Protocol of the Session on April 26, 2012

Die Ställe werden nämlich dort in unmittelbarer Nähe des Dorfes gebaut. Sie sind nur 150 m entfernt. Das würde bedeuten, dass die dortige Bevölkerung auch unter dieser Keimbelastung leiden müsste und hinsichtlich der Nutzung der Hausgärten bzw. der Verwertung des selbst geernteten Obstes Risiken bestehen. Deshalb sollten Keimfilter zur gesetzlich vorgegebenen Grundausstattung in derartigen Massentierhaltungsanlagen gehören.

(Zustimmung von Herrn Erdmenger, GRÜ- NE)

Darüber hinaus sollten die Tierhaltungsanlagen über Krankenställe oder separate, abgeschirmte Krankenabteilungen verfügen. Der Grund ist nicht nur die verringerte Ansteckungsgefahr für die gesunden Tiere, sondern solche Abtrennungen ermöglichen es erst, dass nur kranke Tiere mit Antibiotika behandelt werden, dass also Antibiotika nur zu therapeutischen Zwecken eingesetzt wird. Nur

wenn sie von den anderen getrennt werden, können kranke Tiere einzeln oder zumindest in kleinen Gruppen behandelt werden.

Setzen wir also alles daran, dass sich die Turbomast mit dem Schmiermittel Antibiotika endlich überlebt. Sogar Wiesenhof will eine längere Mastdauer und kleinere Herden zumindest versuchsweise einführen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Frederking. - Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Minister Dr. Aeikens. Bitte schön, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema „Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung“ hat in den letzten Monaten sowohl in der öffentlichen als auch in der politischen Diskussion eine zunehmende Bedeutung erlangt. Das ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass Studien zum Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung aus NordrheinWestfalen und Niedersachsen darauf hinweisen, dass der Antibiotikaeinsatz in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist.

Hinsichtlich der Anwendungsdauer sowie des mehrfachen Wirkstoffwechsels ist eine fachgerechte Anwendung von Antibiotika leider in vielen der untersuchten Tierhaltungen offensichtlich infrage zu stellen. Ungeachtet dessen liegt jedoch eine umfassende Datenbasis zum Antibiotikaverbrauch bei Nutztieren, die über die vorgenannten Einzelstudien hinausgeht, zum gegenwärtigen Zeitpunkt aufgrund des Fehlens einer rechtlichen Grundlage nicht vor.

Jeglicher Argumentation zu Pro und Contra der Verschreibung von Antibiotika ist voranzustellen, dass es hierbei nicht um bloße Schuldzuweisungen gehen kann, meine Damen und Herren. Bei allen gebotenen Anstrengungen zur Lösung des Antibiotikaresistenzproblems sollte nicht vergessen werden, dass diese Mittel auch weiterhin zur Therapie bei bakteriellen Erkrankungen von Tieren gebraucht werden.

Das Ziel muss es sein, zu einer sachlichen und wissenschaftlich basierten Analyse und Ursachenabklärung des fachlich indizierten Einsatzes von Antibiotika bei Nutztieren zu kommen. Wir werden erforderliche und bereits angestoßene Rechtsetzungsvorhaben - zu nennen ist das aktuell angestrebte Verfahren der 16. Änderung des Arzneimittelgesetzes - kritisch und konstruktiv begleiten. Diese Gesetzesnovelle zielt darauf ab, die Ermächtigungsgrundlagen zu schaffen, um die erforderlichen Daten zum Antibiotikaverbrauch in der

Nutztierhaltung umfassend und bewertbar erheben zu können.

In der Befassung von Bund und Ländern, aber auch der EU-Kommission mit der in Rede stehenden Thematik vertrete ich zusammenfassend folgende Auffassung:

Erstens. Der Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung ist unter der Prämisse der Erhaltung der Tiergesundheit deutlich zu senken. Das hat absolute Priorität und wird von meinem Hause ausdrücklich unterstützt.

Zweitens. Auf dem Weg zu diesem Ziel müssen die Haltungsbedingungen, der Hygienestatus sowie das Betriebsmanagement und das Zuchtziel landwirtschaftlicher Tierhaltungen einer systematischen Analyse unterzogen werden.

Drittens. Die Handhabung des Dispensierrechtes der Tierärzte bedarf einer objektiven Prüfung.

Viertens. Die Diskussion sollte möglichst nicht zu regionalen oder nationalen Alleingängen führen.

Fünftens. Von Sachsen-Anhalt in vorderster Linie wird unterstützt, den Einsatz der Antibiotika vollständig sowohl qualitativ als auch quantitativ in einer amtlichen Datenbank zu erfassen, die gleichermaßen für die Überwachung zur Verfügung steht, aber auch unter Bezug auf bereits verfügbare Basisdaten der jeweiligen Bestände eine fundierte und wissenschaftliche Bewertung ermöglicht. So kann mit möglichen Vorurteilen aufgeräumt werden.

So kann für nahezu jeden Tierbestand eine individuelle Bewertung der Anwendung von Antibiotika vorgenommen werden bis hin zur Abklärung und Behebung der Ursachen. Transparenz ist auch in diesem Zusammenhang ein zeitgemäßes Wort.

Das Ziel muss es ebenfalls sein, möglichst breite Wirtschaftskreise und deren Dienstleister sowie Interessenvertretungen der Tierärzte und Landwirte in diese Strategie einzubeziehen.

Das in seinem Ziel durchaus richtige Anliegen des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes in der Nutztierhaltung sehe ich in der vorliegenden Fassung und Begründung allerdings nicht als zielführend an. Zum Beispiel sind wir als viehärmstes Flächenland keine Hochburg der Intensivtierhaltung. Auch andere Punkte des Antrages bedürfen einer sorgfältigen Prüfung.

Der Antrag der Regierungsfraktionen wird dem Anliegen in konstruktiverer und sachlich fundierterer Weise gerecht. In der Zielsetzung der Reduzierung sind sich die Anträge ähnlich. Deshalb sehe ich keinen grundsätzlichen Dissens zur Auffassung der Landesregierung.

Wir sollten zu diesem wichtigen und problematischen Thema eine fachlich fundierte Diskussion im

zuständigen Fachausschuss führen. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Herr Minister, es gibt eine Frage von Herrn Dr. Köck. Würden Sie sie beantworten? - Bitte schön, Herr Dr. Köck.

Herr Minister, vielleicht können Sie das ad hoc sagen. Die Antibiotikarückstände in Oberflächengewässern haben doch aber allgemein zugenommen oder?

Grundsätzlich tendenziell ja. Das kann man aber nicht für jedes Oberflächengewässer an jedem Standort sagen. Der Schwerpunkt dieser Zunahme ist erfreulicherweise nicht das Land SachsenAnhalt, sondern es sind andere Regionen in Deutschland.

Vielen Dank, Herr Minister. - Bevor wir in die Fünfminutendebatte eintreten, dürfen ich und Sie auf der Südtribüne ganz herzlich Damen und Herren des CDU-Ortsverbandes Steglitz begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Die Fünfminutendebatte wird durch die SPD-Fraktion eröffnet. Herr Kollege Barth, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns in der letzten Landtagssitzung eigentlich schon ausführlich mit diesem Thema befasst, unter anderem auch mit der deutschen Antibiotikaresistenzstrategie, und haben fraktionsübergreifend Konsens erzielt, dass der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung auf das zwingend notwendige Maß zu reduzieren ist. Der Sozialausschuss und der Agrarausschuss sollen die Umsetzung parlamentarisch begleiten.

Die Agrarministerkonferenz hat sich am 19. Januar 2012 mit dem Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung beschäftigt und hierzu einen Beschluss gefasst, der in weiten Teilen Inhalt des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist. So sieht der Beschluss vor, ein nationales Antibiotikaminimierungskonzept zu erarbeiten, in dem die einzelnen Schritte zur notwendigen Reduktion des Antibiotikaeinsatzes in der Nutztierhaltung festgelegt werden. Dabei sollen insbesondere für folgende Punkte praktikable Lösungen gefunden werden:

Erstens sollen Indikatoren zur quantitativen und qualitativen Einschätzung des Antibiotikaeinsatzes und des Tiergesundheitstatus in Nutztier haltenden Betrieben verbindlich verankert werden, zum Beispiel hinsichtlich der Therapiehäufigkeit und der Verlustrate.

Zweitens soll ein wirksames Eigenkontrollsystem für die Tierhaltung eingeführt werden, welches die Tierhalter dazu verpflichtet, bei hohem Antibiotikaeinsatz eigenverantwortlich zusammen mit dem den Bestand betreuenden Tierarzt oder dem Tiergesundheitsdienst ein betriebsindividuelles Konzept zur Verbesserung der Tiergesundheit zu erstellen und umzusetzen. Dieses Konzept soll der zuständigen Behörde im Rahmen ihrer Kontrollkompetenzen auf Anforderung vorgelegt werden.

Drittens geht es um die rechtliche Verbindlichkeit der Antibiotikaleitlinien der Bundestierärztekammer und der Arbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz.

Viertens sollen Antibiotika festgelegt werden, deren Anwendung allein der Humanmedizin vorbehalten bleibt.

Fünftens ist eine Änderung des Arzneimittelgesetzes und der Arzneimittelverordnung des Deutschen Instituts für medizinische Dokumentation und Information im Hinblick auf eine vollständige Transparenz der Vertriebswege von zur Anwendung bei Tieren bestimmten Arzneimitteln bis hin zur einzelnen Hausapotheke vorgesehen.

Sechstens soll ein für Tierhalter, Tierärzte und Behörden effektiv nutzbares bundeseinheitliches datenbankgestütztes System zur Erfassung und Auswertung des Antibiotikaeinsatzes in den Betrieben entwickelt werden. - So weit die Aufzählung.

Ich könnte noch weitere Punkte aufzählen, die bei der Agrarministerkonferenz festgelegt worden sind. Aber das erspare ich mir jetzt. Aufgrund der vorgegebenen Aufgaben hätte es eines Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in dieser Fassung nicht bedurft.

Der Minister wies schon darauf hin, Frau Frederking, dass einige Aussagen, die Sie in Ihrem Antrag getroffen haben, nicht korrekt sind. Die Aussage, dass das Land Sachsen-Anhalt eine Hochburg der Nutztierhaltung sei, wurde heute schon diskutiert. Aufgrund des geringen Tierbesatzes darf das Land sicherlich nicht als „Hochburg der intensiven Nutztierhaltung“ bezeichnet werden.

Mit dem Ansatz wird suggeriert, dass ein ungehemmter Einsatz von Antibiotika, insbesondere in sehr großen Tierhaltungsanlagen, stattfindet. Den Betrieben zu unterstellen, gegen das Verbot des Antibiotikaeinsatzes zur Wachstumsförderung und Leistungssteigerung zu verstoßen, halte ich auch nicht für zielführend. Es gibt sicherlich schwarze Schafe und es ist nicht auszuschließen, dass es Betriebe gibt, die dagegen verstoßen. Aber eine

pauschale Unterstellung diffamiert den Berufsstand.

Dann möchte ich ein kleines bisschen Wasser in Ihren Wein gießen bezüglich eines Ihrer Argumente. Es gibt in diesem Zusammenhang eine Stellungnahme der Landesregierung von Baden-Württemberg in der Drs. 15/1366 zum Antrag des Abgeordneten Alfred Winkler, SPD. In dieser Stellungnahme erklärt die Landesregierung, dass ein direkter Zusammenhang zwischen der Bestandsgröße und dem Antibiotikaeinsatz nicht eindeutig aufgezeigt werden kann. Der Agrarminister ist Alexander Bonde, Mitglied des Landesvorstandes von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Ich sehe, ich muss zum Ende kommen. - Die Koalitionsfraktionen vertreten die Auffassung, dass der Landtag von Sachsen-Anhalt das von der Agrarministerkonferenz geforderte nationale Antibiotikaminimierungskonzept unterstützen sollte. Wir plädieren deshalb für einen ganzheitlichen Ansatz. In diesem Sinne bitten wir um Annahme unseres Alternativantrags. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und von Minister Herrn Dr. Aeikens)

Vielen Dank, Herr Kollege Barth. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Kollege Herr Krause. Bitte schön, Herr Krause.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, dass keine Fraktion Zweifel daran lässt, dass der Missbrauch von Antibiotika unbedingt unterbunden bzw. verhindert werden muss. In den zurzeit aktuellsten Studien aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfahlen wird unmissverständlich darauf verwiesen, dass es in der Nutztierhaltung in der Tat einen Antibiotikaeinsatz gibt, der in nicht wenigen Fällen als unsachgemäß und missbräuchlich bezeichnet werden kann und muss.

Aus der niedersächsischen Studie zur Evaluierung des Antibiotikaeinsatzes in der Hähnchenhaltung geht hervor, dass von den insgesamt erfassten 962 Mastdurchgängen nur 17 % keine Behandlung und 83 % mindestens eine Behandlung mit Antibiotika erhalten hätten.

In Nordrhein-Westfalen wurden laut der Studie bei vier von fünf Mastdurchgängen mindestens einmal Antibiotika an Hähnchen verabreicht. In Niedersachsen wurden 83 % der Masthühner, 92 % der Puten, 77 % der Schweine und sogar 80 % bis 100 % der Rinder mit Antibiotika behandelt.

Insgesamt ist man sich darin einig, dass sich das ganze Ausmaß des Problems nicht korrekt beziffern lässt. Fest steht aber, dass der Einsatz von Antibiotika in einem unmittelbaren Zusammenhang