Es gibt nämlich noch ganz andere Möglichkeiten für kleine und Kleinstunternehmen. Das fängt an bei einer flexiblen Arbeitszeitgestaltung und geht über die unkomplizierte Gewährung von Elternteilzeit bis hin zur Hilfe bei der Suche nach Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Das fehlt bei Ihnen leider völlig. Das ist für uns ein immanenter Bestandteil einer modernen Unternehmenskultur in Sachsen-Anhalt.
lichen Auftraggeber, sondern auch die Kommunen, Eigenbetriebe, Zweckverbände sowie Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts einbeziehen. Diese Gruppe stellt ein wachsendes Segment der Rechtspersonen dar, die öffentliche Aufträge im Auftrag des Landes ausführen.
Wir wollen mit diesem Gesetz auch den Kommunen einen rechtlichen Rahmen an die Hand geben, der es ihnen ermöglicht, bei eingehenden Angeboten die Wirtschaftlichkeit und die Auskömmlichkeit des Angebotspreises zu bewerten.
Meine Damen und Herren! Natürlich gilt es klug abzuwägen: Regelungsvakuum gegen zusätzliche bürokratische Hürden. Wir haben versucht, in unserem Gesetzentwurf nur die Dinge zu regeln, die einer Regelung bedürfen. Das betrifft übrigens auch Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten.
In dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen sind viele Dinge enthalten, die bereits in anderen Gesetzen geregelt sind. Daher kommt vielleicht auch der Aufschrei von Kammern und Verbänden, es handele sich um ein Bürokratiemonster.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir freuen uns jedenfalls auf die Debatte in den Ausschüssen. Wir beantragen die Überweisung der beiden Gesetzentwürfe zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft und zur Mitberatung in die Ausschüsse für Arbeit und Soziales, für Landesentwicklung und Verkehr, für Umwelt sowie für Inneres. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Thiel. - Wir kommen nunmehr zu der Einbringung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drs. 6/644. Ich erteile dem Abgeordneten Herrn Steppuhn das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst feststellen: Heute ist ein guter Tag für das Land Sachsen-Anhalt; die Koalitionsfraktionen der SPD und der CDU bringen ein Vergabegesetz ein. Die Kompromisse, die zu dem Gesetzentwurf geführt haben, sind zugegebenermaßen nicht ganz leicht zustande gekommen. Aber das, denke ich, zeichnet eine gute Koalition aus. Wir haben es uns nicht leicht gemacht. Sicherlich ist es leichter, wenn eine Oppositionsfraktion einen Gesetzentwurf schreibt und diesen gar nicht verhandeln muss.
Meine Damen und Herren! Das, was dabei herausgekommen ist, ist ein guter Gesetzentwurf, der sich auch im Ländervergleich sehen lassen kann.
Das Vergabegesetz - das möchte ich deutlich machen - ist ein sozialdemokratisches Projekt. Deshalb haben wir bereits in den Koalitionsverhandlungen Wert darauf gelegt, dass diese Koalition zügig ein Vergabegesetz auf den Weg bringt.
Meine Damen und Herren! In Deutschland gibt es mittlerweile eine Reihe von Bundesländern, die bereits Vergabegesetze unterschiedlicher Ausprägung beschlossen haben oder die Absicht haben, dies zu tun. Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage: Kein Gesetz ist mit den anderen vergleichbar; denn alle Gesetze haben eigene Akzente, die die besondere Situation in den jeweiligen Bundesländern berücksichtigen.
Die Hauptzielsetzung ist es, die Einhaltung von sozialen Standards zur Grundlage für die Vergabe öffentlicher Aufträge im Bereich von Bauaufträgen, Dienstleistungen aller Art und Lieferleistungen zu machen.
Die Einhaltung von allgemeinverbindlichen Tarifverträgen sowie von branchenbezogenen tariflichen Mindestlöhnen ist für uns Sozialdemokraten der wichtigste Aspekt gewesen, der in dem neuen Vergabegesetz verankert werden sollte.
Wichtig ist für uns aber auch, meine Damen und Herren, dass wir nicht nur Regelungen für Landesaufträge schaffen, sondern auch die Landkreise und die Kommunen in den Geltungsbereich des Vergabegesetzes einbeziehen. Wir wollen mit dem Gesetz diejenigen Unternehmen stärken, die sich an Tarifverträge und soziale Standards halten. Wir wollen sie dabei auch vor Angeboten schützen, die auf Dumpingpreisen und Niedriglöhnen aufgebaut sind.
Wir unterstützen damit die Tarifparteien dabei, zu tariflichen Vereinbarungen zu kommen, Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären und bestehende Mindestlohntarifverträge weiterzuentwickeln bzw. diese in Bereichen zu schaffen, in denen sie noch nicht vorhanden sind. Genau dies zu tun haben Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände in unserem Land mit der Landesregierung vereinbart.
Wenn wir ein solches Vergabegesetz machen, ist es für uns auch selbstverständlich, dass wir durch Regelungen diejenigen Unternehmen stärken, die sich für Chancengleichheit von Frauen und Männern einsetzen und die durch die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen etwas für junge Menschen tun und dabei gleichzeitig den Fachkräftebedarf von morgen sicherstellen.
Meine Damen und Herren! Zu dem Stichwort Familienfreundlichkeit - der Kollege Thiel hat es angesprochen; wir hören und lesen in den Medien, dass das etwas mit Bürokratie zu tun habe - möchte ich an dieser Stelle deutlich sagen: Diese Landes
regierung hat sich vorgenommen, das Land familienfreundlicher zu gestalten. Der Ministerpräsident erwähnt dies immer wieder. Daher ist es für uns selbstverständlich, auch in einem Vergabegesetz das Thema Familienfreundlichkeit zu verankern.
Meine Damen und Herren! Es sollte auch selbstverständlich sein - dies sage ich rückblickend auf das Konjunkturpaket II, aber auch in Bezug auf das Programm Stark III, das noch umgesetzt wird -, denjenigen Unternehmen einen Vorrang bei der öffentlichen Auftragsvergabe einzuräumen, die Baumaßnahmen unter verstärkter Berücksichtigung energetischer Aspekte realisieren, die dann am Ende zu größeren Energieeinsparungen führen. Das haben wir mit dem Konjunkturpaket II gemacht. Warum also soll das nicht auch in einem Vergabegesetz stehen?
Meine Damen und Herren! Als wir Sozialdemokraten damit begonnen haben, diesen Gesetzentwurf zu erarbeiten, habe ich die Hoffnung gehabt, dass uns eine ideologische Debatte zum Vergabegesetz, wie wir sie vor zehn Jahren geführt haben, erspart bleibt. Wie wir der medialen Berichterstattung zum Teil entnehmen konnten, ist dies leider nicht der Fall. Ebenso war es bei den Debatten vor zehn Jahren, als wir in diesem Land schon einmal ein Vergabegesetz auf den Weg gebracht haben, welches seinerzeit im Rahmen des Investitionserleichterungsgesetzes von der schwarz-gelben Landesregierung leider abgeschafft worden ist.
Lassen Sie mich noch eines hinzufügen. All denjenigen, die sagen, das damalige Vergabegesetz habe nichts getaugt, man habe nichts damit anfangen können, es sei bürokratisch gewesen und habe nicht gewirkt, gebe ich zu bedenken: Wie sollte das nach einem halben Jahr auch möglich sein? Man kann nach einem halben Jahr sicherlich nicht von einem Gesetz sprechen, das schon evaluiert werden kann. Schon gar nicht kann man es bewerten.
Deshalb haben wir die große Hoffnung, dass das Vergabegesetz länger halten wird, zumindest so lange, wie wir Sozialdemokraten an der Regierung sind. Das wird dann also eine ganze Zeit lang sein. Daher freue ich mich schon auf dieses Gesetz und darauf, es irgendwann einmal zu bewerten.
Meine Damen und Herren! Ich möchte dennoch den Versuch unternehmen, bei Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften gleichermaßen dafür zu werben, dass wir in dem Gesetzgebungsverfahren, bei den Ausschussberatungen und bei den Anhörungen, die stattfinden werden, zu einer sachlichen und fachlichen Debatte kommen.
Wettbewerb der Unternehmen um öffentliche Aufträge fairer wird. Damit bekommt die öffentliche Auftragsvergabe eine Vorbildwirkung für die gesamte Wirtschaft.
Insbesondere all diejenigen, die sich über den Fachkräftemangel Gedanken machen, sollten dieses Gesetz dankbar aufnehmen, weil es ihre Zukunftschancen am Markt deutlich erhöht. Nicht Niedriglöhne sind die Zukunft, meine Damen und Herren, sondern die gute Entlohnung von Fachkräften in unserem Land.
Deshalb werden wir, Herr Schröder, sehr viel Wert darauf legen - darüber sind wir uns mit unserem Koalitionspartner einig -, eine möglichst qualifizierte fachliche Diskussion im Gesetzgebungsverfahren zu gewährleisten. Wir wollen die Anregungen all derer aufnehmen, die die besseren Argumente haben, und nicht auf diejenigen hören, die die lauteste Stimme haben und uns nur mit ihren ideologischen Grundsätzen über den Weg laufen, aber zur Sache selbst nichts beizutragen haben.
Ich glaube, gerade diejenigen Sozialpartner auf der Gewerkschafts- und auf der Arbeitgeberseite, die bereits Erfahrungen mit einer stabilen Tarifbindung haben und sich auf Mindestlöhne verständigt haben, werden auch das Parlament bei der Beratung über das Gesetz unterstützen. Darin bin ich mir schon heute sicher.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einiges zu dem Thema Lohnuntergrenze sagen. Es wäre gut gewesen - dazu stehen wir als Sozialdemokraten; das haben wir gewollt und das halten wir auch nach wie vor für richtig -, wenn in einem Vergabegesetz eine Lohnuntergrenze von 8,50 € verankert worden wäre. Auch hierüber wird sicherlich noch einmal zu reden sein, zumal wir wissen, dass die große Koalition in Berlin mit so einem Thema überhaupt kein Problem gehabt hat.
Wir haben schon allein deswegen darüber zu reden, weil wir flächendeckende Mindestlöhne beschließen und sie dort umsetzen wollen, wo wir Verantwortung tragen. Man muss aber auch sehen, dass die Mindestlohndebatte die eine Seite ist und dass die Verabschiedung des Vergabegesetzes, das als Kriterium die Tarifbindung und insbesondere die Einhaltung von Branchenmindestlöhnen vorsieht, die andere Seite ist.
Deshalb, meine Damen und Herren, hat ein Vergabegesetz, das darauf abzielt, bei der Beteiligung am Wettbewerb um öffentliche Aufträge Tarifverträge einzuhalten, einen erheblich größeren Wirkungskreis als eine pauschale Lohnuntergrenze. Ich möchte auch darlegen, warum dies so ist.
Wenn wir uns einmal anschauen, in welchen Bereichen öffentliche Aufträge vergeben werden, dann stellen wir fest, dass der Baubereich dabei sehr deutlich dominiert. In diesem Bereich haben wir eine andere Situation, als es sie noch vor zehn Jahren gab. Fast alle Bereiche im Baugewerbe haben mittlerweile allgemeinverbindliche Branchenmindestlöhne auf der Grundlage des Entsendegesetzes vereinbart, und zwar oft oberhalb der Grenze von 8,50 €.
Das heißt, wenn man einmal anhand der Beschäftigtenzahlen in der gesamten Bauwirtschaft darstellt, wie viele Bereiche bereits heute durch Mindestlöhne abgedeckt sind, dann kommt man auf einen rechnerischen Wert von fast 85 %.
In den verbleibenden Bereichen stellen wir fest, dass es hierbei nicht gerade um die klassischen Niedriglohnbereiche geht. Ich spreche hierbei über solche Bereiche der öffentlichen Auftragsvergabe, in denen es noch keine Mindestlöhne gibt, wie zum Beispiel das Glaserhandwerk, das Steinmetzhandwerk, aber auch den Garten- und Landschaftsbau.
In all diesen Bereichen gibt es weitgehend bestehende Tarifverträge, deren Lohngruppen in der Regel bereits heute über 8 € liegen. So liegt zum Beispiel der unterste Tariflohn im Garten- und Landschaftsbau bei 8,20 €, wie man in einer Stellungnahme des Gala-Bau-Verbandes nachlesen kann. Dieser Satz dürfte spätestens bei der nächsten Tarifverhandlung überschritten werden.
Deshalb, meine Damen und Herren, hat eine allgemeine Lohnuntergrenze zwar eine politische Bedeutung, die wir als Sozialdemokraten durchaus sehen, deshalb wollen wir sie auch; aber sie hat im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe praktisch viel weniger Wirkung. Deshalb ist uns dieses Gesetz auch ohne Lohnuntergrenze so wichtig; denn wir wollen auch die Umsetzung von Tarifverträgen bei der öffentlichen Auftragsvergabe unterstützen.
Damit ist auch klar: Die öffentliche Hand betreibt in der Regel keine Frisörsalons, sodass in diesem Bereich das Vergabegesetz nicht gelten kann. Dazu brauchen wir den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn. Eine Ausnahme gibt es vielleicht im Wahlkreis des Landtagspräsidenten Herrn Gürth, nämlich in der Stadt Aschersleben - allerdings weiß ich nicht, ob das noch so ist. Dort gibt es meines Wissens eine Kommune, die ein Fitnesscenter betreibt. Aber auch das, meine Damen und Herren, ist kein exemplarisches Beispiel für ein Problem, das mit einem Vergabegesetz gelöst werden könnte.
Ein Problem stellen sicherlich die Wach- und Schließgesellschaften, ein klassischer Niedriglohnbereich, dar. Aber auch in diesem Fall haben sich die Gewerkschaft Ver.di und der zuständige Arbeitgeberverband kürzlich auf einen allgemeinverbindlichen Lohn zumindest für den qualifizierten Teil der Beschäftigten geeinigt, den der Arbeitsminister Herr Bischoff auf den Weg gebracht hat, sodass auch in diesem Bereich Bewegung zu erkennen ist. Dieser Lohn liegt zwar noch lange nicht bei 8,50 €, aber ich glaube, dass die Sozialpartner mit Unterstützung des zuständigen Ministers in der Lage sind, zu einer Weiterentwicklung zu kommen.
Ein weiterer Bereich, der mir wichtig ist und mit dem wir uns sicherlich intensiv - an die Adresse von Herrn Schröder und an die CDU gerichtet - befassen müssen, sind die schienengebundenen Dienstleistungen. Dazu empfehle ich allen, ein Gespräch mit der Gewerkschaft EVG zu führen. Die Situation stellt sich in diesem Bereich etwas anders und auch komplexer dar, und zwar sowohl aufgrund von unterschiedlichen Tarifverträgen als auch aufgrund des Geltungsbereiches dieser Tarifverträge für die Beschäftigten. Ich denke, es wird unsere Aufgabe sein, hierzu im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens gegebenenfalls noch ergänzende Lösungen zu finden.