Protocol of the Session on December 15, 2011

Sehr geehrter Herr Erdmenger, Sie haben in Ihrer Rede versucht, den Hauptvorwurf deutlich zu machen, dass die Landesregierung quasi Fakten schafft, von denen Sie bis zum 8. Dezember 2011 nichts wissen konnten.

Ich kann Sie nicht fragen, ob Sie es wissen, da Sie zu der Zeit nicht im Parlament waren; ich kann Sie nur fragen, ob Sie bereit wären, zur Kenntnis zu nehmen, dass es bereits im Oktober 2010, als es noch um die Frage ging, ob man die Leistungen für das Elektronetz Nord im Wege einer Direktvergabe vergibt, ein Schreiben zu den entsprechenden Bedingungen an die damaligen Fraktionsvorsitzenden

und die betroffenen Landräte einschließlich einer Presseerklärung der Nasa gab und dass sich der zuständige Fachausschuss des Landtages im Januar 2011 in Bezug auf das besagte Elektronetz Nord protokollwirksam erklärt und verhalten hat.

Sie saßen zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Parlament. Deswegen frage ich Sie, ob Sie bereit sind, zur Kenntnis zu nehmen, dass es vor mehr als einem Jahr eine solche Befassung gegeben hat.

(Herr Borgwardt, CDU: Genau so ist das!)

Ich bin bereit, das zur Kenntnis zu nehmen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass es am 8. Februar 2011 eine grundlegende Entscheidung des Bundesgerichtshofes gegeben hat. Nach allen mir vorliegenden Informationen erschien es mir so - das möchte ich hiermit zu Protokoll geben -, dass ab diesem Zeitpunkt eine solche Direktvergabe vor dem Hintergrund dieses Urteils selbstverständlich vom Tisch ist.

Der jetzige Vertrag ist im Wege einer freihändigen Vergabe, nicht im Wege einer Direktvergabe vergeben worden.

Das grundlegende Urteil bezieht sich auf beide Vergabearten. - Danke.

Jetzt hat die Kollegin Niestädt das Wort. Bitte schön.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Herr Erdmenger, auf Ihren Änderungsantrag und auf die Frage der Vergabe, die Sie eben ausführlich besprochen haben, gehe ich nicht noch einmal ein. Darauf hat der Kollege Kay Barthel ausführlich geantwortet. Wir hatten auch im Finanzausschuss Gelegenheit, uns ausführlich berichten zu lassen.

Daher hat es mich jetzt überrascht, dass dieser Punkt noch einmal explizit von Ihnen benannt wird. Wenn ich mich nicht irre, haben Sie am 1. Dezember 2011 im Rahmen der Beratung über den Nachtragshaushalt im Finanzausschuss die Landesregierung eigentlich eher gelobt, indem Sie sinngemäß sagten, dass mit dem vorliegenden Nachtragshaushalt eine Vorlage geglückt ist, für die Sie sehr dankbar sind.

Das hat sich heute etwas anders angehört. Aber damals habe ich mich darüber gefreut und habe mir eigentlich gedacht, dass dem aus meiner Sicht

nichts hinzuzufügen ist. Dann könnte ich eigentlich meine Rede zum Nachtragshaushalt vergessen. Aber nun will ich doch ein paar Wort sagen.

(Zuruf von Herrn Erdmenger, GRÜNE)

Der eigentliche Anlass war zunächst ein Rechenfehler bei der Rentenversicherung. In deren System sind für die Jahre 2008 bis 2010 zu geringe und dadurch durch unser Land nachzuzahlende Erstattungsbeträge für die Zusatzversorgungssysteme erhoben worden. Das waren 50 Millionen €. Mittel in einer solchen Höhe sind nicht einfach im Rahmen des Haushaltsvollzugs zu erbringen.

Neben diesen 50 Millionen € gab es weitaus spannendere Themen im Nachtragshaushalt. Ich kann mich über die Jahre hinweg nicht daran erinnern, dass wir jemals so unterschiedlicher Meinung in Bezug auf die Nachträge waren, wie es diesmal zwischen den Koalitionsfraktionen und der Opposition der Fall ist. Wir sehen das nachher in Ihren Anträgen, die Sie eingebracht haben. Diesbezüglich haben wir in der Tat ein völlig anderes Verständnis.

Aus meiner Sicht - Sie sagen, das geht Ihnen nicht weit genug - ist der erhebliche Rückgang der Nettoneuverschuldung zu nennen, und zwar an erster Stelle. Die Landesregierung hat im Jahr 2009 mit einer Nettoneuverschuldung in Höhe von 540 Millionen € gerechnet und den Haushaltsplan entsprechend aufgestellt. Die Überwindung der Finanz- und Wirtschaftskrise sowie die Finanzierung der Konjunkturprogramme hatten uns damals gezwungen, in dieser Höhe neue Schulden zu veranschlagen.

Heute, so kann man sagen, profitieren wir von den erheblich gestiegenen Steuereinnahmen und vor allen Dingen von den Ausgaben für die Konjunkturprogramme. Daher konnte die Regierung die Schuldenaufnahme im Entwurf des Nachtragshaushaltsplans um 200 Millionen € auf 340 Millionen € senken.

An dieser Stelle verkneife ich mir einmal nicht eine Mahnung von meiner Seite an die ewiggestrigen Steuersenker in Berlin:

(Unruhe bei der CDU)

Wahlen gewinnt man in diesen Zeiten nicht mehr durch Steuergeschenke und schon gar nicht, wenn man - daran sei erinnert - Geschenke nur an Ausgewählte, wie Hoteliers, vergibt.

(Beifall bei der SPD)

Wähler wollen Gerechtigkeit. Nur das sorgt für Vertrauen.

Um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unserem Bundesland zu stärken, haben wir im Rahmen der Beratung über den Nachtragshaushalt die Neuverschuldung noch einmal um insgesamt 35 Millionen € gesenkt.

Ich will natürlich nicht verschweigen, dass es vonseiten der Opposition Anträge gab, die Neuverschuldung in stärkerem Umfang abzusenken. Zur Gegenfinanzierung ist unter anderem angeboten worden, einen Teil der globalen Minderausgabe bestehen zu lassen.

Frau Dr. Klein, Sie sind schon sehr lange Finanzer. Auch ich habe mir diese Frage, als ich mit Herrn Barthel darüber diskutiert habe, immer wieder gestellt. Die globale Minderausgabe ist eine Negativausgabe, die drinsteht und die man im Haushalt erwirtschaften muss.

Es ist uns über viele Jahre hinweg nicht gelungen, globale Minderausgaben zu vertiteln. Sie blieb vielmehr als globale Minderausgabe stehen, manchmal in Größenordnungen, bei denen es sogar Haushaltssperren geben musste, damit sie erwirtschaftet werden konnte.

Aus meiner Sicht ist es im November/Dezember mit der Verabschiedung eines Nachtragshaushalts überhaupt nicht mehr möglich, etwas Derartiges zu machen. Ich bin mir sicher, dass wir bei künftigen Haushaltsplänen und dem neuen Haushaltsaufstellungsverfahren nicht mehr über eine globale Minderausgabe streiten oder diese bereden müssen.

Sollten die Steuereinnahmen gegenüber dem Nachtrag im Jahr 2011 noch weiter ansteigen oder Ausgaben nicht geleistet werden, die im Haushalt geplant sind, dann wandert das Geld doch auch ohne globale Minderausgabe automatisch in das Jahresergebnis und damit auch in eine weitere Senkung der Nettoneuverschuldung.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)

Das lässt uns in der Haushaltsrechnung zum Ende des Haushaltsjahres 2011 eventuell sogar noch unter eine Neuverschuldung von 300 Millionen € rutschen. Wie wir unter einen Betrag von 200 Millionen € kommen wollen, verehrter Kollege Barthel, ist mir im Moment noch schleierhaft.

(Herr Schröder, CDU: Versuchen wir es mal! Vor Weihnachten kann man sich ja was wünschen!)

Aber auch ich habe eine Bitte an die Landesregierung: Gehen Sie mit Anträgen zur Übertragung von Haushaltsmitteln restriktiv um und lassen Sie uns damit die Schuldenlast ein wenig drücken.

Die Mitglieder des Finanzausschusses werden sich sicherlich noch an den vom Finanzminister vorgelegten Tilgungsplan erinnern, der nach § 18 Absatz 2 der Landeshaushaltsordnung für die in den Jahren 2010 und 2011 aufgenommenen Schulden zu erstellen ist. Darin steht, dass wir spätestens vier Jahre nach Beginn der Aufnahme der neuen Schulden mit der Tilgung beginnen müssen. Hierin ist ein Raster dargestellt, wie das bis 2016/ 2017 zu geschehen hat.

Der Tilgungsplan für die in diesem Jahr aufgenommenen Schulden - diese liegen im Moment noch bei 305 Millionen € - wird im ersten Halbjahr 2012 zu beschließen sein und dann entsprechend die Tabelle ergänzen.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten! Ich hoffe aber, dass dies der letzte Tilgungsplan für eine Nettoneuverschuldung unseres Landes gewesen sein wird. Dafür wollen auch wir Abgeordneten sorgen. In diesem Sinne haben wir im Rahmen der Beratung über den Nachtragshaushalt ein Vorsorgeelement gestärkt.

Wir haben bereits im Jahr 2011 eine Sonderabführung in den Pensionsfonds in Höhe von 20 Millionen € veranschlagt, obwohl wir im Jahr 2011 noch eine Neuverschuldung aufnehmen müssen. Rechtlich ist das aus meiner Sicht sauber; denn in § 3 des Pensionsfondsgesetzes steht, dass jährlich ein Sockelbetrag in Höhe von 20 Millionen € einzustellen ist.

Lassen Sie mich an dieser Stelle einen kurzen Ausblick auf die Haushaltsberatungen über den Doppelhaushalt 2012/2013 geben, mit dem wir ebenso die Vorsorgeelemente stärken werden. So werden wir im nächsten Jahr die Steuerschwankungsreserve wieder auffüllen und uns damit für konjunkturelle Abschwünge wappnen.

Wie ich bereits in der Rede zur Einbringung des Nachtragshaushalts ausführte, ist eine treffsichere Schätzung der Wirtschaftsentwicklung und somit auch der Steuerentwicklung derzeit wirklich schwer möglich. Daher brauchen wir unbedingt ein finanzielles Polster, um einen konjunkturellen Abschwung ohne Neuverschuldung zu überstehen.

Ein weiterer wichtiger Punkt des Nachtrages ist die Einrichtung des Sondervermögens in Höhe von 30 Millionen € zur Bekämpfung der Vernässung in unserem Land. Sachsen-Anhalt hat vermehrt mit Starkniederschlagsereignissen zu kämpfen. Auch die fehlende Entnahme von Wasser führt zu einem Anstieg des Grundwasserspiegels im Land.

Die Bürger und nicht zuletzt die Wirtschaft leiden unter diesem Problem. Unser Ziel ist daher, die Vernässung im Land dauerhaft zu beseitigen bzw. zu mildern. Es liegen bereits 1 500 Maßnahmenvorschläge auf dem Tisch. Nun haben wir mit dem Nachtrag Mittel in Höhe von 30 Millionen € in einen Fonds gelegt.

Der zeitweilige Ausschuss Grundwasser und der Finanzausschuss werden sich aufgrund des ausgebrachten Sperrvermerks mit Projekten mit einem Volumen von mehr als 500 000 € beschäftigen.

Ich erwarte nun eine zügige Umsetzung. Herr Minister Aeikens, ich sichere Ihnen die Mithilfe der beteiligten Ausschüsse ausdrücklich zu, damit die Gelder schnell ausgereicht werden können. Das wird nicht an den Fachausschüssen im Landtag scheitern.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken, die im Finanzausschuss wegen der Bildung des Sondervermögens vorgebracht wurden, sind nach meiner Ansicht ausgeräumt worden. Die genannten Urteile können nicht auf den vorliegenden Fall angewandt werden. Es ist daher rechtlich möglich, dieses Sondervermögen auch bei einem Haushaltsplan, der eine Nettoneuverschuldung vorsieht, zu bilden. Das ist nicht einfach ein Fonds für die Zukunft. Das ist etwas, was wir für die nächsten Jahre brauchen und eventuell nicht über die normalen Etats der Häuser abbilden können.

Ebenso verhält es sich mit dem Gebot der Jährlichkeit des Haushalts. Die Ausbringung der 30 Millionen € in einem Sondervermögen ist auch angesichts des Umfangs der Vernässung in unserem Land zwingend erforderlich.

Ich will an dieser Stelle die klare Botschaft zum Ausdruck bringen: Wir lassen die Kommunen, die Bürger und die Unternehmen mit den Problemen der Vernässung und des Grundwassers nicht allein.

Weitere 30 Millionen € waren im Entwurf des Nachtragshaushaltsplans für nichtinvestive Mittel zur Stärkung der Verwaltungs- und Leistungskraft der Gemeinden eingeplant. Dabei handelt es sich um Zahlungen, die im Zusammenhang mit der Zusammenlegung der Gemeinden im Rahmen der Gemeindegebietsreform entstanden sind.

Wir haben uns in der Koalition darauf verständigt, dass dieser Betrag zugunsten der Reduzierung der Nettoneuverschuldung des Landes um 5 Millionen € abzusenken ist. Damit stehen noch 25 Millionen € zur Verfügung. Ich meine, auch das ist eine Größenordnung, die den Kommunen hilft, vor allem wenn sie bei konsumtiven Ausgaben Defizite ausgleichen können.

Weiterhin wurde mit dem Nachtragshaushalt die Verpflichtungsermächtigung für das Programm Stark II erhöht.

Es ist immer so: Wenn Sachen gut laufen, dann spricht man wenig darüber, auch in den Kommunen nicht. Mit dem vom Land aufgelegten Programm können die Kommunen die Ablösung bestehender Darlehen, deren Laufzeit oder Zinsbindungsfrist abgelaufen ist, vornehmen. Dazu wird vonseiten des Landes ein einmaliger Tilgungszuschuss in Höhe von 30 % der noch ausstehenden Darlehenssumme gezahlt. Der Rest wird zinsgünstig über die Investitionsbank finanziert.

Eine höhere Nachfrage des Programms durch die Kommunen macht nun im Nachtrag eine Erhöhung der VE notwendig. Das ist aus meiner Sicht eine erfreuliche Erhöhung, weil sie einen schnelleren Abbau von Schulden in den Kommunen und somit den Rückgewinn von Handlungsfreiheiten bedeutet.