Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Als dritte Rednerin ist es immer sehr schwierig, einerseits vieles nicht zu wiederholen und andererseits einzufangen, was bereits gesagt worden ist.
Grundsätzlich möchte ich zunächst betonen, dass ich mich den Ausführungen der Kollegin Gorr vollumfänglich anschließe. Wir haben uns in der Koalition ausgetauscht, um in der kurzen Redezeit möglichst viel unterzubringen. So sind meine Ausführungen mit denen von Frau Gorr abgestimmt.
In der Begründung zum vorliegenden Antrag der Fraktion DIE LINKE heißt es: Die Landesregierung wurde 2009 aufgefordert, sich an der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention aktiv zu beteili
gen. Weiter heißt es dort, der Behindertenbeirat habe im April 2010 empfohlen, den Aktionsplan „Barrierefrei“ um weitere Handlungsbereiche zu erweitern.
Und danach? Hat sich nach diesen Anträgen in Sachsen-Anhalt bezüglich der Umsetzung der Rechte der Behinderten nichts getan? - Doch, es hat. Aber das schreiben Sie nicht.
Die neue Landesregierung hat mit dem Koalitionsvertrag einen klaren Auftrag zur Erarbeitung eines Landesaktionsplanes erhalten. Am 10. Dezember 2011 - das wurde bereits erwähnt - wurde dem Runden Tisch der Menschen mit Behinderung Sachsen-Anhalts ein Arbeitspapier vorgelegt, welches das Gerüst des zukünftigen Landesaktionsplanes bilden soll. Dieses Papier hat bereits jetzt einen Umfang von fast 100 Seiten - es sind 99 Seiten, um genau zu sein.
In einem weiteren Schritt wurde dieses Arbeitspapier den Arbeitsgruppen des Runden Tisches und am vergangenen Samstag dem Beirat vorgelegt. Frau Gorr hat bereits erwähnt, dass wir die sich daran anschließende Diskussion verfolgt haben. Ich kann sagen, dass diese Diskussion - zumindest für mich - sehr erkenntnisreich war, und zwar erkenntnisreich dahin gehend, dass die Vorstellungen von einem Landesaktionsplan sowie die Anforderungen und Ansprüche an einen Landesaktionsplan nach wie vor sehr unterschiedlich sind.
Gleiches gilt auch bezüglich der Konkretheit der dort aufzuführenden Maßnahmen, Projekte und Prozesse.
Die Diskutanten unterschiedlichster Prägung - eine Unternehmerin, Betroffene, wissenschaftliche Referenten, Mitarbeiter von Verwaltungen, selbst Betroffene und viele andere - waren sich zumindest dahin gehend einig, dass sowohl die Erarbeitung als auch die Realisierung, sprich Abarbeitung des Planes, ein offener Prozess sein muss. Es vielen Schlagwörter wie „ein faktenbasierter Prozess“, „Präzisierung durch praktische Erfahrungen“ oder „Verbesserung durch Lernen“.
Das heißt, dass wir keinen Endpunkt haben werden und dieser auch nicht gewollt ist. Wir wollen keinen Endpunkt, der die sogenannte Erarbeitungsphase abschließt und einen Text hervorbringt, den der Landtag dann zum Beschluss erheben kann.
Die Absicht des Landesbehindertenbeauftragten, einen sogenannten Inklusionsausschuss einzurichten, begrüßen wir an dieser Stelle als effektives Arbeitsmittel sehr. Wir haben immer wieder betont, wie wichtig uns die Einbeziehung der Betroffenen, der Experten durch eigene Erfahrungen, in den Prozess der Umsetzung der Konvention ist. Es ist wichtig, dass deren Erkenntnisse in diesen Prozess ständig einfließen.
Sie haben erwähnt, dass zum Beispiel das Kapitel „Frauen“ vermisst wurde. Hätten wir einen Beschluss vorliegen, müssten wir wiederum einen Beschluss fassen, das Kapitel „Frauen“ in den Landesaktionsplan aufzunehmen.
- Das war ein Beispiel! Es gibt sicherlich andere Beispiele, die unser später noch einfallen und zeigen, was alles noch fehlt. Jedes Mal einen Beschluss zu fassen, empfinden wir an dieser Stelle als dem Prozess entgegenstehend.
Wichtig ist auch, dass neben den von Frau Gorr bereits in die Pflicht genommenen Ministerien - deren Vertreter zwischenzeitlich auch wieder anwesend sind - auch die von mir erwähnten Betroffenen und die sonstigen Vertreter der Gesellschaft an diesem Prozess teilnehmen. Sehr wichtig - das wurde auch am Sonnabend ausgeführt - sind hierbei die sonstigen Kostenträger im sozialen Bereich wie Krankenkassen, Rentenversicherungsträger, Jobcenter und Arbeitsagenturen. Auch diese Gruppe lässt sich durch einen Landtagsbeschluss nicht einfach binden.
Nicht zuletzt bin ich zutiefst davon überzeugt, dass ein in diesem Hohen Haus abstimmungsfähiger Landesaktionsplan einen sehr langen und sehr detaillierten Diskussionsprozess durchlaufen müsste, der in diesem Jahr mit Sicherheit nicht beendet wäre.
Wir möchten, dass mit der Umsetzung der Konvention begonnen wird. Dazu gehört zum Beispiel ein Stück weit auch der Erarbeitungsprozess. Bei diesem ist jeder von Ihnen gefordert, wie es Frau Gorr schon gesagt hat, auch wenn Sie es derzeit vielleicht noch nicht so sehen. Aber wir werden Sie schon noch überzeugen.
Deshalb werden wir, wie bereits gesagt, den Landesaktionsplan nicht zum Beschluss erheben. Nichtsdestotrotz stimme ich den Ausführungen zur Notwendigkeit der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention vollumfänglich zu. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Dr. Späthe. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt noch einmal Frau Dirlich. Bitte schön, Frau Dirlich.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Dr. Späthe, ein wenig war das jetzt nach dem Prinzip: Warum einfach, wenn es auch umständlich geht!
Was haben wir vor und was wollen wir erreichen? - Natürlich werden wir den Landesaktionsplan nicht vom Berg Sinai holen, um ihn dann in Stein zu meißeln und in den nächsten 2 000 Jahren nicht wieder anzufassen.
(Herr Gallert, DIE LINKE: Ja, es gibt noch Fraktionen, die gut miteinander umgehen! - Beifall bei der LINKEN - Zurufe von und Heiterkeit bei der CDU)
Ich weiß nicht, warum man an dieser Stelle jetzt so hohe Hürden aufbauen muss und die Behauptung aufstellt, dass man, wenn man erst einmal einen Beschluss gefasst hat, daran nie wieder etwas ändern könnte. Das ist doch alles Quatsch!
Dass es unterschiedliche Auffassungen am Runden Tisch gibt, verwundert nun wirklich niemanden. Auch deshalb ist es aus unserer Sicht wichtig, dass sich der Landtag mit diesen unterschiedlichen Auffassungen beschäftigt, und das intensiv und immer wieder.
Der Minister hat angeboten, dass wir es so machen können, auch wenn Sie den Antrag jetzt ablehnen sollten.
Der Runde Tisch ist nicht der Landtag. Wir haben mehrfach vorgeschlagen, uns als Landtag so ernst zu nehmen, wie wir an anderen Stellen auch ernst genommen werden wollen.
Von Ihnen, Frau Gorr, habe ich die Worte „zum jetzigen Zeitpunkt“ vernommen. Das könnte uns - darin bin ich mir mit Frau Zoschke einig - dazu veranlassen, den Antrag zu einem anderen Zeitpunkt noch einmal zu stellen.
Ich bitte Sie im Namen meiner Fraktion um Zustimmung zu unserem Antrag. Man kann und man sollte diesem Landesaktionsplan Gewicht verleihen. Der Landtag und der entsprechende Ausschuss sollten sich immer wieder und intensiv mit diesem Landesaktionsplan befassen. - Danke.
Vielen Dank, Frau Dirlich. - Die Antragstellerin hat gewünscht, darüber direkt abzustimmen. Überweisungsanträge habe ich nicht vernommen. Deswegen lassen wir jetzt über den Antrag vorliegend in Drs. 6/810 abstimmen. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist der Antrag abgelehnt worden und der Tagesordnungspunkt 17 erledigt.
Bekämpfung des Neofaschismus in Arbeit der EU-Grundrechteagentur aufnehmen: Subsidiaritätsbedenken zum „Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Festlegung eines Mehrjahresrahmens für die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte für den Zeitraum 2013 bis 2017“
Ich darf alle anderen, die jetzt nicht das Wort haben, bitten, Herrn Czeke ruhig und gelassen zuzuhören.