationellen Programme - also sozusagen unsere Anträge auf Fördermittel - allein aufstellen will. Wir finden das nicht in Ordnung.
Genauso wie wir im Parlament darüber entscheiden, wo die Schwerpunkte in unserem Landeshaushalt liegen, muss dem Parlament auch bei diesem Teilhaushalt ein Mitspracherecht eingeräumt werden.
Die EU-Mittel machen einen wichtigen Teil des Haushalts aus, einen wichtigen Teil dessen, was wir in Sachsen-Anhalt investieren und was wir stets durch Kofinanzierung mitfinanzieren müssen. Deswegen beantragen wir, den Landtag und seine Ausschüsse an der inhaltlichen Ausgestaltung der operationellen Programme für die nächste Fördermittelperiode zu beteiligen und das Ergebnis dieser Beteiligung zum Gegenstand eines Landtagsbeschlusses zu machen.
Das ist der Kern unseres Antrags. Wenn wir über Partizipation und Legitimation reden, dann reden wir natürlich auch über die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschafts- und Sozialpartner und der zivilgesellschaftlichen Partner, die als Trägerinnen und Träger der Projekte am Prozess vor Ort direkt beteiligt sind.
Ich bin eingangs auf den Fassettenreichtum und die Erfahrungsvielfalt der Projekte und deren Träger eingegangen. Im Rahmen einer guten Haushaltsführung wäre es geradezu töricht, wenn wir auf deren Erfahrungen nicht hören würden. Ich weiß, dass die Landesregierung dies eigentlich ähnlich sieht. Deshalb hat sie gemeinsam eine richtig gute Idee entwickelt: Sie hat die Veranstal
tungsreihe „Zukunftsdialoge - eine Strategie für unser Land“ aufgestellt. Ich sage, dass das eine gute Idee ist, weil sich diese Veranstaltung an die Wiso-Partner wendet, von denen ich gesprochen habe.
Am Donnerstag der vergangenen Woche hat in Magdeburg die erste Veranstaltung stattgefunden. Ich fand es fantastisch, dass der Saal gerappelt voll war. Es waren mindestens 250 Leute da. Ich weiß nicht, wie viele davon von der Verwaltung waren, aber ich unterstelle einmal, dass es mindestens 200 Wiso-Partner waren. Ich habe mich darüber wirklich gefreut, weil es zeigt, dass die Leute etwas zu sagen haben, dass sie sich einbringen wollen und dass sie mitwirken wollen.
Leider hat sich im Verlauf der Veranstaltung aber das bestätigt, was ich befürchtet hatte, als ich das Programm der Veranstaltung gelesen habe, nämlich dass es eine ziemlich einseitig ausgerichtete Veranstaltung werden würde.