Wenn wir aktuell 2 200 freie Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes haben, dann ist dieses Institut, das Plätze für maximal 250 Personen bietet und mit lediglich 90 Personen ausgelastet ist, zweifellos nicht mehr erforderlich. Wir sollten die Räumlichkeiten den Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren für ihre Hauptverwendung zurückgegeben; denn diese haben eine Hauptlast bei der Bewältigung der Flüchtlingslage im Herbst dieses Jahres getragen.
Ich möchte es an dieser Stelle nicht versäumen, den Dank meiner Fraktion an die Mitarbeiter von Kommunen, Land und Bund zu richten, die in den letzten Monaten unter schwierigsten Bedingungen ihre Arbeit getan haben und dann für ihre Arbeit häufig noch gescholten wurden. Ich möchte mich ferner bei den Ehrenamtlichen für das bedanken, was sie seit September in diesem Land geleistet haben, um diese teilweise krisenhafte Situation zu bewältigen. Sie haben es auch verdient, dass eine zeitnahe und geordnete Organisation der Flüchtlingsaufnahme in unserem Lande erfolgt; denn auch ein ehrenamtlich Tätiger arbeitet nicht gern im Chaos. Das sollten wir alle beherzigen.
Beschließen wir den heute vorliegenden Gesetzentwurf, dann haben wir die notwendigen finanziellen Grundlagen gelegt. Deswegen werbe ich um Ihre Zustimmung zu dem Gesetzentwurf zur Änderung des Aufnahmegesetzes und zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes. - Herzlichen Dank.
Herr Kollege Erben, bei mir ist eine Unsicherheit aufgetaucht, als Sie von den ausreichenden Plätzen in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen sprachen. Im Oktober 2015 meldete das Innenministerium einen Bedarf in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen von 12 000, später von 14 000 Personen an. Per Meldung am Montag waren in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen tatsächlich 2 990 Personen untergebracht. Dies steht im Zusammenhang mit der geringen Aufenthaltsdauer in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen, also mit der relativ zügigen Verteilung an die Landkreise.
Bei der Bewertung der Kapazitäten ist zu berücksichtigen, dass auch temporär Einrichtungen angemietet wurden. Ich erinnere an die Jugendherbergen, die uns nur bis zum Frühjahr zur Verfügung stehen.
Die Landesregierung hat jetzt gesagt, dass es so nicht weitergehen könne, und hat einen Verteilungsstopp verhängt. Was wollen wir aber vor dem Hintergrund tun, dass es im Moment knapp 5 000 Plätze in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen gibt, wenn die Flüchtlingszahlen wieder steigen? - Dann ist doch Ihre These von den ausreichenden Plätzen eigentlich hinfällig.
Wenn Sie die Lageberichte gelesen haben, werden Sie festgestellt haben, dass zu keinem Zeitpunkt, auch nicht zu Zeiten der Spitze des Zugangs in Sachsen-Anhalt, mehr als 4 500 Plätze in der Erstaufnahme belegt waren - zu keinem Zeitpunkt! Dabei sind die Zeltplätze noch mitgerechnet. Es waren nie mehr als 4 500 Asylbewerber oder Flüchtlinge gleichzeitig in einer Landeserstaufnahmeeinrichtung.
Wenn ich vom Hinterfragen spreche, dann gehört auch die Prognose vom Oktober 2015 hinterfragt. Ich erkläre mir diese hohe Prognose wie folgt: Eine der Entscheidungen aus dem ersten Asylpaket war, dass Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten - nach altem Recht und nach neuem Recht - bis zum Ende ihres Verfahrens in der Erst
aufnahme verbleiben sollen. Nunmehr spielen diese Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten sowohl in ihrer absoluten Zahl als auch relativ überhaupt keine Rolle mehr. Sie spielen keine Rolle mehr. Das heißt, wir haben hier zum großen Teil Asylbewerber in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen, die nicht aus sicheren Herkunftsstaaten kommen und für die wir folglich auch nicht diese großen Kapazitäten langfristig binden müssen. Deswegen muss auch die Zahl 14 000 hinterfragt werden, klar.
Jetzt möchte Herr Knöchel nachfragen. Danach möchte die Kollegen Quade gegebenenfalls noch etwas sagen.
Nein. Das ist eher eine Kurzintervention. - Meine Sicht auf die Dinge ist eine andere. Dass sich die Prognose 12 000 - von den 14 000 rede ich erst gar nicht - als nicht tragfähig erwiesen hat, führe ich darauf zurück, dass die von der Landesregierung bei der Erstellung der Prognose angenommene Verweildauer der Flüchtlinge von drei Monaten in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen vom Innenministerium auf weniger als drei Wochen abgekürzt worden ist. Dadurch ist eine Kostenverteilung zulasten der Landkreise vorgenommen worden. Ich denke, insbesondere darauf ist der geringere Bedarf zurückzuführen. Das ist die Differenz zu den 12 000. Zuvor sind immer drei Monate angenommen worden. Nun sind wir bei weniger als drei Wochen.
Ehrlich gesagt, kann ich das Argument der Kostenverlagerung nicht nachvollziehen, weil die Zahlung einer Pauschale ausgelöst wird. Vielmehr sehe ich das Problem, dass ein freier Platz in einer Landeserstaufnahmeeinrichtung und das Auslösen einer Pauschalenzahlung an die Kommune eher eine zusätzliche Belastung auslöst.
Es zeigen sich mehrere Effekte. Die Kurven kommen auf mehrere Arten zueinander. Konkret wurde die Verweildauer kürzer. Eine große Anzahl von Landkreisen war auch in der Lage, die zugewiesenen Asylbewerber aufzunehmen, in unterschiedlich vorbildlicher Weise. Gleichzeitig gingen die Zugangszahlen ins Land hinein zurück. Hinzu kam die Selbstverlegung von Flüchtlingen, die es zweifelsohne gibt. Das Land hält dies bei jedem dritten Flüchtling für zutreffend. Dann kommen solche Zahlen zustande.
Herr Kollege Erben, wenn es darum geht, die Prognosen und die Konzepte der Landesregierung zu hinterfragen, haben Sie mich immer an Ihrer Seite, insbesondere im Bereich der Flüchtlingspolitik.
Mich wundert es allerdings, dass Sie so entschieden sagen, dass die Plätze künftig nicht mehr erforderlich seien. In den letzten Wochen sind die Prognosen ins Unermessliche hochgeschrieben worden. Jede Woche ist der Eindruck vermittelt worden, dass nichts mehr geht - dieser Eindruck sollte vermittelt werden; das ist zumindest meine These. Nun sind Sie sich sicher, dass die Plätze nicht mehr erforderlich sind.
Im Oktober bzw. im November 2015 hat der Innenminister angekündigt, dass entsprechend der geltenden Asylgesetzgebung des Bundes diejenigen aus sicheren Herkunftsstaaten, die bereits im Land und auf die Landkreise verteilt sind, künftig, sobald Platz ist, in die Erstaufnahmeeinrichtungen zurücküberstellt werden sollen, um von dort aus abgeschoben zu werden. Inwiefern haben Sie das denn bei Ihrer Rechnung berücksichtigt?
Außerdem finde ich es bemerkenswert, dass ein Mitglied einer regierungstragenden Fraktion feststellt, dass die Zahl der Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten für die Gesamtzahl der Asylsuchenden im Land irrelevant sei. Das erzählen wir Ihnen seit Monaten. Ihr Innenminister wird nicht müde zu betonen, dass die Zahl der Abschiebungen verdoppelt oder gar verdreifacht werden soll, um insbesondere die Kommunen zu entlasten. Ich finde, das steht in einem erheblichen Widerspruch zueinander.
Das ist ein ganzer Strauß an Fragen. Erstens. Ich bitte wirklich darum, Anfragen an den Innenminister an ihn selbst und nicht an mich zu richten.
Zweitens zur Frage der Aufnahmekapazitäten. Schauen Sie sich einmal die aktuelle Lage an. In meinem Heimatlandkreis Burgenlandkreis gibt es ca. 700 Plätze in Jugendherbergen, die noch bis zum Ende des Frühjahres gebunden sind. Am letzten Freitag waren von den 700 Plätzen, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, 19 belegt.
- Doch, 19. - Deswegen hinterfrage ich das. Deswegen halte ich es nicht für notwendig, jetzt temporär weitere Hotels anzumieten, wenn wir gleichzeitig diese Kapazitäten zur Verfügung haben. Das ist das, was ich damit meine.
Drittens zur Ihrer Anmerkung zum Thema sichere Herkunftsstaaten. Ich habe gesagt, nicht nur relativ ist deren Anteil zurückgegangen, sondern auch in absoluten Zahlen. Wenn Sie einmal Praktiker, beispielsweise im BAMF, fragen, dann werden sie Ihnen sagen: Mit den sicheren Herkunftsstaaten und mit dem Gesetz hat das nicht so wahnsinnig viel zu tun.
Wir sind uns sicherlich einig, dass ein großer Teil der Menschen aus den sicheren Herkunftsstaaten jetzt nicht vor Krieg flüchtet, sondern weil sie sagen, unter diesen Bedingungen will ich nicht leben. Wenn sie nun in Albanien, im Kosovo, in Mazedonien oder wo auch immer - - Da gibt es auch die Macht der Bilder. Die Menschen sehen dort, wenn du als Flüchtling nach Deutschland kommst, lebst du unter Umständen im Winter im Zelt. Auch das hat nach meiner festen Überzeugung Auswirkungen auf die Flüchtlingsbewegung vom Westbalkan gehabt. Auch diese Macht der Bilder gab es dort.
Das ist natürlich auch Spekulation. Das weiß ich. Aber wenn ich über die Frage des Anteils der Flüchtlinge aus den sicheren Herkunftsstaaten spreche, dann rede ich nicht nur von deren relativer Zahl im Verhältnis zur Gesamtzahl der Flüchtlinge, sondern auch von deren absoluter Zahl. Diese ist deutlich zurückgegangen. Das ist nun einmal so.
Wir schaffen das! - Jetzt begrüße ich Schülerinnen und Schüler der Clausewitz-Sekundarschule aus Burg.
Wir schaffen jetzt auch, das Abstimmungsverfahren zu der Drs. 6/4604 durchzuführen. Das wird heute ein klein wenig komplizierter sein, weil getrennte Abstimmung beantragt worden ist. Habe ich Sie darin richtig verstanden, Herr Knöchel?
Deshalb rufe ich jetzt den Artikel 1 auf. Wer stimmt Artikel 1 zu? - Das sind weitestgehend die regierungstragenden Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Das ist niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Das sind DIE LINKE und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und eine LINKE, die sich bei der CDU verlaufen hat. Damit ist Artikel 1 beschlossen worden.
Wer stimmt Artikel 2 zu? - Das ist die Regierungskoalition. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Stimmenthaltungen? - Keine. Damit ist Artikel 2 beschlossen worden.
Wer stimmt Artikel 3 zu? - Die Regierungskoalition. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimmer? - Die Oppositionsfraktionen. Damit ist Artikel 3 beschlossen worden.
Dann stimmen wir jetzt über die Artikelüberschriften ab. Wer stimmt den Artikelüberschriften zu? - Das ist die Regierungskoalition. Wer stimmt dagegen? - Das ist niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Die Oppositionsfraktionen. Damit sind die Artikelüberschriften beschlossen worden.
Dann stimmen wir jetzt über die Gesetzesüberschrift ab. Sie lautet: Gesetz zur Änderung des Aufnahmegesetzes und zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes. Wer stimmt dieser Überschrift zu? - Die Regierungskoalition. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Damit ist die Gesetzesüberschrift beschlossen worden.
Jetzt stimmen wir über das Gesetz in seiner Gesamtheit ab. Wer stimmt dem Gesetz in seiner Gesamtheit zu? - SPD und CDU. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist das Gesetz in seiner Gesamtheit beschlossen worden.
Wir kommen jetzt zum Abstimmungsverfahren zu der Drs. 6/4602. Das ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport. Wer stimmt dieser Beschlussempfehlung zu? - Das sind die Fraktionen der CDU und der SPD. Wer stimmt dagegen? - Die Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit hat die Beschlussempfehlung, den Antrag in der Drs. 6/3985 abzulehnen, Zustimmung gefunden und wir haben den Tagesordnungspunkt 5 erledigt.