Protocol of the Session on March 23, 2012

Zu Ihrer ersten Frage möchte ich Ihnen sagen, dass ich leider nicht die Ehre hatte, dabei zu sein. Letztendlich habe ich den gleichen Informationsfluss, den Sie haben. Ich bin in den vergangenen Tagen über die neuen Zahlen und über die Anzahl der betroffenen Niederlassungen informiert worden. Letztere hat sich in den vergangenen Tagen verändert. Letztendlich ist aufgrund der sich ändernden Zahlen die Entscheidung getroffen worden, die die Landesregierung gestern verkündet hat, nämlich bei der Transfergesellschaft mit aktiv zu werden.

Allerdings - deswegen formuliere ich das als Bedingung - muss eine solche Transfergesellschaft ihren Sitz in Sachsen-Anhalt haben, weil man vor Ort - auch aufgrund der breiten Streuung der Filialen in Sachsen-Anhalt - besser auf die Bedürfnisse eingehen kann. Das ist mein Sachstand dazu.

Danke schön, Herr Kollege Thomas. - Weitere Anfragen gibt es nicht. Im Anschluss haben jetzt die Fraktionsvorsitzenden der Fraktion der SPD und der Fraktion DIE LINKE das Wort. Sie haben angekündigt, von ihrem Recht Gebrauch zu machen, jederzeit als Fraktionsvorsitzender das Wort ergreifen zu können. Es spricht zunächst Herr Kollege Gallert.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich von der Kollegin Wirtschaftsministerin direkt angesprochen worden bin auf eine Twitter-Meldung. Ich will diese kurz erläutern.

Nach der Pressekonferenz der Fraktionsvorsitzenden im Nachgang zur Vorbereitung der Landtagssitzung gab es folgende Meldungen:

Erstens. Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Herr Schröder, äußert sich außerordentlich skeptisch zu einer Transfergesellschaft und begründete dies mehrfach.

Zweitens. Frau Budde äußerte sich außerordentlich skeptisch zu einer solchen Transfergesellschaft und meint, normale Arbeitsmarktinstrumente seien besser geeignet.

Drittens. Die Sprecherin Ihres Ministeriums sagt, eine Beschäftigtentransfergesellschaft sei in diesem Falle nicht zielführend, weil diese viel zu weit auseinander seien. Deshalb müsse man zu anderen Instrumenten greifen.

Das hat dazu geführt, dass diese Meldungen zusammengefasst worden sind und - völlig richtig - vorgestern in die Ablehnung einer Transfergesellschaft durch CDU und SPD gemündet sind.

Darauf habe ich reagiert. Das ist allemal normal, zumal es nach dieser Pressekonferenz keinerlei Dementi zu dieser Position gegeben hat. Von dem Dementi haben wir gestern Abend erfahren, und zwar nachdem offensichtlich eine Reihe von Verhandlungen geführt worden ist, bei denen Druck auf die Landesregierung ausgeübt worden ist. - So viel dazu.

Deswegen will ich das hier noch einmal ganz klar sagen. Herr Steppuhn hat das offensichtlich auch nicht verstanden. Natürlich ist die Forderung von ver.di völlig richtig, in einer solchen Situation eine Transfergesellschaft zu gründen. Mit dieser Transfergesellschaft gewinnen wir aber nur Zeit, nichts anderes. Das ist keine Lösung; denn eine Transfergesellschaft verschafft uns lediglich Zeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Steppuhn, in den vergangenen Wochen ist auch von Ihnen völlig zu Recht die katastrophale Finanzausstattung der Bundesagentur für Arbeit und der Jobcenter aufgrund der Kürzungen durch die schwarz-gelbe Bundesregierung bei den aktiven Arbeitsmarktmitteln beklagt worden. Sie haben völlig richtig begründet, dass mit den verbleibenden Mitteln faktisch nichts Vernünftiges mehr zu machen ist.

Dann sagen Sie, das soll der Herr Senius einmal machen; denn er mache das hervorragend. Er kann das gar nicht machen, weil er das Geld dazu nicht mehr hat. Deswegen brauchen wir neue Wege, Kollege Steppuhn.

(Beifall bei der LINKEN)

Eines noch. Hier wird gesagt: Ach, Mindestlohn, Mitarbeiterbeteiligung, Tariftreue, das ist doch alles egal und Schnee von gestern; das interessiert die nicht. - Nein, Leute. Das interessiert diejenigen, die jetzt entlassen werden, weil sie natürlich versuchen werden, in ihrem alten Beruf wieder Fuß zu fassen. Die Chancen dazu gibt es möglicherweise auch.

Was erwartet diese Menschen aber? - Die katastrophale Situation von Schlecker war doch nicht isoliert. Wir wissen doch, dass diese Situation bei Lidl nicht besser ist. Wir wissen doch, dass die Situation in anderen Drogeriemarktketten nicht besser ist. Deswegen sind die schlechten Beschäftigungsverhältnisse bei Schlecker leider typisch für diese Branche.

Deswegen müssen wir darüber reden, was wir politisch machen wollen, damit sich diese Dumpinglöhne gerade im Handelsbereich und bei Frauen nicht wieder lohnen, sodass sich Millionen auftürmen. Vielmehr muss die Politik Regeln setzen, damit diese Spielregeln endgültig außer Kraft gesetzt werden und die Leute vernünftige Arbeitsbedingungen haben. Nur dann haben sie eine Chance und eine Perspektive, nach einer Transfergesellschaft auch ein vernünftiges Einkommen zu haben. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von der CDU: Insolvenzen werden also nicht ausgeschlos- sen!)

Als Nächste nimmt die Vorsitzende der Fraktion der SPD, Frau Kollegin Budde, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das war jetzt das ganz große Rad. Das hatte ich auch schon vermutet. Ich will diese Debatte einfach nicht so stehen lassen. Nachdem es heute nicht mehr darum geht, ob das Land der Einrichtung einer Gesellschaft zustimmt, werden das Thema Schlecker und die Konsequenzen daraus von Ihnen dafür benutzt, einfach nur zu politisieren.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Herr Gallert, Sie haben nicht nur getwittert. Sondern Sie haben, als Sie diese Aktuelle Debatte beantragt haben, auch gewittert. Sie haben gewittert, dass all diejenigen, die nicht sofort lauthals Ja schreien, ohne vorher die Bedingungen zu kennen, skandalisiert werden können. Genau das haben Sie getan.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Schauen Sie einmal in den Antragstext Ihrer eigenen Aktuellen Debatte. Darin fordern Sie den Landtag auf, über die Ursachen dieser Insolvenz, die Situation der Beschäftigten und über die Alternativen für die von Entlassung Bedrohten zu debattieren.

Die Ursache dieser Insolvenz ist eine verfehlte Firmenpolitik. Das ist in diesem Haus unstreitig. Das haben auch alle gesagt. Auch wenn uns manchmal die Hände kribbeln, werden wir nicht zukünftig in die Firmenpolitik hineinregieren wollen, weil wir in das Prinzip der freien Unternehmerschaft nicht eingreifen wollen. Damit ich nicht falsch verstanden werde: Diese muss natürlich geregelt werden.

(Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Es geht um die Regeln!)

- Sie werden mit auch noch so engmaschigen Regeln auch zukünftig nicht verhindern, dass ein Praktiker Max Bahr übernimmt, weil dieser nicht

mehr allein existieren kann. Sie werden nicht verhindern können, dass in Real-Märkte Kaufland einzieht. Sie werden nicht verhindern können, dass Tengelmann nicht mehr hier ist. Sie werden nicht verhindern können, dass Schlecker in Insolvenz geht. Eine verfehlte Firmenpolitik werden Sie mit einem noch so engmaschigen Netz von Regeln nicht verhindern können.

Das war der erste Punkt.

(Zuruf von Herrn Gallert, DIE LINKE)

- Das ist ein anderes Thema. Ich lasse mir von Ihnen nicht die Themen durcheinanderwerfen.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Danke!)

Das ist das erste Thema.

Das zweite Thema ist die Situation der Beschäftigten. Mit „Situation der Beschäftigten“ - ich greife es mal weiter - meinen Sie nicht nur die derzeitige Situation bei Schlecker, sondern Sie meinen grundsätzlich die Situation der Beschäftigten in diesem Segment.

(Zuruf von Herrn Gallert, DIE LINKE)

- Ja. Da wird man nur mit ordentlichen Tarifverträgen und einem gesetzlichen Mindestlohn helfen können.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von Herrn Gal- lert, DIE LINKE, und von Frau Lüddemann, GRÜNE)

Die Tarifverträge wurden bei Schlecker sogar eingeführt, und zwar nach großem öffentlichen Druck. Deshalb würde ich hier persönlich auch niemandem vorwerfen, dass er aufgerufen hat, Schlecker zu boykottieren. Denn am Ende dieses öffentlichen Drucks, Herr Leimbach,

(Zuruf von Herrn Leimbach, CDU)

- dabei sind wir wahrscheinlich unterschiedlicher Auffassung; das muss man aushalten -

(Zuruf von Herrn Leimbach, CDU - Zuruf von der LINKEN: Warum?)

erst am Ende dieses öffentlichen Drucks standen die Tarifverträge.

Insofern stand auch am Ende erst die 80-prozentige Organisation in Gewerkschaften. Nur diese haben dazu beigetragen, dass es die Tarifverträge bei Schlecker gab. Das war ein gutes Ergebnis des öffentlichen Drucks.

(Beifall bei der SPD)

Daran ist auch die Kette nicht pleitegegangen, um das gleich zu sagen.

(Zuruf von der SPD: Das stimmt! - Zuruf von der LINKEN)

So viel zum Thema „Situation der Beschäftigten“.

Drittens fordern Sie in Ihrem Antrag auf eine Aktuelle Debatte den Landtag auf, über die Alternativen für die von Entlassung Bedrohten zu reden. An dieser Stelle meinen Sie wieder Schlecker. Das ist aber erst einmal zuvorderst die Transfergesellschaft.

(Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Das haben wir doch gesagt! Oder nicht?)

- Ja. Sie sind sich aber nicht einig. Das Twittern von Herrn Gallert bezieht sich nur auf Frauenarbeitsplätze.