Ja, das war nun definitiv meine letzte Rede als Landtagsabgeordnete in diesem Hohen Haus. Die Frage, die ich nachher stelle, zähle ich mal nicht mit.
Wann ich das so richtig verinnerlicht haben werde, weiß ich heute noch nicht. Das wird sicherlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Natürlich gehe ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Mit dem lachenden Auge schaue ich auf das, was vor mir liegt: ein Kalender, über den ich fast selbst bestimmen kann, nicht mehr von einem Termin zum anderen getrieben zu werden, kein schlechtes Gewissen mehr haben zu müssen, wenn man einmal diesen oder jenen Termin nicht wahrnehmen konnte, endlich Zeit zu haben für die Familie - die das hoffentlich auch so sieht - und vor allem für das Enkelkind, das dann auch da sein wird; Zeit zu haben für Hobbys - so wartet schon eine Reihe von Büchern auf mich, gelesen zu werden - und Zeit zu haben für Freunde. All das ist in den letzten Jahren viel zu kurz gekommen. Ich befürchte nicht, in Langeweile zu versinken. Dazu habe ich noch genug Ehrenämter.
Das weinende Auge: plötzlich nicht mehr wichtig zu sein - denn als wichtig haben wir uns, glaube ich, alle empfunden -, plötzlich nicht mehr mitmischen zu können in der Landespolitik, sondern nur von außen zuschauen müssen. So wird man morgens beim Zeitunglesen nicht mehr darüber nachdenken müssen, ob man sich dazu äußern muss. Wenn man sich aufregt, interessiert es höchstens den Ehemann und nicht mehr die geneigte Öffentlichkeit. Ich glaube, das bedarf doch eines längeren Entwöhnungsprozesses für mich und eines Gewöhnungsprozesses für meinen Ehemann. Aber auch das wird man schaffen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! 18 Jahre lang war ich in diesem Parlament und das waren für mich nicht immer leichte Zeiten. Das, was ich erlebt habe, erleben musste, reicht eigentlich für mehrere Abgeordnete und nicht für eine allein.
Wer kann zum Beispiel schon von sich behaupten, dass eigens für ihn - bzw. für mich - ein Gesetz beschlossen wurde? - Das ist nichts, worauf man
stolz sein muss. Aber ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich war so manches Mal fast am Verzweifeln. Dass ich es nicht tat, habe ich meiner Familie zu verdanken, meinen Freunden und meinen Fraktionskollegen, die immer zu mir gehalten haben. Dafür möchte ich mich noch einmal ganz ausdrücklich bedanken.
Dagegen verlief die letzte Legislaturperiode geradezu harmonisch für mich; aber ich habe es genossen. Trotzdem blicke ich nicht im Zorn zurück. Ich habe so viele Erfahrungen, natürlich auch positive, machen dürfen, die ich in einem normalen Berufsleben nie hätte machen können. Ich habe so viele kluge, kompetente Menschen kennengelernt, die den eigenen Horizont erweitert haben - damit meine ich nicht nur meine Fraktionskollegen -, und ich habe eine ganz wichtige menschliche Erfahrung gemacht: dass aus Gegnern nicht unbedingt Freunde werden - das wäre dann doch wohl zu viel verlangt -, aber freundlich verbundene Kollegen werden können und geworden sind. Dafür bin ich ganz besonders dankbar. Dass so etwas möglich ist, lässt mich auch über die eigene Vergangenheit nachdenken.
Ich möchte mich bei allen Kolleginnen und Kollegen herzlich bedanken, mit denen ich in den Ausschüssen zusammengearbeitet habe - es hat sogar manchmal Spaß gemacht -, aber auch bei den Ministerinnen und Ministern - ich gebe gern die netten Worte an den Herrn Innenminister zurück, die er gestern an mich gesandt hat, vor allem auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien.
Sollte ich einmal - was aber nie meine Absicht war - jemanden mit Äußerungen persönlich verletzt haben, dann möchte ich mich dafür entschuldigen.
Mein Dank gilt natürlich vor allem auch der Landtagsverwaltung, die eine so wichtige Arbeit leistet. Ich weiß, es ist gefährlich, wenn man Namen nennt, weil man dann doch welche vergisst und diese dann vielleicht traurig sind, aber ich tue es trotzdem. Zuerst möchte ich mich bei der Ausschussassistentin des Innenausschusses bedanken. Sie begleitet mich schon seit vielen Jahren in mehreren Ausschüssen, und das, was sie leistet, ist einfach unbeschreiblich.
Das Gleiche gilt für den Ausschussassistenten des Rechtsausschusses. Ich möchte mich auch bei den Mitarbeiterinnen des Haushaltsreferates bedanken, die durch meine Krankheit sehr viel mehr Arbeit hatten, aber zu denen ich immer mit Fragen kommen konnte, sowie beim GBD und bei allen anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung, ohne die wir unsere Arbeit nicht verrichten können.
die mit flinken Fingern und guten Ohren allen Nuscheleien zum Trotz akribisch alles aufschreiben, und das oftmals stundenlang.
Natürlich gilt der Dank auch an alle anderen Mitarbeiter des Hauses einschließlich Küche, Reinigungsdienst, Saaldiener - den Begriff mag ich nicht; denn ich finde, sie sind viel mehr - und an die Hausmeister. Sollte ich jemanden vergessen haben, dann bitte ich um Entschuldigung.
Dass ich meinen Fraktionskollegen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktion Danke sage, versteht sich natürlich von selbst. Aber ganz besonders möchte ich der Fraktionsmitarbeiterin danken, mit der ich vom ersten Tag an zusammengearbeitet habe und die mehr geworden ist als nur eine Mitarbeiterin.
So, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, nun müssen Sie ohne mich klarkommen, und ich weiß, das wird Ihnen ohne Probleme gelingen; ich betrachte mich nicht als Nabel der Welt. Aber wenn ab und zu der Gedanke aufkommen würde, schade, dass sie nicht mehr dabei ist, dann würde mich das sehr glücklich machen.
Bleiben Sie alle schön gesund. Tun Sie alles, was Sie in Zukunft tun wollen, mit ganzem Herzen, mit Vernunft und Augenmaß. Man sieht sich - vielleicht.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist nicht so einfach, jetzt plötzlich wieder zur Tagesordnung zu sprechen. Ich werde es trotzdem tun.
Der Vorsitzende hat in seinem Bericht bereits umfangreich ausgeführt. Ich möchte nur noch einige eigene Aspekte einfließen lassen. Zu Beginn dieser Wahlperiode habe ich in der PKK quasi die Seiten gewechselt, und vielleicht ist das auch ein interessanter Blickwinkel, den ich damit erfahren durfte.
Ich glaube, es ist wichtig, dass das Kräfteverhältnis zwischen Kontrolleur und Kontrollierten zu Beginn der Wahlperiode neu austariert worden ist. Die Geschäftsstelle ist in den Landtag gewechselt. Die Geschäftsordnung der PKK ist keine Verschlusssache mehr, sie kann jetzt jeder lesen.
Darin steht übrigens auch gar nichts, jedenfalls nichts, was geheim zu halten wäre. Für geheim wird nur noch das erklärt, was auch geheim sein muss. Der GBD berät selbstverständlich auch die Mitglieder der PKK, wie er das vorher in jedem anderen Ausschuss auch getan hat, und es sitzt ein Protokollant für ein Wortprotokoll in der Sitzung. Wir sind trotzdem so etwas wie ein geheimnisumwittertes Gremium. Mancher denkt vielleicht auch, dass es dort deutlich interessanter zugehen würde, als es tatsächlich ist.
Ich bedanke mich herzlich für die Zusammenarbeit in der PKK; denn ein wenig anders als in anderen Ausschüssen ist es dort schon. Herzlichen Dank an den Vorsitzenden, herzlichen Dank aber auch und ausdrücklich an die PKK-Mitglieder aus den Oppositionsfraktionen; denn für den einen oder anderen mag der Kollege Striegel schon mal eine Nervensäge gewesen sein. Aber gerade wenn wir uns in einem Bereich bewegen, der nun einmal keiner gerichtlichen Kontrolle unterliegt, dann sind wir diejenigen, die zu kontrollieren haben. Auch Ihnen, Herr Striegel - ich bitte, dies auch an die Kollegin von Angern auszurichten -, meinen herzlichen Dank.
Ich möchte ein Lob an den in dieser Wahlperiode neu ins Amt gekommenen Abteilungsleiter Verfassungsschutz richten. Er hat sicherlich die Öffnung der PKK durch seine Arbeit wesentlich mit begünstigt. Er macht die Arbeit transparenter, als das vielleicht Verfassungsschützer machen würden, die dies schon Jahrzehnte tun. Denn dort gibt es durchaus den einen oder anderen Fall in der Bundesrepublik, bei dem vielleicht noch nicht jeder verinnerlicht hat, dass der Kalte Krieg zu Ende ist. Er hat den Verfassungsschutz geöffnet und uns deshalb die Arbeit leicht gemacht.
Einige letzte Bemerkungen noch, die wir als Aufgabenstellung für die neue Wahlperiode haben: Ich sehe vor allem, dass wir eine gesetzliche Regelung für das V-Leute-Wesen in Sachsen-Anhalt brauchen. Ich sehe auch, dass wir eine gesetzliche Regelung für die verdeckten Ermittler brauchen, so sie denn aktiv werden. Der Bund hat uns dazu aus meiner Sicht eine gute Vorlage geliefert. Wir sollten ihm nacheifern. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank, Herr Erben. - Wir kommen nun zum Beitrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Striegel, Sie haben das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Kolleginnen und Kollegen aus der Parlamentarischen Kontrollkommission! Auch wenn wir hier als Mitglieder der PKK heute noch einmal miteinander diskutieren und uns die Kontrolle sozusagen gesetzlich aufgetragen ist, sie bleibt - das sage ich durchaus mit deutlicher Kritik - an vielen Stellen Illusion. Sie bleibt Illusion, weil eine umfassende tatsächliche Kontrolle kaum möglich ist. Es fehlt an Ressourcen. Es fängt bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an, die wir als Abgeordnete, die in der PKK kontrollieren sollen, nicht haben. Das hört bei den rechtlichen Regeln noch nicht auf.
Wir haben hier im Plenum und auch in der PKK wiederholt Dinge angesprochen wie die Frage, dass wir uns mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bundesländern über das Bundesland überschreitende Operationen der Geheimdienste nicht miteinander austauschen können, jedenfalls nicht ohne einen Bruch des Geheimschutzes. Damit sind nur ein paar Probleme beschrieben.
Kollege Erben hat die V-Leute angesprochen, die unzureichenden Möglichkeiten für die PKK, in diesen Bereich Einsicht zu nehmen. Es ist noch einiges zu tun, wenngleich wir in dieser Wahlperiode geringfügige Verbesserungen erreicht haben: die Ansiedlung beim Parlament, aber auch die Diskussion, die wir infolge der Selbstaufdeckung des Nationalsozialistischen Untergrunds innerhalb und außerhalb der PKK hatten.
Ich hätte mir gewünscht, wir hätten dazu ein Gesetz gemacht; denn viele Dinge gehören tatsächlich gesetzlich geregelt, um zumindest stärker kontrollieren zu können.
Ich glaube auch, dass der Geheimdienst Verfassungsschutz weiterhin ein Anachronismus im demokratischen Rechtsstaat ist. Er ist als Geheimdienst nicht in der Lage, Demokratie wirksam zu schützen. Das liegt unter anderem auch daran, dass er weiterhin mit einem Analyseinstrument arbeitet, dass aus dem Kalten Krieg kommt, nämlich dem Extremismusmodell. Wir leben in Zeiten, für die eine Beschreibung, wonach sich Probleme in der Gesellschaft angeblich an den Rändern verorten sollen, nicht geeignet ist, zum Beispiel den Rassismus der Mitte zu erklären, worin eine tatsächliche Gefahr für die Demokratie liegt. Das ist aber eben nicht Aufgabe für Geheimdienste, sondern für eine gesellschaftliche Debatte.
(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Herr Weigelt, CDU: So was! - Zu- ruf von Herrn Schröder, CDU)
Ich will ganz deutlich sagen - Herr Kollege Schröder, vielleicht warten Sie noch das Ende meiner Rede ab;
dann kommen wir, denke ich, auch dazu; Sie haben auch immer wieder Ihre Position vertreten können - ich bin trotzdem froh, dass es die Parlamentarische Kontrollkommission gibt und dass wir in dieser, denke ich, an vielen Stellen gut zusammenarbeitet haben.
Ich glaube, dass man sie in der kommenden Legislaturperiode, wenn wir das gesetzlich regeln würden, in 90 % der Fälle auch öffentlich tagen lassen könnte, wie es beispielsweise im Land Berlin oder in Nordrhein-Westfalen passiert. Wir haben dort bis auf wenige Ausnahmen nicht über Geheimnisse geredet, sondern über allgemeine Lageeinschätzungen. Wenn wir miteinander die Aktenhaltung beim Verfassungsschutz besprechen und daran auch Kritik geübt wird, dann ist das kein Geheimnisverrat, wenn man das in der Öffentlichkeit bespricht, und auch das Land geht davon nicht unter.
(Herr Borgwardt, CDU: Was hat das in Berlin besser bewirkt? Das kannst du nicht er- klären! Es gibt keinen einzigen Grund!)
- Doch. Zum Beispiel ist es in Berlin üblich und auch in NRW, dass die entsprechenden Quartalsberichte sozusagen öffentlich verhandelt werden.