Protocol of the Session on October 18, 2012

Aus der Sicht des Bauindustrieverbandes ist der Gesetzentwurf überladen und unpraktikabel. Eine Tariftreueerklärung sei, so der Verband, überflüssig, da die bundesgesetzlichen Regelungen ausreichten.

Zudem spielte die Höhe der sogenannten Schwellenwerte, ab denen das Vergabegesetz zur Anwendung kommen soll, eine Rolle. Die Handwerkskammer Halle sprach sich für eine deutliche Anhebung auf mindestens 200 000 € aus, andere Institutionen für eine Absenkung auf 10 000 €.

Vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen Meinungsäußerungen zu dem Gesetzesvorhaben erarbeitete der Wirtschaftsausschuss in der 11. Sitzung am 10. Mai 2012 eine Beschlussempfehlung an die mitberatenden Ausschüsse.

Dazu lag der Entwurf einer vorläufigen Beschlussempfehlung der Koalitionsfraktionen vor. Dieser Entwurf sah eine Änderung des § 1 Abs. 1, 3 und 4 - Sachlicher Anwendungsbereich -, des § 6 - Präqualifizierung -, des § 10 Abs. 2 - Tariftreue und Entgeltgleichheit -, des § 19 - Information der Bieter, Nachprüfung des Vergabeverfahrens unterhalb der Schwellenwerte -, des § 20 - Evaluierung - sowie des § 24 - Inkrafttreten - in dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen vor.

Ein Vertreter der CDU-Fraktion ließ wissen, dass diese Änderungen maßgeblich auf die Anhörung zurückgegangen seien. Beabsichtigt sei zudem, in diesem Gesetz vieles von dem zu regeln, was bereits bundesgesetzlich geregelt sei, weil die Koalitionsfraktionen dies als wichtig erachteten. Dies gelte beispielsweise für den § 1 Abs. 3 und 4, in denen die Vergabestellen auf die Einhaltung der Vorschriften hingewiesen würden. Die in Absatz 3 verankerte Vorschrift beruhe auf einer Bitte der Architekten- und der Ingenieurkammer.

Neben diesem Entwurf einer Beschlussempfehlung beantragten die Koalitionsfraktionen, die Vorschrift des § 6 Satz 3 zu streichen. Dies geschah mit der Begründung, dass diese nicht hilfreich für die Handwerks- sowie die Industrie- und Handelskammern des Landes seien. Mit 7 : 4 : 0 Stimmen wurde daraufhin beschlossen, den Satz 3 zu streichen.

Änderungsanträge wurden von der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingereicht. Auf diese Änderungsanträge werde ich im Folgenden noch kurz eingehen.

Nachdem die verschiedenen Positionen ausgetauscht worden sind, verständigte sich der Wirtschaftsausschuss zu dem weiteren Verfahren. Er kam überein, den mitberatenden Ausschüssen die

in § 6 Abs. 3 geänderte vorläufige Beschlussempfehlung und die Änderungsanträge der Oppositionsfraktionen mit der Bitte zuzuleiten, diese bei der Erarbeitung einer Beschlussempfehlung an den Wirtschaftsausschuss einzubeziehen.

Die abschließende Beratung zu dem Gesetzentwurf unter Hinzuziehung der Beschlussempfehlungen der mitberatenden Ausschüsse fand in der 15. Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 4. Oktober 2012 mit dem Ziel statt, eine Beschlussempfehlung an den Landtag zu erarbeiten.

Die mitberatenden Ausschüsse für Finanzen, für Arbeit und Soziales sowie für Umwelt teilten dem Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft mit, dass sie sich der vorläufigen Beschlussempfehlung unverändert anschließen.

Der Innenausschuss und auch der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr empfahlen dem Wirtschaftsausschuss, Fragen der Konnexität zu prüfen. Dies griffen die Koalitionsfraktionen auf und legten noch einen Änderungsantrag für eine Kostenregelung vor; denn eine im Vorfeld durchgeführte Hochrechnung bei dem Verwaltungsaufwand belegte eine Mehrbelastung der Kommunen.

Daher wurde zum einen vorgeschlagen, einen § 19/1 - Ausgleich für Kosten bei den Kommunen - einzufügen. Darüber hinaus sollte § 20 um den Satz ergänzt werden, dass die Regelung des § 19/1 durch die Landesregierung im vierten Quartal 2014 überprüft werden soll und dem Landtag entsprechend berichtet wird. Diese Änderung beruht auf Artikel 87 Abs. 3 Sätze 2 und 3 der Landesverfassung.

Der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr schlug auch eine Änderung des § 17 - Kontrolle - vor. Hier wurde der Vorschlag des GBD aufgegriffen, das Wort „kann“ durch das Wort „hat“ und das Wort „durchführen“ durch das Wort „durchzuführen“ zu ersetzen. Diese Änderung fand im Wirtschaftsausschuss allerdings keine Mehrheit.

Neben diesen genannten Empfehlungen wurde von den Koalitionsfraktionen ein weiterer Änderungsantrag eingereicht. Er betrifft den § 3 Abs. 3 und wurde damit begründet, dass zur Vorgabe einheitlicher verbindlicher Regeln im Land für die Durchführung eines künftigen elektronischen Vergabeverfahrens weitergehende Regelungen zur elektronischen Bekanntmachung und zur elektronischen Abwicklung des Vergabeverfahrens erforderlich sind. Dazu bedarf es einer vom Gesetzgeber erteilten Verordnungsermächtigung.

Nun zu den Änderungsanträgen der Oppositionsfraktionen. Zunächst zu den Änderungsanträgen der Fraktion DIE LINKE.

Der erste Änderungsantrag hatte zum Ziel, die Höhe der Schwellenwerte zu verringern. Dieser Ände

rungsantrag wurde mit 8 : 4 : 0 Stimmen abgelehnt.

Der zweite Änderungsantrag bezieht sich auf die Themen Tariftreue und Berücksichtigung sozialer und anderer Kriterien. Außerdem sprach sich die Fraktion DIE LINKE für die Verankerung eines Mindestlohns aus. Dieser Änderungsantrag wurde mit 7 : 4 : 1 Stimmen abgelehnt.

Der dritte Änderungsantrag verfolgt das Ziel, dass bei der Vergabe öffentlicher Aufträge ökologische Kriterien berücksichtigt werden. Außerdem sollten auch die Kosten, die im Lebenszyklus eines Produktes oder einer Dienstleistung entstünden, berücksichtigt werden. Dieser wurde mit 7 : 4 : 1 Stimmen abgelehnt.

Der vierte Änderungsantrag sieht vor, bei der Auftragsvergabe Unternehmen zu bevorzugen, die ausbilden oder eine Ausbildungsplatzumlage entrichten.

In dem fünften Änderungsantrag wird dafür plädiert, landesweit verbindliche Kontrollen zur Einhaltung der Vertragspflichten des Auftragnehmers einzuführen.

Die Änderungsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN betrafen die §§ 4, 5, 10 und 20.

Die Änderungen in § 4 stellen aus Sicht der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zunächst eine Vereinfachung zu dem bestehenden Gesetzentwurf dar, da einige Regelungen entfielen, weil sie bereits an anderer Stelle verankert sind. Dieser Antrag wurde mit 11 : 1 : 0 Stimmen abgelehnt.

Der Änderungsantrag zu § 5 soll eine Vereinfachung für Auftraggeber und Verwaltung bewirken und folgt den Vorschlägen der Architekten- und Ingenieurkammer Sachsen-Anhalt.

Der Änderungsantrag zu § 10 übernimmt die bestehenden Regelungen des Bremischen Gesetzes zur Sicherung von Tariftreue, Sozialstandards und Wettbewerb bei öffentlicher Auftragsvergabe. Der Ausschuss lehnte diesen Antrag mit 11 : 1 : 0 Stimmen ab.

Der Änderungsantrag zu § 20 soll sicherstellen, dass sich der Gesetzgeber und das zuständige Ministerium fortlaufend über Herausforderungen der Praxis informieren und gegebenenfalls Konsequenzen für praxisnahe Regelungen ziehen können. Dieser Antrag wurde bei 4 : 7 : 1 Stimmen abgelehnt.

Ich gehe davon aus, dass die Fraktionen in der Debatte noch auf ihre Vorschläge eingehen werden. Es liegen ja schon weitere Änderungsanträge vor.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Wirtschaftsausschuss hat die Ihnen vorliegende Beschlussempfehlung mit 7 : 5 : 0 Stimmen auf den Weg gebracht. Ich bitte Sie, dieser zu folgen.

Im Übrigen wurde der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE vom Wirtschaftsausschuss mit 7 : 4 : 1 Stimmen abgelehnt. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Wir danken Ihnen für die straffe Berichterstattung, Herr Kollege. - Für die Landesregierung hat jetzt Frau Professor Dr. Wolff das Wort. Bitte schön, Frau Ministerin.

Danke schön, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Oberstes Ziel aller Vergaberegelungen für öffentliche Aufträge war und ist es sicherzustellen, dass die öffentliche Hand die wirtschaftlichste Leistung erhält. Es geht eben nicht um den niedrigsten Preis, sondern um das PreisLeistungs-Verhältnis.

Jeder von uns kennt Beispiele für offenbar suboptimale öffentliche Leistungsbeschaffung. Diese Beispiele zeigen, wo die eigentliche Herausforderung bei Vergaberegelungen liegt. Es geht, wie gesagt, nicht um den niedrigsten Preis, sondern um Preis-Leistungs-Verhältnisse, damit also auch um Qualität.

Außerdem ist Transparenz eines der obersten Gebote öffentlicher Vergaben. Die Vorbeugung gegen Korruption oder Vetternwirtschaft in allen Schattierungen muss bei jeder Änderung der Vergaberegelungen mit bedacht werden.

Meine Damen und Herren! Ich danke den Mitgliedern des Landtages, vor allem den Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses ausdrücklich dafür, dass sie nicht nur der Versuchung widerstanden haben, einen gesetzlichen Mindestlohn durch die Hintertür einzuführen,

(Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Ohne Worte!)

sondern auch der Versuchung widerstanden haben, den Gesetzentwurf mit weiteren sachfremden Regelungen völlig zu überfrachten.

Auch werden uns einige Verordnungsermächtigungen die Arbeit erleichtern, zum Beispiel die Möglichkeit, die Schwellenwerte für die Anwendung der freihändigen Vergabe und der beschränkten Ausschreibung zu verändern. Dieses Mittel hat sich beim Konjunkturpaket II als hilfreich erwiesen.

Weiter können wir die Verfahren zur elektronischen Vergabe verbindlich regeln. Außerdem können wir weitere Präqualifizierungsverfahren ermöglichen.

Damit werden wir die bisher erfolgreiche Arbeit der Auftragsberatungsstelle Sachsen-Anhalt weiter unterstützen. Dabei schweben mir auch praktikable

Lösungen vor, die wir gemeinsam mit unseren Nachbarländern angehen, wie es sie in Ansätzen mit Sachsen bereits gibt.

Eine weitere Verordnungsermächtigung ist für das Arbeitsministerium zur Festlegung verbindlicher Tarifverträge für den öffentlichen Personennahverkehr eingeführt worden.

Viel diskutiert wurde in den vergangenen Monaten auch über die mögliche Mehrbelastung der Kommunen durch einen erhöhten Verwaltungs- und Prüfaufwand. Der Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft empfiehlt, den Kommunen 1 Million € pro Jahr zusätzlich zur Verfügung zu stellen.

Meine Damen und Herren! Wir haben eine Reihe von guten und auch wirtschafts- und KMU-freundlichen Detailregelungen getroffen, die ich im Einzelnen nicht noch einmal referieren will. Aus meiner Sicht liegt Ihnen heute ein Vergabegesetz zur Abstimmung vor, das zwar sicher nicht die Wünsche aller erfüllt - Herr Tögel deutete die Vielfalt der teilweise divergierenden Wünsche von Anspruchsgruppen an -, aber es ist ein brauchbarer Kompromiss.

2014 werden wir evaluieren, welche Wirkung das Gesetz entfaltet, und gegebenenfalls nachjustieren.

Ich empfehle, der Beschlussempfehlung des Fachausschusses zuzustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Wir kommen jetzt zur Debatte, in der eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion vorgesehen ist. Ich bitte Herrn Kollegen Erdmenger, für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort zu ergreifen. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihnen allen ist bestimmt das Gleichnis bekannt, in dem es um einen Löwen und um einen Bettvorleger geht. Da ich kein Freund der Großwildjagd bin, möchte ich ein anderes Gleichnis bemühen und sagen: Bei dieser Debatte ist die SPD gestartet, hat als Schafherde geblökt und ist als Wollteppich gelandet.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)