Protocol of the Session on May 13, 2011

Wir bitten um Direktabstimmung über unseren Antrag, da, wie eingangs erwähnt, dringender Handlungsbedarf besteht. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank für die Einbringung, Herr Lüderitz. - Wir treten jetzt in eine Fünfminutendebatte ein. Für die Landesregierung spricht Frau Professorin Wolff.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt keinen aktuellen Bedarf im Land für die Anwendung besagter Technologie. Gleichwohl werden die Kohleverstromung und die prozessbedingten Emissionen, insbesondere der energieintensiven Branchen, in den nächsten 20 bis 30 Jahren auch in Sachsen-Anhalt noch weiterhin das Problem CO2 zur Folge haben.

Daher hat sich die Landesregierung bislang nicht generell gegen die CCS-Technik ausgesprochen. Grundlage einer Entscheidung für eine solche Technologie müsste jedoch unbedingt sein, dass

zunächst durch eine Erforschung und Erprobung der CCS-Technik eine sichere und wirtschaftliche Anwendung nachgewiesen werden kann und ein Rechtsrahmen vorhanden ist. Davon sind wir weit entfernt.

Klar ist aber auch: Von europäischer Ebene ist hinsichtlich der CCS-Technologie der Rechtsrahmen vorgegeben, der bis zum 25. Juni 2011 in deutsches Recht umzusetzen ist. Das Europäische Parlament hat mit Zustimmung des Rates am 23. April 2009 durch die Richtlinie 2009/31/EG über die geologische Speicherung von Kohlendioxid und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates sowie der Richtlinien - sorry, aber das ist wichtig für das Protokoll - 2000/60/EG, 2001/80/EG, 2004/35/EG, 2006/12/EG und der EG-Verordnung Nr. 1013/2006 den Rechtsrahmen vorgegeben, der bis zu jenem Termin, eben dem 25. Juni 2011, in deutsches Recht zu transformieren ist.

Die Bundesregierung hat daher am 15. April 2011 einen Entwurf für ein Gesetz zur Demonstration und Anwendung von Technologien zur Abscheidung, zum Transport und zur dauerhaften Speicherung von Kohlendioxid in das Bundesratsverfahren gegeben.

Im Mittelpunkt des aus insgesamt neun Artikeln bestehenden Gesetzentwurfs steht das vom Umfang und von seiner Bedeutung her dominierende Kohlendioxidspeichergesetz. Damit soll erstmals ein Rechtsrahmen für die Erprobung und die Demonstration der dauerhaften und umweltverträglichen Speicherung von Kohlendioxid in tiefen geologischen Gesteinsschichten gesetzt werden.

Damit nicht der falsche Eindruck entsteht, irgendwer würde auf Bundes- oder Landesebene irgendwelche unausgegorenen Technologien pushen wollen, betone ich: Das Kohlendioxidspeichergesetz ist in seiner jetzigen Form ausschließlich auf die Erprobung und Demonstration dieser bislang nicht eingeführten Technik beschränkt.

Eine Erweiterung auf kommerzielle Vorhaben könnte damit frühestens nach der für das Jahr 2017 vorgesehenen Evaluierung erfolgen. Bis dahin werden lediglich Forschungsvorhaben mit einem Gesamtvolumen von bis zu 100 000 t dauerhaft eingelagertem CO2 mit Genehmigungserleichterungen durch das Gesetz ermöglicht. Außerdem wird der Fokus auf die Planfeststellung für CO2Pipelines gerichtet.

Verfahrensrechtlich sieht der Gesetzentwurf Folgendes vor: Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) soll die Speicherpotenziale in Deutschland analysieren und ein Register der Speicherprojekte führen. Das Umweltbundesamt (UBA) soll die Grundlagen zur Ermittlung und Bewertung der Umweltauswirkungen durch Speicherprojekte erarbeiten.

Das Kohlendioxidspeichergesetz normiert mehrere Genehmigungstatbestände für CO2-Speicher. Die in diesem Zusammenhang notwendig werdenden Entscheidungen zur Erkundung, zur Errichtung und zum Betrieb sowie zur Stilllegung der Speicher sollen durch die Länder getroffen werden. BGR und UBA sind von den Landesbehörden bei den Verfahren zu beteiligen.

Neben der Eigenüberwachung der Betreiber während Betrieb und Stilllegung eines Speichers wird eine staatliche Überwachung vorgesehen. Betreiber haben zur Absicherung ihrer Haftung eine Deckungsvorsorge nachzuweisen. Frühestens 30 Jahre nach der Stilllegung kann die Übertragung der Verantwortung auf das genehmigende Land beantragt werden.

Auf Betreiben der Länder Schleswig Holstein und Niedersachsen wurde eine landesgesetzliche Optout-Klausel aufgenommen, mit der die Erprobung und Demonstration der dauerhaften Speicherung in bestimmten Gebieten zulässig oder unzulässig gemacht werden kann.

Meine Damen und Herren! Grundsätzlich ist bei der Bewertung dieses Gesetzentwurfs zu berücksichtigen, dass es zur CO2-Speicherung im tiefen Untergrund bislang keine Erfahrungswerte gibt.

Es werden auch Regelungen für Zeiträume notwendig, für die es, abgesehen vom Verhalten der geologischen Barrieren, kaum Langzeiterfahrungen gibt. Daher ist es richtig, dass durch den Gesetzentwurf lediglich Demonstrationsvorhaben ermöglicht werden sollen.

Darüber hinaus beinhaltet der Gesetzentwurf noch einige weitere Punkte, über die zu diskutieren ist. Problematisch ist die im Gesetzentwurf vorgesehene alleinige Haftung des genehmigenden Landes für Auswirkungen, die bei einem etwaigen Schadensfall von einem untertägigen Speicher nach dem Übergang der Verantwortung ausgehen könnten. Dies könnte zu hohen finanziellen Belastungen für das jeweilige Land führen. Gerade bei einem so neuen Gebiet und den insofern nicht abschließend einschätzbaren Folgen plädieren wir für eine Haftungsbegrenzung für die Länder.

In Analogie zu vergleichbaren Regelungen für Spätschäden durch kerntechnische Anlagen sollte die Haftung des jeweiligen Landes durch eine Beteiligung des Bundes begrenzt werden. Das würde möglicherweise auch das Verantwortungsbewusstsein der Entscheider auf der Bundesebene noch einmal fördern.

Der vorliegende Gesetzentwurf geht hinsichtlich des Vollzugs von einer Landeszuständigkeit aus. Aufgrund vielerlei Erwägungen, nicht nur aufgrund des Haftungsaspektes, wäre es jedoch sachgerecht und geboten, dass der Vollzug von einer Bundesbehörde, hier der Bundesanstalt für Geologie und Rohstoffe (BGR), durchgeführt wird. Das

Land hat hierzu entsprechende Anträge im Bundesrat gestellt.

Vor dem Hintergrund des weiterhin bestehenden Diskussionsbedarfs plädieren wir für eine Überweisung des Antrags in den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft sowie in den Ausschuss für Umwelt. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Frau Ministerin, wollen Sie eine Frage von Frau Professor Dalbert beantworten?

Ja.

Und dann noch eine Frage von Herrn Lüderitz? - Bitte schön.

Frau Wolff, ich habe mit Interesse Ihre Ausführungen verfolgt. Sie haben wiederholt darauf hingewiesen, dass es bei dem Gesetzentwurf darum geht, Forschungsanlagen zu ermöglichen, die die Technologie sozusagen erst erforschen.

Am Ende Ihrer Ausführungen haben Sie mit Ihren Ausführungen zu den Haftungssummen deutlich gemacht, dass es sich um eine sehr risikoreiche Technologie handelt, die möglicherweise mit massiven Schädigungen einhergeht, sodass sich das Land vor unbilligen Kosten schützen muss.

Teilen Sie meine Ansicht, dass man bei einer solchen Risikotechnologie eigentlich die Sicherheitsstandards für Forschungsanlagen erhöhen müsste und dass die Sicherheitsstandards im vorgelegten Gesetzentwurf aber abgesenkt werden?

Ich kann die technologischen Sicherheitsstandards nicht im Einzelnen beurteilen. Das würde ich gern den Fachleuten überlassen. Es tut mir leid.

Darüber müssen wir aber heute befinden.

Nein. Es geht doch jetzt gerade darum, solche Standards für den Betrieb eventueller späterer Anlagen erst einmal zu finden und zu setzen.

Jetzt könnte Herr Lüderitz seine Frage stellen.

Frau Ministerin, Sie sind ja recht intensiv auf den Inhalt des Gesetzentwurfs eingegangen. Ich habe mich lediglich auf die Schwerpunkte bezogen. Eine ganz klare Fragestellung: Was beabsichtigt die Landesregierung hinsichtlich Maxdorf? Will man in dem jetzt offenen Verfahren hinsichtlich der Variante Forschungsprojekt Maxdorf positiv entscheiden oder will man § 2 Abs. 5 des vorliegenden Gesetzentwurfs nutzen und eine eigene landesgesetzliche Ausschlussregelung für Maxdorf treffen?

Wir müssen jetzt erst einmal abwarten, wie die Bundesdebatte ausgeht und ob es überhaupt zu einer solchen Option kommt. Dann werden wir darüber im Kabinett und möglicherweise auch in den Ausschüssen diskutieren müssen. Das ist noch nicht festgelegt worden.

Dann frage ich noch einmal ganz konkret: Wie votieren Sie denn nun am 27. Mai 2011?

(Herr Schröder, CDU: Die Frage ist doch be- antwortet! - Weitere Zurufe von der CDU: Die Frage ist doch beantwortet!)

Ein Stadium wie das jetzige, in dem es um Forschung geht, dann schon abzuwürgen und nicht einmal zu forschen, halte ich für nicht für sinnvoll.

(Beifall bei der CDU)

Es geht doch erst einmal darum - -

Sie sind also für Forschungsprojekte, unter Umständen auch in Sachsen-Anhalt? Da zumindest könnte ich - -

Darüber haben wir noch nicht diskutiert. Aber wenn irgendein Bundesland das gern möchte, sollte man es diesem Bundesland nicht verwehren. Wir reden doch über zwei Fragen. Zunächst: Gibt es grundsätzlich überhaupt die Möglichkeit? Und die nächste Frage wird dann irgendwann sein: Wo finden solche Forschungsprojekte statt?

Also dieses Irgendwann - ich denke, das wissen die Kollegen, die in der fünften Wahlperiode hier

schon tätig waren, durchaus - ist ja nicht so fern. Sie müssen doch, wenn Sie am 27. Mai 2011 im Bundesrat sitzen, eine ganz klare Ansage haben. Sie können diesen Gesetzentwurf der Bundesregierung entweder mittragen oder - - Sie haben es angesprochen, was die Länderklausel betrifft,

Ja.

wo Sie offensichtlich der Auffassung sind,

(Unruhe bei der CDU)

dass die Verantwortung auf Bundesbehörden abgeschoben werden sollte. Das heißt, Sie beabsichtigen nicht - ich frage noch einmal eindeutig -, die Länderklausel zu nutzen, um eine CO2-Speicherung zu Forschungszwecken in Sachsen-Anhalt auszuschließen?

(Zurufe von der CDU - Unruhe bei der CDU)

Wir sollten jetzt der Frau Ministerin die Chance zur Antwort geben.

Diese Frage können wir, denke ich, erst dann beantworten, wenn wir sehen, wie das Gespräch und die Entscheidung am 27. Mai 2011 laufen, ob wir dann überhaupt eine Opt-out-Klausel haben. All das ist doch zu diesem Zeitpunkt noch offen.