Protocol of the Session on July 13, 2012

Insgesamt darf aber nicht vergessen werden, dass der Grad und die Ausprägung von Behinderungen vielfältig sein können. Im Baubereich reden wir vor allem von Barrierefreiheit. Da sind wir, glaube ich, auch im Verständnis und in der Umsetzung schon richtig gut. Aber - wir haben es vorhin gehört - was ist mit Studierenden, die chronische Erkrankungen haben, die blind oder gehörlos sind?

Meine Kollegin Frau Dr. Pähle hat vorhin bereits das Problemfeld umrissen, von Erscheinungen und Lösungsansätzen berichtet. Sie hat dargestellt - das ist auch meine persönliche Meinung -, dass hier Handlungs- und Verbesserungsbedarf besteht.

Dazu gehört auch, dass wir als Politik den Paradigmenwechsel in der Behindertenpolitik nicht nur verbal vollziehen, sondern auch tatkräftig unterstützen; denn - auch das wurde vorhin schon detailliert ausgeführt - das große Ziel muss die Hochschule, die Universität für alle sein.

Grundlagen gibt es bereits seit dem Jahr 2002 mit dem Inkrafttreten des Behindertengleichstellungsgesetzes und dessen Aufnahme in die Hochschulgesetze der Länder. Danach haben zum Beispiel die Hochschulen die Aufgabe - ich zitiere § 2 Abs. 4 des Hochschulrahmengesetzes - sicherzustellen, dass behinderte Studierende nicht benachteiligt werden und die Angebote der Hochschulen möglichst ohne fremde Hilfe in Anspruch genommen werden können.

Intention unseres Antrages ist eine gründliche Situationsanalyse, um die Erkenntnisse in ein fundiertes Handlungskonzept zu kleiden und so die Umsetzung des Inklusionsgedankens nicht nur zu konkretisieren, sondern auch weiter zu beschleunigen.

Ich möchte an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen, dass es uns natürlich nicht nur um die Studierenden geht, sondern auch um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Behinderungen und dass Aspekte, wie beispielsweise die rechtzeitige Studienorientierung in den Schulen, ebenfalls von Relevanz sind.

Insgesamt bin ich sehr froh darüber, dass Deutschland und Sachsen-Anhalt in den zurückliegenden beiden Jahrzehnten bei der Integration von Menschen mit Behinderungen große Fortschritte gemacht haben. Dies kann man inzwischen ja als gesamtgesellschaftliches Anliegen betrachten.

Da ist es nicht nur logisch, sondern notwendig, dieses Anliegen auch auf den Bereich von Hochschulen und Universitäten auszuweiten. Deshalb bitte ich unter Berücksichtigung der Begründung und Änderung unseres Antrages, den Frau Dr. Pähle bereits vorgestellt hat, um Zustimmung zu unserem Antrag. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Danke schön, Frau Kollegin Koch-Kupfer. - Als Nächster spricht für die Fraktion DIE LINKE Herr Abgeordneter Lange.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist natürlich ein wichtiges Thema, und man hat das Gefühl, die Koalition legt jetzt etwas vor, weil die Opposition schon lange auf dem Weg ist.

(Zustimmung von Frau Bull, DIE LINKE)

Frau Professor Wolff hat ja gerade gesagt, dass wir schon im Jahr 2010 unsere Anfragen gestellt haben, Anfragen, die von den Hochschulen übrigens sehr unterschiedlich beantwortet worden sind. Auch daran kann man sehen, wie unterschiedlich der Umgang mit dem Thema in den einzelnen Hochschulen ist. Auch darüber muss man bei einem solchen Handlungskonzept reden.

Was machen die Koalitionsfraktionen? - Sie beauftragen - - Ach nein, das machen sie ja nicht, sondern sie bitten immer. Sie bitten die Landesregierung, ein Handlungskonzept vorzulegen. Das heißt, sie legen selber keine konkreten Punkte vor, sondern die Landesregierung soll mal machen.

Gut, ich glaube, so ein Handlungskonzept ist notwendig. Es untersetzt das, was das Landeskon

zept beinhalten soll. Von daher ist es schon richtig, dass das Ministerium mit einem eigenen Handlungskonzept beauftragt wird. Das muss auch sein.

Es ist legitim, aber gleichzeitig wünscht man sich Konkreteres. Wir haben versucht, das in unseren Antrag mit aufzunehmen. Ich freue mich, dass die Koalition den ersten Punkt aufnehmen will. Ich glaube, dass die Zeit reif dafür ist, dieses Thema in die Zielvereinbarungen einfließen zu lassen.

Bei der Erstellung der letzten Zielvereinbarung habe ich im Ausschuss ziemlich stark dafür gekämpft - Frau Professor Wolff wird sich noch daran erinnern -, das auch schon in dieser Zielvereinbarungsperiode mit zu berücksichtigen. Das hat man leider nicht gemacht. Dafür haben sich aber die Rektoren hingesetzt und sich Gedanken darüber gemacht, wie sie mit der Erklärung der Hochschulrektorenkonferenz „Eine Hochschule für alle“ umgehen.

Sie haben vorhin gesagt, es sei noch nicht die Zeit, diese konkreten Dinge anzusprechen; trotzdem sollten sie berücksichtigt oder aufgenommen werden. Für uns ist es an der Zeit. Wir haben vor zwei Wochen eine sehr interessante Konferenz durchgeführt. In dieser Konferenz wurden uns ziemlich konkrete Probleme auf den Tisch gelegt. Wir haben dafür durchaus Lösungen gefunden.

Ich sage einmal, Ihren Optimismus, Frau KochKupfer, was den Bau betrifft, teile ich überhaupt nicht. Wenn man sich das Gezerre um das Geistes- und Sozialwissenschaftliche Zentrum in Halle anguckt, dann ist das ein Trauerspiel.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Genau das, was Frau Pähle angesprochen hat, nämlich vorher darüber nachzudenken, wie man Barrierefreiheit umfassend umsetzen kann, hat überhaupt nicht stattgefunden. Erst als die Behindertenbeauftragte eingeschritten ist und der Landesbehindertenbeauftragte einen Baustopp gefordert hat, hat man es geschafft, einen Kompromiss - nur einen Kompromiss! - zu finden.

(Zustimmung von Herrn Loos, DIE LINKE)

Ich habe die Ministerin in der letzten Legislaturperiode noch gefragt, ob die Bibliothek des Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Zentrums barrierefrei wird. Ja, sie wird, sagte sie noch. - Ist sie nicht.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Es beginnt tatsächlich im Kopf. Man muss den Schalter umlegen und endlich anfangen, von vornherein Barrierefreiheit zu planen, und zwar umfassend. Das muss in unseren baurechtlichen Verfügungen endlich ordentlichen Niederschlag finden.

(Zustimmung bei der LINKEN und von Frau Dr. Späthe, SPD)

Zur Kommunikation: Gucken Sie sich die Internetauftritte unserer Hochschulen an. Sie sind nicht barrierefrei. Da muss man ran.

Auch die Studierendenportale sind ein großes Problem. Es gibt Studierende, die seheingeschränkt sind, die sich weder einschreiben noch ihre Noten nachlesen können, weil das mittlerweile alles elektronisch passiert. Sie müssen zum Prüfungsamt und sich entsprechende Ausdrucke machen lassen. Das ist kein Zustand. Die entsprechenden Portale kann man anpassen.

Wir müssen die Härtefallquoten überprüfen. Wir sollten uns darüber verständigen, wie wir Studienmodelle der individuellen Geschwindigkeiten implementieren können. Frau Professor Dalbert hat die Teilzeitstudien angesprochen, Frau Pähle, glaube ich, auch. Wir haben einen Gesetzentwurf zur Änderung des Landeshochschulgesetzes vorgelegt. Vielleicht findet er eine Mehrheit.

Zu den Langzeitstudiengebühren sage ich einmal, weil Frau Professor Wolff darauf reagiert hat: Es gibt natürlich Ausnahmeregelungen bei den Langzeitstudiengebühren. Wenn jemand aufgrund einer chronischen Krankheit einen Ausnahmetatbestand im Bachelorstudium erfüllt, dieser Ausnahmetatbestand für das Masterstudium aber schon nicht mehr gilt, dann muss dieser Studierende Langzeitstudiengebühren bezahlen. Das ist ein Skandal. Da muss man ran.

(Beifall bei der LINKEN)

Genauso muss auf Bundesebene endlich geregelt werden, dass jeder, der sich im Masterstudium befindet, auch die Möglichkeit hat, Integrationshilfe zu bekommen. Im Moment gilt das nur für das Bachelorstudium. Auch das muss dringend angepasst werden.

Meine Damen und Herren! Zu den Laboren haben wir etwas aufgeschrieben. Auch in diesem Bereich besteht dringender Handlungsbedarf. Die Leute befinden sich jetzt in dem System Hochschule und müssen jetzt unterstützt werden. Deswegen bitte ich Sie, nicht nur ein Handlungskonzept zu schreiben, sondern damit anzufangen, den Leuten vor Ort konkret zu helfen und sie zu unterstützen.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Herr Kollege Lange. - Jetzt hat die Kollegin Frau Dr. Pähle das Wort, wenn sie es wünscht.

Ich möchte das Wort nicht ergreifen, sondern Frau Professor Dalbert nur sagen, dass wir die Frage vielleicht unter vier Augen klären; denn sie ist ganz

einfach zu klären. Ansonsten würde ich auf meinen Redebeitrag verzichten.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Wir kommen zum Abstimmungsverfahren. Uns liegen ein Änderungsantrag und ein Ursprungsantrag vor.

Ich würde zunächst über den Änderungsantrag in Drs. 6/1289 abstimmen lassen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Niemand. Damit hat der Änderungsantrag keine Mehrheit gefunden.

Wir kommen zur Abstimmung über den Ursprungsantrag. Wer dem Antrag in Drs. 6/1263 zustimmen möchte - -

(Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE: Mit der Er- gänzung! - Frau Dr. Pähle, SPD: Mit den Er- gänzungen! - Herr Borgwardt, CDU: Mit den Ergänzungen, wurde doch gesagt!)

- Ich frage noch einmal, ob die Ergänzungen für alle zweifelsfrei klar sind.

(Herr Miesterfeldt, SPD: Ja!)

Wer dem Ursprungsantrag mit den Ergänzungen, die in diesem Haus jetzt bei jedermann klar sind,

(Herr Hövelmann, SPD: Die waren auch vor- her klar!)

zustimmen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Fraktionen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Somit hat der so geänderte Ursprungsantrag eine Mehrheit gefunden. Wir können den Tagesordnungspunkt abschließen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 28 auf:

Erste Beratung

Keine Zwänge zur Konzessionsabgabe auf Trinkwasser