Die Landesregierung teilte die Sorge um das Schicksal von Flüchtlingen aus Libyen. Das zeigen schon die wiederholten Schiffsunglücke, die immer wieder vielen Menschen das Leben kosten. Allerdings ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE nicht geeignet zur Lösung dieser Situation, zumindest nicht aus Landessicht. So soll mit dem vorliegenden Antrag unter anderem der Landtag die Bundesregierung auf das Schicksal der Flüchtlinge in Libyen aufmerksam machen. Die Redundanz, meine Damen und Herren, dieser Forderung ist offensichtlich.
Auch die weiteren im vorliegenden Antrag enthaltenen Forderungen sind kein zielführendes Mittel zur Verbesserung der Flüchtlingssituation. Inhaltlich zielt er auf eine Landesinitiative zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Libyen ab. So soll die Landesregierung ihre Bereitschaft erklären, sich in Abstimmung mit der Bundesregierung und der Europäischen Union an der Aufnahme von Flüchtlingen zu beteiligen und zudem auch Kapazitäten für die Aufnahme dieser Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen.
sprochene Flüchtlingssituation aufgrund ihrer Größenordnung einzelne Staaten und erst recht einzelne Bundesländer überfordert und daher einer gemeinsamen Antwort der Europäischen Union bedarf.
So befasst sich der Rat - liebe Kollegin, Sie haben es eben in Ihrer Einbringungsrede gesagt - der Justizminister und Innenminister der Europäischen Union heute in einer Sondersitzung mit der Thematik. Nach den Vorstellungen der Europäischen Kommission sind eine Reihe von kurz- und längerfristigen Maßnahmen ins Auge zu fassen, mit denen der Situation in Nordafrika besser begegnet und die Migration insgesamt effizienter gesteuert werden kann.
Ich erlaube mir, auch wenn der Ablauf der Redezeit angezeigt wird, doch noch einige Punkte für die Landesregierung zu nennen, weil das Thema, glaube ich, wichtig ist.
Zu nennen sind die Bereitstellung finanzieller Hilfen, eine verstärkte EU-interne Umverteilung, eine Nachjustierung der bestehenden Schengen-Regularien und eine Verbesserung der Kontrollen der Außengrenzen, zum Beispiel durch die Stärkung der Grenzschutzagentur Frontex, zur Unterbringung irregulärer Einwanderer.
Im Hinblick auf die aktuelle Situation in Libyen wird derzeit eine weitere Aufnahmeaktion geplant. Um Malta zu entlasten hat Bundesminister Dr. Friedrich mit den Innenministern und -senatoren der Länder vereinbart, kurzfristig 100 afrikanische Flüchtlinge, die Malta seit Ende März 2011 über das Mittelmeer erreicht haben, in Deutschland aufzunehmen.
Malta ist durch die Flüchtlingssituation besonders belastet. So haben 1 100 Flüchtlinge aus Libyen seit Ende März Malta erreicht. Bei nur 400 000 Einwohnern ist dies eine merkliche Belastung Maltas. Vorgesehen ist, überwiegend Flüchtlinge aus Somalia, Eritrea und Äthiopien aufzunehmen, da sich die Rückkehr, meine Damen und Herren, in diese Länder als besonders schwierig darstellt.
Deutschland folgt damit einem Aufruf des Rates der Europäischen Union vom 11. und 12. April 2011. Der Rat rief dazu auf, Mitgliedstaaten, die unmittelbar von der durch die Ereignisse in Libyen in Gang gesetzten Migrationsbewegung betroffen sind, zu helfen. Diese Aufnahmeaktion ist ein humanitäres Zeichen und ein Beispiel für europäische Solidarität zugleich.
Unterstützungsleistungen zur Linderung der Flüchtlingssituation in Nordafrika sind zweifelsohne notwendig. Die erforderlichen Maßnahmen liegen aber in der Kompetenz des Bundes und der Europäischen Union.
Dass sich Sachsen-Anhalt bei den notwendigen Benehmensherstellungen und Flüchtlingsaufnahmen nie seiner gesamtstaatlichen humanitären
Verantwortung entzogen hat, dürfte in diesem Haus, denke ich, unstreitig sein. Auch im Zusammenhang mit der derzeitigen politischen, militärischen und vor allem humanitären Situation in Nordafrika und der damit im Zusammenhang stehenden Flüchtlingsströme wird das Land SachsenAnhalt seinen nationalen Beitrag zu den internationalen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland leisten. Insofern sind wir in dieser Schnittmenge dann auch wieder bei Ihnen.
Der vorliegende Änderungsantrag der Regierungsfraktionen berücksichtigt deshalb eben auch im Gegensatz zu Ihrem Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion DIE LINKE, die gegebenen föderalen Aufgabenzuweisungen und die tatsächlichen Handlungsspielräume des Landes. Gerne werde ich im Innenausschuss über den weiteren Fortgang der Angelegenheit berichten. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und bitte aus den genannten Gründen um die Unterstützung des Änderungsantrags der Regierungsfraktionen. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Stahlknecht. Die von Ihnen genutzte Zeit kommt jetzt dem Parlament zugute. - Die erste Nutznießerin ist Frau Abgeordnete Schindler für die Fraktion der SPD. Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wie die Einbringerin es ebenfalls voranstellte, die Bilder, die uns mittlerweile tagtäglich aus den Kriegsregionen im Norden von Afrika erreichen und von dem Schicksal der Flüchtlinge vor allen Dingen aus Libyen berichten, sind erschreckend.
Und immer wenn in Ländern Unruhe und Armut herrschen, werden Menschen sich aufmachen und vor dieser Armut und vor diesen Unruhen fliehen. Sie werden sich auf den Weg dorthin machen, wo sie Sicherheit, Freiheit und Zukunft sehen. Die Flüchtlingsboote, die vor allem vor Lampedusa und Malta landen, sind überfüllt und viele Bootsunglücke haben auch Opfer gekostet. Ich glaube, dass das keinen hier in Sachsen-Anhalt unberührt lässt.
Bei der Beurteilung der Situation und der Reaktion darauf gehen die Auffassungen jedoch teilweise auseinander. In Europa und in der Bundesrepublik sorgt die Bewertung teilweise für lebhafte Debatten - bis hin zu den auch heute wieder vernehmbaren Ankündigungen von Regierungen, Grenzkontrollen wiedereinzuführen.
Auch ein erhöhter Einsatz der europäischen Küstenwache wird an dem Flüchtlingsproblem selbst nichts ändern. Bootsflüchtlinge können wir nicht
auf dem Meer lassen und Europa muss sie aufnehmen. Alles andere ist aus humanitären Gründen nicht zu vereinbaren. Wir werden die europäischen Grenzen nie so dicht machen können, dass kein Flüchtling sie erreicht und sie überwindet. Das verbieten auch die Rechte von Flüchtlingen, nicht zuletzt die Genfer Flüchtlingskonvention, der sich Deutschland insbesondere aufgrund der historischen Entwicklung verpflichtet sehen soll.
Die Europäische Union hat unter anderem in enger Zusammenarbeit mit ihren Mitgliedstaaten dafür Sorge getragen, dass vor allem durch die Bereitstellung finanzieller Mittel eine humanitäre Katastrophe zumindest auf Lampedusa und Malta bislang ausgeblieben ist. Neben diesen kurzfristigen Maßnahmen wird in der Europäischen Union über die künftige Flüchtlings- und Migrationspolitik diskutiert werden müssen.
Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben allesamt die Demokratieprozesse im nördlichen Afrika begrüßt. Nun gilt es auch, die Folgen dieser Prozesse gemeinsam zu schultern. Die Lasten sollen jedoch auch real und gerecht unter den Ländern aufgeteilt werden. Dabei ist es auch legal, in der Vergangenheit erbrachte Vorleistungen, zum Beispiel während des Jugoslawien-Konfliktes, mit zu berücksichtigen.
Humanitäre Hilfe beginnt aber auch vor Ort. Im aktuellen Fall der Flüchtlingsströme in Afrika beginnt sie in den Ländern, die Flüchtlinge aus Nachbarstaaten aufnehmen. Da muss durch die Europäische Union und damit indirekt auch durch Deutschland geholfen werden.
Ich hoffe, dass den Ankündigungen der EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström am heutigen Tag auch Taten folgen und die angekündigte Unterstützung und Solidarität der EU gegeben wird.
Insofern die Bundesrepublik Deutschland zu einem Beitrag in der europäischen Flüchtlingspolitik bereit ist, was ich ausdrücklich befürworte, wird auch Sachsen-Anhalt seinen Anteil hieran leisten.
Mit dem vorliegenden Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen wird deutlich, dass auch SachsenAnhalt seinen Beitrag - wenn auch einen geringen Anteil - zur Abmilderung der derzeitigen schwierigen humanitären Situation in den betroffenen Regionen leisten will.
Der Ursprungsantrag der LINKEN verkennt hingegen sowohl den rechtlichen als auch den tatsächlichen Einfluss eines Bundeslandes auf eine europäische Entscheidung zur weiteren Verfahrensweise in der aktuellen Frage, zum Umgang mit den Flüchtlingen in Nordafrika.
Ich gehe im Übrigen auch davon aus - dieser Hinweis sei mir gestattet -, dass sowohl der Niedersächsische Landtag als auch die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, in denen fast
Ich bitte daher abschließend um Unterstützung für den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Schindler. - Für die Fraktion GRÜNE hat nunmehr der Abgeordnete Herr Herbst das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die demokratischen Reformbestrebungen in Nordafrika begrüßen wir alle. Doch die zum Teil kriegerischen Auseinandersetzungen dort erzeugen mancherorts Blutvergießen und großes Leid. Es ist insofern nachvollziehbar, dass Menschen Gewalt, Verfolgung und Leid entgehen wollen. Die Flüchtlinge sind Teil dieser neuen Situation in Nordafrika, in den Umbruchstaaten, in Libyen, im Jemen, in Syrien und anderswo.
Genauso wie wir die Demokratiebestrebungen begrüßen, müssen wir uns auch der Flüchtlinge dieser Umbruchphase annehmen. Sie haben einen Anspruch auf unsere Solidarität.
Zur Realität gehört leider auch, dass nach Schätzungen des UN-Flüchtlingskommissars seit Februar 2011 ungefähr 800 Menschen auf der Flucht im Mittelmeer ertrunken sind. Die Europäische Union - mit ihr auch Sachsen-Anhalt - muss sich auch auf Flüchtlinge aus Libyen einstellen, die vor der Gewalt und der Rache Muammar al Gaddafis fliehen werden. Als politisch Verfolgte haben sie das Recht auf Asyl und sind nach der Genfer Flüchtlingskonvention schutzbedürftig.
Sollte es zu größeren Flüchtlingsbewegungen kommen, insbesondere durch die politischen Flüchtlinge aus Libyen, fordern wir einen solidarischen Lastenausgleich unter den Mitgliedsstaaten der EU nach humanitären Kriterien zugunsten der primär vom Flüchtlingsdruck betroffenen Staaten.
Dafür bietet die Richtlinie zum vorübergehenden Schutz eine angemessene Grundlage. Nach UnoRecht haben Menschen, die unter vorübergehendem Schutz stehen, keinen Anspruch auf politisches Asyl. Das bedeutet, dass sie die Aufnahmeländer automatisch wieder verlassen müssten, wenn sich die Lage in den Herkunftsländern verbessert hat.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist der Meinung, dass bei der Massenflucht aus Nordafrika die für solche Fälle geschaffenen Abkommen
Wir brauchen eine solidarische Lösung für Europa, statt die Betroffenen in einem Land zu lassen und die dortigen Umstände zu erschweren. Sie erinnern sich sicher an die Bilder aus italienischen Flüchtlingslagern, welche für die vorhandene Situation überhaupt nicht auslegt sind. Deutschland ist bereit und in der Lage, geordnet Flüchtlinge aufzunehmen und auf die Bundesländer zu verteilen, natürlich auch auf Sachsen-Anhalt. Wir erkennen auch bei Ihrem Änderungsantrag an, dass diese Bereitschaft grundsätzlich besteht. Das ist ja nicht bei allen Politikern in Deutschland der Fall.
Wir sind aufgefordert, den Menschen vorübergehend Schutz und Unterkunft zu bieten. Daher überstützen wir insbesondere den vorliegenden Antrag der Linksfraktion, weil er appelatiiv weitergeht und die Landesregierung auffordert, genau dies vorzubereiten.
An den EU-Außengrenzen muss eine europäische Lösung gefunden werden, die allen entsprechenden internationalen und europäischen Konventionen und menschenrechtlichen Ansprüchen gerecht wird.
Dies alles ist mit geltendem Recht möglich und erfordert keinerlei Experimente, wie sie jetzt geschehen. Dänemark hat damit angefangen. Herr Friedrich denkt darüber nach, die europäische Freizügigkeit oder das Schengen-Abkommen einzuschränken. Beides sind Kernerrungenschaften der Europäischen Union, die man jetzt nicht einfach so aufs Spiel setzen sollte.
Die gemeinsame humanitäre Linie ist ein deutlich besserer Ansatz als die Rückkehr zu Schlagbäumen und innereuropäischen Grenzkontrollen. Diese Maßnahmen sind unnötig. Sie nähren Ängste der Bevölkerung. Sie werden bei abgestimmten Flüchtlingsaufnahmen überhaupt nicht benötigt.
Wir sollten nicht vergessen, meine Damen und Herren, dass Deutschland und die EU eine Mitverantwortung für die verfehlte Menschenrechtspolitik in Nordafrika und im Nahen Osten tragen.
Über Jahrzehnte waren die Despoten, die wir heute mit bekämpfen und verdammen, Geschäftspartner. Für eine autoritär aufrechterhaltene Stabilität wurden eine marode Rechtsstaatlichkeit und die Unterdrückung von Menschenrechten willfährig in Kauf genommen.
Auch waren die Despoten nützliche Bündnispartner bei der Abwehr afrikanischer Flüchtlinge. Noch im Oktober 2010 unterzeichnete die EU ein Kooperationsabkommen mit Libyen in Höhe von 50 Mil